In Teil 2 meines Berichts ist das Dorry beschrieben, ein Taschenmesser, das in seiner Form kleinen Hilfsbooten der Fischer auf den Neufundlandbänken nachempfunden ist und das erste Messer aus dem Hause Neptunia war. Nachdem die Messer der Serie M4 (das Bordmesser der Fife-Yacht Moonbeam IV) und die Messer der Serien Dragon und Star  eine sehr schöne Lederscheide haben, für das Dorry aber nur eine ganz einfach Hülle angeboten wird, habe ich überlegt, für mein persönliches Dorry ebenfalls eine Lederhülle zu bauen. Es ist gar nicht so kompliziert.

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Auf den folgenden Bildern ist der Bau des Prototyps zu sehen, der den ersten Versuch darstellt, und sicher ist noch das eine oder andere zu optimieren. Nach dem Zuschnitt des Leders hat Zusammenbauen und Nähen vielleicht eine gute Stunde gedauert, ich hatte mit mehr gerechnet. Aber der Reihe nach:

Zunächst wird auf einem Stück Segeltuch die Form des Messers nachgezeichnet, ein wenig Reserve rechts und links gelassen und die Fläche zugeschnitten.

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Man schneidet zunächst nur eine Hälfte zu und klappt sie auf die andere, so bekommt man den symmetrischen Schnitt gut hin.

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Dann kann man etwas in der Größe und Passform ausprobieren, bevor man an den Lederzuschnitt geht.

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Die Konturen des Segeltuchs werden auf das Leder übertragen und dieses zugeschnitten.

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Als Leder habe ich ein Stück pflanzlich gegerbtes Rindsleder verwendet, die Dicke ist 3-4 mm, das reicht für Lederscheiden aus. Verschieden große Stücke sind gut zum Beispiel beim Lederversand-Berlin.de zu beziehen.

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Zusätzlich zum großen Lederstück habe ich einen schmalen Streifen geschnitten, der als Keder auf der zusammengenähten Seite die Naht von innen schützen und einen Anschlag für die Klinge in zusammengeklapptem Zustand bilden soll. Ebenso gibt es einen etwas breiteren Streifen, der für die Gürtelschlaufe Verwendung findet.

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Das Messer wird noch einmal eins zu eins eingepasst, ggf. muss man die Ränder des Leders noch ein wenig nachschneiden oder die gegenüberliegenden Seiten anpassen.

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Das Leder für die Gürtelschlaufe muss natürlich als erstes aufgenäht werden, weil man später an die Innenseite nicht mehr herankommt.

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Bei ein paar Tassen Kaffee habe ich etliche Stich-Richtungen fürs Aufnähen der Schlaufe zunächst auf einem Stück Papier ausprobiert. So ein bisschen erinnert dass an das Strich-Spiel aus Kindertagen: „Das ist das Haus der Mick-y-maus…“.  Ich habe mich für das letzte Stichmuster auf dem Skizzenblatt entschieden. Es hat einen Naht-Übergang zur großen Lederfläche. Das Leder wird dort kräftig auf die Hauptfläche gezogen, und ich kann mir vorstellen, dass man dann nicht so leicht an der Schlaufenkante hängenbleibt.

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Mit einer simplen Kuchengabel werden die Lochmarkierungen ins recht weiche Leder übertragen. So sind die Abstände der Löcher untereinander genau gleich. Hat man härtere Leder, kann man sie mit lauwarmem Wasser etwas anweichen, muss dann nur aufpassen, denn jeder unachtsame Punkt oder jede nachgezogene Kante bleibt dann nach dem Trocknen gerne auf alle Zeit im Leder sichtbar.

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Die Ahle hat einen Durchmesser von knapp 2 mm, die Löcher sind so für die sog. Schusternaht sehr angenehm zu durchstoßen, ggf. reichten aber Löcher mit 1,5 mm auch aus.

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Ich habe einen roten Polyester-Faden gewählt, mit dem hellbraunen Leder ergibt sich ein interessanter Kontrast. Die Fadendicke beträgt 0,75 mm. Bei der Schusternaht arbeitet man mit zwei Nadeln gleichzeitig und immer gegenläufig. Erstens gibt es ein schönes Nahtbild, zweitens hat man eine gewisse Reserve in der Haltbarkeit, denn wenn ein Faden durchtrennt werden sollte, sitzt auf der anderen Seite ja noch ein voll funktionsfähiger.

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Die Nadeln sind stumpf, damit man nicht beim Durchstoßen des Loches aus Versehen den Faden durchsticht.

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Auf der Rückseite habe ich die Fadenenden noch zwei, drei Mal unter den anderen Fäden durchgezogen und dann abgeschnitten. Jetzt kann der endgültige Zuschnitt erfolgen, wichtig ist hierbei ein extrem scharfes Messer, damit man möglichst mit einem Schnitt durchs Material kommt.

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Das Messer noch einmal anpassen…

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…und dann wird’s ernst: Die Kanten mit Lederkleber einstreichen…

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…gut zehn Minuten einziehen lassen und die Konstruktion mit ein paar Hammerschlägen (der Druck ist entscheidend, nicht die Dauer!) zusammenkleben. Zur Vermeidung von Druckstellen ggf. zwischen Hammer und Leder zwei Holzbrettchen legen.

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Wieder die Naht mit der Gabel vorzeichnen…

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…und mit der Ahle nachstechen. Das Dreifach-Paket ist nicht so ganz dünn, aber es ging mit der Ahle so gerade noch. Bei dickerem oder festerem Leder sollte man vorbohren, entweder mit 1 oder 1,5 mm mit dem Bohrständer, oder von Hand mit einem Dremel.

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Und dann geht das Nähen wieder los. Ich habe den Faden etwa in vierfacher Nahtlänge genommen, das sollte auch fürs Vernähen reichen.

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Der Faden ist gewachst und so von Hause aus etwas imprägniert. Manche mögen dieses Wachs aber nicht, weil er ein wenig beim Durchfädeln „klemmt“ (und auch die Hände etwas klebrig macht), aber bei der Lochgröße, die ich gewählt habe, ist das kein Problem.

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Die „Ecken“ der Hülle habe ich ein wenig verstärkt und diagonal um die Lederkante genäht, sieht nicht mal schlecht aus, finde ich.

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Zum Schluss den Faden noch einmal ein paar Stiche unter den schon genähten Fäden zurücknähen, abschneiden, fertig!

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Das Messerbändsel ist natürlich auch selbst gemacht. Es ist geflochten und 4 mm dick. An der einen Seite habe ich eine sog. Affenfaust geknotet, und als „Kern“, damit die Kugel auch gut rund ist und ein kleines bisschen mehr Gewicht hat, habe ich eine Glasmurmel verwendet.

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Auf der anderen Seite wird das Bändsel mit einem sog. Behelfstakling ein wenig zurückgeknotet, und an die Schlaufe kommt ein Schäkel, der wiederum am Ring des Messers befestigt wird.

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Die ‚Affenfaust‘ hat sich in meinem Segelalltag gut bewährt. Schnell ist sie unter dem Gürtel hergeholt, lässt sich an Bändseln, Klampen usw. kurz mal sichern, denn der große Durchmesser der Kugel schützt vorm Durchrutschen. Und wenn man das Messer aus der Hand legen muss, kann man es sogar mit einer Hand um einen Gegenstand knoten, ein ‚halber Schlag‘, wie die Seeleute sagen, reicht aus.

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Und das fertige Ergebnis ‚am Mann‘!

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Ich bin gespannt, wie sich die Hülle und das Messer im praktischen Gebrauch und nach etlichen Regenschauern machen. Jedenfalls Vorsicht mit weißen Hemden: Nasses Leder färbt hervorragend. – Ich werde berichten.

Noch ein paar Links:

www.neptunia.fr

Teil 1 des Luxify-Berichts.

 

© Fotos & Text: Gerhard Standop, Köln, 2014

www.standop.net/voiles

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