Im Jahr 2007 traten in Valencia elf Segelteams gegeneinander an, um im Louis Vuitton Cup den Herausforderer für den 32. America’s Cup zu bestimmen. Emirates Team New Zealand machte damals das Rennen, unterlag aber im eigentlichen America’s Cup Titelverteidiger Team Alinghi mit 2-5.
House of the America’s Cup in Valencia
Der 32. America’s Cup, für mich war es das erste Segelsport-Ereignis, welches ich mit Begeisterung verfolgte.
Blick hindurch zwischen zwei der Team-Basen
Die Begeisterung schwand in den darauffolgenden Jahren allerdings schnell, nachdem die Entscheidungen des folgenden 33. America’s Cup, ebenfalls ausgetragen in Valencia, mehr in Gerichtssälen denn auf dem Wasser stattfanden.
Knapp zehn Jahre nach dem 32. America’s Cup habe ich die Möglichkeit, die neue Mein Schiff 5 ein Stück auf ihrer letzten Mittelmeer-Kreuzfahrt für 2016 zu begleiten (den kompletten Reisebericht gibt es hier).
Mein Schiff 5 im Hafen von Valencia. Rechts im Vordergrund: die ehemalige Rennstrecke und die – mittlerweile nicht mehr genutzte – Schwenkbrücke
Neben Barcelona und Toulon führt die Route: nach Valencia. Die Bilder vom Cup damals, sie sind für mich noch immer allgegenwärtig und genauso präsent wie die jener Formel 1 Rennen, die rund um die America’s Cup Team-Basen zwischen 2008 und 2012 stattfanden.
Ehemalige Basis des Schwedischen Teams Victory Challenge, eines der wenigen heute noch genutzten Gebäude
Mit dem Shuttlebus geht es von der Mein Schiff 5 zum Hafengebäude. Und schon der Weg dorthin führt über die Formel 1 Strecke. Zäune, Absperrungen und Curbs zeugen davon, was hier einst jedes Jahr vor sich ging.
Ein erster, kurzer Blick auf die Marina und tatsächlich, auch die Basen der America’s Cup Teams sind alle noch da. Ganz so, als wäre die Zeit stehengeblieben. Meine Erkundungstour kann beginnen.
Formel 1 Absperrungen im Hafengebiet
Einen ersten Hinweis auf die berühmte Vergangenheit dieses Ortes liefert schon nach wenigen Metern eine blaue Absperrung. Stolz prangt auf ihr das Symbol des 32. America’s Cup, eine stilisierte Kanne, seit 1848 der Pokal des Turniers.
Das Gitter, es sperrt heute einen rostigen Pfeiler und einen aufgebrochenen Elektrokasten ab. Irgendjemand hat eine Schnapsflasche darauf abgestellt. So ändern sich die Zeiten.
Im Hintergrund: David Chipperfields „Veles e Vents“, einst Wahrzeichen der Marina
Ein paar Meter weiter: erneut das Symbol, diesmal auf einem Gullideckel. Was muss man hier damals stolz gewesen sein, auf dieses Ereignis, denke ich mir. Eigentlich plante man in Valencia, noch einige weitere Cups austragen zu können. Heute weiß man, es blieb bei zwei Veranstaltungen.
Ich gehe weiter. Auf der einen Seite, alte, wunderschöne Hafengebäude, direkt davor, die Team-Basen. Aus der Ferne schaut alles noch aus wie Anno 2007. Doch bei näherem Hinsehen merkt man, die Zeit, sie bleibt eben doch nicht stehen.
Die Szenerie hier im Yachthafen-Gebiet, sie ist ernüchternd und faszinierend zugleich.
Zu kümmern scheint sich niemand mehr um die einst prachtvollen Bauten. Alles wirkt verlassen und es ist wohl dem heutigen Feiertag zuzurechnen, dass sich überhaupt Menschen hierher verirren.
Historische und moderne Gebäude entlang der Marina Real Juan Carlos I
Die meisten von ihnen sind Familien mit kleinen Kindern, die auf den weiten Flächen Rollschuhfahren üben. Ansonsten – nichts.
Die Glastüren der einstigen Segelpaläste sind zum Teil nur provisorisch mit schweren Ketten verschlossen, die gläsernen Fassaden verstaubt, die einmal stolzen Plakate und Schriftzüge unter der Sonne verblichen.
Geschlossen.
Ein paar Jungs turnen auf den rostigen Treppen der Team New Zealand Base, wie sie dorthin gekommen sind, bleibt ihr Geheimnis.
In den großen Hafenhallen findet man noch Reste des Formel 1 Zirkus. Aufsteller weisen auf die besonders angenehme Atmosphäre im Paddock Club hin.
Auf die Idee, die Accessoires, unter ihnen auch das Siegertreppchen, einzusammeln, kam wohl keiner. Die einst ruhmreichen Stätten – verlassen und vergessen. Ein Szenario wie aus einem Endzeitfilm.
Formula 1 Paddock Club – oder das, was davon übrig blieb
Am Ende der Marina: die Basis des Titelverteidigers. Team Alinghi. Auch hier verliert das einst glanzvolle Äußere den Kampf gegen die Zeit, gegen die Sonne, die salzige Luft.
Ein riesiges Bild einer Alinghi Yacht ziert die Außenfassade, doch die Beklebung löst sich Stück für Stück.
Ich entdecke eine offene Tür. Einmal reinschauen in den riesigen Bau.
Und auch im Inneren herrscht der Eindruck, die dort Beschäftigten hätten seinerzeit gar fluchtartig das Gebiet verlassen. Werbetafeln, Aufsteller, ja vereinzelt sogar Möbel stehen dort noch herum.
Auf der Vorderseite des Gebäudes trifft man dann erneut auf die Formel 1 Vergangenheit.
Basis des Alinghi Teams (Wasserseite)
Absperrzäune, bekannte Logos im Asphalt, der einst einfach so auf den Untergrund aufgetragen wurde. Es scheint so, als würde alles seinen gewohnten Gang gehen, als würde man hier demnächst einfach wieder starten.
Natürlich wird das nicht passieren. Gar nichts, so hat es den Eindruck, wird hier passieren. Die ruhmreichen Anlagen, so omnipräsent sie auch sind, sie scheinen schon lange vergessen.
Es sind moderne Ruinen einer Zeit, als die Sport-Welt noch auf Valencia blickte.
Mit dem Shuttlebus geht es wieder zurück zur Mein Schiff 5. Auf dem Weg dorthin, auf einem abgesperrten Stück Grund, inmitten von bunten Mülltonnen, entdecke ich sie dann: die Alinghi 5, stolzes Boot des 33. America’s Cup.
Nach Verlust des Titels gegen Herausforderer BMW Oracle Racing (der damalige Cup bestand aus lediglich zwei Rennläufen) hat man es hier einfach abgestellt.
Alinghi 5 trifft Mein Schiff 5
The winner takes it all, the looser standing small. Bitter.
Dieser Shop hatte schon länger nicht mehr geöffnet
Wer dieses ganz besondere Szenario einmal selbst erleben möchte: 2017 fährt die Mein Schiff 5 Valencia im Rahmen von insgesamt fünf 10-tägigen Touren erneut an.
Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2016
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