Zum diesjährigen SIHH überraschte Jaeger-LeCoultre mit einer komplett neuen Modellreihe. Die Sportmodelle der Polaris Kollektion orientieren sich in ihrer Optik an der legendären Memovox Polaris aus 1968.
Seinerzeit kreierte man bei Jaeger-LeCoultre ein neues, sportlicheres Zifferblatt für die bereits fünf Jahre zuvor in einer Kleinstauflage auf den Markt gekommene Uhr mit Alarmfunktion.
JLC Polaris – ikonisches Design der späten 60er
Markenzeichen wurden die Ziffern bei 6, 9 und 12 Uhr, sowie die trapezförmigen Stundenindexe. Diese, sowie das kleine Dreieck, welches die Weckzeit anzeigt, wurden mit Tritium Leuchtmasse beschichtet.
Die Gelegenheit, jenes Modell der ausgehenden 60er Jahre im direkten Vergleich mit dem 50 Jahre später produzierten Nachfolger zu sehen, ist selten. Um so erfreuter war ich, anlässlich eines Besuches der JLC Manufaktur in Le Sentier, genau diese beiden Uhren shooten zu dürfen.
Ein Vergleich, der Gefahren in sich birgt
So ein direkter Vergleich zwischen alt und neu ist äußerst interessant, er birgt allerdings auch Gefahren. Denn Uhrenhersteller haben es nicht leicht, und sie haben dies dieser Tage schon gleich gar nicht. Die Welt begehrt nach Vintage Uhren, Retro-Modelle finden reißenden (gut, das Wort ist vielleicht etwas übertrieben, aber zumindest recht guten) Absatz.
Entsprechend groß ist die Versuchung, einfach die begehrten Original Modelle aus den 60er und 70er Jahren wieder aufleben zu lassen. Doch ist das 1:1 Abkupfern beim eigenen Original auf der anderen Seite auch eine Art Bankrotterklärung. An die eigene Kreativität, den Forschergeist oder wie auch immer man dies nennen mag.
Retro Design – eine Gratwanderung
Das aufleben lassen einer Modellreihe von Früher ist somit immer eine gewisse Gratwanderung. Bei einem Vergleich zwischen Alt und Neu hat so auch die Neuauflage fast schon per Definition ganz zwangsläufig verloren. Entweder, weil sie zu nah am Original ist, oder weil das Vintage Stück dann eben doch mehr Charme besitzt.
Gerade letzterer Gedanke kommt mir in den Sinn, als ich die Jaeger-LeCoultre Polaris Memovox Jahrgang 1968 und Jahrgang 2018 zum ersten Mal direkt nebeneinander sehe. Der Charme einer 50 Jahre alten Uhr ist eben ein ganz eigener.
Einer, den eine Neuauflage einfach nicht zu versprühen vermag. Und ist man ehrlich, ist das auch ganz gut so. Die neue Polaris wirkt wie sie soll, wie eine aktuelle Uhr nämlich. Eben, weil sich Jaeger-LeCoultre dazu entschloss, gerade keine plumpe 1:1 Kopie zu fertigen, sondern den Designcode des Ursprungsmodells neu und modern zu interpretieren.
Die richtige Portion Vintage
Heraus kommt dadurch eine Uhr, die schnell vergessen lässt, dass es sich im Falle der Polaris, mit Ausnahme eines „Tribute to“ Modells, präsentiert zehn Jahre zuvor, eben nicht um eine fünf Jahrzehnte durchgehend produzierte und stetig weiterentwickelte Uhr handelt.
Die Kombination aus einem modern anmutenden Gehäuse mit potenten Bandanstößen, einem spannenden Mix aus satinierten Flächen und polierten Fasen, einer äußerst dünnen Lünette und einem damit verbunden gar riesig wirkenden Zifferblatt, sorgt für eine wohltuende Spannung.
Geteilter Meinung kann man über die leicht creme- bzw. eher vanillefarbene Leuchtmasse der Zeiger, Indexe und Ziffern sein. JLC Polaris Automatic und JLC Polaris Chronograph zeigen mit ihrer reinweißen Leuchtmasse, dass das neue Polaris Design auch ohne diesen „Vintage Kick“ sehr gut funktioniert. Auf der anderen Seite – schön schaut’s so durchaus ebenfalls aus. Verführerisch schön sogar. Also – akzeptieren wir den kleinen Griff in die Vintage-Kiste.
Drei unterschiedliche Verarbeitungstechniken
Indexe und Ziffern sind beim neuen Modell eingefasst und sitzen auf einem gekörnten Ring des Zifferblatts. Dieses wird umrundet durch die Drehlünette im Opalinschliff. Die mittige Scheibe der Weckmechanik ist im Sonnenschliff gehalten. Diese drei unterschiedlichen Verarbeitungstechniken lassen das Zifferblatt sehr plastisch, sehr spannend wirken.
Wie das klassische Modell von 1968, so verfügt auch die Neuauflage über drei Kronen auf der rechten Gehäuseseite. Die unterste von ihnen ist für die Zeitverstellung und den manuellen Aufzug des Automatikkalibers zuständig. Die Weckzeit wird über die obere Krone eingestellt. Gleichzeitig erfolgt über sie auch der Aufzug des für den Wecker zuständigen Federhauses, sowie die Datumsschnellverstellung.
Die Polaris ist keine Taucheruhr
Die mittlere Krone schließlich bewegt den innenliegenden Minutenring, die, wenn man so will, Tauchlünette. Obgleich dieses Wort ein wenig zu weit gefasst ist, denn eine Taucheruhr nach heutigen Maßstäben ist die JLC Polaris Memovox nicht wirklich – und will dies auch gar nicht sein. Dies wird spätestens dann klar, merkt man, wie leicht sich der Rehautring mittels der Krone bewegen lässt, und zwar in beide Richtungen. Hier würde ich mir eine deutlich schwergängigere Einstellung wünschen, welches denn auch tatsächlich mein größter Kritikpunkt an der Uhr ist.
Ansonsten handelt es sich bei der Neuauflage der Polaris Memovox um eine wunderbar stimmige Uhr, die gerade am fein strukturierten Kautschukband mit Doppelfaltschließe perfekt am Arm sitzt, optisch aber sicher auch in Verbindung mit einem Lederarmband extrem gut ausschaut.
Das Uhrwerk hat Tradition
Übrigens: das im 2018er Modell verbaute Manufakturkaliber Jaeger-LeCoultre 956 ist ein direkter Nachfolger jenes ersten automatischen Uhrwerks mit Weckfunktion, das von Jaeger-LeCoultre vor mehr als 60 Jahren entwickelt wurde und auch schon in der ersten Memovox Polaris seinen Dienst verrichtete.
Fazit
Mein Fazit: 1968 bis 2018, das macht 50 Jahre Polaris. Die Jaeger-LeCoultre Polaris Memovox ist aber mehr als nur ein Jubiläumsmodell. Sie ist Spitzenmodell einer gelungenen Kollektion, die einen 50 Jahre alten Klassiker fit macht für die heutige Zeit. Die richtige Dosis Retro, gemischt mit modernem Uhrenbau, das Ergebnis ist Jaeger-LeCoultre definitiv gelungen. Ein wenig schade allenfalls, dass dank Limitierung genau dieses Modells, nur 1.000 Glückliche in den Genuss der so wunderschön klingenden Weckfunktion kommen können.
Datenblatt:
- Modell: Jaeger-LeCoultre Polaris Memovox, Ref. 9038670
- Gehäuse: 42 mm, Edelstahl, wasserdicht bis 20 bar (200 Meter), speziell gravierter Rückendeckel
- Zifferblatt: schwarz mit Sonnenschliff, Körnung und Opalin-Veredelung, Ziffern und Indexe mit cremefarbener Leuchtbeschichtung
- Armband: schwarzes Kautschukband, Doppelfaltschließe in Edelstahl
- Uhrwerk: Manufakturwerk, Kaliber 956, Automatik, 28.800 A/h (4 Hz), 45 Stunden Gangreserve
- Funktionen: Stunde, Minute, Zentralsekunde, Fensterdatum bei 3 Uhr, Alarm-/Weckfunktion (Handaufzug)
- Auflage: 1.000 Stück
- Preis: 12.800 Euro (UVP Deutschland)
Hinweis zur Transparenz
Jaeger-LeCoultre ist Kooperations- und Werbepartner von Luxify. Die Auswahl und Beschreibung der hier präsentierten Uhr bzw. Uhren erfolgte jedoch rein unter redaktionellen Gesichtspunkten. Eine Einflussnahme seitens des Herstellers fand nicht statt.
Fotos: © PCS 2018
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