Was ist der eigene Ruf wert? Mehr als 768.026 Euro? Das Auto ist offen. Der Schlüssel steckt. Der Instrukteur ist damit beschäftigt, ein Foto von mir zu machen. Es wäre so einfach. Verdammte Vernunft.

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Verdammte Euphorie! Nach dem Aussteigen bin ich einfach viel zu glücklich, um irgendwas Böses anzustellen. Es geht nicht. Und damit bin ich auch nicht alleine. Ich blicke in die Gesichter meiner Mitstreiter, alles gestandene Männer in den 30ern bis 60ern denen eines gemein ist. Sie strahlen wie kleine Kinder am Weihnachtsabend. Aufgefallen ist mir das bei einigen schon vorher, jetzt weiß also auch ich, warum.

Nun sind die Jungs bei Porsche ja ziemlich schlau und veranstalten sowas nicht ohne Hintergedanken. Und so wird man, immer noch völlig euphorisiert, vorbei an einem GT3 (Wer will denn jetzt noch sowas? Na vielleicht für die Frau oder Sohnemann) in einen leicht giftgrün beleuchteten Raum geführt.

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Dort steht er wieder. Der 918 Spyder. Und was vorher nur irgendein überteurer Supersportwagen war, ist jetzt dein Vertrauter. Du hast mit ihm eben die vielleicht geilste Zeit deines Lebens erlebt. Er ist dein Kumpel. Er lacht dich an als würde er sagen, komm schon, nimm mich mit. Du weißt, wie viel Spaß wir zusammen hätten.

Vom Fahrerlebnis direkt zur Konfiguration. Das ist gemein, das ist perfide. Das prangere ich an! Kein Wunder, dass auch an diesem Tag einige Kunden da nicht nein sagen können.

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Interessant aber ist die Zeit im Konfigurationsraum allemal. Denn man erfährt viel über das auf insgesamt 918 Stück limitierte Fahrzeug. Letztlich gibt es den 918 Spyder in zwei Konfigurationen. Als „Normalversion“ und mit dem so genannten „Weissach Paket“. Letzteres ist die Konfiguration für Kunden, die mit dem Fahrzeug tatsächlich auf die Rundtrecke wollen und an Wettbewerben teilnehmen werden. Mit ebenjenem Weissach Paket hat der 918 Spyder vor knapp einem Jahr den bisherigen Streckenrekord auf der Nordschleife des Nürburgring um unglaubliche 14 Sekunden unterboten und die Messlatte unter die magische 7-Minuten-Marke gelegt. 6:57 Minuten brauchte er, 3 Sekunden alleine gehen auf das Weissach Paket.

Denn das lässt den 918 Spyder um 41 kg abspecken. Dies gelingt durch die Verwendung anderer Materialien wie Magnesium bei den Felgen (immerhin eine Einsparung von 14,9 Kilo) oder Titan bei der Bremsanlage (-2,0 kg), dem Verzicht auf Komfortausstattung wie Dämmung (-5,3 kg), Soundsystem (-4,1 kg) oder Klimaanlage (0,9 kg). Noch einmal 2,3 Kilo spart der Verzicht auf eine Lackierung ein. Der Weissach 918 wird foliert. Wahlweise auch im Salzburg oder Martini Racing Design.

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Der im Konfigurationsraum stehende 918 Spyder ist allerdings die alltagstauglichere normale (welch unsinniges Wort angesichts dieses Autos) Version. Und was beim Weissach an Lack fehlt, wurde hier doppelt und dreifach, ja genau genommen sogar 9-fach aufgetragen. Liquid metal nennt Porsche die in den Farbtönen silber und chromblau erhältliche Sonderlackierung, die zwischen dem Auftragen der Lackschichten noch dreimal per Hand bearbeitet und durch drei abschließende Klarlackschichten geschützt wird.

Ergebnis ist ein Metallic-Lack, in dem man aber keine Metallic-Partikel sieht. Es sieht tatsächlich wie flüssiges Metall aus. Faszinierend. Herrjeh! Interessant. Ergebnis soll eine außergewöhnliche Tiefenwirkung sein, die die Konturen des 918 noch besser hervorbringt. Da mir der direkte Vergleich zu einem 918 mit Serienlackierung fehlt, möchte ich das einfach mal glauben, zumindest sieht das Fahrzeug atemberaubend sehr gut aus, was aber nicht allein dem Lack geschuldet ist.

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Links der normale Metallic-Lack, rechts Liquid metal

Die Form des 918 Spyder nimmt Designmerkmale der zwei Fahrzeuge auf, die auch beim Namen Pate standen. Zum Einen ist das der Porsche 917, der 1970 und 1971 in Le Mans siegte und von dem der 918 als Erbe den Schwung der vorderen Kotflügel übernimmt. Zweiter Namensgeber ist der Porsche RS Spyder, dessen V8 Aggregat die Basis des Hochdrehzahlmotors im 918 darstellt und von dem er designtechnisch Anleihen im Bereich der B-Säule aufgreift.

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Im kleinen Porsche Museum: Porsche RS Spyder (mitte)

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Monocoque des Carrera GT (Hintergrund)

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960.000 km Kohlefaser, ansprechend verpackt

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Ebenfalls aus dem Rennsport kommt eine für Straßenfahrzeuge mehr als ungewöhnliche Anordnung der Auspuffanlage. Porsche setzt auf Top-Pipes oberhalb des Motors, welche den Abgasgegendruck minimieren und so für mehr Leistung und weniger Verbrauch sorgen sollen. Nebeneffekt: der Sound rückt noch näher an die Insassen. Weiterer Nebeneffekt: die Hitze wird schneller abgeführt und von der Batterie ferngehalten.

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Diese sitzt ganz unten am Fahrzeug, direkt hinter den Sitzen und unterhalb des Tanks. Es ist eine Hochleistungsbatterie, die auf das gesamte Fahrzeugleben ausgelegt ist und auf die Porsche eine Garantie von immerhin 7 Jahren bzw. 100.000 Kilometern gibt.

Den Status der Batterie, die sich via Rekuperation, etwa beim Bremsen, immer wieder selbst auflädt, kann man auf dem großen 8″ Display im Innenraum ablesen. Angesteuert wird das wiederum durch ein weiteres 7″ Touchscreen Display auf der ansteigenden, filigranen Mittelkonsole. Es verfügt nicht nur über Handschrifterkennung, es ist auch das wunderschönste bemerkenswerteste Touchscreen Display, welches ich ausserhalb der Apple Welt kennen lernen durfte. Nein, eigentlich schaut dagegen selbst ein iPad billig aus. Die Bedienung ist äußerst logisch durchdacht und gelingt flüssig.

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Drei Rundinstrumente stellen die zentralen Anzeigen dar, porschetypisch mittig: der Drehzahlmesser, der im äußeren Ring auch die Leistung der beiden Antriebsarten anzeigt. Links daneben liegt die Anzeige für Geschwindigkeit und Tempostat, rechts die für Tankinhalt, Batterie, Reichweite, Boost und g-Force. Besonders schön: die Rundinstrumente sind freistehend. Der Innenraum wirkt futuristisch und ist doch ganz typisch Porsche.

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Mit zwei Handgriffen verwandelt sich der geschlossene 918 in das, was sein Name schon sagt: einen Spyder. Die Dachhälften lassen sich leicht abnehmen denn sie sind, wie die meisten Teile des Fahrzeugs, aus kohlefaserverstärktem Kunststoff CfK und wiegen – nichts! Verstauen lassen sie sich einfach im Kofferraum, der dann natürlich von 107 Liter auf – naja – einen mittelgroßen Weekender zusammenschrumpft. Aber, immerhin hat man das Dach so wenigstens dabei, falls man es braucht.

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Brauchen und nicht brauchen, das ist beim 918 Spyder eh ein Punkt, über den man trefflich diskutieren könnte. Nicht ob man ihn generell braucht, diese Frage ist nach den eben absolvierten Runden bereits vollkommen obsolet. Natürlich braucht man ihn. Wie soll man ohne ihn leben? Unvorstellbar!

Nein, vielmehr über Fragen wie ob so ein Auto eine akustische Einparkhilfe braucht. Ich sage, ja. Porsche sagt nein. Wenigstens aber gibt’s eine Rückfahrkamera. Braucht so ein Auto Cupholder? Ich sage nein. Porsche sagt eigentlich auch nein, hält dann aber doch einen zum anclipsen bereit. Ok. Von mir aus.

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Ansteckbar: Cupholder an der Beifahrerseite und Windabweiser am Rahmen der Windschutzscheibe

Ansonsten ist die Liste an Sonderausstattungen beim 918 recht kurz, dafür haben es die wenigen Optionen in sich. Lederausstattung gibt es serienmäßig, wer sich für das Authentic Leder entscheidet, dicker, grober, natürlicher, Made in Germany, der wird dafür 23.800 Euro los. Die bereits angesprochene Liquid Metal Lackierung schlägt mit 47.600 Euro zu Buche und der Magnesium Radsatz noch einmal mit 29.750 Euro.

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Verschiedene Lederoptionen, Kederfarben, Gurte

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Serienrad 918 Spyder

Dieser ist beim Weissach Paket bereits mit drin, was den Aufpreis von 71.400 Euro zur Basisversion dann schon fast zur Hälfte relativiert.

768.026 Euro kostet der Porsche 918 Spyder wie eingangs erwähnt Liste. Das ist eine Summe, über die ich noch wenige Stunden zuvor gelacht hätte. Nach dem Erleben des Autos auf der Strecke und dem Wissen um die Konstruktion bin ich schon fast geneigt, diesen Preis als „fair“ zu bezeichnen. Mission brainwash: accomplished.

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Natürlich könnte man sich für das Geld eines 918 selbst in Zuffenhausen eine ganze Fahrzeugflotte konfigurieren, doch das wird den potenziellen Käufern herzlich egal sein. Der 918 ist ein Supersportwagen in der Riege eines LaFerrari oder eines Bugatti Veyron. Er beschleunigt in 2,6 Sekunden auf Tempo 100, erreicht 345 km/h Spitze. Und er wird höchstwahrscheinlich eine gute Geldanlage sein, egal zu welchem Listenpreis.

Er ist aber auch Technologieträger und so manches aus ihm wird man wohl irgendwann auch im Elfer wiederfinden.

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Kommen selbst zusammen nicht auf den Gegenwert eines 918: Porsche Macan, Pananmera, Boxster und Sondermodell 50 Jahre 911

Die Präsentation ist zu Ende. Meine Mitstreiter sitzen noch zusammen. Und sie strahlen immer noch. Sie haben etwas absolut einmaliges erlebt. Etwas, atemberaubendes. Etwas faszinierendes. Etwas, was mich meine Vorsätze hinsichtlich eines weniger emotional gestalteten Artikels endgültig über Bord werfen lässt. Es geht nicht. Es geht einfach nicht. Nicht bei diesem Auto. Sorry. Nächstes Mal dann vielleicht. Oder auch nicht.

Mein Fazit: eigentlich nur ein Wort, gerichtet an alle, die sich vom Einstiegspreis nicht schrecken lassen. Kaufen. Mehr Spaß mit einem Auto kann ich mir jedenfalls nur schwer vorstellen.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei André und Nadine von Trackevent, die mir dieses Erlebnis und somit diesen Bericht ermöglicht haben.

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Teil 1 unseres Fahrberichts über den Porsche 918 Spyder lesen Sie hier.

Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2014

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