Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Insbesondere, wenn es um Hollywood Blockbuster geht. Da jagt James Bond in „The Living Daylights“ beispielsweise durch die Straßen von Bratislava, ist in Wirklichkeit aber in Wien. Es geht aber auch umgekehrt. In „The Peacemaker“ etwa doubelt die slowakische Hauptstadt wiederum die österreichische. Manchmal stellen sich die Dinge in der Realität eben ganz anders dar, als man das vorher vermutet. Nicht nur in Hollywood. Und damit: Herzlich Willkommen in Prag. Oder – sollte ich besser sagen – in Zürich?
Von Jason Bourne und anderen Agenten
In die dortige US-Botschaft nämlich führt es Jason Bourne einst auf der Suche nach seiner eigenen Identität. Es kommt, wie es kommen muss, alles geht schief und so bleibt dem Mann mit dem roten Stoffbeutel einmal mehr nur die Flucht. Durch die große Halle der Botschaft, die engen Stiegenhäuser hinauf bis zum Dach des herrschaftlichen Gebäudes im Stile der Neo-Renaissance, mitten im Herzen von Zürich.
Vor genau jenem Gebäude stehe ich nun, knapp 20 Jahre nach den Dreharbeiten zur „Bourne Identity“. Doch bin ich, man erahnt es schon, keineswegs in Zürich gelandet, sondern in Prag. Und das Gebäude ist auch alles andere als eine Botschaft. 1895 ursprünglich als Sitz der tschechischen Spar- und Kreditbank gebaut, diente es später als Hauptsitz der Prager Post.
Verwandlung zum Luxus-Hotel Carlo IV
Erst im Jahre 2003 nahmen sich der römische Architekt Maurizio Papiri und Hotel-Interieur-Design-Legende Adam D. Tihany dem Gebäude an und verwandelten es in ein Luxushotel der Extraklasse. Die Geburtsstunde des Hotels Carlo IV Prague.
Vierzehn Jahre lang sollte das Hotel im Eigentum der Boscolo Familie verbleiben, ehe es, zusammen mit sieben anderen Hotels der Gruppe, 2017 von Värde Partners und der Deutschen Bank übernommen und im Jahr darauf in „The Dedica Anthology Autograph Collection Carlo IV“ umbenannt wurde.
Doch bereits 2019 stand ein erneuter Besitzerwechsel an. Die „The Dedica Anthology“ Hotels wechselten zu Covivio und werden seit dem vergangenen Jahr von der spanischen NH Hotel Group unter deren Luxusmarken Anantara und NH Collection betrieben.
Neueröffnung 2021
Auf Grund der im vergangenen Jahr beginnenden Corona-Situation ist das nun auf den Namen „NH Collection Prague Carlo IV“ hörende Hotel somit erst im Juni 2021 überhaupt für Gäste eröffnet worden. Ich gehöre also mit zu den ersten Besuchern nach einer durchaus außergewöhnlichen und stürmischen Zeit.
Was wird mich vor Ort also erwarten? Im Vorfeld jedenfalls ein wenig irritierend: die Zimmerpreise. Denn diese sind für ein Fünf-Sterne-Hotel selbst in Prag doch sehr günstig und werden mit teils unter 100 Euro die Nacht angegeben.
Auch muss ich gestehen, beim Namen NH bislang zwar an durchaus schicke, aber dann doch eher zweckmäßige Businesshotels gedacht zu haben als an echten Luxus. Die große Frage also vor meiner Ankunft: ist das überhaupt etwas für Luxify?
Auf der anderen Seite, Prag ist keine allzu weite Reise, ich selbst aber war schon gut 20 Jahre nicht mehr dort und die Stadt hat so viel zu bieten, dass man genug Impressionen für einen Bericht zusammen bekäme, selbst wenn’s mit dem Hotel dann doch nicht ganz so luxuriös sein sollte. Also: nix wie hin.
Reist man, wie ich, mit dem Zug nach Prag, könnte das Hotel jedenfalls schon einmal nicht besser liegen. Genau zwischen dem Prager Hauptbahnhof (Praha hlavní nádraží) und dem Regionalbahnhof (Praha Masarykovo nádraží) ist es positioniert, zu Fuß also nur wenige Minuten entfernt. Und auch vom Altstadtkern ist man nicht weit weg. In etwas über fünf Minuten erreicht man bereits den Pulverturm, bis zum Altstädter Ring sind es gerade einmal 1000 Meter.
Das Carlo IV ist ein Grand Hotel vom Feinsten
Doch so weit komme ich heute erst gar nicht. Vollkommen fasziniert stehe ich vor diesem großen, wunderschön restaurierten, herrschaftlichen Gebäude mit seinen Säulen, unzähligen Skulpturen und Spitzen. So muss ein Grand Hotel aussehen. Wunderschön!
Ein Angestellter des Hotels ist mit dem Gepäck behilflich und wuchtet es die Treppen hinauf zum Hochparterre. Dort finde ich mich direkt in einer Art Ballsaal wieder. Tonnen von Marmor, Glas, Spiegeln, Leuchtern und Stuck verschlagen mir augenblicklich die Sprache. Wow! Das hatte ich so nun wirklich nicht erwartet!
Eine Rezeption im herkömmlichen Sinne gibt es nicht, an zwei großen Tischen können die Gäste einchecken, an einem dritten Tisch steht der Concierge bereit. Da bei meiner Ankunft gerade alle Mitarbeiter besetzt sind, warte ich ein wenig in einer der Sitzgruppen und lasse meinen Blick immer wieder über die Details dieses unfassbaren Raumes gleiten. So entpuppen sich die großen Glas- und Spiegelflächen bei näherer Betrachtung recht bald und unverkennbar als ehemalige Bank-Schalter, die angeschlossene Bar als ehemaliger Safe-Raum.
Nach nur kurzer Wartezeit und einem anschließenden schnellen wie unkomplizierten und vor allem äußerst freundlichen Check-In geht es auch schon hinauf aufs Zimmer. Dieses liegt im ersten Stock und man sollte tunlichst den Fehler vermeiden, den ich direkt mache. Ich steige nämlich in einen der drei Aufzüge und verpasse so zunächst erst einmal den Eindruck des monumentalen Treppenhauses, welches die Ebenen in der Mitte des Gebäudes verbindet.
Kann das alles noch real sein?
Die Zimmer liegen entlang von langen Gängen, gepflastert mit historischen Kacheln im Schachbrettmuster und gespickt von unzähligen Hängeleuchten im Stile dessen, was ich jetzt einmal als Art Deco beschreiben würde. Dazu: Rundbögen, Stiltüren und erneut jede Menge Stuck.
Mein Zimmer ist eine Junior-Suite mit rund 45 Quadratmetern. Zum großen Wohnbereich mit Schränken, Couchecke und Schreibtisch, gesellt sich ein Schlafbereich mit King-Size-Bed und ein Badezimmer mit Badewanne, Bidet und Toilette.
Was sofort ins Auge fällt ist das Parkett in Wohn- und Schlafbereich, die Türverzierungen, die unterfütterten Stofftapeten, die schweren Vorhänge. Lässt man seinen Blick dann nach oben schweifen, lassen einen die Fresken der gewölbten Decken abermals erstaunen. Man fühlt sich fast wie in einem italienischen Palast und fragt sich, ob das alles hier real sein kann.
Kann es, wie sich spätestens tags drauf beim Rundgang mit der stellvertretenden Hotelmanagerin herausstellt. Mit ihr bin ich verabredet, um auch die versteckteren Orte des Hotels zu entdecken. Und sie ist es auch, die mir von den Dreharbeiten zur Bourne Identität erzählt. Nicht der einzige Hollywood-Streifen, der in diesem Gebäude gedreht wurde. Jüngstes Beispiel ist Spider-Man Far from Home aus dem Jahre 2019.
Ein Hotel wie eine Zeitreise in die Vergangenheit
Eine Führung durch das Hotel kommt einem unweigerlich wie eine Zeitreise vor. Im Hauptgebäude trifft man immer wieder auf schwere Türen aus jenen Zeiten, als das Gebäude noch anderen Zwecken als der Beherbergung von Gästen diente.
Alle Zimmer hier, seien es nun die XL Premium Zimmer, Executive Suiten, Junior Suiten oder Suiten, haben jenes hochherrschaftliche Ambiente, welches natürlich durch die Präsidentensuiten gekrönt wird. Gleich zwei dieser 104 Quadratmeter großen Suiten gibt es, gelegen im Hochparterre, rechts und links des Haupteingangs.
Die goldenen Knöpfe der Fahrstühle zählen hinauf bis zum fünften Stock. Bei einem Gebäude, welches straßenseitig nur aus deren drei zu bestehen scheint, ein wenig verwirrend. Des Rätsels Lösung ist der im Rahmen der Umbauarbeiten 2003 hinzugekommene Neubau, der sich dem Hauptgebäude an dessen linker Seite anschließt. Jener Neubau wartet mit einer gegenüber den Stockwerken des historischen Teils deutlich niedrigeren Raumhöhe auf und bringt es so eben auf mehr Etagen.
Hier liegen die auch in ihrer Ausstattung deutlich moderner und weniger opulent gestalteten Zimmer der Kategorien Superior und Premium. So finden sich im Carlo IV sozusagen zwei Hotels in einem und der Gast kann wählen, wie modern oder historisch er es denn gerne hätte. Ein Umstand, der eben auch die für ein 5-Sterne-Hotel recht günstigen Einstiegspreise möglich macht.
Das Carlo IV Prague ist mehr als nur ein 5-Sterne-Hotel
Im überbauten Innenhof zwischen den Hotelteilen ist die kulinarische Seite des Carlo IV angesiedelt. Im Restaurant Inn Ox kommen Freunde der edlen Gastronomie auf ihre Kosten. Geboten wird feinste Küche auf Haubenniveau.
Anschließend steht die Vault Bar, welche im ehemaligen Tresorraum zu finden ist, für Drinks bereit. Bei meinem Aufenthalt sind sowohl Restaurant wie auch Bar jedoch an den Seiteneingang und den hübschen Seitenhof des Hotels ausgelagert, sodass man im Sommer auf diese Art auch unter freiem Himmel speisen kann.
Ein weiteres, eher unerwartetes Highlight findet sich im Untergeschoss des historischen Gebäudes: der Spa-Bereich. Im großen Gewölbekeller wartet ein sage und schreibe 20 Meter langer Pool! Perfekt, um wirklich mal ein wenig zu schwimmen. Seitlich untergebracht sind diverse Wellness-Bereiche mit Unterwasser-Massagedüsen. Aber Obacht: auf Grund der baulichen Gegebenheiten im Seitenbereich des Pools heißt es aufpassen, nicht mit der geliebten Armbanduhr irgendwo anzuecken. Ein wenig Unterwasserbeleuchtung wäre hier durchaus hilfreich.
Im Nebenraum des Poolbereiches wartet eine finnische Sauna und ein Dampfbad. Auf Grund der Corona-Situation muss man sich bei meinem Aufenthalt Zeitslots für den Besuch des Spa-Bereichs reservieren. Auf diese Art werden nur so viele Plätze vergeben, wie Liegen vorhanden sind und diese auch entsprechend reserviert. Das Ergebnis ist eine stets sehr angenehme Auslastung des Bereichs. Eine wirklich sehr gute Lösung.
Fast wünscht man sich Gleiches von den großen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Denn denen muss man schließlich auch mal einen Besuch abstatten, ist man schonmal hier. Nach über 20 Jahren Prag-Abstinenz fallen mir vor allem die vielen schönen, hübschen, bunten, renovierten Gebäude auf. Von der fast schon bedrohlich anmutenden, dunklen Kulisse, wie ich sie noch in Erinnerung habe und wie man sie beispielsweise in Mission Impossible noch sehen kann, ist nicht mehr viel übrig.
Das Hotel als Ort von Rückzug und Entspannung
Trotz der noch immer andauernden pandemischen Lage ist viel los in der Stadt. Die Straßen zwischen Pulverturm und Altstädter Ring sind zwar noch recht angenehm gefüllt, doch auf dem typische Touristenweg von der Astronomischen Uhr hin zur Karlsbrücke ist an jenem Samstag Nachmittag an Abstand halten nicht zu denken. Die Gassen und Straßen sind überfüllt von deutschen Junggesellenabschieden und Touristenmassen aus aller Welt.
Nein, dann doch lieber wieder zurück ins angenehme Spa des Carlo IV und noch ein wenig relaxen, ehe auch schon der zweite – und somit auch schon wieder letzte – Abend dieser kurzen Reise anbricht.
Zum Frühstück dann gibt es noch einmal eine Extraportion der extrem guten Croissants (mit die besten, die ich bisher außerhalb meiner Wiener Lieblingsbäckerei verkosten durfte), dann heißt es auch schon wieder Lebwohl sagen.
Statt mich, wie einst Jason Bourne, vom Dach aus die Hausfassade hinabzuhangeln, nutze ich heute allerdings lieber ganz bequem den Haupteingang. Ein letzter Blick zurück auf dieses faszinierende Gebäude, dann geht es zu Fuß zurück zum Bahnhof. Denn der ist ja schließlich nicht weit weg.
Ein Kurztrip ins NH Collection Prague Carlo IV. Erwartet hatte ich ein eher wenig spannendes Businesshotel, gefunden habe ich ein wahres Hotel-Juwel. Manchmal stellen sich die Dinge in der Realität eben ganz anders dar, als man das vorher vermutet. Nicht nur in Hollywood.
Fazit
Und damit zu meinem Fazit. Wer im NH Collection Prague Carlo IV eincheckt, erlebt ein echtes Grand Hotel mit Top-Service und sehr guter Küche. Dank der verhältnismäßig günstigen Standardzimmer des Neubaus geht dieser Genuss auch schon für teils rund 100 Euro die Nacht los. Wer vollständig in den Charme des Gebäudes eintauchen möchte, der allerdings sollte zu den Zimmern im Altbau greifen. So oder so gibt es im Carlo IV viel zu entdecken und die Lage zwischen den Bahnhöfen und der Altstadt könnte besser kaum sein. Das Carlo IV ist perfekt geeignet für einen Kurztrip bzw. ein verlängertes Wochenende in der „Goldenen Stadt“, insbesondere für Paare, die neben dem Trubel der Stadt auch gerne einmal Zeit zum Abschalten haben möchten.
Informationen & Links
Das NH Collection Prague Carlo IV finden Sie in der Senovážné nám. 13/991, 110 00 Nové Město, Prag, Tschechien. Mehr Informationen zum Hotel, sowie die aktuellen Zimmerraten gibt es unter nh-collection.com.
Hinweis zur Transparenz
Der Bericht entstand im Rahmen eines Aufenthalts mit freundlicher Unterstützung des Hotels NH Collection Prague Carlo IV. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand – wie üblich – nicht statt.
Fotos: © PCS/AS 2021
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