Es ist Viertel vor Sieben, als ich wach werde. Ich befinde mich an Bord der Seabourn Quest, welche heute Kurs auf die Falkland Inseln genommen hat. Jenes Archipel im Südatlantik, gelegen rund 400 Kilometer östlich der Südspitze Argentiniens, welches durch den gleichnamigen Krieg im Jahre 1982 traurige Berühmtheit erlangte.
Die Falklandinseln als Abschluss einer Antarktis-Kreuzfahrt
Wie in jedem Hafen, so werden auch heute wieder eine ganze Reihe von Landausflügen angeboten. Entschieden habe ich mich diesmal für einen äußerst spannend klingenden Trip über die Ostinsel. Beginnend im Hafen der Hauptstadt Stanley, soll es mit Land Rover Modellen zu einem Ort namens Bluff Cove gehen. Zu sehen gibt es dort dann: Pinguine!
Kommt man geradewegs von einem ausgiebigen Trip durch die Gewässer der Antarktis (mehr dazu in meinem großen Antarktis- und Patagonien-Reisebericht), sind Pinguine irgendwie so langsam schon fast zu etwas halbwegs Alltäglichem geworden. Andererseits: von nun an geht es unerbittlich weiter zurück gen Nordhalbkugel. Somit ist das heute die letzte Chance für mich, außerhalb von heimischen Zoos jene putzigen Tierchen zu sehen.
Zwischen 8 Uhr und 10 Uhr wird die Tour nach Bluff Cove alle halbe Stunde angeboten. Für mich als Langschläfer ist der 10 Uhr Termin somit obligatorisch. Die Rechnung, die hatte ich allerdings ohne den Wind gemacht, der an diesem Morgen ganz ordentlich pfeift.
So sehr, dass er es sogar in meine Träume geschafft hat, um Viertel vor Sieben. Nix also mit Ausschlafen. Ich stehe auf, betrete meine Veranda und werde Zeuge eines geradezu malerischen Sonnenaufgangs. Allein dafür hat sich das Aufstehen schon gelohnt. Gegen 9:15 dann besteige ich das Tenderboot. Die Seabourn Quest liegt relativ weit außerhalb des Hafens auf Reede, die Überfahrt zum Anleger dauert daher gute 25 Minuten.
Halbtagesausflug nach Bluff Cove
Nach Ankunft in Stanley geht es zunächst einmal mit Minibussen in Richtung Bluff Cove. Wir fahren über eine asphaltierte Straße, dann geht es über befestigte Straßen weiter zu holprigen Straßen, ehe wir an einem Parkplatz Station machen.
Was nun, denke ich mir. Die Landschaft ist zwar schön, doch einen so ausgiebigen Fotostopp bräuchte es dann doch nicht. Außerdem wollte ich ja Pinguine sehen. Und überhaupt – wo sind eigentlich die versprochenen Land Rover?
Kaum gedacht, tauchen diese urplötzlich am Horizont auf. Einer nach dem anderen. Natürlich alles Defender. Was sonst. Von überall her scheinen sie auf uns zuzufahren. Ein irres Spektakel. Passagierwechsel heißt es nun nach Ankunft am Parkplatz. Die vorherige Gruppe besteigt die Minibusse gen Hafen, wir wechseln in die Landies.
Land Rover Defender – DAS Auto auf den Falklands
Jedes der Fahrzeuge ist anders. Eines spektakulärer als das andere. Jedes von ihnen ein echtes Unikat. Es gibt eben Land Rover und – Land Rover. Diese hier am Parkplatz, irgendwo im weiten Nichts der Falklands, sind bereits schon so viel mehr, als ich mir von diesem Tag eigentlich erwartet habe. Genial. Und dabei sind wir noch gar nicht richtig losgefahren.
Ich werde dem Wagen von Eric zugewiesen. Eric dürfte in seinen späten 60ern oder gar frühen 70ern sein. Ohne seinen Stock kann er kaum mehr richtig gehen. Und das muss er auch nicht. Denn schließlich fahren wir ja. Und wie!
Der Unterschied zwischen Off-Road und Offroad
Offroad-Tour, das ist immer so eine Sache. Öfters schon habe ich sowas mitgemacht, doch meist hält das, was kommt, nicht einmal ansatzweise das, was zuvor in den Landausflugsbeschreibungen so vollmundig zu lesen war.
Nicht so heute! Denn derart „offroad“ ist es selbst für mich eine Überraschung. Wer denkt, die coolen Defender würden einfach wie an einer Perlenkette gereiht im Konvoi gen Küste ruckeln, der irrt nämlich gewaltig. Das Gegenteil ist der Fall. Jeder Landy sucht sich seinen eigenen Weg. Querfeldein. Es ruckelt, es knallt, es ist – herrlich! Offroad, wie es besser nicht geht.
Das eine ums andere Mal muss ich an die Geschichten denken, die der Fahrer des Minibusses auf unserem Weg vorhin vom Krieg erzählt hat. Von den vielen Landminen, die es hier überall gegeben hat. Hoffentlich haben sie damals auch wirklich alle gefunden und geräumt, grübele ich so vor mich hin. Nein, besser gar nicht drüber nachdenken.
Wo Rinder und Pinguine sich die Wiesen teilen
Wir fahren weiter. An ein paar Schafherden vorbei geht es gen Küste. Hinter den Hügeln kommt auf einmal ein wunderschöner Sandstrand in Sicht. Davor: grüne Wiesen. Mit Galloway Rindern – und Pinguinen! Was für eine überaus skurrile Mischung, die man so wahrscheinlich wirklich nur hier zu sehen bekommt.
Die Land Rover stoppen vor einer kleinen, blaugestrichenen Bretterbude. Eine Stunde Zeit haben wir nun vor Ort zur freien Verfügung. Die Gegend ist malerisch, der Himmel blau und sonnig, mit ein paar äußerst bedrohlich wirkenden Wolken. Ein großartiges Szenario.
Die niedlichen Eselspinguine…
Eine Kolonie von Gentoo Pinguinen, zu Deutsch Eselspinguinen, hat sich hier rund um Bluff Cove breit gemacht. Sie sind nicht ganz so neugierig wie die in der Antarktis, nicht ganz so quirlig, doch genauso süß anzuschauen.
Ein paar von ihnen laufen gerade am Strand entlang, unternehmen ihre Schwimmversuche. Am liebsten würde ich sie fragen, ob sie eigentlich wissen, wie gut sie es hier haben, an ihrem sonnigen Sandstrand und von ihren Kollegen erzählen, die ein paar hundert Kilometer weiter südlich den ach so widerlichen Bedingungen von großer Kälte, Schnee und Eis trotzen müssen. Nein, da ist es hier schon deutlich komfortabler. Glück gehabt, liebe Pinguine.
Vom Strand aus gehe ich wieder ein bisschen zurück in Richtung Wiese. Dort steht der Großteil der Kolonie beisammen. Wie in der Antarktis, so gilt es auch auf den Falklands natürlich wieder, den nötigen Abstand einzuhalten. Fünf Meter Minimum. Es sei denn, die Pinguine selbst wollen es anders. Doch scheinen diese sich hier nicht annähernd so für Menschen zu interessieren wie zuvor in der Antarktis. Wahrscheinlich zu alltäglich geworden für sie, diese Menschen.
… und die majestätischen Königspinguine
In der Mitte der Kolonie entdecke ich dann sie: die Königspinguine! Endlich. Ein Traum, wie herrschaftlich sie aus der Masse hervorstechen! Und wie majestätisch sie sich bewegen! Wobei, nein, eigentlich bewegen sie sich – gar nicht. Eigentlich stehen sie einfach nur so herum und tun nichts.
Es sind jetzt auch nicht wirklich viele Königspinguine. Im Grunde sind es derer nur vier Stück. Plus ein paar Junge. Bei den kleinen, süßen Wollknäulen kann man gar nicht so genau erkennen, wie viele es denn jetzt genau sind.
Eigentlich, so erzählt man uns, seien es ja acht Königspingune. Aber die anderen sind wahrscheinlich grad fischen. Am Volunteer Point habe es um die 1000 davon. Dorthin ging heute in der Früh ein anderer Ausflug. Einer, der mir allerdings – zu früh – war. Nun also die Erkenntnis. Hier: Vier Königspinguine, dort: TAUSEND!! Verdammt!
Andererseits sind vier Königspinguine ja immerhin vier mehr als gar keine Königspinguine. Das ist jetzt ganz einfache Mathematik. Und da sind die Babys ja noch gar nicht mitgezählt. Nein, das ist schon okay hier. Und die Eselspinguine sind ja eigentlich sowieso viel niedlicher. Weil lustiger, weil tapsiger.
Zu Gast im Sea Cabbage Café
Bluff Cove hat auch ein kleines Café zu bieten. Im „Sea Cabbage Café“, so der Name, hat man die einmalige Möglichkeit, „Hattie’s home-baked Scones“, zusammen mit ihrer „Diddle-dee“ Marmelade zu probieren. Nein, eigentlich MUSS man die da probieren. Oder einen Chocolate Cookie. „You never had a Chocolate Cookie like that” sagt sie mir. Und nach zwei von ihnen muss ich ihr da uneingeschränkt Recht geben. Mit die besten Chocolate Cookies meines Lebens. Schade eigentlich, dass man dafür einmal um die halbe Welt reisen muss.
Nach einer Stunde müssten wir ja eigentlich zurück. Das war der Plan. Doch Eric fehlt. Alle anderen Fahrer sind da, respektive fahren schon wieder los, doch keine Spur von Eric. Nun, grundsätzlich sehe ich da jetzt erstmal kein Problem. Schließlich wird uns hier schon keiner zurücklassen. Und wenn doch, so gibt es dafür sicher schlechtere Plätze. Welche ohne Chocolate Cookies nämlich, ohne home-baked Scones – und ohne Diddle-dee Marmelade.
Irgendwann taucht Eric mit seinem Defender dann doch noch am Horizont auf. Beim Näherkommen wird schnell klar: eine der hinteren Federn ist gebrochen. Der gute, alte Geländewagen, auf diese Weise ein wenig tiefer gelegt. An mir kann das übrigens nicht gelegen haben, denn: ICH saß vorne!!
Eric gönnt sich auf den Stress jetzt erst einmal einen Scone. Oder sind’s gar zwei? Oder – drei? Ich nutze die so gewonnene Zeit jedenfalls für noch ein paar weitere, letzte Pinguin Bilder.
Mit den Land Rover Defender zurück nach Stanley
Dann geht’s aber wirklich auch für unsere Gruppe zurück. Und da wir die letzte Tour für heute sind, fahren uns die Landies auch direkt bis nach Stanley zurück. Da war die 10 Uhr Tour doch eine gute Wahl.
Über Stock und Stein geht es zurück zu den holprigen Straßen. Zurück zu den befestigten Straßen, zu den asphaltierten Straßen. Meine Erkenntnis des Tages jedenfalls: so ein Defender, der kann auch mit gebrochener Feder ordentlich was.
Eine unglaubliche Ansammlung von Defender Modellen
Sicher mit ein Grund, warum hier auf den Falklands gefühlt jedes zweite Auto ein Land Rover Defender ist. In dieser Dichte habe ich das sonst noch nirgendwo auf der Welt gesehen. Verrückt geradezu.
Ein Glück also, dass Land Rover sich dann doch dazu entschlossen hat, eine komplett neue Version des Erfolgsmodells zu entwickeln, statt den Alten einfach ohne Nachfolger in den Ruhestand zu verabschieden. Andererseits, so robust, wie die Dinger sind, wird man sie hier wahrscheinlich auch noch in drei oder vier Jahrzehnten im Einsatz sehen.
In der Hauptstadt Stanley schaue ich mich noch ein wenig um. Zwei Sehenswürdigkeiten hatte man mir genannt, die es unbedingt zu besuchen gäbe. Also schlendere ich gemütlich die Ross Road, wenn man so will, sowas wie die Hauptstraße der Stadt, entlang um mir die dortigen Bauten anzusehen.
Die dunkle, jüngere Geschichte der Inseln wartet im Museum
Eine der Sehenswürdigkeiten ist das Museum. Es ist tatsächlich äußerst interessant. Beeindruckend und dabei extrem bedrückend zugleich: die Bilder und Videos, die hier die Geschehnisse während des Falklandkrieges dokumentieren.
Sieht man die Fotos von Panzern und Soldaten vor Gebäuden, an denen man erst ein paar Minuten zuvor selbst vorbeigelaufen ist, stimmt das extrem nachdenklich. Dass so etwas vor dann doch so kurzer Zeit möglich war, scheint unbegreiflich.
Vom Museum aus geht es anschließend wieder zurück zum Stadtkern und damit zur zweiten der angekündigten Sehenswürdigkeiten. Diese ist die „Globe Tavern“. Hier MÜSSE man gewesen sein, sagte mir tags zuvor einer der Mitglieder des Expeditionsteams an Bord. Ich solle einfach auf ein Bier vorbeikommen. Sie seien da.
Auf ein Pint in die Globe Tavern
Eine konkrete Uhrzeit wurde dabei zwar nicht genannt, doch siehe da, als ich den Pub betrete, sind das Team und einige andere Passagiere von Bord tatsächlich dort. Gemütlich in der Sonne des Falkländischen Spätsommers sitzen, dabei eines der leckeren Biere probieren, das hat was.
Langsam, aber unaufhörlich, bewegt sich die Sonne allerdings dann auch wieder in Richtung Horizont. Zeit also, Lebewohl zu sagen und mit einem der letzten Tenderboote zurück zum Schiff zu fahren.
Die Bilder, welche ich im Museum gesehen habe, gehen mir dabei nicht mehr aus dem Kopf. Allem voran die des damals kurzerhand zum Truppentransporter umfunktionierten Kreuzfahrtschiffes Queen Elizabeth 2, welches in etwa dort auf Reede lag, wo heute die Seabourn Quest auf mich wartet.
Abschied von den Falklandinseln
Im Sonnenuntergang nimmt diese nun Abschied von den Falkland Inseln. Ich stehe an Deck, denke an die beeindruckenden Landschaften, die süßen Pinguine, die herrlichen Snacks, und an Eric, der jetzt wahrscheinlich gerade dabei ist, die Feder an seinem Land Rover Defender zu wechseln.
Die Falkland Inseln, wenig hatte ich vorher darüber nachgedacht was mich hier wohl so alles erwarten würde. Um so beeindruckter bin ich nun. Was für ein außergewöhnlicher Ort, was für ein wundervoller Tag.
Informationen
Mehr Informationen zu Bluff Cove und der Land Rover Tour gibt es auf falklandpenguins.com. Alles zum Falkland Islands Museum & National Trust ist auf falklands-museum.com zu finden. Und wer die Globe Tavern sucht, die Adresse lautet Crozier Place, Stanley FIQQ 1ZZ, Falkland Islands.
Hinweis zur Transparenz
Der Bericht entstand auf Einladung von Seabourn Cruises. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand nicht statt.
Fotos: © PCS 2019/2020
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