MS Europa 2 lichtet gerade den Anker vor Skiathos, als ich Johann Schrempf, seines Zeichens Hotel Manager, im Jazz Club zum Interview treffe. Das neonfarbene Licht taucht den Raum auch am Tage in eine ganz eigene Atmosphäre. Wir sprechen über seine Erfahrungen der ersten Monate an Bord des neuen Schiffs, über die Zeit an Land, über Freiheit und Luxus.

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Johann Schrempf an seinem Lieblingsplatz auf Deck 10 der neuen Europa 2

Johann Schrempf: Gefällt’s Ihnen hier an Bord?

luxify: Allerdings. Ein wirklich schönes Schiff. Seit wann sind Sie an Bord?

JS: Ich habe seit Januar 2013 das Projekt aus Hamburg begleitet und bin im März in St. Nazaire in der Werft an Bord gegangen und bin auch seither mit kurzer Unterbrechung an Bord.

l: Das „bestes Schiff der Welt“, das steht und fällt mit dem Service an Bord. Wie wählt man das richtige Personal aus?

JS: Wir hatten das Glück, dass einige sehr erfahrene Kräfte auf der bisherigen Europa Lust hatten, sich beruflich zu verändern. Die waren begeistert, dass sie bei diesem tollen Projekt von Anfang an dabei sein konnten. Auch von Schwesterschiffen kommen einige Mitarbeiter, aber auch einige neue Kollegen von Land und anderen Reedereien. Da hat man am Anfang eine ganz schöne Mischung. Für mich war es beeindruckend zu sehen, wie die Crew in der doch recht kurzen uns zur Verfügung stehenden Zeit bis zur Jungfernfahrt zusammengewachsen ist, begonnen hat, sich gegenseitig zu unterstützen, sich ineinander zu verzahnen. Das haben die toll gemacht. Das Leben an Bord ist anders als an Land, man arbeitet miteinander, ist aber auch in der Freizeit immer ein Team. Das kennen viele, die in Hotels arbeiten, heutzutage gar nicht. Aber, ich bin stolz auf mein Team. Sehr stolz. Gemeinsam haben wir es in kürzester Zeit geschafft, ein Produkt einzuführen, das höchsten Ansprüchen in allen Bereichen gerecht wird.

l: Sie sagen, es war relativ wenig Zeit. Verlief beim Bau nicht alles nach Zeitplan?

JS: Man hat bei so einem Projekt immer Verzögerungen. Die Zeit für den Probelauf im Vorfeld hätte ich mir allerdings etwas länger gewünscht, damit wir mehr Zeit für Schulungen und Probeläufe haben. Aber die Europa 2 ging pünktlich auf Jungfernfahrt. Und das ist das Wichtigste.

l: Gibt’s Kinderkrankheiten?

JS: Nichts Dramatisches. Hier und da müssen mal Kleinigkeiten ausgebessert werden, doch dafür sind während der Garantiezeit immer auch Werftmitarbeiter an Bord, die das erledigen können.

l: Von einer neuen Europa erwarten die Gäste sicher Einiges.

JS: Das stimmt! Der Gast kommt mit höchster Erwartung und will sich auf höchstem Niveau verwöhnen lassen. Aber ich habe der Crew immer gesagt, Ihr braucht Euch nicht vergleichen zu lassen mit einem anderen Schiff. Wir haben hier ein völlig neues Konzept. Wir sind einfach nicht vergleichbar. Und das ist aufgegangen.

l: Das neue Konzept soll ja auch eine neue Zielgruppe ansprechen. Wenn ich mich an Bord umhöre, habe ich allerdings das Gefühl, dass der Großteil des Publikums von der Europa hierher gewechselt ist.

JS: Die Europa 2 ist ein neues Produkt von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, da sind natürlich viele Stammgäste neugierig drauf und das will man auch ausprobieren. Viele sind begeistert davon, dass es hier wesentlich legerer zugeht als auf dem Schwesterschiff. Manchen ist das neue Schiff aber auch zu modern, die haben das jetzt einmal ausprobiert, vermissen das Captains-Dinner und reisen zukünftig wieder auf ihrer Europa. Zusätzlich haben wir sehr viele neue Gäste, junge Gäste und man merkt, dass die neue Europa 2 ein richtiges Drei-Generationen-Schiff ist. Da reisen die Großeltern mit ihren Kindern und den Enkelkindern.

l: Wie lange bleiben Sie eigentlich immer an Bord?

JS: Im Normalfall bleibe ich immer zwei Monate an Bord und bin dann anschließend einen Monat daheim. So bleibt man immer frisch. Im ersten Jahr allerdings sind die Intervalle länger, weil wir ja auch ständig noch Mitarbeiter einschulen und an den Standards feilen.

l: In Ihrem einen Monat zu Hause, sind sie da in Gedanken immer noch auf dem Schiff oder können Sie komplett abschalten?

JS: Die ersten Tage schottet mich meine Frau dann immer komplett ab, damit ich zur Ruhe kommen und tatsächlich abschalten kann. Den Rest der Zeit lasse ich mich dann inspirieren. Wir reisen viel, besuchen neue Hotels und Restaurants. Da heißt es auf Ideen kommen und schauen, was es Neues gibt. Man muss sich immer weiterentwickeln, immer in Bewegung bleiben.

l: Was sind die nächsten Ideen, die Sie an Bord umsetzen möchten?

JS: Ich möchte den Gast in den Restaurants mehr mit einbeziehen. Stichwort Showkochen. Ich möchte mehr vor dem Gast zubereiten lassen. Im Tarragon, unserem französischen Spezialitätenrestaurant, haben wir damit schon angefangen. Beispielsweise wird das Tartar dort auf Wunsch ganz individuell am Tisch zubereitet, wir tranchieren und filetieren auch vor dem Gast. Am liebsten würde ich da auch Crêpes flambieren aber das ist auf einem Schiff schon rein von der Sicherheit her nicht ganz so einfach. Aber mal schauen. Wir haben da eventuell schon eine Lösung gefunden.

l: Immer wieder etwas Neues. Gibt es sonst Punkte, bei denen Sie jetzt, nach ein paar Monaten sagen, das gehört geändert, verbessert?

JS: Sicher. Beispielsweise unsere Sushi Bar. Wir haben versucht, jedem Restaurant an Bord sein eigenes Flair zu geben. Besonders stolz bin ich da auf das Tarragon. Die Sushi Bar allerdings geht optisch fließend in den Yacht Club, unser Buffetrestaurant über. Das hat beispielsweise beim Frühstück durchaus Vorteile, da wir so zusätzliche Kapazität gewinnen. Trotzdem würde ich mir hier etwas mehr optische Eigenständigkeit wünschen. Wünschenswert wäre am Heck des Schiffes auch eine Treppe vom Yachtclub auf Deck 10.

l: Der Yacht Club ist ein gutes Stichwort. Ich bin nun wirklich kein großer Freund von Buffets, hier aber war ich begeistert.

JS: Der Yacht Club ist sehr gelungen, wenngleich ich mir auch hier mehr Interaktion wünschen würde, also dass der Gast mehr sieht, wie die Speisen vor ihm zubereitet werden. Es war für uns aber ganz klar, dass wir hier Spezialitäten auftischen, es gibt täglich eine große Auswahl an frischen Meeresfrüchten, von Hunmer über Alaska King Crabs, Austern, Muscheln bis zu Langusten. Und jeden Donnerstag gibt es Kaviar.

l: Auch getränkemäßig bietet die Karte einiges. Die Auswahl an Weinen und Champagner ist beeindruckend.

JS: Wir haben circa 450 verschiedene Positionen in der Weinkarte. Aber vergessen Sie den Gin nicht! 33 Sorten habe ich hier. Dazu drei verschiedene Tonics. Das ist mir aber auch noch zu wenig. Ich will auf zehn verschiedene Tonics kommen. Oder haben Sie die Flaschen nebenan gesehen? Das sind Jahrgangsbrände der Firma Rochelt. Auch da haben wir eine große Auswahl an Bord, natürlich neben den Produkten anderer Destillerien. Die gastronomische Vielfalt liegt mir eben am Herzen.

l: Wenn Sie die Europa 2 beschreiben müssten, was wären Ihre Worte?

JS: Legerer Luxus. Ich denke, das trifft es ganz gut. Der Gast soll sich fallen lassen können. Das ist mir wichtig. Er soll frei sein, soll Zeit haben, ohne Reglementierungen. Nehmen wir das Spätaufsteher-Frühstück in der Sansibar ab 10:30. Das wird hervorragend angenommen. Ich kann den Gast in seinem Urlaub doch nicht zwingen, zu einer bestimmten Uhrzeit zu essen. Auch die Reservierungen für die Spezialitätenrestaurants gelten einen ganzen Abend. Wer um 19 Uhr essen möchte, kann dies tun, wer erst später Hunger hat, der kommt eben später. Freiheit. Das große Gefühl, alles gleiten zu lassen. Ich denke, das haben wir mit dem Konzept hier an Bord gut hinbekommen.

l: Was bedeutet ganz speziell für Sie Luxus?

JS: Eben Zeit haben. Für alles Mögliche. Auch mal abzuschalten und frei entscheiden zu können, wann und für wie lange.

l: Gelingt Ihnen das ansatzweise auch an Bord?

JS: Früh morgens stehe ich oft am Heck auf Deck 10, genieße die Ruhe, lasse meinen Blick über den Horizont schweifen. Das Meer, es gibt so wahnsinnig viel Kraft. Viele fragen mich, was ein Österreicher überhaupt auf dem Meer sucht. Aber wenn ich es recht überlege, hat es mich immer schon zum Wasser gezogen. Auch in meiner Zeit an Land habe ich immer in Hotels gearbeitet, die an Flüssen oder Seen gelegen sind.

l: Was gab dann letztlich den Ausschlag, auf ein Schiff zu gehen?

JS: Das war mehr Zufall. Ein guter Freund von mir arbeitete schon länger auf einem Schiff und hat mich davon überzeugt, das doch auch mal auszuprobieren. 1995 dann heuerte ich auf der Hanseatic an und bin dabei geblieben. In den letzten Jahren war ich abwechselnd auf der Hanseatic und der Europa als Hotelmanager im Einsatz.

l: Ihr Lieblingsschiff?

JS: Mich wird immer viel mit der Hanseatic verbinden. Es war mein erstes Schiff und sie wird immer so etwas wie eine Mutter bleiben. Sie ist ja auch ein sehr schönes Schiff. Bei der Europa 2 war ich schon im Projekt involviert, habe sie mit aufgebaut, das ist faszinierend und etwas ganz Besonderes.

l: Wie sieht das mit den Routen aus? Haben Sie Lieblingshäfen?

JS: Die Einfahrt nach New York und Venedig, das ist für mich noch immer etwas ganz besonderes. Das faszinierendste Fahrgebiet? Ganz klar die Antarktis. Die Farben, das Licht, das ist einfach unbeschreiblich. Das schafft auch kein Foto und kein Video, rüberzubringen. Das muss man selbst erleben.

l: Und auf den ’normalen‘ Routen? Gehen Sie da überhaupt noch oft von Bord?

JS: Wenn das zeitlich möglich ist, ja. Gerade heute habe ich mir zusammen mit dem Kapitän ein Zodiac genommen und wir sind die Insel abgefahren, haben nach Stränden gesucht. Die sollen hier auf Skiathos ja wunderschön sein und ich denke, wir haben da jetzt auch einen ganz tollen gefunden. Wenn es die Behörden genehmigen, wollen wir im nächsten Jahr mit den Gästen dort beispielsweise Barbeque bei Sonnenuntergang veranstalten.

l: Das klingt traumhaft. Also auch hier wird es in Zukunft dann wieder etwas Neues geben. Herr Schrempf, ich danke herzlich für die Einblicke.

Das Interview führte Percy Christian Schoeler

Foto: © Percy Christian Schoeler (PCS)

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