Was tun, wenn man einen Rechtslenker kauft, damit aber im nicht von der Queen regierten Rest der Welt fahren will? Man könnte weiter rechtsgelenkt unterwegs sein und am Stammtisch fleissig damit angeben, wie cool und nonkonformistisch man doch sei. Man könnte behaupten, dass alles kein Problem sei, zu den Kapitalisten von McDonalds fahre man schließlich sowieso nicht und damit auch nicht durch den McDrive, und da man in einem Parkhaus eh keine Rampe hochkomme, müsse man auch kein Ticket ziehen. Das bisschen Risiko, beim Überholen nicht sehen zu können ob jemand kommt, das muss ein harter Stammtischkerl sowieso eingehen – YOLO!

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In der Realität sieht das anders aus. Ich komme damit in Parkhäuser, zu McDonalds fahre ich auch manchmal und beim Überholen sehe ich gerne etwas, bevor das Auto komplett auf der Gegenfahrbahn ist.

Ursprünglich stand ja der Spaß am Fahren im Vordergrund. Wir erinnern uns: ich wollte ein unkompliziertes Auto, in das ich am Tag des Kaufs einsteige, losfahre und Freude habe, ohne erst wie bei einem Oldtimer Reparaturstau beseitigen zu müssen. Den Umbau auf Linkslenker wollte ich kommenden Winter machen.

Mich hat jedoch schnell genervt, dass ich im vierten und fünften Gang den Schalthebel immer am Oberschenkel kleben hatte. Dazu kam, dass der Heizungskühler leicht undicht war, zum Austausch dessen aber die komplette Front ab muss.

Nur, wenn die Front ab ist, dann kann man auch gleich auf Linkslenkung umbauen. So hab ich nach 30 gefahrenen Meilen (immerhin fast 50km, so weit sind manche meiner Vorfahren ihr Leben lang nicht aus ihrem Dorf rausgekommen) den Lotus erstmal wieder zerlegt. Schön blöd eigentlich.

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Der größte Vorteil an der Elise / Exige ist, dass sie symmetrisch gebaut ist und alles auf möglichst einfache Weise gelöst wurde. Wenn das nackte Alu-Monocoque auf das Band gehievt wird, weiß es noch noch nicht ob es ein RHD (right-hand-drive) oder LHD (left-hand-drive) wird, denn es sind sämtliche Gewinde, Löcher und Ausschnitte für beide Seiten vorhanden. Abgesehen von Niete ausbohren, muss kein einziges mal gebohrt werden.

Auch lassen sich die meisten Teile durch einfaches Umschrauben wiederverwenden. An Neuteilen braucht es lediglich von links oben nach rechts unten:

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– Scheinwerfer für Linksverkehr
– geänderte Sitzkonsolen
– neue Abdeckleisten für das Armaturenbrett
– neuer Heizungskasten (alle schwarzen kastigen Teile)
– neue Fahrer- und Beifahrerfußstütze (silberne Teile mit Beschleunigungslöchern)
– umgedrehter Scheibenwischermotor (das l-Förmige Teil)
– umgedrehtes Lenkgetriebe (gelb), sowie
– längeres Massekabel für die Batterie und neue Bremsleitungen.

Durch den Symmetrischen Aufbau nimmt man einfach alle Teile die rechts sitzen, baut sie aus und baut sie links wieder ein. Analog dazu nimmt man alle Teile die links sitzen, baut sie aus, baut sie rechts wieder ein und ersetzt die obengenannten Teile, die nicht wiederverwendet werden. Easy.

Klingt etwas einfacher als es wirklich ist, ist aber auch kein wirkliches Hexenwerk.

Die Front beherbergt den Wasserkühler, Heizungskasten mit Heizungskühler und Batterie.

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Entfernt man den Wasserkühler, ist alles vorderhalb der Vorderachse nur noch CFK-Crashbox.

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Der Wasserkühler muss nicht unbedingt entfernt werden. Baut man ihn jedoch trotzdem aus, lässt es sich schöner arbeiten und man kann ihn gleich gegen etwas robusteres komplett aus Alu ersetzen.

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Neben dem Kühler lassen sich auch andere Kleinigkeiten wie die Befestigung der Abschleppöse ersetzen.

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Der Innenraum inclusive Armaturenbrett, Instrumenten und Lenksäule ist schnell zerlegt. Die Handbremskonsole und Schaltbock werden um ca. 5cm nach rechts versetzt und wieder in den vorhandenen Bohrungen festgeschraubt.

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Größter Aufwand ist die geklebte und genietete Pedalbox. Zuerst muss die alte Verklebung entfernt und dann neu verklebt werden. Die Niete fixieren eigentlich nur die Box, solange die Verklebung aushärtet. Auf diese Verklebung sollte ich mich verlassen können, denn reisst die ab, ist nichts mehr mit Bremse oder Kupplung drücken. Gas würde ich in der Situation eh keins mehr geben wollen.

diese Bilder zeigen sehr schön die beiden viereckigen Öffnungen, durch die jeweils auf einer Seite der Fahrzeugkabelbaum und auf der anderen Seite die Pedalbox gesteckt sind.

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Durch die linke (in Fahrtrichtung) Öffnung zieht man den Kabelbaum in den Inneraum, dreht ihn um 180 Grad und steckt ihn auf der rechten Seite wieder nach aussen.

Sind Pedalbox und Kabelbaum gedreht, ist das irgendwie so ein magischer Moment. Denn ab hier beginnt der Zusammenbau. Man könnte fast von „Kindergeburtstag“ sprechen. Jetzt nur noch Lenkgetriebe rein, die neuen Bremsleitungen gebogen, Heizungskasten und Batterie wieder rein, Kabelbaum verlegt, Kühler wieder festgeschraubt und eigentlich ist man dann ja fertig. Vielleicht noch Lenkrad wieder mit dem Lenkgetriebe verbinden, Armaturenbrett zusammenbauen und Sitze einbauen. Aber dann ists wirklich geschafft. Echte Profymasters tauschen noch die Tachoeinheit gegen eine mit nur Kilometeranzeige (sonst Kilometer und Meilen) und wenn man sauber gearbeitet hat, dann lässt sich nur noch anhand der Fahrgestellnummer erkennen, dass es einmal ein Rechtslenker war.

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Klingt easy, oder? Mag sein, ist es auch irgendwie. Dennoch waren das für mich 40 Stunden auf einer Gefühlsachterbahn. Die meiste Zeit davon kopfüber unter dem Armaturenbrett oder einfach irgendwie im Innenraum verkeilt, den Rest der Zeit vor dem Auto kniend.

Am Ende habe ich diese Achterbahn mit völlig zerschundenen Händen und einem hysterischen Grinsen voller Stolz und Vorfreude auf die kommende Zeit mit meinem linksgelenkten Lotus Exige, Codename „Projekt EX153“, Kosename „Lotti“ oder „Exe“ verlassen.

 

Fotos & Text: © Joe Reiter 2015

 

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