Die Geschichte beginnt irgendwann im letzten Jahr. Auf einem Flohmarkt, irgendwo in der niederbayrischen Provinz. Michaels Vater liebt solche Flohmärkte. Er besucht sie regelmäßig. Und er kauft dort gerne mechanische Uhren. Keine kostspieligen, einfach welche, die ihm gefallen. So auch an jenem Tag. An einem Stand entdeckt er eine Kiste mit Uhren. Zu je 4 Euro das Stück.

Eine davon hat „SWISS“ auf dem Zifferblatt stehen. Die Marke kennt Michaels Vater zwar nicht, doch allein dieser Aufdruck erscheint ihm als ein Zeichen für Qualität. Ein paar Mal an der Krone gedreht, schon beginnt die Handaufzugsuhr zu laufen. Und selbst der Chrono lässt sich nach all den Jahren noch betätigen. Einziges Manko: das Glas ist gebrochen.

Seine Flohmarktkäufe bringen Michaels Vater daheim regelmäßig missbilligende Blicke ein. Auf der anderen Seite, 4 Euro für einen funktionierenden Schweizer Chronographen, was soll man da schon verkehrt machen?

Zuhause dann schaut er im Internet nach der ihm bis dato unbekannten Marke. Er erfährt, dass „Heuer“ mittlerweile TAG Heuer heißt, die Geschichte der Marke eng mit dem Motorsport verbunden ist. Namen wie Steve McQueen tauchen auf. Nicht schlecht, denkt er sich und entschließt sich, die Uhr zwecks Glasreparatur zu einem TAG Heuer Konzessionär zu bringen.

Dort eröffnet man ihm, dass der Glastausch mit rund 400 Euro zu Buche schlagen würde. 400 Euro! Das ist das Hundertfache von dem, was er überhaupt für die Uhr bezahlt hat! Unverrichteter Dinge zieht Michaels Vater von dannen, die Uhr verschwindet in einer Kiste.

Ein paar Tage später erzählt er Michael von der Uhr und der horrend teuren Reparatur. Michael entgegnet, dass er gerne bereit wäre, die Kosten für die Reparatur zu tragen. Da Michael kurz zuvor geheiratet hat, überlässt der Vater dem Sohn kurzerhand die Uhr als zusätzliches Hochzeitsgeschenk.

Bei seinem nächsten Besuch in München bringt Michael die Uhr zum Glastausch in die TAG Heuer Boutique. Dort teilt man ihm allerdings mit, dass die Uhr in die Zentrale geschickt werden müsse. Sollte die Uhr echt sein, auch das ist ja bislang noch gar nicht sicher, würde er einen Kostenvoranschlag erhalten.

Fünf Wochen später trifft dieser dann ein. Für Glastausch, Werksrevision und Aufarbeitung des Gehäuses werden 900 Euro veranschlagt. Mehr als das Doppelte des Betrags, von dem ursprünglich einmal die Rede war.

Dennoch entscheidet sich Michael, den Kostenvoranschlag freizugeben. Aufgrund der Empfehlung eines Boutique-Mitarbeiters verzichtet er allerdings auf die Gehäuseaufarbeitung. Eine gute Entscheidung, eine perfekte Beratung!

Dreieinhalb Monate später hält er sie dann endlich in Händen. Seine wunderschöne Heuer Carrera 2447 NST.

Michael arbeitet in der Automobilbranche und hat viel mit Oldtimern zu tun. Auch deswegen liebt er diese Uhr. Seit er den wahren Wert seiner „Hochzeitsuhr“ kennt, trägt er sie zwar nicht mehr ganz so sorglos wie zuvor, verkaufen aber – niemals!

Manchmal gibt es sie eben doch noch, die Geschichten, die eigentlich zu schön sind, um wahr zu sein.

Text: Coney & PCS, Fotos vom Eigentümer (Name auf eigenen Wunsch geändert)

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