Wo an Bord der Europa 2 isst man am Besten? Was wird wo angeboten? Und wo muss man hin, wenn einem auch zu den ungewöhnlichsten Zeiten der Magen knurrt? Diese Fragen konnte hoffentlich bereits Teil 1 meines kleinen „Kulinarik-Reports“ beantworten. Den zweiten Teil möchte ich dort beginnen, wo Teil 1 endete: in der Sansibar.
Für das Frühstück an Bord hat man grundsätzlich zwei Auswahlmöglichkeiten: man kann es als Buffet im Yacht-Club oder serviert im Weltmeere zu sich nehmen. Auf dem Balkon der eigenen Suite selbstverständlich auch, das wäre dann noch die dritte Option.
Schläft man gerne etwas länger, vielleicht, weil der DJ am Vorabend einfach nicht aufhören wollte, die perfekte Tanzmusik zu spielen, steht einem bis zum frühen Nachmittag aber auch die Sansibar zur Verfügung.
Die Auswahl ist natürlich nicht ganz so groß wie im darüber liegenden Yacht-Club, dafür aber ist das Frühstück hier tatsächlich so etwas wie ein Geheimtipp (ok, spätestens jetzt dann wohl nicht mehr). Man kann hier ganz geruhsam den Tag beginnen, ist oftmals fast alleine und wird vom sympathischen Sansibar-Team perfekt umsorgt.
Ein wenig beeilen muss ich mich heute aber schon, denn gleich bin ich mit Udo Grigas und Johann Schrempf verabredet.
Udo Grigas ist Sous Chef an Bord, kommt aus Leipzig und hat früher für das Bundesverteidigungsministerium gekocht. Nach weiteren Stationen, unter anderem dem Gourmetrestaurant im Hilton Mainz, zog es ihn aufs Meer. Von seiner Stelle als Junior-Sous-Chef in den Rossini Gourmet-Restaurants der Kussmund-Flotte wechselte er 2013 auf die Europa 2.
Von ihm will ich wissen, wie das so ist mit der Belieferung. Was wird aus der Heimat eingeflogen, was wird vor Ort gekauft und wie viel Einfluss hat die regionale Küche der jeweiligen Fahrtgebiete auf das Speisenangebot an Bord?
Er erzählt mir, dass die Europa 2 alle ein bis zwei Wochen beliefert wird. Innerhalb der EU eher von lokalen Anbietern, in der Ferne kommen die Container aus heimischen Gefilden. Entsprechend gilt es voraus zu planen, etwa drei bis vier Wochen vorher muss er seine Wünsche anmelden. Grundsätzlich aus Deutschland kommen übrigens die Molkereiprodukte und ein Großteil der Kartoffeln, sowie Trockenwaren wie Reis oder Mehl.
Gerade Fisch wird aber sehr oft lokal zugekauft. So hat er bei unserem Stopp auf der kleinen griechischen Insel Inousses beispielsweise den Wolfsbarsch direkt von den Fischern auf ihren kleinen Booten gekauft. Frischer geht es nicht.
Wer an Bord die regionale Küche der jeweiligen Destinationen erleben will, der hat im Yacht-Club, aber auch im Weltmeere die beste Gelegenheit dazu.
Ein weiterer Punkt, der mich sehr interessiert, ist der Umgang mit Lebensmittelunverträglichkeiten. Gerade die Gluten- und Laktose-Intoleranz nehme stark zu, erzählt er mir, weswegen man darauf natürlich gut eingestellt sei. Auch vegane Küche sei kein Problem an Bord, werde aber verhältnismäßig selten nachgefragt.
Und wo würde er selbst am liebsten Essen gehen, an Bord der Europa 2? Die Antwort kommt prompt. Im Tarragon. Nun, ich kann es ihm nicht verdenken.
Nach unserem Gespräch begleite ich Johann Schrempf in die „heiligen Hallen“ der Europa 2, die Vorratsräume. Johann Schrempf ist Hoteldirektor an Bord. Bereits zwei Jahre zuvor interviewte ich ihn, seither freue ich mich jedes Mal darauf, mit ihm gemeinsam an Bord zu sein.
Doch zunächst steht noch einmal das Tarragon auf dem Programm. Nein, diesmal nicht für ein Beef Tartar, obgleich ich da sicher nichts dagegen hätte, nein die Küche selbst ist das Ziel. Besonderheit: die Küche des Tarragon ist getrennt von denen der anderen Restaurants. In den Töpfen köcheln schon die Saucen für den Abend vor sich hin und natürlich geht auch gerade das ein oder andere Beef Tartar für den Mittagstisch heraus.
Mit dem Aufzug geht es ein Stockwerk tiefer in die Hauptküche. Hier wird auch für das Serenissima und das Elements gekocht, allerdings haben diese beiden Restaurants auch hier ihre eigenen Bereiche.
69 Köche arbeiten in den Küchen der Europa 2, es gibt eine eigene Patisserie und eine Bäckerei mit drei Bäckern. Jedes Brot an Bord wird selbst gebacken.
Immer wieder faszinierend: die Rolltreppen, mit denen der Service mit den fertigen Tellern von der Hauptküche aus ins Restaurant hinauf fährt.
Für mich geht es nun aber noch ein Deck tiefer. Und wenn ich richtig mitgezählt habe, sind wir somit auf Deck 2. Sicher bin ich mir nicht mehr, hier unten ist es leicht, die Orientierung zu verlieren.
Wir sind bei den Vorräten. Hier lagern das Fleisch, der Fisch, das frische Gemüse, aber auch – die Getränke! Und davon jede Menge. Allein 37 verschiedene Sorten Gin gibt es an Bord. Die Barkarte – ein kleines Buch.
Ein paar Räume weiter. Wein. Robert Weil, Franz Künstler, Markus Schneider sind nur die ersten der bekannten Namen, die mir entgegen springen. 38 Seiten lang ist die große Weinkarte und umfasst auch Raritäten wie einen 1986er Château Margaux oder einen Château Lafite-Rothschild aus 1995.
Ebenfalls beliebt an Bord: Champagner. Hausmarke ist der ausgezeichnete Duval-Leroy, daneben hat die Europa 2 einige Winzerchampagner, etwa von René Geoffroy oder Agrapart & Fils im Programm.
Und natürlich fehlen auch die großen Namen nicht. Taittinger, Ruinart, Moët & Chandon, Veuve Cliquot und Krug sind hier ebenso zu finden wie Dom Pérignon, wahlweise auch als Rosé oder Oenotheque bzw. P2.
Doch, hier könnte ich eine Weile bleiben. Keine Frage. Geht aber nicht. Johann Schrempf muss weiter. „Gehen Sie nachher noch an Land?“ will er wissen. „Sollten Sie. Lohnt sich. Man sieht sich dann dort.“
Die Fotos sind im Kasten, die Fragen gestellt, warum also nicht mit dem Tenderboot nach Lemnos übersetzen. Dort warten dann die bordeigenen Zodiacs auf die Gäste und entführen sie spontan zu einer einsamen, kristallklaren Bucht.
Und da steht er dann wieder, der Herr Schrempf. In Badehosen. Auf einem, als Champagnerbar umfunktionierten, Schlauchboot. Was für eine gelungene Überraschung. In dieser Situation, an diesem außergewöhnlichen Ort und mit Blick auf die schöne, schnittige Europa 2, schmeckt der Champagner dann auch noch einmal doppelt so gut wie sonst.
Nach zwei Gläsern geht es wieder Retour. „Sie können gerne noch einmal mitfahren“. Würde ich ja gerne. Doch auf mich wartet leider noch Arbeit. Genauer: das Gin Tasting steht auf dem Programm.
Das Herrenzimmer, normalerweise die Raucherlounge an Bord, ist voll besetzt. Gin ist in, das merkt man sofort. Zur Einstimmung gibt es erst einmal einen Gimlet mit Pink 47 London Dry Gin und Rose’s Lime Juice. Auf dem Programm stehen heute vier verschiedene Gin und vier passende Tonic. Jeder Gin wird dabei zunächst pur, dann mit Eis, anschließend mit Tonic und schließlich mit passendem „Botanic“ getestet.
Die Kandidaten: Blue Gin von Reiseltbauer, mein bisheriger Favorit, diesmal mit Fentimans und Minze, Caorunn (ka-roon gesprochen) aus Schottland mit Thomas Henry und Apfel, Saffron Gin aus Frankreich mit klassischen Schweppes und Orange, sowie Tanquerays Rangpur mit dem wirklich hervorragend passenden Mediterranean Tonic Water von Fever-Tree und Limette.
Das Tasting ist unheimlich interessant, obgleich es mit jedem gereichten Gin den Testern zunehmend schwerer fällt, den Ausführungen vollständig zu folgen. Im kommenden Jahr wird es übrigens eine eigene MS Europa 2 Edition des Gin Sul geben, dessen Fässer eine Zeit lang an Bord mitgereist sind.
Heute aber wird, neben dem Blue Gin, der Rangpur mein neuer Liebling. Speziell in der hier gereichten Kombination ist er einfach nur herrlich erfrischend.
Neben dem Gin-Tasting, das übrigens kostenlos angeboten wird, zu dem man sich aber unbedingt anmelden sollte, gibt es an Bord auch noch ein Wein-Tasting und – den Kochkurs.
Den wollte ich schon immer einmal mitmachen, leider ging sich das bisher aber nie aus. Dieses Mal schon. Die Kochschule befindet sich auf Deck 9 und bietet Platz für bis zu acht wissens-hungrige Hobbyköche – und einen Profi. Der heißt in meinem Fall Stefan Sköries, kommt aus Schwerin und ist ebenfalls Sous Chef an Bord.
Die Themen der Kochschule variieren je nach Fahrtgebiet. Dieses Mal gilt es, das perfekte Thunfischsteak zuzubereiten, dazu Pak Choi und Kapernbutter. Die Herausforderung bei der Nachspeise: Crème Brûlée. Na hier bin ich doch richtig!
Pak Choi in feine Streifen schneiden und mit Olivenöl, Knoblauch, Chilischote, Schalotten (wer will, ich nicht) köcheln lassen, danach mit Muskat, Butter, Salz und Pfeffer abschmecken. Das Thunfischsteak beidseitig mit Salz und Pfeffer würzen, sowie mit Minzblättern belegen, dann in der heißen Pfanne beidseitig anbraten. Kurz! Sehr kurz! Wirklich kurz!
Für die Kapernbutter die weiche Butter mit einer Rührmaschine (hier standesgemäß eine Kitchen Aid) schaumig schlagen, dann die gehackten Kapern und etwas vom Kapernfonds dazugeben. Mit Salz, Pfeffer, Petersilie und Minze abschmecken und geschmolzen servieren. Hammer!!!!
„Ich hab‘ da schon einmal was vorbereitet“ heißt es bei der Crème Brûlée. Stefan hat 500ml Sahne mit sieben Eigelb und 80 Gramm Zucker verrührt und das Mark einer Vanilleschote dazugegeben, mit dem Handmixer gut vermischt und in flache Schalen 2-3 Zentimeter hoch eingefüllt. Die Schalen kamen dann zu Anfang unseres Kurses, mit Klarsichtfolie abgedeckt, in den vorgeheizten Ofen. Bei 85° und Dampf wurden sie dann ca. 45 bis 60 Minuten pochiert bis das Ei stockte. Wer daheim keinen Dampfgarofen hat, der gießt am besten etwas Wasser auf das Backblech.
Zum Flämmen kommen nun aber wir Hobbyköche wieder zum Einsatz. Die Schalen mit braunem (oder weißem) Zucker bestreuen und abflämmen, bis dieser goldbraun ist. Der Flämmer hier hat eher Baumarktgröße und kann einem schon gewaltigen Respekt einflößen. Wichtig ist es da, ihn immer in Bewegung zu halten und den Abstand zum Zucker ein wenig nach Gefühl zu variieren. Klappt zu meiner Überraschung erstaunlich gut und – wer hätte das gedacht – natürlich ist meine Crème Brûlée die Beste, die ich jemals irgendwo gegessen habe. Ich schwöre es!
Bei so viel Action, so viel unterschiedlichem Programm, ist so eine Kreuzfahrt natürlich auch wieder viel zu schnell vorbei. Und da meine soeben erlernten Kochkünste wohl dann doch noch nicht ganz für eine Festanstellung an Bord reichen, erwartet mich daheim unausweichlich jene ungeliebte Jahreszeit.
Die Erinnerungen der letzten sieben Tage aber, die werden mir ganz sicher helfen, auch diese Zeit zu überstehen. Bei meinen Freunden kann ich nun mit dem erworbenen Gin-Wissen glänzen, von den herrlichen Waffeln an Deck schwärmen und guten Gewissens damit prahlen, das beste Beef Tartar gegessen zu haben. Ja und wer weiß, vielleicht kredenze ich ihnen auch mal die ein oder andere hausgemachte Crème Brûlée. Standesgemäß gekocht in der original MS Europa 2 Kochschürze. Denn die erhält jeder Kochkurs Teilnehmer mit nach Hause.
Mein Fazit, nein, erst einmal eine Vorbemerkung: es ist mir immer ein wenig unangenehm, einen so extrem überschwänglich positiven Reisebericht zu veröffentlichen. Allein, was MS Europa 2 angeht, wäre alles andere jedoch schlichtweg gelogen. Wer einmal an Bord war, wird verstehen, was ich meine.
Nun aber – mein Fazit: wer gutes Essen und edle Getränke liebt, dem Thema Kreuzfahrten darüber hinaus nicht ganz unaufgeschlossen ist, der kommt an einer Reise auf der Europa 2 praktisch nicht vorbei. Die Restaurants gehören zu den besten, die man auf hoher See finden wird, der Service könnte perfekter kaum sein, das gebotene kulinarische Rahmenprogramm ist eine Wucht.
Auf Grund ihrer meist siebentägigen, kombinierbaren Routen ist die Europa 2 geeignet für Paare jeden Alters. Die neu gestalteten Familiensuiten sind mit das süßeste, was ich diesbezüglich jemals gesehen habe und machen Hapag Lloyds Flaggschiff ebenfalls zu einer perfekten Familiendestination.
Mehr Informationen zur Europa 2, den kommenden Routen und Preisen gibt es auf der Website von Hapag Lloyd Kreuzfahrten. Ebenfalls einen Blick wert: der hauseigene Passagen Blog.
Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2015
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