Der kleine Holzzaun ist schräg und schief zusammengezimmert. In den Pfosten sieht man hineingeschnitzte Herzen. Ob diese windige Konstruktion die Elefantenherde aufhalten kann, die hier auf der grünen Wiese grast? Diese lassen sich scheinbar nicht stören. Die grünen, roten, blauen und zartrosanen Dickhäuter haben sich in Gruppen versammelt und spätestens hier merkt der geneigte Leser, irgendwas stimmt da doch nicht!

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Richtig. Denn die Elefanten sind aus Kunststoff und stammen aus der Feder des Designer-Ehepaares Charles und Ray Eames. Nach letzterer ist auch die Straße benannt, an der die Elefanten grasen. Wir sind in Weil am Rhein, im Dreiländereck zwischen Deutschland, Schweiz und Frankreich. Hinter der Elefantenwiese erhebt sich das VitraHaus.

Das VitraHaus ist eines der neusten Gebäude auf dem Vitra Campus, jener Zusammensetzung von Fabrik- und anderen Gebäuden, deren Architekten sich wie ein Who-is-Who der vergangenen Jahrzehnte lesen. Jasper Morrison, Zaha Hadid, Frank Gehry, Claes Oldenburg, Richard Buckminster Fuller, Jean Prouvé, Nicholas Grimshaw, Álvaro Siza, Tadao Ando und SANAA verewigten sich hier in einem Ensemble auf der grünen Wiese, unweit von Basel.

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Vitra Design Museum, Frank Gehry, 1989

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Seit 2010 reihen sich auch die Architekten Herzog & de Meuron in diese Riege ein. Bekannt durch Bauten wie das Bird’s Nest Stadion der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking, die Allianz Arena, die neue Messehalle der Baselworld oder die Elbphilharmonie, steuerte das Basler Büro auch das VitraHaus zum Campus bei.

Das VitraHaus ist der Flagshipstore von Vitra. Neben einem Café und dem Shop, ist hier auf fünf Ebenen ein Showroom für Möbel, einmal des privaten Gebrauchs, aber auch Büromöbeln untergebracht. Auch das Lounge Chair Atelier ist hier zu finden, in dem man der Fertigung des eigenen Unikats von Charles & Ray Eames‘ berühmten Klassiker beiwohnen kann.

Schon von außen fasziniert das VitraHaus. Augenscheinlich wahllos wurden hier ein Dutzend Giebelhäuser über-, neben- und ineinander gestapelt, ragen zum Teil schwindelerregend freischwebend ins Nichts. Die graphitfarbenen Giebelblöcke, deren Querschnitt an die „Haus vom Nikolaus“ Zeichnungen aus der Kindheit erinnern, schließen jeweils mit riesigen Fensterfronten ab.

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VitraHaus, Herzog & de Meuron, 2010

Mit dem Aufzug geht es hinauf ins oberste Stockwerk, dem Beginn des Showrooms, oder nennen wir es eher der Ausstellung. Liebevoll ist hier das gesamte Portfolio an Möbeln und Accessoires aufgebaut und so arrangiert, dass man mehr das Gefühl hat, zu Gast in einer Privatwohnung zu sein. Dieses Haus muss bewohnt sein, der Gastgeber nur kurz ausser Haus. Dieser Eindruck kommt einem hier jedenfalls permanent in den Sinn.

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Durch die Konstruktion des Gebäudes verliert man schon nach kurzer Zeit die Orientierung. Denn auch im Inneren gehen die gestapelten Häuser ineinander über, wechseln sich die Formen der Grundrisse permanent ab. Eben noch geradlinig, findet man sich im nächsten Moment fast schon wieder in einem Schneckenhaus wieder.

Doch der Rundgang durch das VitraHaus ist auch eine Reise durch die Geschichte der Marke. Die Entwürfe von Designern wie Verner Panton, Jasper Morrison, George Nelson, Charles & Ray Eames und vielen anderen finden sich hier in einem Zeitstrahl zum Anfassen, Informationstafeln lassen den Besucher tief in Leben und Werk der Designer eintauchen.

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Die Architektur des Gebäudes, die Möbel der berühmten Designer, sie spielen darüber hinaus mit den Ausblicken aus den großen Fensterfronten des VitraHauses, welches so viel mehr ist, als nur ein Showroom. Es ist ein Muss für jeden Architektur- und Designfan, das auch eine weitere Anreise lohnenswert werden lässt.

Zwei Dinge jedoch sollte man auf jeden Fall mitbringen. Ein wenig Zeit und – Geld. Denn am Ende der Ausstellung wartet der Shop, dessen attraktiver Auswahl man garantiert heillos verfallen wird.

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Das VitraHaus ist täglich, auch am Wochenende, von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

VitraHaus

Ray-Eames-Str. 1

79576 Weil am Rhein

http://www.vitra.com/de-de/campus/vitrahaus

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Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2014

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