Ja es gibt sie, diese Aufgaben, auf die man sich freut. Und natürlich gibt es auch jene extrem undankbaren. Eine Woche auf der neuen MS Europa 2 zu verbringen, das könnte an und für sich in die erste Kategorie fallen.

Fernweh

Fernweh? Immer!

Das im Mai diesen Jahres fertiggestellte Schiff wurde jüngst vom renommierten Berlitz Guide zum besten Kreuzfahrtschiff der Welt gekürt. 1.860 Punkte, soviel schaffte vor ihr noch kein anderes Schiff und selbst das Schwesterschiff, die 1999 gebaute Europa, musste sich ihr mit 1.851 Punkten knapp geschlagen geben.

MS Europa 2

MS Europa 2

Nun möchte man, und hier kommen wir zur Kategorie der undankbaren Jobs, einen Reisebericht ja nicht vollständig zur verkappten Werbeanzeige verkommen lassen. Es heißt also, mit dem nötigen Abstand und messerscharfer Objektivität an die Sache heranzugehen. Ein kritischer Bericht zum besten Schiff der Welt? ‚Wir sprechen hier nicht von einer schwierigen Mission, Mr. Hunt, wir sprechen von einer unmöglichen Mission.‘

Willkommen in Istanbul

Willkommen in Istanbul

Wie der gute alte Ethan sitze auch ich im Flieger, statt der neusten Befehle in selbstzerstörender Verpackung kredenzt der Purser mir allerdings ein Frühstück. Rührei mit Schnittlauch, dazu Körnerbrötchen, Orangensaft und eine Quarktasche. Hier wurde zielsicher keine einzige meiner Lebensmittelunverträglichkeiten ausgelassen. Es kann also eigentlich nur noch besser werden.

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Das Ziel meines Fluges, und somit Startpunkt meiner Mission, lautet Istanbul. Hier, genauer am Pier Sarayburnu, liegt die 225 Meter lange, schneeweiße neue Europäerin.

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Mit der Europa 2 will Hapag Lloyd Kreuzfahrten eine neue, eine andere Zielgruppe ansprechen, als mit der bisherige Europa. Reisen in legerer Atmosphäre, ohne Gala-Garderobe, ohne Captain’s Dinner, das ganze aber in gewohnt luxuriöser Umgebung.

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Ein Fünf-Sterne-Plus Hotel, welches seine Gäste jeden Tag an einen anderen Ort bringt, ohne ihm irgendwelche Zwänge aufzuerlegen. Das soll Gäste ansprechen, die ein ganzes Stück jünger sind als die klassischen Europa Passagiere.

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Jünger, das heißt im Normalfall berufstätig und, in Anbetracht des Preises eines Passagetickets, diesbezüglich auch äußerst erfolgreich. Nicht die Klientel also, die mal eben 16, 20 Tage und länger am Stück Urlaub vom Job machen kann. Darauf nimmt die Routenplanung der Europa 2 Rücksicht. Die Reisen sind meist 7-tägig und lassen sich, wenn’s dann doch mal etwas länger sein darf, zu längeren Teilstücken kombinieren. 26 Routen mit nicht weniger als 123 verschiedenen Anlaufzielen stehen in der Premierensaison auf dem Programm.

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Ein besonderes Augenmerk gilt den Familien. Schon für Kinder ab 2 Jahren gibt es eine (kostenpflichtige) Kinderbetreuung an Bord, Kinder bis 11 Jahre reisen in Begleitung zweier vollzahlender Erwachsenen kostenlos, für Kinder von 12 bis 15 Jahren werden faire 50 Euro pro Tag berechnet.

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Untergebracht werden die maximal 516 Passagiere in 251 Kabinen, umsorgt von 370 Mitarbeitern an Bord. Nicht nur das Verhältnis Anzahl Passagiere zu Besatzungsmitgliedern ist außergewöhnlich, auch das Platzangebot, welches man an Bord vorfindet, soll das Größte pro Passagier sein.

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Und – natürlich sind die Kabinen keine Kabinen. Auf der Europa 2 gibt es ausschließlich Suiten. Mit Veranda. Die Kleinste Suite misst 28 qm, zuzüglich 7 qm Balkon, die größte bringt es auf stattliche 99 qm plus 15 qm Balkon.

SPA Suite auf MS Europa 2

SPA Suite auf MS Europa 2

Gut, das klingt jetzt alles nach auswendig gelernter Werbung und war hier auf luxify sowieso schon einmal zu lesen. Nichts Neues also. Doch wie „fühlt“ sich das beste Schiff der Welt in der Realität an? Worin unterscheidet sich das Erlebnis Kreuzfahrt an Bord des ‚modernen legeren Luxusschiffs‘ von dem auf Schiffen anderer Reedereien? Wie perfekt ist diese Perfektion wirklich?

Blick in die SPA Suite

Blick in die SPA Suite

Noch ein anderer Gedanke kommt mir in den Sinn, während ich die kroatische Mittelmeerküste unter mir vorbeiziehen sehe. Die Europa 2 ist das kleinste Schiff, auf dem ich seit über 10 Jahren gereist bin. Große Entertainmentvielfalt, unzählige Bars und Spezialitätenrestaurants wie zuletzt auf der Norwegian Breakaway wird man hier wohl weitestgehend vergeblich suchen. Wird hier die Erholung, die Ruhe, der Rückzug vom Alltag überwiegen? Oder schlichtweg die Langeweile?

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Nach einem äußerst turbulenten zweieinhalbstündigen Flug und einer ebenso langen Stop and Go Busfahrt durch die türkische Metropole am Bosporus erreiche ich MS Europa 2. Strahlend weiß ragt sie aus dem etwas schmutzigen kleinen Hafengebiet, über allem thronend der charakteristische Schornstein. Ich muss so etwa zehn Jahre alt gewesen sein, als mein Vater mir aus der Stadt ein kleines Modellschiff mitbrachte. Es war von der sonst eher auf Modellautos spezialisierten Firma herpa und es war ein Modell der damals aktuellen Europa, die noch heute, inzwischen unter dem Namen Saga Sapphire, die Weltmeere bereist. Was mich seinerzeit nachhaltig faszinierte, das waren die Farben des Schornsteins. Ein kräftiges Blau und ein strahlendes Orange. Diese Assoziation hatte ich über die Jahre komplett vergessen. Jetzt, in diesem Moment, kommt sie mir wieder in den Sinn. Irgendwie ein schönes Gefühl.

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Nach kurzer Handgepäckkontrolle geht es die Gangway hinauf. Keine müßigen Check-In Prozeduren, lediglich im Schiff selbst heißt es, sich dann noch für ca. 10 Minuten anstellen um die Pässe abzugeben und die Zimmerkarten korrekt codieren zu lassen. Dann begleitet mich ein freundlicher Steward zu meiner Kabine. Diese liegt auf Deck 5 des Schiffes und damit auf dem untersten der Kabinendecks. Weitere Kabinen befinden sich auf den Decks 6 bis 8 und 10. Meine Kabine gehört der Kategorie 6 an, sie ist eine so genannte Spa Suite.

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Selten, nein, noch nie in meiner 25-jährigen Kreuzfahrthistorie betrat ich eine Kabine und fühlte mich sogleich dermaßen ‚zu Hause‘, wie hier. Helle Hölzer, Designmöbel, weitläufige 42 Quadratmeter, zuzüglich eines Balkons von 10 Quadratmetern, sind schon eine Ansage. Allein der Balkon mit seinen zwei Liegestühlen, zwei Liegen, zwei Tischen, beigen Auflagen und weißen Handtüchern dürfte von der Grundfläche mancher Singlekabine auf anderen Schiffen entsprechen.

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Vom Balkon aus blickt man zurück ins Wohnzimmer mit seiner großen Eck-Couch, dahinter, optisch mit einem Holzgitter getrennt, liegt der Schlafbereich. Eine Besonderheit der Spa Suite gegenüber der gleichgroßen Grand Suite ist das Tageslichtbad. Hier findet man neben zwei Waschbecken und einer Whirlpool-Badewanne auch eine große Regenwalddusche mit integrierter Dampfsauna für zwei Personen. Die Grand Suite verfügt dagegen über einen begehbaren Kleiderschrank, während man in der Spa Suite mit einer normalen Schrankwand leben muss – und auch sehr gut leben kann.

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Insgesamt gibt es 16 Spa Suiten, gelegen mittschiffs auf den Decks 5 und 6. Vorteil meiner Kabine, Nummer 538: der eigentliche Spa Bereich befindet sich quasi direkt nebenan. Wenn es also mal etwas mehr sein darf als das Dampfbad in der Kabine, rein in den unglaublich flauschigen Bademantel und hin zum Spa. Nachteil der jeweils hintersten Spa-Suites: zwei zusätzliche Säulen auf dem Balkon beeinträchtigen die Sicht, allerdings nur marginal.

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Ansonsten ist die Kabine mit so ziemlich allen Annehmlichkeiten ausgestattet, die man sich vorstellen kann. Wesentlich mehr, als man dies selbst bei einem 5-Sterne-Plus Schiff mitunter erwartet. In erster Linie gibt es tatsächlich enorm viel Platz. Kleiderschränke und eine wirklich unüberschaubare Anzahl von Schubladen böten genug Stauraum, um hier eine halbjährige Weltreise zu bestreiten. Dass in den Reisebedingungen darauf hingewiesen wird, es gäbe keine Beschränkung beim Gepäck, welches an Bord gebracht werden darf, dass  Hapag Lloyd Kreuzfahrten für seine Gäste eine Sonderregelung hat, wonach selbst in der Economy Class fliegende Passagiere zwei Gepäckstücke mitführen dürfen – das alles macht jetzt noch ein wenig mehr Sinn.

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Neben einem großen TV im Wohn-Schlafbereich, gibt es einen weiteren, integriert im Badezimmerspiegel. Die Minibar ist mit Bier und Softdrinks reichhaltig gefüllt, welche auch im Reisepreis inbegriffen sind. Gleiches gilt, im Falle der größeren Suiten, auch für Spirituosen. Hier stehen Wodka, Gin, Grappa, Cognac und Whisky bereit. Jeweils in einer Halbliterflasche! Na dann Prost.

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Als Gast einer Spa-, Grand-, Grand Penthouse- oder Owner-Suite kommt man auch in den Genuss eines eigenen Butlers. Dieser erklärt mir ausführlich sämtliche Eigenschaften der Kabine, Entschuldigung, Suite: das Lichtmanagement, die Spa Einrichtungen und den Multimedia TV. Wieder alleine, muss ich mich erst einmal setzen. Zu beeindruckend ist diese Suite, zu faszinierend der Ausblick auf den wahrlich pulsierenden Bosporus, direkt vor meiner Balkontür.

Istanbul bei Nacht

Istanbul bei Nacht

Ich öffne den im Eiskühler auf mich wartenden Champagner und gieße mir einen Schluck ein. Das Gläschen, welches es schon bei Einschiffung gab, machte Lust auf mehr und tatsächlich trifft die Hausmarke Duval-Leroy ziemlich genau meinen Geschmack. Unnötig zu erwähnen, dass sie auch exzellent zu den ebenfalls bereit stehenden Bliny mit Kaviar, sowie der Foie Gras passt. Doch, so lässt es sich leben. Mit meinem Glas begebe ich mich auf den Balkon und genieße diese einmalige Stimmung.

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Die Sonne sinkt langsam und wirft ein tief orangenes Licht auf die Ufer der Metropole zwischen den zwei Kontinenten. Möwen begleiten die kleineren und größeren Boote, die sich ihren Weg bahnen, und der Gesang der Muezzin gibt der ohnehin schon beeindruckenden Szenerie nun auch noch akustisch den letzten Schliff. Es ist einer dieser ganz besonderen Momente, in denen man alles andere um sich herum vergessen könnte, den man einfach nur aufsaugen, festhalten will.

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Fast könnte dieser Moment meine Mission gefährden, doch ein lautes „Klack“ holt mich schnell wieder zurück in die Realität. Ich schrecke kurz hoch. Ist da jemand in meiner Kabine? Nein. Es ist die Balkontür, die in ihr Schloss fällt. Statt den sonst üblichen Schiebetüren wird in den jeweils hintersten Kabinen eine Schwingtür verbaut. Das hängt mit Feuerschutzbestimmungen und den drei Decks weiter oben installierten Rettungsinseln zusammen. Die Balkontür ist erstens äußerst schwer, da es sich um eine Brandhemmtür handelt und sie will zweitens einfach nicht offen bleiben, ebenfalls aus Sicherheitsgründen. Ganz langsam schließt sie sich. Bis sie ins Schloss fällt, vergehen gefühlt Minuten. Ein so langer Zeitraum jedenfalls, dass man sie schon längst wieder vergessen hat und somit immer mal wieder vom satten, lauten klacken aufschreckt.

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Ok, inspizieren wir die Spa Suite einmal etwas genauer. Wie sieht es aus, mit der Reinlichkeit, mit dem Zustand? Auf den ersten Blick wirkt alles absolut perfekt, also etwas genauer schauen. Ich öffne sämtliche Schubladen und wie schon eingangs erwähnt, sind das einige. Über 40, um genau zu sein. Ich schaue mir die vier laufenden Meter Kleiderschrank an, das Bett, die Nasszelle. Doch der Eindruck der absoluten Perfektion, er bleibt. Kein Haar, kein Papierchen, nichts kann diesen Eindruck trüben. Alles sieht aus, als sei ich der erste Gast, der hier sein Zuhause findet.

Kaffee & Co.

Doch halt! Im Abfalleimer der separaten Toilette werde ich fündig. Hier liegen noch die Badeschuhe des Vormieters, hier wurde vergessen, den Papierkorb zu leeren! Ich bin gleichermaßen begeistert, ein Haar in der Suppe gefunden zu haben, wie erleichtert, dass hier dann doch auch nur Menschen arbeiten. Doch bereits nach dem turn-down Service ist dieser ‚body of evidence‘ dann auch schon wieder entfernt. Im Grunde keiner Rede wert, aber denken wir an den nötigen Abstand und die messerscharfe Objektivität!

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Das Schiffshorn meldet sich. Sieben kurze und ein langer Ton, da weiß der versierte Kreuzfahrer genau, was Sache ist: die Seenotrettungsübung beginnt. Diese wird ja von Schiff zu Schiff recht unterschiedlich gehandhabt. Auf der Europa 2 gilt es, die Rettungsweste bereits in der Kabine anzulegen und mit angelegter Weste zum Sammelpunkt zu kommen.

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Ich nehme die Weste aus dem Schrank und muss kurz lachen. Wer denkt, Rettungswesten würden überall gleich aussehen, der wird hier eines besseren belehrt. Die Westen auf der Europa 2 verfügen nämlich über einen zusätzlichen dunkelblauen, samtigen Kragen, der einen Hauch von Luxus versprüht und das Tragen der Weste etwas angenehmer macht. I like.

Pooldeck MS Europa 2

Pooldeck MS Europa 2

Crewmitglieder auf den Gängen kontrollieren den korrekten Sitz der Weste und weisen den Weg zum Sammelpunkt. Interessanterweise gibt es hiervon nur einen: den Poolbereich. Klar, bei ca. 500 Passagieren und Platz für 150 davon pro Rettungsboot braucht es derer auch nur 4. Es sind eben alles etwas kleinere Dimensionen hier. Die Nummer des Rettungsbootes steht auf der Weste und die Besatzung leitet einen anhand dieser entweder auf Deck 9 oder Deck 10 des Poolbereichs, jeweils zur Back- oder Steuerbordseite.

Pooldeck MS Europa 2

Nach kurzer Begrüßung wird noch einmal das korrekte Anlegen der Westen gezeigt und auch darauf hingewiesen, dass der blaue Kragen kein Heiligenschein sei (wer die Weste einmal anlegt versteht, warum dieser Hinweis durchaus seine Berechtigung hat). Ein paar Sicherheitshinweise, die ich mir allesamt schon einmal zuvor im TV angeschaut habe, dann ist die Übung beendet.

Schade. Gerade hier hätte mich interessiert, wie die versammelten Gäste im Notfall von der Sammelstation auf Deck 9 und 10 mittschiffs schnell zu den auf Deck 7 achtern gelegenen Rettungsbooten gelangen können. Ich zumindest stelle mir das nicht ganz so einfach vor und würde das Üben dieses Teils daher als äußerst sinnvoll erachten.

Pooldeck MS Europa 2

Nach der Übung zwängen sich sämtliche Passagiere durch das vordere Treppenhaus zurück zu ihren Kabinen. Eine eine halbe Ewigkeit dauernde Prozedur. MS Europa 2 verfügt über zwei Haupttreppenhäuser. Das vordere liegt dabei etwa auf der Hälfte des Schiffes, das hintere nur etwa 40 bis 50 Meter weiter. Pro Treppenhaus gibt es zwei Aufzüge, im Fall des vorderen sind diese sogar verglast.

Pooldeck MS Europa 2

Näher an meiner Kabine gelegen ist das hintere Treppenhaus. Problem dabei: dieses reicht nur bis auf Deck 9. Diese bauliche Spezialität erweist sich auf Dauer als etwas nervig. Ist nämlich Deck 10 das Wunschziel, sei es um im Notfall zum Sammelpunkt zu gelangen oder einfach nur einen Sonnenplatz einzunehmen, muss man zunächst bis Deck 9 fahren, dann durch den Poolbereich bis zum vorderen Treppenhaus und dort dann das noch fehlende eine Stockwerk erklimmen. Zwar gibt es auch im Poolbereich selbst noch einen Aufgang, diesen hat man aber sinnigerweise ebenfalls nach vorne verlegt.

Pooldeck MS Europa 2

Das führt zu zum Teil wirklich skurrilen Wegen. Will man etwa vom auf Deck 9 gelegenen Yacht Club auf das direkt darüber liegende Sonnendeck mit den wunderschönen Daybeds, so geht man zunächst vor zum hinteren Treppenhaus, merkt, dass dieses ja hier auf Deck 9 endet, läuft dann weiter durch den Poolbereich bis zum vorderen Treppenhaus, ein Stockwerk nach oben und dann auf Deck 10 wieder den ganzen Weg zurück. Bedeutet gut 200 Meter Weg, nur um an eine Stelle zu kommen, die keine 5 Meter weit weg liegt. Das klingt kompliziert? Das ist es auch.

Daybeds MS Europa 2

Speziell für ältere Semester ist dieses Konzept eine Zumutung. Mir hingegen tut Bewegung ja ganz gut, speziell angesichts der doch recht reichhaltigen Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme an Bord.

Essen – ein gutes Thema. Sechs Restaurants gibt es an Bord, darüber hinaus den 24/7 Zimmerservice. Für das heutige Abendessen habe ich mir den Yacht Club ausgesucht. Hier stellt man sich sein Menü selbst zusammen, heißt es dazu im Prospekt. Klingt interessant, entpuppt sich aber schnell als schöne Umschreibung für ein Buffet Restaurant. Und ich hasse Buffet Restaurants!

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Keine Regel ohne Ausnahme, wie sich schnell zeigt. Die Speisen sind allesamt äußerst appetitlich dargeboten, schauen zum Teil aus wie im Haubenlokal und schmecken auch so. Dazu wird schon am Eingang ein Glas Champagner gereicht, charmant! Im Außenbereich des Yacht Clubs kann man an einer Grill- und einer Nudel-Station den Köchen bei der Arbeit zusehen. Angestellte helfen den Gästen, die nicht mehr ganz so gut zu Fuß sind, tragen ihnen die Teller zum Tisch. Das Restaurant ist sehr gut besucht, einen Platz findet man aber trotzdem immer, und wenn man sich irgendwo dazu setzt.

Yacht Club MS Europa 2

Der Yacht Club

Wie es der Zufall so will, setze ich mich an diesem Abend zu einem Ehepaar, welches, wie sich schnell herausstellt, nur drei Straßen von mir entfernt wohnt. Die Welt ist klein.

Die Welt ist klein, und die Europa 2 ist es noch mehr. Man läuft den gleichen Mitreisenden immer wieder über den Weg, schnell grüßt man sich, kommt ins Gespräch, definitiv ein Vorteil eines Schiffs mit nur etwas über 500 Passagieren.

Nach viel zu viel Champagner begebe ich mich in mein Bett. Der Tag war schließlich lang und so viel nötiger Abstand und messerscharfe Objektivität sind anstrengend.

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Der nächste Tag beginnt mit der Durchfahrt der Dardanellen, jener Region, die das Marmara Meer von der Ägäis trennt. Da die Liegezeit in Istanbul um fast vier Stunden verlängert wurde, beginnt die Passage nun auch erst um 9 Uhr und somit zu halbwegs christlicher Zeit.

Die Liegezeiten, bei meinen anderen Berichten regelmäßig eher Grund für Kritik, hier sind sie einfach unglaublich großzügig. 9 bis 10 Stunden hat man meist Zeit, die Inseln und Städtchen auf dieser Tour kennen zu lernen. Das ist mehr als ausreichend, um einen ersten Eindruck zu gewinnen. Die längste Liegezeit auf dieser Reise ist gar mit über 15 Stunden bemessen!

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Doch zurück zu den Dardanellen. Für die Passage habe ich mir einen Platz auf Deck 9 ausgesucht, das vordere Deck unterhalb der Brücke. Ich kann mir schon vorstellen, dass dort jetzt viel los ist. Doch zu meiner Verwunderung bin ich fast alleine. Fast, denn nach nicht einmal zwei Minuten steht schon ein Steward mit einem Glas Champagner hinter mir. Champagner? Um 9 Uhr morgens? Das kann man doch nicht – ach was soll’s. Es ist ja Sonntag. Das geht schon.

Das prickelnde Elixier bringt sofort die Lebensgeister zurück, die ohnehin schon schöne Landschaft wird augenblicklich noch interessanter und durch die informativen Durchsagen von der Brücke werden nun auch noch ein paar Gäste an Deck gelockt. Oder ist’s am Ende doch der Champagner, der sie lockt?

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Mit den Dardanellen lassen wir auch die kühlen Temperaturen hinter uns. Es wird merklich wärmer, wie auch der Kapitän bestätigt. Nebenbei bemerkt er, dass er sich entschlossen hat, nun, da bis zu unserem nächsten Ziel, Skiathos am nächsten Morgen, noch viel Zeit ist, einen Abstecher zur Mönchsrepublik Athos zu machen, welche wir am frühen Abend erreichen. Ein Kapitän, der einfach mal schnell die Route ändert und außerplanmäßig ein zusätzliches Ziel anfährt? Ich glaube, das habe ich schon sehr, sehr lange nicht mehr erlebt.

Bis zum frühen Abend entscheide ich mich für ein ausgiebiges Sonnenbad. Mein Ziel dafür: Deck 11, vorne. Vorne ist hier streng genommen nicht wirklich vorne, sondern eher mittig, zwischen Pooldeck und dem Sonnendeck der Crew gelegen.

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Hier gibt es ein Jacuzzi und unzählige Liegemöglichkeiten, darunter auch eine stattliche Anzahl von runden Loungemöbeln, wie ich sie auch schon vermehrt von anderen Schiffen kenne. Doch bekommt man für gewöhnlich nur mit viel Glück einen Platz in diesen begehrten Liegen, hat man an Bord der Europa 2 ein ganz anderes  Problem: die Qual der Wahl. Welche nehmen? Eine von den Beigen? Oder doch lieber eine Braune? Mehr zur Steuerbord- oder zur Backbordseite gelegen? Blick nach vorne oder doch lieber nach hinten?

Hier ist es, wie überall auf dem Schiff, niemals auch nur annähernd voll. Man hat das Gefühl, für jeden einzelnen Passagier stünden zehn Liegen zur Auswahl bereit. Dass das Schiff bis auf zwei Kabinen voll besetzt ist, auf den Sonnendecks ist dies wirklich nur ganz schwer zu glauben.

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Unglaublich ist hier auch der Service. Zuvorkommend zu sein ohne sich anzubiedern, den Gästen auf Augenhöhe zu begegnen und ihnen dennoch jeden Wunsch von selbigen abzulesen, diesen schwierigen Spagat bekommen die Servicekräfte mit einer Leichtigkeit hin, die mich wirklich tief beeindruckt und die mir in dieser Form zuvor noch nicht unter gekommen ist. Hut ab!

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Zurück in der Kabine, frisch geduscht und in den herrlich flauschigen Bademantel gehüllt, begebe ich mich auf meine Veranda und staune nicht schlecht. Wir steuern auf einen Berg zu. Auf einen riesigen Berg. Einen monumentalen Berg. Das ist Athos? Ich hatte ja keine Ahnung!

Athos

Die Klöster von Athos

Das Schiff dreht nach Backbord ab, was bedeutet, dass ich mich, will ich mehr sehen, nun wieder an Deck begeben muss. Vorbei geht es an einer Reihe schier unglaublich schöner Klosteranlagen mit faszinierender Architektur und teils abenteuerlicher Lage. Die Abendsonne hüllt alles in eine wunderbare Stimmung. Erneut wähle ich Deck 9 vorne als Standort, erneut dauert es keine zwei Minuten, bis ich mein erstes Glas Champagner in der Hand halte. Mit gut und gerne einem Dutzend Passagieren ist das Deck im Gegensatz zum Morgen schon geradezu gut besucht.

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„Faszinierend, oder?“ ruft es. Ich schaue nach oben und erblicke den Kapitän. Auch er scheint sehr begeistert ob der sich darbietenden Landschaft. Der Ausflug hierhin, es war eine tolle Entscheidung. Nach Istanbul am Vorabend der zweite ganz große Moment dieser Reise und definitiv einer, für den es sich gelohnt hätte, die Restaurantreservierung verfallen zu lassen.

Berg Athos Sonnenuntergang

Der Berg Athos

Diese hatte ich nämlich schon für 19 Uhr im Sakura, der Sushi Bar. Von den sechs Restaurants an Bord sind vier Spezialitätenrestaurants, für die man im Vorfeld einen Tisch reservieren muss. Carsten Kühfeldt, der Maitre d’Hotel war so frei, dies für mich zu tun, was sich im weiteren Verlauf als Glücksgriff herausstellen soll. Doch 19 Uhr ist eine denkbar undankbare Zeit, will man vorher noch die Sonnenuntergänge sehen. Auf meine Bitte, die Reservierung doch auf 20 Uhr umzuswitchen erfahre ich, dass jeder Tisch pro Abend ohnehin nur einmal besetzt wird, die Reservierung also für den ganzen Abend gilt und es somit egal ist, ob man schon um sieben oder erst um halb neun erscheint. Perfekt!

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Das Sakura auf Deck 9 grenzt an den Yacht Club und ist auch von der Einrichtung her nicht wirklich von diesem zu unterscheiden. An eine Sushi Bar erinnert hier somit nicht wirklich viel, was ein wenig schade ist. Auch im Sakura lässt sich der Service nur als perfekt und zuvorkommend beschreiben. Als Gast mit nur wenig Sushi Erfahrung werde ich zunächst nach meinen Vorlieben gefragt. Auf den Vorschlag, mir etwas Schönes zusammenzustellen, gehe ich gerne ein. Was folgt ist eine Orgie feinster Überraschungen in fünf Akten. Wer kein Sushi Fan ist, der wird bei einem Besuch im Sakura bekehrt. Daran habe ich keinen Zweifel.

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Bei der anschließenden Pool Party zeigt sich der Vorteil des überdachbaren Sonnendecks. Bei angenehmen Temperaturen und zusätzlich angeheizt durch die Musik der Bord Band, diverser Longdrinks und – natürlich – Champagner, herrscht eine ausgelassene Stimmung unter den Gästen, welche den Weg hierher gefunden haben.

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Irgendwann überkommt mich die Müdigkeit und die Sehnsucht nach meinem wirklich ausgezeichneten Bett siegt über die Neugier, wie lange hier am Pool wohl noch gefeiert wird.

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Lesen Sie in Teil 2, ob ich meine Mission eines Reiseberichts, mit dem notwendigen Abstand und nicht zu vergessen der messerscharfen Objektivität, vollenden kann. 

Luxify Reisebericht MS Europa 2 Luxus Kreuzfahrtschiff

Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2013

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