Wir schreiben die wilden 80er Jahre. Da stapft der kleine Percy mit einem Outfit, welches auch noch nach heutigem Ermessen geschmackloser kaum sein könnte, seiner Helmut Kohl Gedächtnisbrille und seiner zotteligen Frisur (nein, auf ein Bild davon wird man hier in dieser Geschichte vergeblich warten) über die wunderschöne Insel Sylt.
Die 80er, Sylt und ein Seenotkreuzer
Genauer gesagt durch den Hafen von List. Denn ein Besuch dort ist in jedem Jahr das Highlight des Nordseeurlaubs. Eine Fahrt mit der Fähre, rüber zur Nachbarinsel und zurück. Danach bei Gosch ein Fischbrötchen für die Eltern, für mich eine Kugel Schokoladeneis im Eiscafé Venezia. Und dann: nix wie rüber zum Seenotrettungskreuzer der DGzRS.
Adolph Bermpohl hieß der damals, war gute 26 Meter lang, hatte ein kleines Tochterboot Namens Vegesack und zog mich regelmäßig in seinen Bann. Ohne das Ganze jetzt wieder zu sehr in eine Werthers Echte Werbung abdriften lassen zu wollen, doch erinnere ich mich tatsächlich auch noch heute sehr genau an dieses stolze Schiff mit seinem weißen Rumpf, seinem dunkelgrünen Deck und dem weißen Aufbau mit einem Streifen in Tagesleuchtfarben.
Einmal unterwegs mit der DGzRS? Ein Kindheitstraum!
Einmal sogar durfte ich das Schiff anlässlich des jährlich am letzten Juli-Sonntag stattfindenden Tages der Seenotretter „in Aktion“ bewundern. Vom Strand aus. Was für ein Spektakel! Mein größter Wunsch damals: einmal mitfahren zu dürfen.
Doch trotz meines gesamten kindlichen Charmes, gepaart mit dem Maximum an Penetranz, die einem als verwöhntes Einzelkind so zu Verfügung steht, dieser Wunsch blieb unerfüllt. Die Bermpohl, benannt nach dem Initiator der organisierten Seenotrettung, quittierte einige Jahre später ihren Dienst und wurde durch ein anderes, kleineres und nicht mehr ganz so imposantes Schiff ersetzt, Familienausflüge auf die immer mondäner werdende Insel wurden durch solche ins Allgäu kompensiert. Wandern statt Schiffe – bis heute eine gar schreckliche Vorstellung.
DGzRS, Mühle Glashütte, eine Uhr, eine Chance.
Fast vier Jahrzehnte später. Ich erhalte eine Mail. Mühle Glashütte stelle eine neue Uhr vor. Eine Uhr, entwickelt für und zusammen mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, wie die Langversion von DGzRS lautet. Das Ganze passiere in Laboe und beinhalte: eine Fahrt mit dem dortigen Seenotrettungskreuzer! Interessiert? Aber Hallo! Interessiert ist gar kein Ausdruck!
Vor der Veranstaltung ist aber erst einmal Recherche angesagt. Schließlich lagen die Uhren des Glashütter Hersteller bislang nicht wirklich im Fokus von Luxify. Dabei stellt man dort bereits seit 1868 nautische Instrumente her. Und auch der für die DGzRS entwickelte S.A.R. Rescue-Timer feiert dieses Jahr schon sein 20-jähriges Jubiläum. Eigentlich eine Schande, dass ich davon mal so gar keine Ahnung hatte.
Zu jenem Jubiläum nun hat man erstmalig einen S.A.R. Mission-Timer in Titan herausgebracht. SAR, übrigens auch an den Schiffen der DGzRS zu lesen, ist die internationale Abkürzung für Search and Rescue. Zum bis 50 ATM (500 Meter) wasserdichten 43-Millimeter-Gehäuse gesellt sich eine kratzfeste Keramiklünette, unter dem drei Millimeter dicken, doppelt entspiegelten Saphirglas wartet ein Zifferblatt mit extra dicker Leuchtmasse und einem – das Automatikwerk auf Basis des SW 400-1 macht’s möglich – besonders großen Datumsfenster.
Auf dem Rückendeckel der Serienversion ist die norddeutsche Küstenlinie graviert, sowie Bremen als die Basis der Seenotretter und Glashütte als Heimat von Mühle markiert. Die Special Edition besteht aus 63 Einzelstücken, die jeweils die Silhouette eines der derzeit 63 in Betrieb befindlichen Schiffe eingraviert bekommen und von deren Erlös ein Teil wiederum der DGzRS zufließt.
Doppeltes Lottchen im Hafen von Laboe
Im Hafen von Laboe warten an jenem Spätseptembervormittag gleich zwei Seenotrettungskreuzer auf uns. Zum einen die dort beheimatete „Berlin“ mit ihrem Tochterboot „Steppke“, daneben, extra von der Station Grömitz angereist, die „Felix Sand“ nebst Tochterboot „Saphir“. Beides sind Schiffe der aktuellen 28-Meter-Klasse, die Berlin aus 2016, die Felix Sand aus 2021. Letztere bekomme ich heute, sozusagen als „Mein Schiff“ zugeteilt.
Vom Hafen aus geht es langsam die Kieler Förde hinaus, am 72 Meter hohen Marine-Ehrenmal und dem davor liegenden Museums-U-Boot U 995 vorbei. Die Sonne brennt, das Wetter lässt das Denken an die eigentliche Arbeit der Seenotretter bei schwerer See und eisigen Temperaturen in weite Ferne rücken.
Auch das Aussetzen und Wiedereinholen des Beibootes ist heute, bei spiegelglatter See, natürlich ein Kinderspiel. Bei meterhohen Wellen sieht das ganz anders aus. Allein 2021 erfolgten fast 100 Einsätze bei Windstärke 7 oder höher.
Rausfahren, wenn andere reinkommen.
„Rausfahren, wenn andere reinkommen“ lautet das Motto der Seenotretter. Wo immer Menschen in Nord- und Ostsee in Gefahr sind, helfen sie. Und das schon seit fast 160 Jahren. 1865 wurde der Verein in Kiel gegründet. Rund 86.000 Menschen hat man seither aus Seenot gerettet oder aus Gefahr befreit. Und das ganz ohne staatliche Zuwendungen. Die Finanzierung erfolgt durch Spenden. Die kleinen Sammelschiffchen hat sicher jeder schon einmal irgendwo gesehen.
Sie sind den einstigen Ruderrettungsbooten nachempfunden und bereits seit 1875 im Einsatz. Derzeit sind gut 15.000 Sammelschiffchen der „32-Zentimeter-Klasse“ in Dienst und unterstützen mit ihrem Inhalt die vom Verein betriebenen „echten“ Schiffe wie zum Beispiel die Berlin und die Felix Sand.
Die DGzRS-Kreuzer haben ordentlich Power
Die geben jetzt kurz einmal Vollgas. Dank jeweils zweier MTU 16V Motoren, jeder davon mit 1.958 PS, ist eine maximale Geschwindigkeit von 24 Knoten möglich. Das entspricht gut 44 Stundenkilometern. Klingt wenig, fühlt sich auf einem dann aber doch nur 27,9 Meter langen, 6,2 Meter breiten und 120 Tonnen verdrängenden Schiff ziemlich schnell an. Je nach Fahrweise reichen die gebunkerten 15.000 Liter Brennstoff für 600 bis 800 Seemeilen Einsatzweite.
Ganz oben, über der geschlossenen Brücke, ragt die Feuerlöschkanone gen Himmel. Wenige Augenblicke später schießt daraus ein 80 Meter langer Wasserstrahl. 220 Kubikmeter pro Stunde schaffen die dafür vorgesehenen Pumpen und zaubern dabei einen im Sonnenlicht funkelnden Wasserteppich an den Himmel, hinter dem die neben uns fahrende Berlin langsam verschwindet. Ein durch und durch nasses, aber auch beeindruckendes Schauspiel.
Ein Traum an einem traumhaften Tag
Dann aber ist es langsam auch schon wieder Zeit, umzukehren. Während bei mittlerer Fahrt die Küste näherkommt, genieße ich noch einmal jede einzelne Minute dieses außergewöhnlichen Erlebnisses. Ich spüre den Fahrtwind, rieche den Geruch des Meeres, blicke auf das Leuchten der orangeroten Schiffsbemalung im Sonnenlicht und dessen Kontrast zum tiefblauen Himmel an diesem herrlichen Spätsommertag auf der Kieler Förde. Ein Erlebnis, welches wahrscheinlich wirklich einmalig bleiben wird, aber eines das die knapp vier Jahrzehnte Wartezeit darauf mehr als Wert war. Vielen Dank für die Erfüllung dieses Kindheitstraumes.
Weitere Informationen
Viele äußerst interessante Informationen und Geschichten über die Arbeit der Seenotretter, sowie alles rund um das Thema, wie man die DGzRS unterstützen kann, findet sich auf der Homepage seenotretter.de. Mehr zum neuen Mühle Glashütte S.A.R. Mission-Timer Titan gibt es unter muehle-glashuette.de.
Hinweis zur Transparenz
Der Bericht entstand im Rahmen einer Pressereise mit freundlicher Unterstützung von Mühle Glashütte. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand – wie üblich – nicht statt.
Fotos: © PCS 2022
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