In jedem Bereich gibt es Marken und mythische Marken. Mythische Marken haben nicht nur eine Branche neu definiert. Mythische Marken haben einen Nimbus, der weiter über die aktuelle Prokuktpalette hinausgeht. Im Bereich der Kamerahersteller fallen mir nur zwei mythische Marken ein, und Leica ist eine davon. Namen wie die Magnum Gründer Henri Cartier-Bresson oder Robert Cappa verbinden sich mit Leica ebenso wie zeitegnössische Fotografen wie Magnum Fotograf Bruce Gilden oder die street photography Legenden Boogie und Joel Meyerowitz.
Einleitung
In meinem Review, oder nennen wir es besser Erfahrungsbericht, geht es um die Leica T, die mir Leica, zusammen mit dem 23mm Objektiv und einem elektronischen Sucher für 3 Wochen kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Die Leica T ist eine spiegellose Kamera mit Wechselobjektiven und APS-C Sensor. Davon gibt es einige am Markt, Fuji, Sony oder Samsung. Was macht die Leica T nun zu etwas besonderem? Mal abgesehen vom Leica Nimbus.
Da ist das Aluminium Gehäuse, welches aus einem Block gefertigt ist. Ist das bedeutsam, macht das einen Unterschied? Jeder, der einmal den Wechsel von einem Standard Notebook in typischem Industriedesign auf ein Alu Macbook vollzogen hat, kennt die Antwort. Ja, das macht einen riesigen Unterschied.
Und da ist das neue Bedienkonzept. Um das neue Bedienkonzept würdigen zu können, ein paar Worte zum traditionellen Bedienkonzept von Kameras. Eine normale moderne Kamera ist eine wüste Ansammlung von Wippen, Knöpfen und Drehrädern, kombiniert mit einem verschachtelten und unübersichtlichen Einstellungsmenü. Das ist alles kein Problem, wenn man viel mit der gleichen Kamera fotografiert, die Gebrauchsanweisung in enzyklopädischem Umfang liest und spezielle Fragen in Internetforen nach recherchiert. Das macht aber eben kaum jemand. Und wenn der normalsterbliche Nutzer alle paar Wochen oder Monate wieder die Kamera in die Hand nimmt, hat er leider alle Tastenbelegungen vergessen.
Leica ist hier konsequent einen anderen Weg gegangen. Die Anzahl der Knöpfe und Räder ist auf ein Minimum reduziert. Alle anderen Einstellungen werden über einen Touchscreen und dort über Icons gesteuert. Das ist ein radikal anderes Konzept. Funktioniert das? Dazu kommen wir gleich.
Unboxing
Ein neues elektronisches Gerät auszupacken, macht typischerweise wenig Vergnügen. Es sei denn, man ist in der Lage die gemeinsame Leistung von Konzerncontrollern und Verpackungsingenieuren zu bewundern, gleichermassen Kosten und Raum einzusparen.
Leica geht einen anderen Weg, der Karton hat Magnetschliessen und zwei Schubladen, Platz satt. Es erinnert ein wenig an die Verpackuung einer Royal Oak von AP, nicht die schlechteste Referenz.
Erste Inbetriebnahme
Das geht alles flott und reibungslos. Das 2.0 – 23mm (entspricht 35mm im Kleinbildformat) angesetzt, Sprache und Datum eingestellt, Blendenpriorität über Touchscreen ausgewählt, der erste Drehknopf ist automatisch mit der Blendenwahl belegt, der zweite wieder über den Touchscreen konfigurierbar. Ich wähle die Belichtungskorrektur. Über Touchscreen Spotmessung und Rawformat gesetzt. Fertig. Das Ganze funktioniert ohne Blick in die Gebrauchsanweisung. Nun ein paar Probeschüsse, der Auslöser hat einen guten Druckpunkt, das Auslösegeräusch ist leise. Fein, fein.
Jetzt würde ich mir gerne die Bilder ansehen, nur wie? Der typische Wiedergabeknopf existiert nicht. Ein Blick in die Gebrauchsanweisung hilft. Eine Wischbewegung nach unten über den Touchscreen. Funktioniert. Praktisch ist es aber nicht.
Optisch ist die Kamera ein Traum und sie liegt wunderbar in der Hand. Jetzt noch schnell den Gurt dran und es kann losgehen. Der Gurt ist eine echte Neuerung, er wird mit einem Bajonett am Gehäuse befestigt. Das sieht wesentlich eleganter aus, als die traditionelle Ösenbefestigung.
Die Montage ist ein wenig fummelig. Jeder der eine Nano Sim in ein Iphone eingesetzt hat, weiss wovon ich rede. Hier wie dort, man macht das typischerweise nicht sehr oft, also kein Problem.
Der Gurt ist aus Kautschuk, erinnert an das Tropicalband der Aquanaut, kein Logo, kein Firmenname, gut gemacht, Leica.
Auf der Strasse
Wer wissen möchte, was eine Kamera kann, soll sie fordern. Ich gehe zum festival of lights. Es ist Nacht, extreme Herausforderung für jedes Kamerasystem. Hohe Isowerte, Offenblende und der Autofocus findet nicht immer ein Ziel.
Spasseshalber suche ich ein Ziel im Dunkeln, ich erwarte ewiges AF Pumpen, und bin angenehm überrascht. Der Autofocus findet sein Ziel und fixiert. Nicht rasend schnell aber flott und zuverlässig. Das wird den ganzen Abend so bleiben. Die Bedienung ist einfach und flott. Der Touchscreen ist übersichtlich strukturiert, die Bedienung ist gerade bei Dunkelheit sensationell einfach.
Zu Hause dann bin ich ebenfalls angenehm überrascht, die Bildqualität ist erstaunlich, selbst bei Aufnahmen mit 6400 ISO kaum Rauschen, viele Details. Ich bin beeindruckt.
Am nächsten Tag gehe ich mit einer Freundin fotografieren. Tageslicht. Das erste was auffällt, ist die Leica T. Ich werde auf sie angesprochen. Ziemlich oft.
Ich habe den elektronischen Sucher montiert. Alle Daten werden übertragen, GPS hat er auch. Einfach auf den Blitzschuh setzen und er funktioniert.
So gut der Eindruck am Abend war, so ambivalent fällt das Ergebnis am Tage aus. Der AF ist träge, der elektronische Sucher bleibt dunkel, wenn ich die Kamera am Auge habe, ich muss sie absetzen und neu ansetzen, damit er sich aktiviert. So entgehen mir reihenweise Bilder.
Wir geraten in die Abenddämmerung, ich möchte blitzen. Das geht leider nicht. Der Blitz hat sich aufgehängt. Ich muss die Kamera komplett zurücksetzen, damit er wieder funktioniert.
Wie auch am Tag davor, die gelungenen Bilder beeindrucken in der Bildqualität.
Fazit
Tolle Optik, einfach zu bedienen und sehr gute Bildqualität, damit sticht die Leica T. Auf der anderen Seite ist die Kamera etwas träge und der elektronische Sucher (Zubehör) scheint nicht ausgereift.
Für mich als Vielfotografierer war das zwar nicht die richtige Kamera, haptisch und optisch aber war sie dennoch ein Erlebnis.
Die Leica T wird den design- und markenorientierten Gelegenheitsfotografen mit hohem Qualitätsanspruch zufrieden stellen. Und Gebrauchsanweisung lesen muss er dann auch nicht mehr.
Fotos & Text: © Martin U Waltz, street photography berlin, www.streetberlin.net
Kommentare