Die Einladung nach Biel klang geheimnisvoll. 125 Jahre Omega wolle man feiern. Und in diesem Rahmen etwas Besonderes präsentieren. Klingt spannend. Und da ich es, trotz meiner Zuneigung gerade zu den Speedys, noch nie zum Stammsitz von Omega geschafft hatte, freute ich mich ganz besonders auf diesen Tag.
Zu Gast bei Omega in Biel
Biel, für alle, die es (wie ich) nicht wussten, liegt quasi mitten auf der Grenze zwischen der deutschsprachigen und der französischsprachigen Schweiz. Und Biel, französisch Bienne, liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen Zürich und Genf. Somit hat man von beiden Flughäfen noch eine kleine Reise vor sich.
Als mein Shuttle an jenem Nachmittag vor dem Omega Museum vorfährt, staune ich erst einmal nicht schlecht. Denn niemand geringeres als Raynald Aeschlimann, der Omega CEO himself wartet dort auf den Treppen und winkt. Das nenne ich mal eine herzliche Begrüßung! Dann geht’s auch schon ins Innere des Museums.
Jenes ist übrigens allgemein zugänglich und von Dienstag bis Freitag zwischen 10 und 18 Uhr, sowie Samstags zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. Demnächst allerdings wird der alte Standort geschlossen und das Museum an anderer Stelle moderner und größer wiedereröffnet.
Eine exklusive Geburtstagsfeier
Nach kurzer Begrüßung der rund 40 Journalisten, die aus insgesamt 23 Ländern angereist sind, erfolgt die Ansprache des CEO. Warum sind wir heute hier? 125 Jahre Omega. Ein zunächst etwas verwirrendes Jubiläum. Denn gegründet wurde die einst kleine Werkstatt des jungen Uhrmachers Louis Brandt bereits 1848 in La Chaux-de-Fonds.
Warum also 125 Jahre? 1894 brachten Louis-Paul und César Brandt, die Söhne des 1879 verstorbenen Gründers, ein neues Kaliber heraus. Es war ein Taschenuhrwerk mit einem Durchmesser von 19 Linien. Eine Linie entspricht übrigens einem Zwölftel Zoll und somit 2,256 Millimetern. Jenes Kaliber 19-Lignes tauften sie auf den Namen Omega. Der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets sollte den letztmöglichen Leistungshöhepunkt des Werks symbolisieren. „Mehr geht nicht“ würde man wohl heute sagen. Das Non plus ultra eben.
Das Omega Kaliber – ein Welterfolg in 19 Linien
Das 19-Linien Omega Kaliber wurde ein großer Erfolg. So groß, dass die Brüder sich einige Jahre später, 1903 um genau zu sein, dafür entschieden, den Namen des gesamten Unternehmens in Omega Watch Co zu ändern.
Puh. Ganz schön viel Historie bis hierhin. Was wichtig ist: wir feiern in diesem Jahr also das 125-jährige Jubiläum des Omega Kalibers. Und wie könnte man das besser feiern als mit einer Wiederauferstehung genau jenes historisch so wertvollen Uhrwerks! Das dachte man sich auch bei Omega und begab sich auf die Suche.
19 Werke – 19 Uhren
Problem dabei: die Produktion des ursprünglichen Uhrwerks wurde bereits 1923 eingestellt. Fast ein Jahrhundert später werden die verbliebenen Komponenten, welche in den Tresoren des Museums lagerten, zu neuen Uhrwerken verarbeitet. Das geschieht durch die Uhrmacher des hauseigenen Ateliers Tourbillon.
19 neue Uhrwerke sollen so in den kommenden Monaten entstehen, die dann mit verbesserten Komponenten wie neuen Federhäusern, Zugfedern, Schrauben, Fassungen und einem speziellen Handaufzugs-System versehen werden. In den Verkauf kommen die Uhrwerke dann als Herz einer Taschenuhr im Half Hunter Stil. Das bedeutet, dass die Uhrzeit auch bei geschlossenem Deckel mittels eines Sichtfensters abgelesen werden kann.
Trésor Jubiläumsmodell
Für alle, die den Armbanduhren den Vorzug geben, bringt Omega darüber hinaus auch ein Jubiläumsmodell im Stil der De Ville Trésor Herrenkollektion heraus. Die Uhr im 40 Millimeter Gelbgoldgehäuse (Verkaufspreis 16.400 Euro) verfügt über ein rotes Emailleblatt und einen sehr hübsch verzierten Rückendeckel.
Die Omega Markenfarbe findet sich auch im bordeauxroten Band wieder. Als Werk wählte man – natürlich nicht das 19-Linien-Kaliber, würde ja auch gar nicht hineinpassen – das Kaliber 8929. Es ist das erste Omega Handaufzugskaliber, welches die Bezeichnung Master Chronometer führen darf.
Neues vom Kaliber 321
Bleiben wir bei historischen Kalibern. Wer unser Forum aufmerksam verfolgt wird sich denken: da war doch neulich schonmal was? Korrekt. Zwei Wochen zuvor kündigte man in Biel an, das legendäre Kaliber 321 wieder zum Leben zu erwecken. Und genau jenes 321er gibt es auch heute hier zu sehen.
Als Speedy-Fan natürlich eine ganz besondere Freude. Seit den 1940er Jahren in Produktion war das Kaliber 321 im Jahr 1957 das erste, welches in der Speedmaster eingesetzt wurde. Bis 1968 wurde es produziert. Es begleitete die Apollo Astronauten auf dem Weg zum, um und auf den Mond. Im 50. Jubiläumsjahr der ersten Mondlandung ist es nun zurück.
Grundlage des Kalibers 321 von 2019 bildet die zweite Generation des Ursprungswerks. Zur Rekonstruktion griff man, neben den Originalplänen, auf eine eher ungewöhnliche Technologie zurück: die Tomographie. Auf diese Weise konnte man ins Innere jener Speedmaster ST 105.003 blicken, die von Astronaut Eugene „Gene“ Cernan auf der bis heute letzten Mondmission getragen wurde. Und das, ohne das Museumsstück öffnen bzw. zerlegen zu müssen.
Calibre 321 – made in Bienne
Produziert wird das neue Calibre 321 am Hauptsitz in Biel. Hierfür wurde eigens eine Abteilung eingerichtet, in der alle Herstellungsschritte vorgenommen werden. Mehr noch. Jedes Werk, die Uhr selbst, sowie das Band werden von ein und demselben Uhrmacher gefertigt bzw. montiert.
Dass dieses Vorgehen tatsächlich etwas ganz Besonderes ist, wird einem klar, besichtigt man die genau gegenüber dem Museum gelegene neue Produktionsstätte. Jene neue Fabrik feierte im vergangenen Jahr ihre Eröffnung und wurde vom japanischen Stararchitekten Shigeru Ban entworfen.
Montage und Tests im neuen Gebäude
Das gläserne, fünfgeschossige Gebäude wurde zur Gänze aus Schweizer Fichtenholz und Beton erbaut. Es beherbergt alle Montage- und Prüfungsprozesse, beginnend mit der Uhrenmontage (auch T2 genannt) bis hin zum Versand.
Dies bedeutet aber auch, dass – im Gegensatz eben zum Kaliber 321 – die Uhrwerke dort bereits fertig assembliert ankommen. Auch die Gehäuse und Zifferblätter werden nicht hier, sondern an anderen Produktionsstätten von Omega hergestellt. Im neuen Gebäude in Biel finden jene Komponenten letztlich zusammen.
Sind die zuvor bereits vom COSC geprüften Chronometerwerke final eingeschalt, erfolgt die ebenfalls im Haus ansässige METAS Prüfung, die eine Omega erst zum „Master Chronometer“ werden lässt (mehr zur METAS Prüfung im Review der Omega Globemaster).
Futuristische Anblicke
Für maximale Präzision bei den Prüfungen sorgen Robotersysteme. Riesige Roboterarme messen, fotografieren, drehen und verlagern die zu prüfenden Uhren automatisch. Fließbänder transportieren sie zwischen den einzelnen Stationen im Gebäude hin und her und liefern sie den Angestellten ergonomisch optimal an deren Arbeitsplätze.
Eines der Highlights des Neubaus ist das große Zentrallager im Zentrum des Gebäudes. Das drei Stockwerke hohe Lagersystem ist vollautomatisch. Nur zwei Personen haben hier Zutritt. Sie sind speziell dafür ausgebildet. Der Grund: um Bränden vorzubeugen, wird der Sauerstoffgehalt im 3.660 Kubikmeter umfassenden Raum auf 15,2% gesenkt. Atemtechnisch ähnelt die Umgebung daher jener in sehr großen Höhen.
Zwei vertikale Aufzüge bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu vier Metern pro Sekunde durch das Zentrallager. Bis zu 1.400 Mal geschieht das in der Stunde. In den Regalen lagern über 30.000 Kisten. In ihnen befinden sich alle für die Produktion der Uhren benötigten Teile. Die gesamte Szenerie ist unglaublich beeindruckend. Beobachtet man sie einen Moment, wähnt man sich augenblicklich in einem Science Fiction Film. Doch auch einem James Bond Movie könnte sie entsprungen sein.
James Bond lässt grüßen
Apropos Bond: auch wenn das 25. Abenteuer des Agenten Ihrer Majestät nun doch nicht Ende 2019, sondern erst Anfang 2020 in die Kinos kommt, munkelt man, dass die nächste Bond-Uhr dennoch bereits dieses Jahr das Licht der Welt erblicken wird.
Welche dies allerdings genau sein wird, das ist zu diesem Zeitpunkt noch ein ebenso großes Geheimnis wie jenes, in welcher Uhr die Neuauflage des Kalibers 321 seine Premiere feiern wird. Das 50-jährige Jubiläum von Apollo 11 am 16. Juli zumindest wäre ein schöner Anlass. Bis dahin heißt es aber wohl erst einmal Abwarten. Das Jahr 2019 hat für Omega-Fans jedenfalls einige Highlights zu bieten. 125 Jahre Calibre Omega war da definitiv erst der Anfang.
Hinweis zur Transparenz
Omega ist Kooperations- und Werbepartner von Luxify. Die Einladung zur Veranstaltung erfolgte auf Kosten des Herstellers. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand nicht statt.
Fotos: © Omega (24), PCS (2)
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