Es ist mal wieder diese ganz besondere Zeit des Jahres. Frühjahrsauktion in Mannheim. Am Samstag startet im dortigen Hotel Speicher7 die 110. Auktion des Auktionshauses Dr. Crott. Und auch diesmal finden sich wieder jede Menge spannender Uhren im Katalog, ob nun Vintage, Neo-Vintage oder Modern. Eine Übersicht über die Highlights in den Bereichen „Die üblichen Verdächtigen“ und „Der Blick über den Tellerrand“ habe ich bereits in den zwei am Ende dieses Artikels verlinkten Video-Reviews gegeben. Nun aber wartet an dieser Stelle noch einmal die Essenz des Ganzen: jene zehn Modelle, die mir ganz besonders in Erinnerung geblieben sind.

Lot 123 – Audemars Piguet Megaquartz, Ref. 6001ST

Den Start gestalten wir heute mal ganz und gar ungewöhnlich. Mit einer Quarzuhr nämlich. Die Ref. 6001ST aus Katalognummer 123 (Link zur Auktion) stammt aus 1974, vorgestellt somit zwei Jahre nach der Royal Oak und doch eint sie ein ganz besonderes Detail: das Zifferblatt im unverkennbaren Petite Tapisserie Dekor. Die Megaquartz ist die erste Quarzuhr von Audemars Piguet mit einem Hochfrequenz-Oszillator mit 2.359.296 Schwingungen – pro Sekunde!

Ihr Äußeres entstammt übrigens nicht der Feder von Gerald Genta, verantwortlich für den besonderen Look war vielmehr Jean-Fred Meylan. Nur rund 350 Exemplare wurden in den Jahren zwischen 1974 und 1978 insgesamt gebaut. Wir sprechen also tatsächlich von einer wirklich seltenen Uhr. Das Kaliber 2510 basiert auf dem Beta 21 Kaliber, welches unter Anderem von der Rolex Beta Quartz bekannt ist. Die Weiterentwicklung für Audemars Piguet übernahm seinerzeit Omega.

Das Ergebnis ist eben jene besonders hohe Frequenz von 2.359.296 Hz, kombiniert mit einer Gangabweichung von unter einer Sekunde im Monat und einer „Gangreserve“, sprich Batterielaufzeit, von 15 Monaten. Um jene minimale Gangabweichung möglichst unkompliziert zu korrigieren, wurde bei 4 Uhr ein Korrekturdrücker verbaut, welcher den Sekundenzeiger bei jedem Druck für eine Sekunde anhält, da die erwartete Gangabweichung ein leichter Vorgang ist.

Nicht nur für Fans von Quarzuhren strahlt diese Uhr ihre ganz eigene Faszination aus. Sie ist ein wirklich spannendes Stück Zeitgeschichte und mit 35 x 42 Millimetern auch gut zu tragen. Zur Uhr kommt ein kleiner Prospekt aus jener Zeit, das Ganze zum Schätzpreis von 7.500 bis 15.000 Euro.

Lot 211 – Gerald Genta Octo Bi-Retro

Das Design der Octo Bi-Retro aus dem Hause Gerald Genta kommt einem direkt irgendwie bekannt vor. Als ich las, dass die Uhr mit ihrem 39 x 41 Millimeter messenden Rotgoldgehäuse bereits um 2010 auf den Markt kam, dachte ich mir denn auch, hat da Bulgari bei ihrer Octo Finissimo etwa geklaut?

Nun, das mussten sie gar nicht. Denn die Marke Gerald Genta gehört schon seit geraumer Zeit zu Bulgari. Und eben jene Octo Linie stand Pate für die Bulgari Uhren. In Katalognummer 211 (Link zur Auktion) aber wie gesagt ein Modell, das noch unter dem Markennamen Gerald Genta das Licht der Welt erblickt hat.

Ausgestattet mit einer springenden Stunde, einer retrograden Minutenanzeige, sowie einem retrograden Datum, ist die Octo eine durchaus außergewöhnliche Uhr, wirkt am Arm allerdings umso passender. Definitiv alles andere als ein Mainstream-Produkt, aber irgendwie ein cooles Stück. Schätzpreis: 6.500 bis 10.000 Euro.

Lot 30 – Glashütte Original Senator Meissen

Eine der vielleicht hübschesten Glashütte Original Uhren überhaupt gibt es in Katalognummer 30 (Link zur Auktion) zu bestaunen. Diese Senator im 40 Millimeter Roségold-Gehäuse entstand in Kooperation mit einem anderen sächsischen Traditionsunternehmen: der Porzellanmanufaktur Meissen.

Oft spricht man bei Uhren von Porzellanblättern, meint aber in den meisten Fällen lediglich ein mit vielen Lackschichten überzogenes Zifferblatt. Hier aber haben wir wirklich ein echtes Porzellan-Zifferblatt. Die Uhr entstammt aus einer nummerierten Edition, die 2007 vorgestellt wurde und mit dem Manufakturkaliber GUB 100 mit automatischem Aufzug ausgerüstet wurde.

Jene Uhr, verkauft im August 2010 bei Mahlberg in Lüneburg, trägt die Nummer 54 und kommt mit Box, Serviceetui, Servicerechnung aus 2019, sowie der damaligen Kaufrechnung. Sie hat einen Schätzpreis von eher vorsichtig gegriffenen 4.500 bis 10.000 Euro.

Lot 338 – Longines Wittnauer Weems, Ref. 4356

Ein ganz großes Stück Geschichte wartet in Katalognummer 338 (Link zur Auktion) auf uns. Jene Vintage Longines wurde in der aktuellen Longines Heritage Kollektion als „The Lindbergh Hour Angle Watch“ neu aufgelegt. Hier allerdings gibt es das Original zu sehen und das mit dem „ganz großen Stück Geschichte“ ist in dem Fall gleich in doppeltem Sinne wörtlich zu nehmen.

47 Millimeter Durchmesser! Was für eine Uhr! Ausgestattet mit gleich zwei Kronen. Eine, die Große, zum aufziehen und stellen der Uhr. Die andere, kleinere bei 4 Uhr hingegen bewegt die zentrale Minutenscheibe, die der Flugnavigation dient. Man dreht sie so, dass die 0, respektive die 60, am Sekundenzeiger anliegt und kann dann auf Flügen entsprechend die nächste Kurskorrektur berechnen.

Ein ziemlich geniales System, erfunden bereits in den späten 1920er Jahren von Philip Van Horn Weems, einem Captain der US-Navy und eben Lehrer von Charles A. Lindbergh. Das Exemplar bei Auktionen Dr. Crott wurde laut beiliegendem Stammbuchauszug im Januar 1945 an Longines-Wittnauer, den US-amerikanischen Handelsagenten, ausgeliefert und wurde laut Deckelgravur vom Institute of Navigation anlässlich des Membership Award 1952 an Maurice D. Bach überreicht.

21.000 bis 30.000 Euro, so der Schätzpreis dieser Uhr. In dem Fall eine Uhr von außerhalb der EU, sprich ggf. zzgl. etwaig zu entrichtender Einfuhrumsatzsteuer. Mehr Informationen dazu in den Auktionsbedingungen bei Dr. Crott.

Lot 177 – Breguet Type XX, Ref. 3800ST

Mit einem sogenannten Big Eye, dem vergrößerten Hilfszifferblatt für die Chrono-Minute, kommt der Flieger-Chrono in Katalognummer 177 (Link zur Auktion) daher, ein Breguet Type XX Flyback-Chronograph von 1960 im 38 Millimeter Stahlgehäuse

Breguet legte jene Linie gerade erst im vergangenen Jahr wieder neu auf, hier gibt es das Original zu sehen. Der Bodendeckel ist versehen mit einer Gravur der Marine Nationale Aeronautique-Navale.

Eine wirklich beeindruckende Uhr, die im vergangenen Jahr bei Breguet zum Komplettservice war. Eine entsprechende Dokumentation liegt der Uhr ebenso bei wie der Stammbuchauszug und das Service-Etui. Schätzpreis: 15.000 bis 20.000 Euro.

Lot 186 – Daniel Roth Papillon

Gleich fünf Uhren einer nicht ganz so alltäglichen Marke finden sich im Katalog zur 110. Dr. Crott Auktion, jene in Katalognummer 186 (Link zur Auktion) hat es gar auf den Titel gebracht. Die Rede ist von Daniel Roth. Das Ausnahmetalent begann mit der Uhrmacherei bei Audemars Piguet, wechselte dann zu den Brüdern Chaumet, die kurz zuvor die Marke Breguet gekauft hatten. Quasi im Alleingang verhalf er während der Quarzkrise jener Marke zu ihrem bis heute andauernden, neuen Glanz.

Als Breguet 1987 schließlich an eine Investmentgruppe verkauft wurde, entschloss sich Daniel Roth, seine eigene Marke zu gründen und jenen Stil der Breguet-Uhren in seinen eigenen Kreationen fortzuführen. Allerdings in ganz eigener Form, der eines Doppel-Ellipsen-Gehäuses.

Heute sind die Independent Watchmakers in aller Munde, damals, Ende der 1980er Jahre allerdings, war es komplett außergewöhnlich, sich mit einer eigenen Marke selbständig zu machen. Um Kosten entsprechend besser verteilen zu können, wurde das erste Tourbillon etwa zusammen mit Breguet in Auftrag gegeben. Dennoch war das Projekt wirtschaftlich alles andere als einfach, weswegen Roth 1995 Anteile abtreten musste, zunächst aber noch beteiligt blieb.

Zur Jahrtausendwende dann ging die Marke zur Bulgari Gruppe, welche sie noch einige Jahre weiterführte, bis 2015 dann endgültig Schluss war. Bis eben zum vergangenen Jahr, als man, mittlerweile unter LVMH-Eigentümerschaft, ankündigte, einen Neuanfang zu wagen: 20 Exemplare einer Wiederauflage des ersten Daniel Roth Tourbillon, alle auf Subskriptionsbasis, zum Preis von 140.000 Schweizer Franken plus Steuern.

Ganz so preisintensiv geht es in der 110. Dr. Crott Auktion indes nicht zu. Die Papillon 10 Years Daniel Roth aus ca. 1999 kommt im 18 Karat Weißgold-Gehäuse und misst 35 x 38 Millimeter. Gebaut wurde sie als Nummer 61 einer einer auf 110 Stück limitierten Serie. Ihr guillochiertes Zifferblatt umfasst eine springende Stunde auf 12 Uhr, dazu eine retrograde Minutenanzeige. Schätzpreis: 17.000 bis 25.000 Euro.

Lot 43 – A. Lange & Söhne Zeitwerk Luminous, Ref. 140.035

A. Lange & Söhne sorgte ja gerade erst auf der Watches and Wonders Geneva mit seinem neusten Lumen Modell für ordentlich Furore. In Katalognummer 43 (Link zur Auktion) gibt das die erste Edition der Lumen-Reihe zu bewundern, die A. Lange & Söhne Zeitwerk Luminous, Spitzname Phantom.

Dank des 42 Millimeter großen Gehäuses aus Platin merkt man hier ganz deutlich, was man da am Arm trägt. Das damals noch auf den Namen Luminous hörende Modell der Lumen Reihe wurde 2010 in einer auf 100 Exemplare limitieren Serie vorgestellt. Die Uhr aus der 110. Dr. Crott Auktion trägt die Limitierungsnummer 43.

Verkauft wurde die Uhr bei Wempe in Frankfurt im Juni 2011 und kommt mit Box, Anleitung, Mappe und Buch zur Uhr. Im wenig getragenen Zustand beträgt der Schätzpreis 200.000 bis 300.000 Euro.

Lot 230 – Urban Jürgensen, Ref. 8

Ein klassischer Dreizeiger aus dem Hause Urban Jürgensen Copenhagen beehrt uns in Katalognummer 230 (Link zur Auktion). Die Referenz 8 stammt aus 1997 und verfügt über ein sehr klassisch gehaltenes Gehäuse im Durchmesser von 37 Millimetern, ebenfalls aus Platin.

Das guillochierte Zifferblatt ist bei dieser Uhr aus massivem Sterlingsilber gefertigt und verziert mit blauen römischen Ziffern, sowie einer sehr schlichten Punkt-Minuterie, die Zeiger sind dazu im Observatoriumstil gehalten. Angetrieben wird die Referenz 8 von einem hübsch finissierten Frédéric Piguet Grundkaliber.

Eine wirklich sehr schöne, außergewöhnliche Armbanduhr, bei der man sicherlich auch hinsichtlich der Bänder sehr gut mit unterschiedlichen Farben und Materialien spielen kann. 21.000 bis 30.000 Euro beträgt der Schätzpreis, auch hier wieder: die Uhr kommt von außerhalb der EU, ggf. wird also auch hier noch Einfuhrumsatzsteuer fällig.

Lot 363 – Record Genève Datofix Triple Calendar

Einen ganz besonderen, äußerst klassischen Vintage Chronograph mit Vollkalender gibt es in Katalognummer 363 (Link zur Auktion) zu bestaunen. Der Datofix Triple Calendar kommt von der Record Watch Co. Geneva, das hübsche Roségoldgehäuse misst 38 Millimeter.

Auf dem versilberten Zifferblatt sind Chronograph, Mondphase, sowie der Vollkalender mit Zeigerdatum aus der Mitte und zwei Sichtfenstern für Wochentag und Monat zu finden. Die Uhr stammt aus ca. 1955 und wurde, so hat es zumindest den Anschein, nur zu wenigen, äußerst feierlichen Anlässen getragen. Im Inneren arbeitet das Handaufzugkaliber Valjoux 88.

Eine mehr als charmante Uhr, bei der man sich unweigerlich fragt, was eigentlich aus der Firma Record Genève geworden ist. Anfang der 1960er Jahre wurde sie von Longines aufgekauft, welche dann Anfang der 90er Jahre die Produktion einstellte. Doch wer weiß, sofern die Rechte noch bei Longines liegen, wäre das doch einmal etwas für eine Neuauflage. Derweil bleibt das schöne Original, hier zum Schätzpreis 2.800 bis 4.500 Euro.

Lot 341 – Universal Genève Tri-Compax, Ref. 881101/03

Kommen wir zu einer Marke, deren ruhmreiche Geschichte tatsächlich kurz vor ihrer Wiederbelebung steckt. Denn bereits Ende letzten Jahres kündigte Breitling CEO Georges Kern an, Universal Genève neues Leben einzuhauchen. Seitdem wartet die Uhrenwelt gespannt, was man diesbezüglich irgendwann wohl präsentieren wird.

Eine Idee dazu liefert vielleicht Katalognummer 341 (Link zur Auktion) der 110. Dr. Crott Auktion. Eine Universal Genève Tri-Compax aus ca. 1968. Fälschlicherweise wird der Begriff Tri-Compax gerne verwendet, um eine Uhr mit drei Hilfszifferblättern zu beschreiben. Das aber ist nicht korrekt. Was wirklich unter jener Bezeichnung zu verstehen ist, sehen wir hier.

Die Referenz 881101/03 wird vom Handaufzugskaliber 281 angetrieben und vereint die Zeitanzeige mit zentralem Stunden- und Minutenzeiger, sowie einer kleinen Sekunde, mit einem Chronographen mit zentraler Stopp-Sekunde, sowie 30-Minuten- und 12-Stunden-Zähler. Hinzu kommt eine Mondphase bei 12 Uhr, sowie ein Vollkalender mit Zeigerdatum um die Mondphase herum und Fensteranzeigen für Wochentag und Monat.

Das blaue Inverse-Panda-Dial ist verbaut in einem 36 Millimeter Stahlgehäuse mit einer Lünette mit Tachymeterskala und einem schönen, fünfreihigen Gliederband. Ein durch und durch herausragendes Exemplar, was sich allerdings auch im Schätzpreis widerspiegelt. 35.000 bis 45.000 Euro beträgt dieser. Auf der anderen Seite, wie heißt es so schön? Show me a cheaper one…

Die Highlights im Video

Diese und mehr Highlights der kommenden, 110. Auktion des Auktionshauses Dr. Crott in Mannheim gibt es auch in den folgenden zwei Video-Previews zu entdecken.

Auktionstermin

Die 110. Auktion des Auktionshauses Dr. Crott findet am Samstag den 18. Mai 2024 um 12 Uhr im Hotel Speicher 7, Rheinvorlandstraße 7, 68159 Mannheim  statt. Vorbesichtigungen sind bis einschließlich Freitag den 17. Mai 2024 nach vorheriger Terminabsprache ausschließlich in den Büroräumen des Auktionshauses in Mannheim möglich. Adresse hier ist der Friedrichsplatz 19, direkt gegenüber des Wasserturms, in 68165 Mannheim.

Hinweis zur Transparenz

Auktionen Dr. Crott (www.uhren-muser.de) ist Kooperations- und Werbepartner von Luxify. Die Auswahl und Beschreibung der hier präsentierten Auktionslots erfolgte jedoch rein unter redaktionellen Gesichtspunkten.

Fotos: © PCS 2024

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