Ziemlich genau 19 Jahre habe ich mich ferngehalten von deutschen Kreuzfahrtschiffen. Zu schwer waren die psychischen Schäden nach der Weihnachtstour 1993 mit MS Arkona in der Karibik. Mal mehr, meist weniger rüstige Rentner, denen die Jugendlichen ein Dorn im Auge waren, dort wurde zusammengepfercht, was nicht zusammen gehörte.

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Abschied von Dubai – bei ungewöhnlich klarer Sicht

In zwanzig Jahren hat sich viel verändert auf dem deutschen Kreuzfahrtmarkt. Aida hat, das muss man neidlos zugestehen, so ziemlich alles umgekrempelt und mit Tui Cruises, einer Kooperation von TUI und Royal Caribbean bereichert seit wenigen Jahren auch ein äußerst potenter Mitbewerber das Geschäft.

Ein weiterer Punkt, der nicht zu verleugnen ist: auch ich bin in dieser Zeit bald zwanzig Jahre älter geworden. Zeit also, es wieder einmal zu versuchen.

Ausgesucht habe ich mir eine einwöchige Orientreise an Bord von Mein Schiff 2. Die Fahrt führt von Dubai über Muscat, Abu Dhabi und Bahrain wieder zurück nach Dubai.

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Traumhaftes Farbspiel an der Pier

Mein Schiff 2 wurde im Mai 2011 in Dienst gestellt. Neu ist das Schiff deswegen aber noch lange nicht. Im Gegenteil. Das Licht der Welt erblickte sie bereits vor 15 Jahren in Papenburg. Als Mercury bzw. später Celebrity Mercury fuhr sie bis 2011 für Celebrity Cruises, einer Tochtermarke ebenfalls von Royal Caribbean, der zweitgrößten Kreuzfahrtgesellschaft der Welt.

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Sonnenstrahlen mit – Sonnenstrahlen

Doch genug der Historie. In jedem Fall erklärt dies aber das, nunja, ungewöhnliche Design des Schiffes. Mein Schiff 2 schaut ein wenig aus wie ein kastenförmiges Fährschiff auf der Ostsee. Real 90’s Style und Jahre später angeflanschte Balkone, die die Optik noch weiter in die reine Zweckmäßigkeit verändern, es gibt definitiv schönere Schiffe. Andererseits, wenn man drauf ist, sieht man’s ja eh nicht.

Innen allerdings ergibt sich ein ganz anderes Bild. Keine Ahnung, wie es auf dem Schiff als Mercury aussah aber man hat nicht das Gefühl, dass irgendetwas aus dieser Zeit den Umbau überlebt hat – von Fön und Zimmersafe vielleicht einmal abgesehen.

Ansonsten – alles nagelneu und in Top Zustand. Das Design hebt sich dabei vom bombastisch bunt überladenen Design anderer Reedereien ab. Mein Schiff 2 kommt eher hanseatisch kühl daher, durchgestylt ohne dass sich das Auge an irgend etwas aufhängt. Gefällig. Und doch oder gerade dadurch auch irgendwie austauschbar. Es fehlen Akzente, die in Erinnerung bleiben. Das allerdings ist meine zutiefst subjektive Meinung und über Geschmack kann man ja bekanntlich trefflich streiten.

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Die Tui Bar – beliebter Treffpunkt im 4-stöckigen Atrium

Das gilt auch für die Namensgebung. Mein Schiff, der Name entstand in einem Wettbewerb. Die Namen der restlichen Einrichtungen schließen sich da nahtlos an. Die Überschau Bar, die Unverzicht Bar, die Unschlag Bar oder das Konferenzzentrum Geist Reich sind nur einige Beispiele. Wenn’s der Fangemeinde gefällt, warum nicht.

Wo wir schon bei den Bars sind: auf den Mein Schiffen (oder sagt man da auf Meinen Schiffen?) gilt seit einiger Zeit das Premium All Inclusive Konzept. Die Fahrten sind etwas teurer bepreist als bei den Mitbewerbern, dafür erwarten den Gast weder versteckte Kosten wie automatische Trinkgelder noch überteuerte Getränkepreise.

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Himmel & Meer – tagsüber Lounge, abends Disco

Es ist nahezu alles inklusive. Einzig besondere Spirituosen, exklusive Weine oder Champagner müssen extra bezahlt werden. Zu durchaus humanen Preisen, wenn es denn unbedingt sein muss. Denn die freien Getränke stehen in einer so großen Auswahl zu Verfügung, dass eigentlich kaum ein Wunsch offen bleibt.

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Die Bar in der Schau Bar – greifen Sie zu, es ist alles inclusive

Gerne würde ich wissen, wie sich der Konsum, speziell von Alkohol seit Einführung an Bord verändert hat. Wer aber befürchtet, an Bord nur noch auf Kegelclubs zu treffen, die schon vor 11 Uhr sternhagelvoll im Pool liegen, der irrt. Den meisten Passagieren reicht wohl das Wissen, dass sie könnten, so sie wollten und es geht sehr gesittet zu.

Mag auch am Publikum auf dieser Reise liegen. Von Anfang Zwanzig bis Ende Siebzig ist alles vertreten, wobei der Schwerpunkt auf der Gruppe der 40-50 jährigen Paare liegt. Da auch die 60-70 Jährigen diesmal überaus stark repräsentiert sind, liegt der Altersdurchschnitt ein ganzes Stück über Normal. Angeblich werden das auf den nächsten zwei Fahrten jeweils 300 Familien mit Kindern drastisch ändern. Ich muss gestehen, dass die Ruhe aber auch etwas für sich hat.

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Da rockt das Boot – Poolparty in Abu Dhabi

Zurück zum leiblichen Wohl. Neben dem Trinken ist das Essen ja traditionell das Wichtigste an Bord eines Kreuzfahrtschiffes. Mein Schiff 2 verfügt über mehrere Restaurants. Das Anckelmannsplatz ist das große Buffetrestaurant auf Deck 11. Wobei, so groß ist es bzw. die Auswahl der dargebotenen Speisen im Vergleich zu anderen Schiffen dann gar nicht. Nun bin ich generell kein großer Freund von Buffets, weswegen ich es im Wesentlichen bei einem einzigen Versuch belasse.

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Buffet Restaurant Anckelmannsplatz, benannt nach dem Sitz von Tui Cruises

Atlantik heißt das große Hauptrestaurant, welches sich über den hinteren Teil der Decks 5 und 6 erstreckt. Optisch sehr ansprechend gehalten, gibt es hier keine festen Tischzeiten. Im Rahmen der Öffungszeiten, beispielsweise von 18 bis 21:30 Uhr im Falle des Abendessens kommt man einfach, wann man will. Einen Platz zu bekommen ist zumindest auf dieser Reise niemals ein Problem.

Jeden Tag gibt es zwei 5-Gang Menüs zur Auswahl, wobei man die Gänge individuell kombinieren kann. Die Qualität der Speisen ist absolut herausragend und liegt weit über dem Niveau, welches ich von den Standardrestaurants anderer Schiffe her kenne. Essen im Atlantik ist jeden Tag aufs Neue ein Erlebnis. Auch auf Sonderwünsche wird perfekt eingegangen. Keine Selbstverständlichkeit.

Ebenfalls befinden sich an Bord noch aufpreispflichtige Restaurants wie das Richards – Feines Essen, das Steakhouse Surf&Turf oder die Blaue Welt Sushi Bar. Angesichts des so hervorragenden Essens im Hauptrestaurant stellt sich allerdings die Frage, warum man die teils doch beachtlichen Aufpreise auf sich nehmen sollte.

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Bezahlrestaurant „Richards – Feines Essen“

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Blaue Welt Bar

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Sushi

Im Falle des Steakrestaurants probiere ich es aus. 40 Euro für ein 250g Wagyu Filet klingen fair. Mein Pech, dass letztlich nur 150g auf meinem Teller landen und diese vom Geschmack zwar grundsolide sind, der erhoffte Gaumenkitzel allerdings ausbleibt. Unbegreiflich auch, wieso man hier auf einmal für die gleichen Getränke, die überall auf dem Schiff gratis erhältlich sind, etwas bezahlen muss.

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Steakhouse Surf & Turf

Der Vollständigkeit halber erwähnt seien noch die drei weiteren Restaurants an Bord: das Gosch Sylt, das Bistro La Vela und der Cliff 24 Grill. Letzterer bietet durchgehend rund um die Uhr kleinere Snacks an und hier erlebe ich auch meine einzige riesige Enttäuschung. Burger, auf US-Schiffen über die Jahre quasi zu meinem Grundnahrungsmittel geworden, sucht man hier vergebens. Eine Tatsache, die neben mir auch einige wenige andere Gäste schmerzt.

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Auch Gosch hat eine Filiale an Bord

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Das Gosch Sylt, ganz in Rot

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Dafür ganz in Grün – das Bistro La Vela gegenüber

Aber auch mit Currywurst, Pommes, Käsekrainer und Grillhähnchen ließe sich zur Not über die Runden kommen. Meine neue Leibspeise für zwischendurch werden täglich wechselnd belegte, äußerst leckere Paninis.

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Anlaufpunkt für den kleinen Hunger, nachts um drei – der Cliff 24 Grill

Verbesserungspotential sehe ich beim Thema Hygiene an Bord. Nicht die der Einrichtungen – diese sind sicher über alle Zweifel erhaben – sondern das Desinfizieren der Hände seitens der Passagiere. Wird auf anderen Schiffen peinlichst genau darauf geachtet, dass sich jeder Passagier beim Betreten der Restaurants die Hände desinfiziert, stehen an Bord von Mein Schiff 2 die entsprechenden Behälter eher unbeachtet herum. Da nicht damit zu rechnen ist, dass der unbedarfte Mittfünfziger, der beim Verlassen der Toilette einen großen Bogen um das Waschbecken macht, sich Sekunden später beim Anblick des Desinfizierers eines Besseren besinnt, ist dies ein durchaus ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko und für mich ein wenig unverständlich.

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Fotografieren der großen Mein Schiff Schlemmermeile

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Die Schlacht am kalten Buffet ist eröffnet

Zumal Sicherheit an anderer Stelle sehr groß geschrieben wird. Noch nie habe ich einer so gewissenhaften und ausführlichen Seenotrettungsübung beigewohnt wie hier. Sammelplatz, genauer Ablauf, Weg zum jeweiligen Rettungsboot, Verfahren im Notfall, alles wird genauestens erklärt. Besser geht es nicht!

Steht man dann so auf dem Bootsdeck und lauscht den Erklärungen der Crew für den Notfall bemerkt man dann auch wieder, dass man sich auf einem etwas älteren Schiff befindet. Dieser Bereich sieht aus, wie so etwas früher eben aussah. Groß, weitläufig, mit Echtholzboden und auch das klassische Shuffleboard fehlt nicht. Das ist, man kann es nicht anders sagen, äußerst charmant.

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Das klassische Bootsdeck

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Idyllische Plätze gibt es einige an Bord

Ähnliches gilt auch für andere Dinge an Bord wie die Reling die, ganz oldschool, eben nicht aus zweimeterhohen Glaselementen besteht sondern die Seereise noch ganz intensiv erleben lässt.

Auf den Balkons der Kabinen ab Deck 8 aufwärts ist dann wiederum Moderne angesagt. Die Einrichtung der gesamten Kabine ist auf dem allerneusten Stand. Es gibt wirklich massig Schränke und Schubladen, auch das keine Selbstverständlichkeit.

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Balkonkabine 8112

Um so unverständlicher: es findet sich in der gesamten Kabine eigentlich keine einzige freie Steckdose. Zwar sind am kleinen Schreibtisch zwei vorhanden, doch in der einen steckt die Nespressomaschine, die andere hat US Format. Letzteres wohl eine Reminiszenz an den aus alten Zeiten übrig gebliebenen Fön mit ebensolchem Stecker und um so ärgerlicher, als da in den FAQ von Tui Cruises explizit darauf hingewiesen wird, dass kein Adapter nötig sei. Steckdosen im Rest der Kabine – Fehlanzeige.

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Angenehme Aufteilung und ausreichend Platz

Wer gerne etwas länger schläft, dem übrigens sei von einer Balkonkabine auf Deck 8 abgeraten. Ab und an werden die Rettungsboote zu Übungs- oder Wartungszwecken heruntergelassen. Da die Vorrichtungen hierzu direkt unterhalb der Balkone von Deck 8 angebracht sind, hat man dann in der Kabine das Gefühl, gerade von einem Güterzug überrollt zu werden.

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Entschädigt für vieles – Blick vom eigenen Balkon

Andererseits, will man etwas von den Destinationen dieser Route sehen, sollte man eh nicht ausschlafen. 4 Häfen in 7 Tagen, das ist relativ wenig. Zumal, wenn einem dann in einem auch noch abgeraten wird, auf Grund der Sicherheitslage das Schiff zu verlassen, zumindest auf eigene Faust.

Keine Ahnung, wie gefährlich es in Bahrain nun wirklich ist. Aber entweder, es ist so sicher, dass man als Reederei seine Passagiere mit gutem Gewissen an Land lassen kann oder man weicht auf eine andere, sichere Destination aus, beispielsweise Qatar. So aber ist das nicht optimal gelöst.

Zudem sind 6 Stunden Aufenthalt bzw. effektiv 5 Stunden Landgangzeit auch extrem knapp bemessen, wenn man alleine anderthalb Stunden für den Transfer zur Stadt und zurück rechnen muss.

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Kampfspuren der Lotsenboote

Ganze 23 Stunden liegt Mein Schiff 2 dafür in Abu Dhabi im Hafen. Klingt gut, ist es aber insofern nur bedingt, als dass bei Ankunft um 19 Uhr und Abfahrt um 18 Uhr des Folgetages einem Dinge wie eine Jeepsafari in der Wüste mit Sonnenuntergang und Abendessen trotzdem verwehrt bleiben. Ich entscheide mich somit für die 3,5 Stunden Tour am Nachmittag. Durch die langen Fahrtwege in die Wüste von Al Khatim schrumpft das eigentliche Erlebnis Wüstensafari auf gerade einmal 50 Minuten zusammen. Für 79 Euro p.P. recht happig. Das Erlebnis an sich allerdings ist derart beeindruckend, dass ich es jederzeit wieder machen würde.

Andere organisierte Landausflüge habe ich für diese Woche nicht gebucht. Die Wüstentour im Oman muss aber ebenfalls großartig gewesen sein.

Die Liegezeit im Oman ist mit 11 Stunden auch absolut ausreichend. In Dubai, wo der allwöchentliche Passagierwechsel stattfindet, liegt das Schiff sogar von Samstag morgen bis Montag früh. Geschickte Flugbuchung vorausgesetzt kann man hier somit fast drei Tage verbringen.

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Lust auf einen besonderen Tropfen? Wein & Wahrheit Vinothek

Am Ende dieses 7 Tage Trips bleibt man als eingefleischter Kreuzfahrer bei einer Frage aber etwas irritiert zurück. Kann man überhaupt noch von einer Kreuzfahrt im klassischen Sinne sprechen, wenn das Schiff in 3 von 7 Nächten quasi als Hotelschiff im Hafen liegt und eine dann doch recht übersichtliche Anzahl an Destinationen bietet? Ich vermag es auch jetzt, einige Tage später noch nicht, diese Frage abschließend zu beantworten.

Geeignet ist die Tour allerdings in jedem Fall dazu, Mein Schiff und das Konzept dahinter kennen zu lernen. Und das ist – ziemlich gut. So entspannt und ohne die drohende Endabrechnung im Hinterkopf habe ich schon lange keine Kreuzfahrt mehr erlebt. An Bord herrscht eine größtenteils sehr angenehme Atmosphäre, Mitreisende wie auch Besatzung wirken durchweg sehr entspannt.

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Wirklich schön – Außenalster Bar auf Deck 12

Und auch wenn ich persönlich das kulturelle Miteinander verschiedener Kreuzfahrernationalitäten an Bord nach wie vor mehr mag als reines „Man spricht deutsch“, Mein Schiff wird mich wieder sehen. Ob nun an Bord der 1, der 2 oder ab 2014 der 3, dem ersten wirklichen Neubau von Tui Cruises.

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Bis zum nächsten Mal – an Bord von Mein Schiff

Mein Schiff 2 kreuzt auf der Route Dubai & Orient noch bis zum 24. März 2013 zu Preisen ab 695,- Euro p.P.

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Text & Fotos: © Percy Christian Schoeler

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