Nur keine voreilige Euphorie! Das war mein erster Gedanke, als ich die Einladung von Tudor zu deren Event in Barcelona erhielt. Gar nicht mal so einfach, denn bei Tudor und Barcelona, da läuten bei mir sofort alle Alarmglocken. Schließlich findet dort im kommenden Jahr der 37. America’s Cup statt und Tudor ist, wie man das bereits vergangenes Jahr bekannt gegeben hatte, Ausstatter eines der Teams, genauer der des Schweizer Alinghi Red Bull Racing Teams.
Tudor x Alinghi RBR – Willkommen in Barcelona
Bislang fehlte zu dieser Kooperation allerdings noch etwas recht Essenzielles: die passende Uhr! Barcelona konnte also kein Zufall sein. Und somit lag es auf der Hand, dass man dort einen entsprechenden Zeitmesser vorstellen würde. Mein Problem an der Sache: oft genug folgen auf sensationelle Events Neuvorstellungen, die, wohlwollend ausgedrückt, eher weniger meinen Geschmack treffen. Zwar hatte ich starkes Vertrauen in Tudor, dass man diesbezüglich etwas wirklich Gutes zeigen würde, so ganz sicher aber war ich mir nicht.
Bei einem kurzen Ausflug zur derzeitigen, noch provisorischen, Team Base von Alinghi Red Bull Racing im Hafen von Barcelona, zeigt man den staunenden Pressevertretern aus aller Welt zunächst die beiden AC40 Yachten, auf denen die Damen- und Jugendwettbewerbe rund um den 37. America’s Cup ausgetragen werden. Die große AC75, das Testboot jener Klasse, auf der dann später der Prada Cup und, beim Gewinn jenes Vorturniers, der eigentliche America’s Cup gesegelt wird, steht in der großen Halle nebenan. Fotos nur von Weitem, so sagt man uns. Alles streng geheim.
Die erste Team-Uhr war eine Black Bay
Neben einem Blick auf das Boot erhasche ich aber auch einen auf das Handgelenk eines Teammitglieds. Und was ich da erblicke, ist für mich als Uhren-Nerd fast ebenso spannend: eine Schwarze Uhr am schwarzen Band, mit schwarzem Blatt, weißen Indexen und großem Alinghi Red Bull Racing Logo. Ist sie das? Die neue Tudor Alinghi Red Bull Racing? Was ich bei einem zweiten Blick erkennen kann: es ist eine Tudor Black Bay Keramik. Mit speziellem Zifferblatt und, wie sich später herausstellt, einem besonders gravierten Glasboden.
Diese Uhren erhielt das Team allerdings bereits im vergangenen Jahr zum Start der Kooperation. Mit dem Grund, der mich heute nach Barcelona führt, haben sie somit nichts zu tun. Mit dem Shuttle geht es von der derzeitigen Team Base zum Neubau der zukünftigen Team Base von Alinghi Red Bull Racing. Diese befindet sich in direkter Nachbarschaft des Einkaufszentrums Maremàgnum am Ende der Rambla de Mar und ist aktuell, wie gefühlt halb Barcelona, noch eine Baustelle.
Doppelte Premiere in der neuen Team Base
Tatsächlich ist unsere Gruppe die erste, die einen Blick in das Gebäude werfen darf. Punkt 11 Uhr, zeitglich zur Online-Präsentation, öffnen sich auch hier die Vorhänge und auf einem langen Tisch wartet auf jeden der Teilnehmer: eine Uhrenbox. Für die kommenden 24 Stunden dürfen wir die Uhren tragen, testen, kennen lernen, danach gehen sie an die Mitglieder des Alinghi Red Bull Racing Teams.
Eine Uhr für zumindest 24 Stunden ununterbrochen am Arm tragen zu können, das bedeutet, einen ungleich besseren Eindruck über deren Qualitäten, Stärken und Schwächen im Alltag zu gewinnen, als dies bei einer gewöhnlichen Produktpräsentation der Fall ist. Tudor muss, so mein Schluss, extrem überzeugt sein von seinen Neuzugängen.
In der Box vor mir wartet eine Tudor Pelagos FXD. Die Optik erscheint sofort vertraut – und doch irgendwie komplett anders. Grund dafür sind, neben dem an die Teamfarben angepassten Zifferblatt, die verwendeten Materialien. Das 42 Millimeter große Gehäuse ist aus Karbon gefertigt, die Lünette besteht aus Titan Grade 2.
Tudor Pelagos FXD Alinghi Red Bull Racing
Für das Lünetteninlay selbst wiederum setzt man ebenfalls auf Karbon, während die Aufzugskrone erneut aus Titan Grade 2 gefertigt ist. Den Materialmix ergänzen ein Gehäuseboden aus Edelstahl und eine Bandschließe aus Titan Grade 5.
Für den Betrachter unsichtbar: im Inneren der Uhr ist ein Innengehäuse aus Stahl verbaut. An diesem wird das Werk befestigt, der Boden verschraubt und der Glasring gepresst. Das sorgt für die benötigte Wasserdichtigkeit von 200 Metern, bedeutet aber auch, dass das Gewicht der Uhr am Arm präsenter ist, als man dies ob der Materialwahl zunächst erwarten würde.
Neben der klassischen Drei-Zeiger-Version, die wie die reguläre FXD über kein Datum verfügt, stellt Tudor die Pelagos FXD Alinghi Red Bull Racing aber auch noch in einer zweiten Version vor. Und die – ist eine echte Überraschung. Zum ersten Mal erhält ein Chronograph Einzug in die Pelagos Serie. Und ich erwische mich umgehend bei neidvollen Blicken den Kolleginnen und Kollegen gegenüber, die eben jenen Chrono zugeteilt bekommen.
Premiere: ein Chrono für die Pelagos
Mit seinen 43 Millimetern ist der Chrono zwar nur marginal größer als die klassische Pelagos, seine Optik lässt ihn dann aber doch noch ein Stück stattlicher wirken. Zu stattlich für die zarteren Handgelenke jedenfalls. Meine Chance! Bei der ersten Möglichkeit, die Uhren zu tauschen, schlage ich zu. Danach verlässt der Chrono nicht mehr meinen Arm. Bei 18,5 cm Handgelenksumfang sitzt die Uhr wie angegossen.
Die Materialkombination der beiden Uhren ist eher ungewöhnlich, hat aber seinen Grund. Und der liegt in der AC75 Wettbewerbs-Yacht. Auch bei ihr nämlich kommen diese Materialien zum Einsatz. Ihr Rumpf besteht, ebenso wie der Mast, aus Karbonfaser. Die Tragflächen der Foils sind, nicht zuletzt aus Gewichtsgründen, aus Edelstahl gefertigt, die Abdeckungen von Rumpf und Hydrofoils wiederum bestehen aus Titan.
Nun haben Karbongehäuse durchaus ihre Vor-, aber auch ihre Nachteile. Dies insbesondere gegenüber Keramik. Denn mit Keramik kann man deutlich glattere Flächen und schärfere Kanten erzielen. Karbon hingegen hat einen ganz anderen, ungleichmäßigeren Look. Das muss man wissen. Und das muss man mögen. Ich persönlich mag die etwas „lebendigere“ Optik dieses Materials sehr gerne. Hinzu muss gesagt werden, dass Tudor die Gehäusemittelteile wirklich sehr gleichmäßig hinbekommen hat.
Karbon vs. Keramik
Nicht zuletzt gefällt mir der Gedanke, dass, sollte die Uhr einmal ungünstig einen Schlag abbekommen oder auf den Boden fallen, sich Teile des Gehäuses nicht in hunderte kleiner Stücke verabschieden. Durch die Materialkombination verfügt die Uhr über eine Art Bicolor-Optik in Schwarz und Grau. Das gibt der Uhr deutlich mehr Lebendigkeit, als wäre alles rein in Schwarz gehalten, wie dies bei besagter Black Bay der Fall ist.
Im Gegensatz zu jener, verzichtet Tudor bei der Pelagos FXD auf ein Logo auf dem Zifferblatt. Dieses ist lediglich als Gravur auf dem Gehäuseboden zu finden. So ganz ohne Hinweis auf die Partnerschaft kommt das Gesicht der Uhr dann aber doch nicht aus. Und so zieren beide Modelle ein Alinghi Red Bull Racing Schriftzug auf dem Höhenring zwischen 10 und 2 Uhr. Jener Schriftzug scheint auf Bildern deutlich prominenter, als dies in der Liveansicht der Fall ist.
Das Problem aber: im Bereich zwischen 10 und 2 Uhr findet sich entsprechend auch keine Minuterie. Was bei der Dreizeiger-Variante noch zu verschmerzen ist, da die – übrigens beidseitig in 120 Rastungen drehbare – Countdown-Lünette ihre eigene Minuterie mitbringt, führt beim Alinghi Chronographen zu einer gewissen Skurrilität.
Ein zu 2/3 perfekter Chrono
Denn worum geht es bei einem Chronographen? Um die möglichst genaue Zeitmessung. Zu diesem Zwecke findet sich auf dem Rehaut auch rundherum eine, der Werksfrequenz von 4 Hz korrekt entsprechende, Viertel-Sekunden-Einteilung. Nur eben nicht zwischen der 50. und der 10. Sekunde. In diesen 20 Sekunden ist eine Messung daher nicht genau abzulesen.
Nun mag man an dieser Stelle darüber philosophieren, wie oft der gemeine Nutzer eines Armbandchronographen diesen wirklich zur Viertelsekundengenauen Messung nutzt. Es geht hier daher wohl eher ums Prinzip. Ein echtes Ausschlusskriterium ist dieses kleine Manko jedenfalls nicht.
Der Chronograph kann mittels Minuten-Totalisators Zeiten bis zu 45 Minuten stoppen. Das reicht für die Zeit eines Rennens, selbst wenn der Wind einmal nicht ganz so mitspielt. Auf 9 Uhr sorgt die kleine Sekunde für den optischen Ausgleich, bei 6 Uhr zeigt Tudor, wie schön sich ein Fensterdatum in einen Chronographen integrieren lässt.
Im Inneren arbeitet das Kaliber MT 5813, welches auf Grund der langjährigen Kooperation zwischen Tudor und Breitling auf dem Breitling B01 Säulenrad-Chronographen-Kaliber mit seinen 70 Stunden Gangreserve basiert. Von Tudor kommt die spezielle Finissierung und das Regulierorgan.
Zeit stoppen auch unter Wasser!
Beim Tudor Pelagos FXD Alinghi Red Bull Racing Chrono kann der Chronograph übrigens auch unter Wasser betätigt werden. Wie die verschraubte Aufzugskrone, so bestehen auch die Drücker aus Titan Grade 2.
Die Dreizeiger-Version setzt auf das Kaliber MT5602. Das Manufakturkaliber wird in der neuen Manufaktur von Tudor und Kenissi in le Locle gebaut und entspricht in Taktfrequenz wie Gangreserve den Daten des Chronos.
Auf den Zifferblättern beider Alinghi Uhren sind Monoblock Leuchtindexe mit X1 Swiss Super-LumiNova aufgebracht. Selbige Leuchtmasse findet sich auch auf den Zeigern, wobei der Stundenzeiger wieder im typischen Snowflake-Design gehalten ist. Die daraus resultierende, überdurschnittlich schwierige Ablesbarkeit des Minuten-Totalisators, sollte jener Stundenzeiger gerade zwischen 2 und 4 Uhr stehen, ist seit dem Black Bay Chrono bekannt, wird aber auch hier wieder dem Design zu liebe in Kauf genommen.
Verzichtet hat Tudor bei der Chrono-Version der Alinghi auf Indexe bei 3, 6 und 9. Wohl auch hier eine Designentscheidung, denn Platz für zumindest schmale Monoblocks wäre durchaus vorhanden. Dennoch ist die Uhr auch so wirklich sehr gut ablesbar. Naturgemäß ist die Ablesbarkeit beim Dreizeiger-Modell allerdings noch einmal ein Stück besser.
Das Nacht-Design ist, bedingt durch die dann ebenfalls leuchtende Lünette, ein absolutes Spektakel. Ein nächtlicher Blick auf die Uhr resultiert augenblicklich in einem breiten Grinsen angesichts dieses absolut professionellen Zeitmessers, den man da gerade am Arm trägt. Toolwatch in Reinkultur.
Die Bauhöhe der Tudor Pelagos FXD Alinghi RBR
Denkt man an Tudor und Chronographen, so schwant einem in Hinblick auf die Bauhöhe meist nichts Gutes. Seitenwände, so hoch wie die Eiger Nordwand, sind nicht erst seit den Prince Chronographen fast schon ein Markenzeichen. Der Alinghi Chrono bildet da eine erfreuliche Ausnahme. Die Proportionen stimmen, der ausgeprägtere Boden lässt das Gehäusemittelteil erschlanken.
Selbst mit dem bei einer Uhr mit fixen Bandanstößen ja obligatorischen Durchzugsband schmiegt sich die Uhr gut ans Handgelenk. Beim Band fiel die Wahl auf ein blaues Textilband, welches, wie bereits von anderen Tudor-Stoffbändern bekannt, erneut auf jenen alten Jacquard-Webstühlen in Frankreich gefertigt wird. Geschlossen wird es mittels eines langen Klettverschlusses.
Eine Frage des Bandes
Das Band trägt sich recht angenehm, selbst bei den sommerlichen Temperaturen in Barcelona. Etwas schade: da der Klettaufsatz schon recht nah am Gehäuse beginnt, sieht man vom schönen Blau des Bandes zumindest bei meinem Handgelenksumfang und der standardmäßig ausgelieferten Bandlänge kaum etwas.
Stattdessen blickt man auf das schwarze Klett. Allerdings bietet Tudor das Band in drei Bandgrößen an. Ausgeliefert wird die Uhr mit der Größe M, angeboten werden alternativ die Größen S und L. Letztere sollte bei meinem Handgelenksumfang deutlich hübscher aussehen.
Preise und Lieferzeiten
Tudor bepreist die Pelagos FXD Alinghi Red Bull Racing, Ref. M25707KN-0001, mit 3.590 Euro. Das sind 410 Euro weniger als für die Pelagos FXD in Titan zu zahlen sind. Zunächst dachte ich entsprechend auch an einen Druckfehler, doch die Alinghi ist tatsächlich die günstigste Pelagos im aktuellen Line-Up. Das Einstiegsmodell. Eigentlich unglaublich.
Der Pelagos FXD Alinghi Red Bull Racing Chronograph, Ref. M25807KN-0001 liegt mit 4.960 Euro zwar fast 1400 Euro über dem Dreizeigermodell, doch ist auch sein Preis für einen bis 200 Meter wasserdichten und unter Wasser zu betätigenden Chrono in dieser außergewöhnlichen Materialkombination fast schon ein Witz! Tudor lässt damit jedenfalls die Mitbewerber einmal mehr ganz schön alt aus der Wäsche schauen.
Bezüglich der Lieferzeiten übrigens gibt man sich bei Tudor recht optimistisch. Die ersten Uhren waren bereits parallel zum Launch bei den Händlern erhältlich. Die beiden Modelle sollen aber auch zukünftig in größeren Stückzahlen ausgeliefert werden, sodass etwaige, anfängliche Engpässe in absehbarer Zeit kein Thema mehr sein sollten. Genügend Zeit also, mit der Uhr die Vorfreude auf den Spätsommer 2024 zu genießen, wenn dann in Barcelona der 37. America’s Cup startet.
Fazit
Mein Fazit: mit der Pelagos FXD Alinghi Red Bull Racing hat Tudor wahrlich abgeliefert. Beide Modelle sind optisch gelungen, die Wahl der Materialien lässt die Herzen, nicht nur von America’s Cup Fans, höherschlagen. Es gibt ein paar Kleinigkeiten, die man vielleicht hätte anders lösen können, auf der anderen Seite, welche Uhr ist schon rundum perfekt. Es freut mich, dass man das Projekt auf der Pelagos aufgebaut und nicht erneut die Black Bay Linie dafür bemüht hat. Der Einzug eines Chronographen im Pelagos Line-Up ist genial, die aufgerufenen Preise für beide Uhren mehr als fair. Gut gemacht, Tudor. Wieder einmal.
Das Video zum Review
Datenblatt:
- Modell: Tudor Pelagos FXD Alinghi Red Bull Racing Chronograph, Ref. M25807KN-0001
- Gehäuse: 43 Millimeter, Karbon mit Innengehäuse aus Edelstahl, wasserdicht bis 20 bar (200 Meter), beidseitig drehbare Lünette in Titan Grade 2 mit Countdown-Inlay aus Karbon, Aufzugskrone und Drücker in Titan Grade 2, Saphirglas, Edelstahlboden
- Zifferblatt: mattblau, aufgesetzte X1 Swiss Super-LumiNova Leucht-Indexe in Monoblock-Keramik, Zeiger und Lünetteninlay mit Leuchtmasse belegt
- Armband: Blaues Textilband mit D-Stiftschließe in Titan Grade 5
- Uhrwerk: Kaliber 5813 (Basis: Breitling Manufakturkaliber B01), Automatik, 28.800 A/h (4 Hz), 70 Stunden Gangreserve
- Funktionen: Stunde, Minute, kleine Sekunde bei 9 Uhr, Fensterdatum bei 6 Uhr, Chronograph mit zentraler Stoppsekunde und 45-Minuten-Totalisator bei 3 Uhr
- Limitierung: keine
- Garantie: 5 Jahre
- Preis: EUR 4.960 (DE) / EUR 5.020 (AT)
- Verfügbarkeit: Juni 2023
- Link zum Hersteller: https://www.tudorwatch.com/de/armbanduhren/pelagos/m25807kn-0001
- Varianten: Tudor Pelagos FXD Alinghi Red Bull Racing, Ref. M25707KN-0001, EUR 3.590 (DE) / EUR 3.620 (AT)
Hinweis zur Transparenz
Der Bericht entstand im Rahmen einer Gruppen-Pressereise mit freundlicher Unterstützung von Tudor Deutschland. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand – wie üblich – nicht statt.
Fotos: © PCS 2023
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