Gute zwanzig Jahre im Spiel der Uhren bringen durchaus eine gewisse Abgeklärtheit mit sich. Klar, auch heute noch macht mir mein Job genauso viel Spaß wie am ersten Tag, doch zu den an Superlativen nicht sparen wollenden Pressetexten entwickelt man mit der Zeit ebenso eine leicht kritische Distanz wie zu vermeintlich noch nie dagewesenen Produkt-Innovationen oder dem mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit gedehnten Begriff von Manufakturkalibern. Vielleicht gerade deswegen mag ich meine Termine bei Audemars Piguet so sehr. Denn nur wenige Manufakturen gehen derart offen und transparent mit Themen wie Zulieferern, Geschichte und Zusammenarbeit um, wie AP.

Luxify Hands-on Review Audemars Piguet Royal Oak Cactus Jack Travis Scott Chocolate AP

Vom AP-Fanboy zum kritischen Beobachter

Vor einigen Jahren noch hätte man mich wahrscheinlich sogar als eine Art AP Fanboy bezeichnet. Doch die Verteilpolitik der dann folgenden Boom-Jahre ließ selbst meine leidenschaftliche Liebe zur Marke deutlich erkalten. Eine Tatsache, die für meinen Job nicht unbedingt von Nachteil ist. Doch selbst mit der größtmöglichen Distanz fällt es mir bis heute schwer, an den Produkten an und für sich, ein Haar in der Suppe zu finden. Zu glücklich ist das Händchen, auf welches François-Henry Bennahmias als CEO der Marke in den vergangenen Jahren zurückgreifen konnte.

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Die Ära Bennahmias endete im vergangenen Jahr mit einer Kooperation, die treffender für seine Laufbahn nicht hätte sein können: eine Sonderedition einer Royal Oak, die in Zusammenarbeit mit einem US-amerikanischen Künstler, einem Musiker, einem Rapper entstand. Das Produkt hört auf den Namen Audemars Piguet X Travis Scott Royal Oak Ewiger Kalender Squelette Limitierte Edition „Cactus Jack“ oder, wie Travis Scott, seines Zeichens Gründer des Labels Cactus Jack sie so gerne bezeichnet, „Chocolate AP“.

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AP und die Hip-Hop Welt – die Cactus Jack als Finale

Die Kooperation mit Künstlern aus der amerikanischen Hip-Hop-Kultur zeichnet die Amtszeit des ehemaligen AP-CEO durchaus aus. Denn bereits 2005 war es Bennahmias, der gegen alle Zweifler in Le Brassus eine Sonderedition für den Künstler Jay-Z durchsetzte. Eine Huldigung gerade dieses Genres war zu jenem Zeitpunkt noch quasi gleichbedeutend mit einem absoluten No-Go für die zurückhaltende Schweizer Uhrenindustrie, weshalb Bennahmias, so die Bedingung, die Edition auch nur in den USA promoten und verkaufen durfte.

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Knappe zwei Jahrzehnte später sieht die Welt anders aus und so sorgt die diesmal global gelaunchte Cactus Jack Edition auch nicht wirklich für einen Aufschrei. Mag der Künstler an sich eher kontrovers sein, an der Uhr selbst entzündete sich bei Veröffentlichung jedenfalls kein Unmut. Und das, obgleich sie doch in mehrerlei Hinsicht ziemlich ungewöhnlich daherkommt.

Denn denkt man an AP-Kooperationen mit der Hip-Hop-, der Basketball- oder der Designer-Szene, so kommt einem für Gewöhnlich als erstes die Royal Oak Offshore in den Sinn. Auf der 1993 vorgestellten Ausnahmeuhr nämlich basierten schließlich die meisten dieser Sondereditionen. Bei Travis Scott und der Cactus Jack AP aber ist das anders. Nicht der voluminöse 42-Millimeter-Chronograph stand Pate, sondern die extraflache Royal Oak mit ihrem Ewigen Kalender, Kaliber AP 5135. Eine ungewöhnliche Wahl.

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Skelettierte Legende: das AP 5135 der Cactus Jack

Das Kaliber AP 5135 ist die skelettierte Variante des Ewigen Kalenders AP 5134, welches wiederum auf dem 2120er Kaliber basiert, jenem legendären, ultraflachen Automatikwerk, das einst von Jaeger-LeCoultre für Audemars Piguet und deren „Jumbo“ Royal Oak entwickelt wurde.

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Das Zweizeiger-Basiskaliber erhielt zum 50-jährigen Jubiläum der Royal Oak seine Ablösung, als Ewiger Kalender aber darf die Konstruktion noch ein paar weitere Jahre in Dienst bleiben, ehe hier dann, voraussichtlich 2025, vielleicht aber bereits auch schon in diesem Jahr, der Nachfolger präsentiert wird. Ist die im Frühjahr 2024 vorgestellte John Mayer Limited Edition die letzte Uhr, in der das Kaliber 3134 verbaut wird, so dürfte die Cactus Jack ihrerseits das Finale des skelettierten AP 5135 darstellen.

Viel Geschichte und feinste Uhrmacherei also steckt in der auf lediglich 200 Stück limitierten Edition, die seither an Handgelenken von Prominenten wie etwa dem Rapper Lil Baby, Basketballspieler Anthony Davis, Musikproduzent Metro Boomin, Schauspieler Orlando Bloom, Ex-Fußballspieler Zlatan Ibrahimovic oder Musiker Ed Sheeran zu sehen ist.

Viel Prominenz – und ein Einzelstück

Travis Scott selbst trägt ein eigens für ihn gefertigtes Einzelstück. Seine Chocolate AP unterscheidet sich durch die Lünette, welche bei seiner Uhr im Gegensatz zum, wenn man es als solches bezeichnen will, „Serienmodell“, mit 32 Baguetten in den Farben des Regenbogens geschmückt ist. Grundmaterial des Gehäuses selbst aber ist auch hier schokoladebraune Keramik.

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Ende November des vergangenen Jahres veröffentlicht, hat es die Ref. 26585CM nun also tatsächlich auch vor meine Kamera geschafft. Bei einer solch kleinen Produktion und einer entsprechend geringen Anzahl an Prototypen weltweit war damit im Grunde kaum zu rechnen. Von daher an dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an das Team von Audemars Piguet Deutschland, die dieses Meisterstück fertiggebracht haben.

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Eingangs sprach ich über die gewisse Abgeklärtheit, die mein Beruf, insbesondere in Sachen Uhren, so mit sich bringt. Doch ich würde lügen, würde ich behaupten, nicht ziemlich gespannt und auch aufgeregt ob meiner Begegnung mit der Cactus Jack Royal Oak zu sein. Einfach zu speziell, zu außergewöhnlich, zu ungewöhnlich ist die Uhr schon auf dem Papier, um sie mit einem „naja, ganz nett“ abtun zu können.

AP Cactus Jack – der Live-Eindruck

Mein erster Eindruck: live wirkt der Braunton von Gehäuse und Lünette perfekt getroffen. Ein sattes Dunkelbraun, das je nach Licht mal eher matt, mal fast schon metallisch glänzend wirkt. Fast schon zum reinbeißen attraktiv.

Eine feine Ergänzung dazu ist das braune Kalbsleder-Armband, das mit einem Struktureffekt versehen ist, welcher an Jeansstoff erinnern soll. Die massive Roségold-Faltschließe ist mit den gravierten Schriftzügen von Travis Scott und Audemars Piguet versehen, auf der ein wenig abgenutzt wirkenden Lederschlaufe wiederum ist der Ausspruch „Utopia is a State of Mind“ zu lesen. Ob jener „used Look“ Absicht ist oder nur ein Makel des Prototyps, entzieht sich meiner Kenntnis.

Selbiger Spruch findet sich jedenfalls noch einmal auf dem ebenfalls aus brauner Keramik gefertigten Bodendeckel, nebst Hinweis auf die „Limited Edition of 200 Pieces“, sowie dem „Royal Oak Quantieme Perpetuel“ Schriftzug.

Die Cactus Jack steht für Liebe zu Details

Durch das entspiegelte Saphirglas des Bodendeckels ist das bereits erwähnte, skelettierte AP 5135 zu sehen, welches hier mit einer Schwungmasse aus 22kt Roségold versehen ist, die das Cactus Jack Logo zentral beinhaltet.

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Auch die Aufzugskrone der Cactus Jack Royal Oak ist aus brauner Keramik gefertigt. Die Korrekturdrücker aus Roségold bringen einen subtilen Kontrast, sorgen auf der anderen Seite aber auch für eine recht übersichtliche Druckbeständigkeit des nur 9,9 Millimeter flachen Gehäuses von lediglich 2 bar, sprich einer Wasserdichtigkeit von 20 Metern.

Ob der vielen roségoldenen Details wirkt es fast schon verwunderlich, dass man hinsichtlich der die Lünette zierenden, charakteristischen acht stilisierten Schrauben, nicht ebenfalls zu diesem Material gegriffen hat. Andererseits wäre der farbliche Kontrast zum Uhrwerk sonst aber vermutlich zu stark gewesen. Von daher griff man bei AP auf Schrauben aus Weißgold zurück.

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Vielleicht hätte die Uhr noch einmal anders, ein Stück weit harmonischer gewirkt, hätte man die sichtbaren Werkteile ein wenig geschwärzt. Doch gerade der durch die rhodiumfarbenen Komponenten – gepaart mit solchen in Roségold-Tönen – erzielte, äußerst technische Look der Uhr hat durchaus seinen Charme.

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Perfekt am Arm und ein echter Hingucker

Am Arm wirkt die Cactus Jack elegant wie verspielt gleichermaßen. Selbst zu Sakko und Hemd mit Doppelmanschette sieht sie keineswegs fehl am Platze aus, wenn auch das Gros ihrer zukünftigen Träger eine legerere Garderobe bevorzugen dürfte. Vom Tragekomfort jedenfalls ist die 41 Millimeter große Uhr über jeden Zweifel erhaben.

Der spezielle, typische und eigene Cactus Jack Schriftfont ist natürlich das, was mit zur Einzigartigkeit der 26585CM beiträgt. In ihm ist nahezu sämtliche auf dem Zifferblatt aus Saphirglas, sowie dem Rehaut ersichtliche Schrift gehalten.

Weitere Hingucker sind das Cactus Jack Logo, das als Wochentagsindikator im linken Hilfszifferblatt dient, sowie der doppelte Mond der Mondphasenanzeige, gehalten als Smiley mit zugenähtem Mund. Jene Monde, sowie Zeiger, Indexe und die Beschriftung der Hilfszifferblätter sorgen auch für ein äußerst sehenswertes Nacht-Design der Cactus Jack AP.

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In den Genuss dieses Anblicks werden bei einer Auflage von 200 Exemplaren naturgemäß nur wenige kommen. Nicht einmal eine Handvoll der 178.000 Schweizer Franken zzgl. Steuern kostenden Uhr dürfte es dabei nach Deutschland schaffen. Die glücklichen Käufer haben mit der Chocolate AP allerdings mehr als nur eine weitere Kooperationsuhr in Händen. Sie können sich über ein Stück AP-Geschichte freuen. Das letzte Modell, das unter François-Henry Bennahmias gelauncht wurde – und die vermutlich letzte Uhr mit Kaliber 5135.

Fazit

Mein Fazit jedenfalls: die Travis Scott X Audemars Piguet Royal Oak Perpetual Calendar Openworked Cactus Jack Limited Edition ist in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Und sie ist wirklich atemberaubend schön. Ein wunderbares Finale, eine rundum gelungene Uhr. Sie einmal live sehen – und shooten – zu können, gehört sicherlich zu genau jenen Gründen, warum mir mein Job nach wie vor so unglaublichen Spaß bereitet. Abgeklärtheit hin oder her, die 26585CM ist feinstes Handwerk – und größtes Kino.

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Datenblatt:

  • Modell: Audemars Piguet Royal Oak Ewiger Kalender Squelette Limitierte Edition „Cactus Jack“, Ref. #26585CM.OO.D301VE.01
  • Gehäuse: 41mm, braune Keramik, wasserdicht bis 2 bar (20 Meter), Saphirglas entspiegelt, Lünette aus brauner Keramik mit Schrauben aus Weißgold, Sichtboden aus brauner Keramik mit entspiegeltem Saphirglas
  • Zifferblatt: Saphirglas, Roségold umrahmte Zähler, Zeiger und Indexe Gold, ummantelt, mit Leuchtbeschichtung
  • Armband: braunes Kalbslederarmband in Jeans-Optik, Roségold-Faltschließe
  • Uhrwerk: Kaliber 5135, Automatik, 19.800 A/h (2,75 Hz), 40 Stunden Gangreserve
  • Funktionen: Stunde, Minute, Mondphase, Ewiger Kalender mit Anzeige der Kalenderwoche aus dem Zentrum, Zeigerdatum, Wochentags-, Monats- und Schaltjahres-Anzeige
  • Limitierung: 200 Exemplare (One of 200)
  • Garantie: 2 Jahre, verlängerbar auf 5 Jahre bei Registrierung, zweijähriger AP Coverage Service nach Registrierung und Aktivierung
  • Preis: 178.000 CHF zzgl. lokaler Steuern
  • Verfügbarkeit: November 2023
  • Link zum Hersteller: https://www.audemarspiguet.com/com/de/watch-collection/royal-oak/26585CM.OO.D301VE.01.html

Die Cactus Jack im Video

Fotos: © PCS 2024

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