Ein Stückchen Frankreich findet man dieser Tage in Düsseldorf. Denn Hermès, auf der ganzen Welt gleichermaßen bekannt und beliebt für Produkte auf höchstem Niveau, gibt im Rahmen seines Festival des Métiers, frei übersetzt die Festspiele des Handwerks, Einblicke in die Fertigungstechnik ihrer so berühmten Produkte.

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Sattler, Täschner, Seidendrucker, Krawattenmacher, Porzellanmaler und Uhrenspezialisten, sie alle zeigen im Areal Böhler in der Halle am Wasserturm, was die Produkte des Hauses Hermès so besonders macht. Insgesamt zehn Kunsthandwerkern aus den Hermès Ateliers von Paris, Lyon, Nontron, Nizza und Zürich, stellvertretend für die insgesamt etwa 3.900 Mitarbeiter in ganz Frankreich, können interessierte Besucher so noch bis zum 11. Juni über die Schultern schauen. Oliver Mendl sah sich am Eröffnungstag für luxify um.

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Los geht es bei den Täschnern Samuel Lefranc und Sarah Verollet. Sie führen den Besucher in die Geheimnisse der Hermès Taschen ein. Nach der Auswahl der Lederhäute beginnt der Zuschnitt der Lederstücke, entweder per Hand mit Hilfe eines Schnittmodells und eines Schnittmessers oder auf einer Lederpresse.

Das Leder wird aufgespannt, Futterleder und Deckleder werden vorbereitet und die verschiedenen Teile zusammengestellt. Per Hand ausgeführtem Sattlerstich entsteht so die Tasche. Es folgt die Bearbeitung der Seitenteile, die Montage des Verschlusses, sowie weitere Feinarbeiten.

Insgesamt dauert die Herstellung einer Hermès Tasche, je nach Modell und Leder, zwischen 15 und 20 Arbeitsstunden.

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Wie entsteht ein Carré? Am Anfang steht die Gravur. Sie ist die Druckvorlage für das spätere Carré. Nadine Rabilloud zeigt, wie sie die Vorgaben des Designers mit großer Sorgfalt und absoluter Genauigkeit auf die Vorlage für den Siebdruck überträgt.

Jedes Jahr gibt es zwei Kollektionen mit jeweils etwa 12 Tüchern, wovon die Hälfte Neuentwürfe darstellen, die andere Hälfte sind Re-Editionen, durch Farbvariationen dem Zeitgeist angepasst. Jedes Carré misst 90 x 90 cm und besteht aus 75 Gramm Seide.

Die Seidendrucker Kamel Hamadou und Said Benayad zeigen, wie sie die Druckvorlage Farbe für Farbe umsetzen. Die Seide wird auf langen Tischen aufgerollt und gut gespannt. Wenn der Druckrahmen sich auf den Stoff senkt, verteilt sich die Farbe im Rahmen und wird an den festgelegten Stellen von der Seide aufgesogen. Nach dem Druck werden die Farben fixiert. Es folgt eine schonende Wäsche im Spezialbad, die Trocknung und eine Appretur genannte Veredelung.

An jeder Station der vorgestellten Berufe warten neben den Künstlern auch Dolmetscherinnen. Sie sind der Garant für eine reibungslose, angenehme Kommunikation – so können alle Fragen direkt gestellt werden und die Antworten sind detailreich.

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Die Farbe wird auf die Druckvorlage aufgetragen.

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Hier wird die Farbe gleichmässig über die Druckvorlage verteilt, in den ausgeschnittenen Flächen trifft sie auf die Seide.

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So entsteht Schritt für Schritt, Farbe für Farbe ein Seiden Carré.

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Muriel Dumonteit ist Krawattennäherin und zeigt, wie die berühmten Modelle entstehen. Gravur und Druckverfahren sind dabei identisch denen des Carré. Und wie das Carré misst auch die Seide für eine Krawatte 90 x 90 cm. Die Elemente werden zunächst einzeln nach einem genauen Schnittplan herausgeschnitten. Anschließend erfolgt das Zusammenfügen der Innen- und Außenteile.

Die Krawatte wird gebügelt, gefaltet und vernäht. Auch die Länge wird genau überprüft. Im letzten Schritt werden die Seiten umgeschlagen und vernäht. Natürlich mit der Hand.

Eine Besonderheit der Hermès Krawatten ist übrigens der ‚fil de montage‘. Dabei handelt es sich um einen Faden, der in der Krawatte versteckt ist und welcher beim Öffnen der Innenseite sichtbar wird. Mit seiner Hilfe lässt sich die Krawatte ausrichten, sollte sie einmal, etwa nach einer Reinigung, außer Form geraten sein.

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Besonders interessant ist es natürlich auch, Uhrmacherin Tanja Rohrbach über die Schulter zu schauen. Aus bis zu 300 Einzelteilen bestehen die Werke, die zum Teil noch weiter veredelt werden. Die Armbänder entstehen in der Hermès eigenen Werkstatt.

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Das ursprüngliche Wissen von Hermès – schließlich war der erste Kunde 1837 das Pferd – vermittelt Sattlerin Mélanie Kuntz. Hermès betrachtet noch heute die Sattlerei als Herzstück und Fundament des Hauses. Etwa 450 Stück verlassen pro Jahr das Stammhaus, in dessen Atelier 15 Personen – Ateliermeister, Sattler, Zaumzeugmacher und Lederschneider – arbeiten.

Die Sättel von Hermès haben eine außerordentliche Lebensdauer. Oft kommen 30 oder 40 Jahre alte Stücke zurück in die Werkstatt, um wieder aufgearbeitet zu werden. Mit ein Grund für diese hohe Lebensdauer ist der Sattlerstich, eine Technik, bei der mit zwei Fäden gearbeitet wird. Diese werden in jedem Loch einzeln verknotet und erreichen dadurch eine besondere Festigkeit.

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Christelle Aulard ist Porzellanmalerin. Mit ruhiger Hand bringt sie wunderbar detailreiche Motive auf das Vide Poche.

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Kettlerin Donatella Crisoni zeigt ein weiteres traditionelles Handwerk. Sie verstrickt das Seidencarré mit Kaschmir. Eine Verbindung, wie sie sich in Produkten der Damen und Herren Prêt-à-porter wiederfindet.

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„Sabrage“ – Präzision bei der Herstellung von Seidentüchern mit hervorstehenden Mustern.

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Fühlt sich an wie feinstes Cashmere – anfassen ausdrücklich erlaubt!

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Hier wird dieSeide mit Baumwolle und/oder Cashmere verbunden.

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An dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben sollte die Mailänder Architektin Paola Navone, die den idealen Hintergrund für dieses Ereignis geschaffen hat.

Das Festival findet noch bis zum 11. Juni 2013 im Areal Böhler, Düsseldorf Meerbusch/Lörick, statt. Ab der Hermès Boutique auf der Düsseldorfer Königsallee gibt es täglich zwischen 12 und 20 Uhr einen Shuttle-Service.

Hermès Festival des Métiers
Areal Böhler, Halle am Wasserturm (Halle 29)
Hansaallee 321, 40549 Düsseldorf
06.–11. Juni 2013
Täglich 12-20 Uhr
Freier Eintritt

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Fotos: © Oliver Mendl (35), Hermès © Ralf Juergens (7)

Text: © Percy Christian Schoeler, Oliver Mendl

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