Stahluhr, blaues Blatt, integriertes Stahlarmband – ehrlich, ich kann es nimmer sehen. Seit wenigen Jahren kramt gefühlt nun wirklich jeder Uhrenhersteller in seiner eigenen Mottenkiste. Auf der panischen Suche nach Uhren, mit denen im aktuellen Hype, rund um Patek Philippe Nautilus und Audemars Piguet Royal Oak, zumindest ein bisserl mitzuschneiden ist.

Luxify Review Hands-on Tissot PRX 40 205

Tissot PRX 40 205, Ref. T137.410.11.041.00

Tissot PRX – ein Oysterquartz-Klon?

Und wenn die ehrwürdige, eigene Geschichtstruhe nix hergibt, ja dann wird eben neu erfunden und mal mehr mal, weniger schamlos Stilelemente anderer Kult-Uhren gemischt. Ein Glück, dass zumindest Rolex da nicht mit macht, und seine Rolex Oysterquartz auf dem Friedhof der Uhrengeschichte belässt. Aber – was ist jetzt das? Ein Oysterquartz-Klon? Come on!

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So oder so ähnlich ging es mir durch den Kopf, als ich die ersten Bilder der Tissot PRX erblickte. Ich war ein wenig ratlos, was das ganze nun darstellen sollte und traurig, dass Tissot sowas jetzt auch macht. Dreist, dachte ich mir, ja ich muss zugeben, sogar das Wort „Gotteslästerung“ kam mir in den Sinn. Andererseits, und das war mein zweiter Gedanke, irgendwie witzig. Irgendwie schick. Und, versehen mit einem Pricetag von 350 Euro, dann eben auch eine ganz andere Liga als die anderen Verdächtigen oben aufgeführter 70er-Retro-Projekte.

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Scan aus einem Tissot Katalog, Ende der 1970er Jahre

Wiederauflage der Tissot PRX aus 1978

Tissot, so war zu lesen, hat mit der PRX das Rad auch keineswegs neu erfunden. Das Ganze basiere auf einem Entwurf aus dem Jahre 1978. Wirklich? Wirklich. Auf meine Anfrage stöberte man bei Tissot ein wenig und schickte mir dann auch direkt zwei Bilder zu. Einen Scan aus dem damaligen Katalog und ein aktuelles Foto einer Uhr von Damals. Okay. Legit. Da gibt’s mal nix.

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Das Ursprungsmodell von 1978

Was Tissot zu diesem Punkt geschafft hatte war, zumindest schon einmal Neugierde bei mir zu wecken. Ja Sympathie gar. Sympathie für eine Uhr, die gekommen ist, um den weitaus teureren Kollegen das Fürchten zu lehren. Denn die Tissot PRX wird es nicht nur in der jetzigen Quarz-Variante geben, sondern auch mit dem Powermatic 80 Automatikkaliber, jedem Tausendsassa aus dem großen Regal der Swatch Group. Klingt spannend.

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Wie gut kann eine Uhr sein – um diesen Preis?

Die große Frage aber, die sich mir gleichzeitig stellte: was kann man erwarten, von einer Uhr um 350 Euro? Ich meine, wir sprechen hier von feinen Satinierungen, polierten Kanten, einem daraus resultierenden Spiel mit dem Licht, der, wenn man so mancher Manufaktur Glauben schenkt, unglaublich schwer und nur in Handarbeit zu fertigen ist. Das kann ja nix werden, für 350 Euro. Oder doch?

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Es half nix. Das Ding musste her. Natürlich in Blau. Wenn schon, denn schon. Und so landete die Tissot PRX 40 205, so der vollständige, vom Ursprungsmodell abgeleitete Name, für ein paar Stunden auf meinem Schreibtisch. Und Tissot, so schien es mir, als der Bote der Swatch Group an die Türe klopfte, muss sogar den Wettergott bestochen haben. Denn nach Tagen Grau in Grau, strahlte pünktlich zur Übergabe die Sonne von einem wolkenlosen Himmel. Also Uhr auspacken, anlegen und ab zum Fenster.

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Erste Begegnung bei Sonnenschein

Wow! Was für ein Start! Die Sonnenstrahlen brechen sich an den vielen Kanten des Bandes, blenden mich fast, es ist ein herrliches Spiel. Ich kann gar nicht aufhören, mein Handgelenk immer wieder in der Sonne zu drehen und dieses Band bei seinem Glitzern und Funkeln zu beobachten. Was für eine coole Optik!

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Und auch das blaue Sonnenschliffblatt tut sein Übriges zu jener frühsommerlichen Komposition. Obgleich der Schliff für meine Begriffe ruhig noch ein bisschen stärker, tiefer könnte ausgeführt sein. Zusammen mit dem verbauten Saphirglas, macht es den Eindruck, als würde hier das mögliche Funkeln unnötigerweise so ein wenig im Zaum gehalten. Das ist Schade, denn da ginge definitiv noch eine Schippe mehr.

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Ganz ganz groß: das Band der Tissot PRX

Das Band ist im Auslieferungszustand übrigens einfach nur riesig. An meinen 18,5 Zentimeter 08/15 Handgelenk schlackert es derart, dass man zur optimalen Passform wohl sicher zwei bis drei Glieder entfernen müsste. Die Tissot PRX 40 205 ist also, was das angeht, auch für deutlich stärkere Handgelenke ohne Probleme tragbar.

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Auf der anderen Seite macht gerade dieses deutliche Schlackern am Handgelenk extrem Spaß. Die Uhr locker zu tragen ist auf Dauer zwar sicherlich nicht das Beste für das Band, es ist aber ein ziemlich angenehmes, ja lässiges Gefühl. Selbst müsste ich die Uhr nicht in ein paar Stunden wieder zurückgeben, würde ich daher wohl das Band so belassen, wie es ist.

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Es trägt sich einfach wunderbar, die Art, wie die breiten Stahlglieder sich um die Haut schmiegen macht Spaß, die Verarbeitung, der Schliff sowieso. Das ist großes Kino, wie ich es um diesen Preis definitiv nicht erwartet hatte. Respekt.

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Abzüge allerdings gibt es in der B-Note, denn die der Haut zugewandten Außenkanten des Bandes sind recht scharf gestaltet. Nicht so scharf zwar, dass dies wehtun würde, dennoch denkt man sich, ein bisschen weniger wäre hier mehr (bzw. deutlich angenehmer) gewesen. Im Zweifel also dann doch nicht im kompletten „Schlabberlook“ tragen, das Band – oder kurz den Dremel ansetzen. Aber nein, wer macht denn sowas?

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Extrem gelungen ist die Optik auch hinsichtlich der versteckten Butterfly Schließe. Ein wenig verwundert hat mich das Band-Schnell(?)-Wechsel-System an den Anstößen. Ein Blick auf die Tissot Homepage nämlich ließ mich aktuell zumindest noch keine Bandalternativen erkennen. Gut möglich aber, dass dies mit Einführung der Powermatic 80 Modelle im Spätsommer nachgeholt wird. Ein (in dem Fall blaues) Kautschukband beispielsweise käme als frische Alternative sicher auch ziemlich gut. Abwarten, was Tissot da also noch in Petto hat.

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Ab Spätsommer gibt’s die PRX auch als Automatik

Jene Powermatic 80 Varianten der Tissot PRX sind dann auch an einem anderen Blatt zu erkennen. Diese ziert ein Wabenmotiv. Ich überlege gerade, wo ich jenes schon einmal gesehen habe. Ich komm‘ grad nicht drauf. Nein, ich scherze. Finde ich das jetzt zu arg abgekupfert? Ich bin mir noch nicht sicher.

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Tissot PRX 40 205 Powermatic 80, Ref. T137.407.11.041.00

Sorge (welch großes Wort, ganz so schlimm ist es dann doch nicht) bereitet mir ein anderer Aspekt hinsichtlich der Automatik-PRX. Denn ein Grund für die extreme Lässigkeit des jetzigen Modells ist ja gerade auch die extrem flache Bauweise, gegen die selbst ein Oysterquartz Gehäuse ausschaut, wie nach 12-monatiger, lockdown-bedingter Pizzaservice-Konsumation.

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Ja, die schlanke Linie des PRX Quarz Gehäuses und auch das geringe Gewicht sind definitiv sexy und es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja wieviel davon durch den Einsatz des Powermatic Kalibers verloren geht. Abgesehen vom Preis, der mit 660 Euro bzw. 690 Euro für das Bicolor Modell nahezu doppelt so hoch sein wird.

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Auf der anderen Seite hat man dann aber wenigstens ein mechanisches Uhrwerk und keinen Quarzbomber, mit dessen technischen Werten man beim nächsten Uhrenstammtisch ja mal so gar nicht punkten kann. Doch gibt es ein legitimeres Äußeres für das Tragen einer Quarzuhr als das der Tissot PRX? Wohl kaum.

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Fazit

Und damit zu meinem Fazit. Die Tissot PRX 40 205 ist eine erstaunliche Uhr. Selten sind mir auf dem Uhrensektor so viel Coolness und Lässigkeit für so wenig Geld begegnet. Eine herrliche Sommeruhr, die Dank ihrer 100 Meter Wasserdichtigkeit so ziemlich sorglos das Gröbste mitmacht. Ein echter No-Brainer, wie es der Titel des Reviews schon sagt. Eine Uhr, die Spaß macht, gut ausschaut und für diese Preisliga fast schon verboten gut verarbeitet ist.

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Hands-on – das Video zum Review der Tissot PRX

Datenblatt:

  • Modell: Tissot PRX 40 205, Ref. T137.410.11.041.00
  • Gehäuse: 40 Millimeter, Edelstahl, Saphirglas, wasserdicht bis 10 bar (100 Meter),
  • Zifferblatt: blaues Sonnenschliffblatt, Zeiger und Indexe mit Super-LumiNova Leuchtmasse
  • Armband: integriertes, eingliedriges Armband aus Edelstahl mit Butterfly-Faltschließe
  • Uhrwerk: Swiss Made Quarzwerk, Kaliber ETA F06.115
  • Funktionen: Stunde, Minute, Sekunde aus dem Zentrum, Fensterdatum be 3 Uhr
  • Limitierung: keine
  • Garantie: 5 Jahre
  • Preis: EUR 350 (DE) / EUR 355 (AT)
  • Verfügbarkeit: bereits erhältlich
  • Link zum Hersteller: https://www.tissotwatches.com/de-de/collection/alle-uhren/t-classic/tissot-prx.html
  • Varianten: Ref. T137.410.11.051.00 mit schwarzem Sonnenschliff-Blatt; Ref. T137.410.11.031.00 mit silbernem, gebürsteten Blatt und goldfarbenen Zeigern und Indexen
Fotos: © Tissot (5) / PCS 2021

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