Vor gut sieben Jahren registrierte sich ein neues Mitglied bei uns im Forum. Er hatte eine Frage zu einer alten Rolex Submariner, die nicht mehr richtig funktionierte. Er erzählte von seinem Schwiegervater, einem in der Bretagne lebenden Taucher, dem die Uhr gehörte. Michael Klan nahm sich dieser ganz speziellen Submariner an, recherchierte die Zusammenhänge und stieß auf eine heutzutage fast unglaubliche, schöne Geschichte.
Es war einmal ein junger Mann in Frankreich dessen großes Hobby in den 50ern das Tauchen und die Unterwasser-Jagd war.
Er war Mitglied der CSL (Club Subaquatique Lorientais CSL) wie man auch an seinem Anzug erkennen kann:
Da ein Taucher zur damaligen Zeit neben Flasche und Grundausrüstung eigentlich nur einen Tiefenmesser, Kompaß und eine verläßliche Taucher-Uhr brauchte, diese Uhren aber sehr teuer waren, hatte er einen Brief an Rolex in Genf geschrieben mit der Bitte um etwas Unterstützung. Leider sind seine Briefe nicht mehr in Kopie vorhanden, aber er bekam folgenden Brief von Rolex:
Die Übersetzung hierzu: (Frei, aber nicht allzu frei)
„Sehr geehrter Herr,
hier eine Antwort in Kürze mit guten Nachrichten: Wir haben eine Submariner gefunden, die wir an die MOANA Expedition ausgeliehen hatten vor einigen Monaten und die von einem der Expeditions-Mitglieder getragen wurde. Da Sie ein passionierter UW-Jäger sind, wird es Sie stolz machen, eine Uhr tragen zu können, die am Arm des berühmten Tauchers Bernard Gorsky unter Wasser die Welt umrundet hat. Wir zweifeln nicht daran, daß Sie diesen Namen kennen und wollen Ihnen diese Uhr mit Historie anbieten und wünschen Ihnen, daß sie Ihnen ein treuer Freund wird. Wir werden sie zuerst selbstverständlich aufarbeiten auf einen Zustand, der dem Neuzustand gleichkommt und sie Ihnen dann zusenden. Wir sprechen hier von einer Uhr, die bis 200 Meter wasserdicht ist. Wir senden Ihnen mit diesem Brief auch eine Broschüre, aus der Sie mehr Details entnehmen können.
Die Aufarbeitung der Uhr wird ca. 4 Wochen in Anspruch nehmen und wir geben Ihnen Bescheid, wenn sie fertig ist. Wir bezweifeln allerdings, daß wir sie vor Weihnachten abschicken können und bitten Sie, bis Anfang Januar zu warten.
Wir verbleiben……Rene Jeanneret
P.S.: Bitte behandeln Sie diese Angelegenheit bitte vertraulich, da unsere Antwort auf Ihre Anfrage sehr außergewöhnlich ist.“
Zur Moana-Expedition:
Das nur 12 m lange Segelschiff „MOANA“ startete am 28.06.54 von St. Malo zu einer Reise auf die Galapagos Inseln. An Bord waren 4 Personen: Bernard Gorsky, Pierre Pasquier, Roger Lesage und Serge Arnoux. Die Moana erreichte am 29.03.55 die Insel Genovesa und verließ am 20.04.55 die Insel Santa Cruz in Richtung Marquesas Islands. (Danke an Professor Rolex/ Matthias für diese kurze Zusammenfassung)
Rene-Paul Jeanneret war in den 50ern und 60ern Leiter der Marketing-Abteilung von Rolex und gilt als geistiger Vater des TOG, der Submariner und der Explorer. Er soll auch Designer der GMT gewesen sein. Er hat sich viele Meriten bei Rolex erworben, deren Aufzählung den thread wohl sprengt.
Die erwähnte Broschüre:
Mit dem Brief vom 22.12.1959 wurde der neue Besitzer der Rolex über den Versand informiert und die Tatsache, daß ein Stahlarmband an der Uhr angebracht wurde.
Glücklich tauchte der junge Mann forthin mit seiner Rolex…
…bis der Uhr ein Mißgeschick widerfuhr: Ein Wassereinbruch! Er schickte einen weiteren Brief an Rolex Genf, an Rene Jeanneret und schilderte seinen Fall. Mit nachfolgendem Schreiben wurde er daraufhin gebeten, die Uhr einzuschicken, man werde sich darum kümmern.
Ein paar Tage später erhielt er die Mitteilung, daß die Uhr angekommen und in sehr schlechtem Zustand sei. Man werde daher das Glas, die Lünette und das Band tauschen.
Mit Rechnung vom 19.10.1964 unter der Reparatur Nummer 19875 wurde die Uhr dann retourniert an den Besitzer: Es wurde das Werk (!) und weitere Teile wie oben beschrieben getauscht. KOSTENLOS!
Das zugehörige Reparatur-Zeichen findet sich heute direkt unter dem Wort „Patented“ im Deckel.
Mit Schreiben vom Oktober 1964 wurde auch die Ursache für den Wassereinbruch erklärt:
Es wäre ein Fehler in einem Stahlteil gewesen. Gleichzeitig wurde „…die Krone, die Lünette sowie Zifferblatt und Zeiger durch die neuesten Bauteile ersetzt…“ UND: „…ausnahmsweise kostenfrei…“
Die Uhr funktionierte wieder einwandfrei und der junge Mann ging wieder seiner Passion nach, dem Tauchen.
Er nahm an Wettbewerben teil, die damals ausgetragen wurden und gewann auch.
1969 wurde die Uhr in Paris bei Rolex überholt…
… und funktionierte einwandfrei bis zum Juli 1971 als Rolex Paris den Eingang der Reparatur bestätigt hat und auch nicht willens war, die Uhr anzukaufen, beim Kauf einer neuen….(was für ein Glück)
Der junge Mann hat sie also behalten und 1976 ging sie wieder zum Service nach Paris, zur Überprüfung der WD und um das Band aufzuarbeiten.
1980 mußte die Uhr wieder zur Revision und der mittlerweile etwas ältere Mann hat sich von Rolex Paris einen Rüffel eingehandelt- schließlich wäre er Tauchlehrer, seine Uhr damit besonderen Belastungen ausgesetzt und er hätte sie gefälligst öfter zur Revision zu bringen!! In Anbetracht seines Jobs werde man die Uhr allerdings umsonst warten, sofern er sie einschickt.
1995 schließlich war es wieder soweit: Die Uhr mußte zum großen Service nach Genf! Sie lief nicht mehr und etwas Arbeit war auch notwendig…der stolze Besitzer bekam die Antwort, dass
„…er die Uhr besser nicht reparieren lassen sollte, da man keine Garantie leisten könnte und auch nicht alle Teile mehr vorrätig wären. Auch eine WD könnte man nicht mehr herstellen. Die Uhr wäre jetzt ein Sammlerstück und kein Gebrauchsgegenstand mehr.
Er möge doch besser das gesparte Geld in eine neue Uhr investieren, das wäre eine bessere Investition…“
Der beigefügte Kostenvoranschlag belief sich auf 817,00 Schweizer Franken inklusive eines neuen Bandes.
Angesichts der Kosten und des Alters der Uhr hat sich der Besitzer gegen eine Revision entschieden. Die Uhr wurde unrepariert retourniert mit der Bemerkung
„…man hoffe, daß diese Uhr durch eine neue aus dem Sortiment Rolex ersetzt wird und man sich freuen würde, einen etwaigen Nachfolger zu warten…“
So sah die Uhr in dem Zustand, wie sie 1995 unrepariert aus Genf zurückgekommen ist, aus: eine Big Crown Submariner 6538:
Ein Traum-Zustand für eine Uhr, die 40 (!) Jahre zum Tauchen eingesetzt wurde und dabei sicherlich nicht geschont wurde. Eine Uhr mit maximal möglicher Geschichte.
Das bis dato genutzte Band aus 1964:
Die „old lady“ erhielt letztlich 2008 eine kleine Schönheitskur, die ihr extrem gut tat. Sie war wieder dicht, das Werk wurde überholt, sodass die gute alte Submariner wieder lief, wie am ersten Tag.
Ersetzt wurden im Werk Zugfeder, Kupplungsrad, Minutenrad mit Schrauben, Mitnehmerrad Unruhwelle…usw. Auch ein neues Glas hat sie bekommen, da das alte aufgrund der vielen kleinen Risse nicht mehr dicht war.
Zum Schutz der Originallünette, wurde zwischenzeitig eine Neue montiert, die Alte eingelagert.
Aus der alten Schließe, die eine leichte Überarbeitung bekam, hat der Uhrmacher mit ein paar Ausbeularbeiten und zwei Bandhälften aus der gleichen Zeit ein funktionsfähiges Band mit Patina gemacht.
Die alte Dame in Ihrer ganzen Schönheit. Sie durfte Ihre Narben und Falten behalten.
Und der Vorbesitzer? Einen Teil des Erlöses investierte er – in eine neue Rolex Submariner.
Und auch wenn er nicht mehr selber aktiv tauchen darf, so ist er doch bei den Expeditionen auf der Suche nach versunkenenen Schätzen vor der Küste stets dabei. Mit seiner neuen Submariner, die seine Namensgravur auf der Rückseite trägt.
Die neue Uhr, und die Geschichte um seine alte 6538, die nun im Internet festgeschrieben steht, machten ihn sehr stolz, so sein Schwiegersohn.
Ja und nun kennen auch Sie die Geschichte, die hinter Lot Nr. 134 steht. Am 15. Mai kommt diese ganz besondere Rolex Submariner bei Auktionen Dr. Crott in Frankfurt zur Auktion. Dann werden wir erleben, wie die Geschichte weitergeht.
Fotos: © Michael Klan, zerojanvier, aus dem Besitz des Vorbesitzers, PCS
Text: © Michael Klan 2008, PCS 2015
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