Doch darum soll es hier gar nicht weiter gehen. Denn eigentlich war die Sache ja fix. Wenn ich meinen Boxster in den Service gebe, sollte ich mal ganz ausgiebig den neuen 981 testen. Speziell nach dem Photoshooting auf dem Neroberg hatte ich mich darauf auch schon äußerst gefreut.

Doch Porsche kam mit der Lieferung des neuen Vorführwagens wohl in Verzug und der „alte“ 981 war bereits verkauft. Was tun? Service verlegen oder aber auf einen Cayenne ausweichen?

Da wir derzeit eh nach einem Auto mit größerem Kofferraum suchen und außerdem seit einem halben Jahr unzählige Getränkekisten im Keller darauf warten, weggebracht zu werden, fiel mir die Wahl nicht schwer.

Und so stieg ich für einen Tag um. Vom Hausfrauen- zum Zahnarztgattinen-Porsche.

Aber steigt man da jetzt nur um? Oder steigt man da auch automatisch auf? Auf jeden Fall steige ich erst einmal ein und merke, dass allein der Einstieg zumindest ein Aufstieg ist im Vergleich zum in meinem Alter schon leicht mühsamen Abstieg in den niedrigen Sportsitz des Boxster.

Drinnen empfängt mich die Porsche-typischen Rundinstrumente, Zündschloss links. Alles gut. Die Mittelkonsole schaut so aus, wie sie mittlerweile fast überall ausschaut. Da kann man Fan von sein, mir gefiel sie früher besser.

Die gefühlten Eintausendzweihundert Schalter überfordern mich kurz. Ich denke, man wird recht schnell damit klar kommen, aber Übersichtlichkeit geht anders. Sehr gut dafür: der Tochscreen des Navis.

Über die Materialanmutung muss ich mich nicht wirklich groß auslassen. Alles schaut nach gelebter Perfektion aus, hochwertig und schön.

Von Aussen kann man da schon anderer Meinung sein. Als ich seinerzeit den ersten Cayenne II gesehen habe dachte ich zunächst an einen SUV aus koreanischer Produktion. Nicht dass ich den ersten Cayenne jemals auch nur optisch halbwegs „scharf“ fand, aber das Design des Neuen empfand ich für einen Porsche zunächst schon als ziemlich lächerlich.

Ob es an meiner zunehmenden Reife liegt, der stärkeren Affinität und dem dahergehenden Fanboy Dasein zur Marke geschuldet ist oder der Mensch sich einfach an alles gewöhnt, mittlerweile finde ich den Cayenne II auch von Aussen sehr gelungen und begehrenswert.

Ich starte den Motor und – höre nichts. Ah richtig. Automatik! Wählhebel in P, Bremse drücken, nochmal versuchen. Diesmal höre ich etwas. Ganz leise. Das kann doch nicht alles sein. Das ist doch ein Porsche!

Geruhsam setzt sich das Gefährt in Bewegung. Ein Druck auf das Gaspedal wird mit einem leichten Vorwärtsdrang quittiert. Immerhin. Ich schaue ins Handschuhfach und das dort hinterlegte laminierte Datenblatt bescheinigt meinem Gefährt immerhin 299 PS. Ausreichend, sollte man meinen.

Es geht auf die Autobahn zum ersten Kickdown und ich merke, „ausreichend“ ist das richtige Wort. Maximal. „Sichtlich bemüht“ trifft es wohl besser. Mit dem, was man sich gemeinhin unter Porsche vorstellt hat das jedenfalls wenig zu tun.

Wenigstens hört man jetzt den Motor. Er schreit, wenig souverän, so als wolle er sagen „ja ja, ich mach ja! Aber schau Dich doch selbst mal an. Du hast auch schonmal weniger gewogen und hast mehr Sport gemacht“.

Sport! Richtig! Da gibt es ja noch die Sport-Taste am Ende der Mittelkonsole, kurz vor den Cupholders. Drücken und schauen was passiert. Der Wagen bleibt jetzt zwar länger in den niedrigen Gängen, dafür kommt es mir so vor als schalte die Automatik ihre 8 Gänge ziemlich wahllos hin und her und vor allem immer dann, wenn man das grad gar nicht erwartet oder auch gar nicht möchte.

Ich bin lange keine Automatik gefahren und in sofern mag dieses Problem auch mehr in meiner Person zu suchen sein als im Porsche Getriebe. Was bleibt aber ist das Gefühl, dass der 3,6 Liter V6 seine liebe Mühe hat mit einem Auto dieser Größe. Das mag bei einem Q7 oder Touareg absolut in Ordnung gehen, hier aber macht sich ein wenig Enttäuschung breit. Ein Porsche ist eben ein Porsche. Oder nicht?

Das zügige Cruisen auf der Autobahn ist schon mehr seine Domäne. Auch wenn die vielen Funktionen, Displays und schlecht erreichbaren Knöpfe den Blick viel zu oft vom Wesentlichen ablenken ist die Fahrt äußerst entspannt, die erhabene Sitzposition und die äußerst bequemen Sitze tun ihr Übriges.

Abgesehen vom Verbrauch lässt sich der Cayenne auch in der Stadt äußerst souverän bewegen. Die einem anfangs recht brutal vorkommende Größe (zumindest wenn man von einem Boxster umsteigt) weicht schnell der Realität. Das Auto ist von seinen Proportionen kaum breiter und sogar etwas kürzer als eine E-Klasse. So what. Die Sitzposition ist – SUV-typisch – auch in der Stadt sehr angenehm. Da könnte man sich durchaus dran gewöhnen und – ach ja – sämtliche im Keller angesammelten Getränkekisten stellten den Kofferraum nicht einmal annähernd vor ein Problem.

Stadt, Landstraße, Autobahn – was fehlt da noch? Richtig. Gelände. Aber ganz ehrlich, wer fährt so ein Auto schon im Gelände, sieht man von der Zufahrt zu den Reitställen und Golfplätzen dieser Welt einmal ab. Kurzum – hab‘ ich nicht getestet. Die Zeit war schließlich knapp und so war es schon Bald wieder soweit, mein eigenes Auto abzuholen. Ehrlich gesagt, ich konnte es kaum erwarten, wieder in die niederen Sphären des Boxster-Sitzes hinabzusteigen, den kernigen Sound zu hören und den Kick bei jedem Tritt aufs Gaspedal zu spüren. Bin dann wohl doch eher Hausfrau denn Zahnarztgattin.

Der Cayenne bleibt für mich ein schöner SUV, in der V6 Version allerdings dann auch nicht mehr als das. Für echtes Porsche Feeling braucht es wohl eine der 8-Zylinder Varianten. Der VR6 Motor jedenfalls macht in meinem Golf deutlich mehr Spaß.

Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler

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