Eigentlich hatte ich geplant, mich an diesem Wochenende an einen Artikel zu setzen, der die aktuellen Gerüchte hinsichtlich der Rolex Neuheiten der Baselworld zusammenfasst. Seit gestern Nachmittag allerdings ist klar: das vollkommen Undenkbare ist bittere Realität geworden. Die Baselworld 2020 ist Geschichte. Grund: die unsichere Lage hinsichtlich des neuen Corona Virus SARS-CoV-2 und der durch ihn ausgelösten Krankheit Covid-19.

Luxify Baselworld Watches & Wonders Geneva Time to Move Zurich Corona Covid-19

Die Baselworld, sie befindet sich dabei in bester Gesellschaft. Denn kommende Woche sollte in Zürich eigentlich die Time to Move 2020 stattfinden. Dabei handelt es sich um die Neuheitenpräsentation der Swatch Group für ihre Marken Omega, Glashütte Original, Blancpain, Breguet, Jacquet Droz und Harry Winston. Anfang Februar dann die Nachricht, das Event werde auf Grund von Covid-19 abgesagt.

Absage von Baselworld, Time to Move und SIHH

In den darauffolgenden Wochen zogen auch erste Hersteller ihre Teilnahme an der Baselworld zurück. Die zum LVMH-Konzern gehörende Bulgari, sowie die japanische Citizen und deren Tochtermarke Bulova sind die bekanntesten unter ihnen.

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Ende dieser Woche nun traf es branchenübergreifend gleich vier der bekanntesten Fachmessen in Europa. Neben der Baselworld wurden am Freitag auch der Genfer Autosalon und die Tourismusmesse ITB in Berlin gecancelt. Tags zuvor bereits die erste Hiobsbotschaft: die Absage der Watches & Wonders Geneva 2020. Ausstellen sollten auf der SIHH-Nachfolgeveranstaltung so bedeutende Marken wie A. Lange & Söhne, Cartier, Hermès, IWC, Jaeger-LeCoultre, Montblanc, Panerai oder Vacheron Constantin.

RJ Watches geht noch am selben Tag Konkurs

Ebenfalls wieder in Genf am Start gewesen wären kleine, aber feine Uhrenmarken wie etwa H. Moser & Cie, Christophe Claret, Armin Strom, Grönefeld, MB&F, Speake-Marin oder RJ Watches. Für letztgenannte war der Donnerstag gleich ein doppelt bitterer Tag, denn nur wenige Stunden nach Absage der Watches & Wonders gab der Hauptanteilseigner, eine Beteiligungsgesellschaft, bekannt, nicht weiter in das Unternehmen zu investieren. RJ Watches, einst als „Romain Jerome“ an den Start gegangen und mit der „Titanic DNA“ bekannt geworden, ist somit bankrott.

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Nun dürfte diese Pleite nicht hauptursächlich etwas mit der aktuellen Virenlage zu tun haben, doch zeigt es, dass Covid-19 in eine für den ein oder anderen Uhrenhersteller sowieso schon zum Teil recht angespannte Lage hereinplatzt. Bereits die Proteste in Hongkong vergangenes Jahr haben Spuren hinterlassen. Dass nun mit China einer der Hauptabsatzmärkte für die Schweizer Qualitätszeitmesser „krankt“ ist um so problematischer, da auch außerhalb von Festlandchina chinesische Touristen einen nicht gerade unbeträchtlichen Anteil vom Absatzmarkt ausmachen.

Baselworld verschoben – auf 2021!

Jetzt also fallen auch noch die wichtigsten Uhrenmessen dem Virus zum Opfer. Im Falle der Baselworld spricht man zwar davon, die Messe nur „verschieben“ zu wollen, doch bei einem Ersatztermin im Januar 2021 kann man das Kind auch gleich beim Namen nennen: die Messe fällt aus. Und ob sie im kommenden Jahr überhaupt noch stattfindet, zumindest ich habe daran den ein oder anderen Zweifel. Warum?

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Klar ist: die Uhren-Neuheiten des Jahres 2020 liegen bereits in den Schubladen, warten darauf, präsentiert zu werden. Doch wie das in diesem Jahr erfolgen wird, ist noch vollkommen unklar. Wie wird man die neuen Modelle den Fachhändlern zeigen? Via Roadshow, wie dies Breitling bereits im vorvergangenen Jahr testete? Was ist mit den Medien? Basieren Uhrenvorstellungen 2020 zukünftig größtenteils nur noch auf Pressetexten und -bildern, weil es nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten geben wird, die Neuheiten zu sehen und zu fotografieren?

Wie sieht die Strategie der Hersteller aus?

Eine weitere große Frage, die die Branche momentan umtreiben wird, ist das „Wann“. Wann soll man seine Produkte nun am Besten vorstellen? An die beiden einstigen Haupttermine am 25. (Watches & Wonders) bzw. 29. April (Baselworld) ist man nun ja nicht mehr zwangsläufig gebunden. Im Gegenteil würde es wohl eher Sinn ergeben, jeder Hersteller präsentiert seine Neuheiten an unterschiedlichen Tagen um an jenen die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen.

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Und auch die bisherige Gepflogenheit, dass jede Manufaktur gleich all ihre Neuheiten auf einmal präsentiert, ist durch die Messeabsagen hinfällig geworden. Mehr und mehr ging man ja bereits in den letzten Jahren dazu über, in Basel und Genf noch nicht alle Neuheiten zu zeigen, hielt sich einige wenige Modelle für einen weiteren Launch im Herbst zurück.

Neue Modellvorstellungen das ganze Jahr

2020 nun könnte diese Praxis noch deutlich stärker ausgedehnt werden. Erste Hersteller arbeiten bereits an Konzepten, auf eine Hauptpräsentation der Neuheiten komplett zu verzichten und stattdessen einzelne Launchtermine für einzelne Modellreihen über das Jahr verteilt anzuberaumen.

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Sollte sich diese Praxis als erfolgversprechend herausstellen, dann jedenfalls werden sich wohl noch mehr Aussteller fragen, inwiefern ein teurer Messeauftritt zukünftig überhaupt noch notwendig sein wird. Die Baselworld könnte dann endgültig Geschichte sein, der Richemont Konzern seine Teilnahme an der Watches & Wonders ebenso hinterfragen, wie die Swatch Group ihre Time to Move.

2020 wird ein aufregendes Jahr

Covid-19 jedenfalls könnte sich so letztlich als Katalysator herausstellen, der die in der Vergangenheit begonnenen, bislang aber noch recht zarten Umbrüche innerhalb der Uhrenindustrie auf ungeahnte Art und Weise beschleunigt. Wir stehen somit am Anfang des wahrscheinlich spannendsten und aufreibendsten Jahres der Uhrenbranche seit Ende der Quarzkrise.

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Fotos: © PCS

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