Eigentlich unglaublich, da präsentiert Tudor unterjährig, weit ab der Baselworld, einfach so eine neue Uhr. Und dann taucht diese auch noch nahezu zeitgleich in so ziemlich jedem Online-Medium auf. Instagram ist voll damit, auf facebook sieht man sie überall, keine Frage, das, was Tudor da mit seiner Heritage Black Bay Black praktiziert hat, das war ein gelungener Produktlaunch.
Fast. Denn hieß es im Netz, die Uhr sei überall ab sofort erhältlich, waren Tudor-Konzessionäre in Deutschland ob der plötzlichen Kundenanfragen zunächst ein wenig ratlos. Die Auskunft von Rolex Deutschland, dem hiesigen Ansprechpartner für Tudor, allerdings war eindeutig. Ende Oktober. Also doch nicht ab sofort. Schade.
Ein Blick aufs iPhone heute Mittag ließ das herbstliche Einheitsgrau vergessen. Eine Nachricht. Sie ist da! Also schnell zum Juwelier und anschauen, das gute Stück.
Geliefert wird die Black Bay Black in einer hochglänzenden schwarzen Box, ausgeschlagen mit braunem Kunstleder. Eine hübsche, hochwertige Aufmachung.
In der Box wartet ebenfalls das Textilarmband, welches bei den Black Bays traditionell zum Lieferumfang gehört.
Die Black Bay Black, Referenz 79220N ist die dritte Ausführung der Taucheruhr im klassischen Design der Vintage Tudor Submariner. Ihre Premiere feierte das erste Modell auf der Baselworld 2012.
Die Verzückung damals war groß. Die Entrüstung ebenso. Retro-Design, das ist eben nicht jedermanns Sache und daran hat sich auch gut dreieinhalb Jahre später nichts geändert.
2014, zwei Jahre nach der roten Heritage Black Bay, legte Tudor noch einmal nach. Die zweite Variante kam mit einem deutlich kühleren Look, mit weißen Indexen und blauer Lünette, ganz im Stil der Marine National Uhren, an welche ja schon der so charakteristische Snowflake-Stundenzeiger angelehnt ist.
Mit der schwarzen Black Bay nun kehrt man wieder zurück zu den Anfängen. Zifferblatt und Zeiger sind identisch mit denen im roten Modell.
Sie sind eine Hommage an die so genannten „Gilt-Blätter“. Die schwarzen Blätter haben eine recht grobe Körnung, Zeiger und Indexe sind in Rotgold gearbeitet und mit Super-Luminova Leuchtmasse gefüllt. Diese ist in einem Vintage-Cremeton gehalten und leuchtet bei Dunkelheit grünlich.
Neu bei der Tudor Heritage Black Bay Black ist – natürlich – die schwarze Lünette. Im Gegensatz zum kürzlich vorgestellten Einzelstück Black Bay One, welches im Rahmen der Only Watch Auktion versteigert wird, ist bei der Serienlünette die erste Viertelstunde mit Minutenstrichen versehen.
Doch wie beim Unikat prangt auch beim Serienmodell bei 12 Uhr ein rotes Dreieck, wie man es vereinzelt auch bei den alten Submariner der 50er Jahre findet. Ein wirklich wunderschönes Detail, das man hier wieder hat aufleben lassen.
Noch ein weiteres Detail macht die Black Bay Black stimmiger als ihre beiden bunten Schwestern. Die Farbe der Lünette findet sich immer auch noch einmal am Tubus wieder. Eine Spielerei, die zumindest mir persönlich nie so richtig gefallen wollte. Der Grundidee folgend, ist dieser Farbring bei der Black jetzt ebenfalls schwarz und fällt so nicht mehr auf.
Vom Gehäuse her sind alle drei 79220 identisch. Bedeutet, auch die Black begeistert mit einer herrlichen „Bexley-Fase“ an den Hörnern.
Die Lünette ist sehr fein geriffelt und baut relativ flach. Sie lässt sich – wichtig für eine Taucheruhr – nur einseitig drehen und rastet satt in 60 Schritten.
Als Stahl-Armband kommt ein hochwertiges Gliederband in einer Art Oyster-Look zum Einsatz. Es ist mit einer Faltschließe mit Sicherheitsbügel ausgerüstet und lässt sich in der Schließe um drei Positionen verstellen. Alternativ gibt es die Black Bay auch mit einem Vintage Lederband, ebenfalls mit Sicherheits-Faltschließe.
Am Arm ist die Black Bay Black ein absoluter Hingucker. Die Optik des Blattes, zusammen mit der schwarzen Lünette, gefällt unglaublich gut, die Bigcrown Krone ohne den lästigen Farbstreifen tut ihr übriges.
Die Black Bay Black ist eine traumhaft schöne Uhr mit einem stimmigen und harmonischen Erscheinungsbild. Zumindest in der Draufsicht. Denn ihr Gehäuse baut ordentlich hoch, was ebenso nicht ganz zum Vintage-Look passen will wie das doch recht hohe Gewicht der Uhr.
Die hohe Flanke fällt besonders auf, vergleicht man die Black Bay mit ihrer Schwester, der Rolex Submariner.
Bei der Rolex 114060 teilt sich die Gesamt-Bauhöhe auf einen recht hoch bauenden Deckel und das eigentliche Gehäuse-Mittelteil auf. Das kaschiert, streckt die Uhr, lässt sie eleganter wirken.
Der Deckel der 79220 hingegen ist fast flach, das Mittelteil daher entsprechend dick.
Nun kann man dagegenhalten, dass dieses Konzept bereits seit den Tudor Big Block Chronos fast schon sowas wie Tradition hat, so ganz stimmig schaut es im Vergleich zur Sub aber dennoch nicht aus.
Im direkten Vergleich fällt aber auch auf, wie nah die Taucheruhr der Tochterfirma der ihrer Mutter in Sachen Qualitätsanmutung und Verarbeitung kommt.
Zwar fehlen der Black Bay Details wie die Schnellverstellung des Bandes innerhalb der Schließe oder die Cerachrom Keramiklünette, in Punkto Kanten, Fasen, Schliffe etc. aber sind die beiden aber fast schon gleichauf. Und das bei ziemlich genau 50% des Listenpreises (6.400 vs. 3.190 Euro).
Die großen Unterschiede liegen im Verborgenen. Denn während in der Rolex Submariner wie immer ein Manufakturkaliber arbeitet, muss die Black Bay – noch – mit einem modifizierten ETA 2824 auskommen.
Noch, denn das Tudor-eigene Manufakturkaliber MT5612 wurde ja bereits auf der diesjährigen Baselworld vorgestellt. Die Pelagos, Tudors moderne Taucheruhr, bekam dahingehend bereits ein Upgrade. In sofern ist die Vermutung, dass wir das MT5612 demnächst auch in der Black Bay sehen, nicht komplett von der Hand zu weisen.
Doch muss man zugeben,dass auch das 2824 ein äußerst solides, gutes Kaliber ist, welches allem voran auch zukünftig keine Probleme hinsichtlich Wartung und Ersatzteilversorgung haben wird.
So bietet die Tudor Black Bay Black zu einem sehr fairen Preis die Optik einer Vintage Big Crown, gepaart mit der Unkompliziertheit einer modernen Uhr. In Zeiten, in denen die Preise für die Original-Uhren der 50er Jahre immer neue utopische Höhen erreichen und dadurch für passionierte, finanziell aber nicht komplett schmerzbefreite Sammler mehr und mehr unerreichbar werden, ist die Black Bay vielleicht keine wirkliche Alternative, zumindest aber eine Ergänzung für den Alltag, über die man ernsthaft nachdenken kann und sollte.
Für Tudor, respektive Rolex selbst, ist die Black Bay seit ihrem Start ein großer Erfolg. Die neue Black wird ihren Teil dazu beitragen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Im Bereich Taucheruhren ist man mit Submariner, Submariner Date, Sea-Dweller und Deepsea einerseits, Tudor Pelagos und Black Bay andererseits, aktuell in einem Bereich zwischen 2.900 und 10.700 Euro sehr breit aufgestellt. Und das ganz ohne die Gefahr, dass sich Modelle dabei gegenseitig zu nahe kämen. Gut gemacht!
Mein Fazit: die Tudor Black Bay Black ist eine schöne Ergänzung des bisherigen Portfolios. Sie ist für mich die schönste, die stimmigste Black Bay. Retro, ganz klar, aber dennoch äußerst charmant. Einzig das hoch bauende Gehäuse ist – wie so oft – Geschmacksache.
Die Tudor Black Bay ist ab sofort erhältlich. Die offizielle Preisempfehlung liegt bei 2.900 Euro für die Version mit Lederband und 3.190 Euro für die Black Bay mit Stahlband. Das Textilband liegt beiden Versionen bei. Mein Dank geht an Juwelier Stoess, Wiesbaden für die freundliche Unterstützung bei diesem Review.
Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2015
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