Oh mein Gott! Jetzt schreibt er auch noch über Damenuhren!! Ganz ehrlich? Ich habe lange überlegt, dieses Review hier zu schreiben. Weil Damenuhren nicht mein Thema sind, weil ich keine Ahnung davon habe, was die Dame von Welt nun vom eigenen horologischen Meisterwerk erwartet und auch, weil ich viele Frauen kenne, die sich sowieso lieber eine Herrenuhr ans Handgelenk schnallen. Andererseits – das, was Richard Mille dieses Jahr an SIHH Neuheiten zeigte, lässt mir im Grunde keine Wahl. Und da ein paar Modelle zumindest offiziell sogar als Unisex konzipiert sind… Here we go!
„Das haben sie nicht wirklich gemacht?!“
Meine erste Begegnung mit den Neuheiten fand am Vorabend der Messe statt. Ein lieber Kollege kam zu mir, streckte mir sein iPhone entgegen und meinte: „Haste schon gesehen?“. Nein. Hatte ich nicht. Und das, was ich da sah, wollte ich auch beim besten Willen nicht glauben. „Ist das echt?“, so meine Gegenfrage. Ja, das hätten sie heute präsentiert.
Richard Mille. Für mich der Inbegriff von Innovation. Von Ausnahmeuhren. Vom Forschen am Limit. Vom Ausreizen des technisch Machbaren. Von sündhaft teuren Uhren für extreme Einsatzzwecke. Und jetzt das. Lollipop Uhren. Bunt. Knallbunt. Das kann nicht deren Ernst sein!
I’ll take you to the Candy Shop
Am nächsten Morgen beim Vorbeigehen am Messestand dann die schlagartige Erkenntnis: Doch! Das ist deren Ernst. Lollis, Lakritze, Jelly Beans, Schaumgummi. Kein Zweifel. Der gesamte Stand ein einziger Candy Shop! Gleichnamiger Song von 50 Cent, er kommt mir in den darauffolgenden Tagen wirklich jedes Mal in den Sinn, passiere ich die Schaufenster von Richard Mille.
Ein genauerer Blick in jene Schaufenster allerdings, und es reift die Erkenntnis: ja, warum eigentlich nicht? Irgendwie schon ganz nett gemacht, die Teile. Nein, eigentlich sogar ziemlich cool. Sowohl Idee als auch Umsetzung.
Zehn Modelle á 30 Stück
Entsprungen sind die insgesamt zehn Modelle, von denen es jeweils nur 30 Stück geben wird, von Cécile Guenat, der künstlerischen Leiterin der Damenkollektion im Hause Richard Mille. Ziel war es, den drei beliebten Damen-Referenzen RM 07-03, RM 37-01 und RM 16-01 einen fröhlichen, einen poppigen Charakter zu verleihen. Zweifelsohne, das ist ihr gelungen.
Unglaublich ist die Detailliebe, welche die Modelle ausstrahlen. Etliche acrylbemalte und handlackierte Miniatursüßigkeiten zieren die Zifferblätter, eine riesige Lakritzschnecke ist zu sehen.
Eine Krone als Cupcake
Für den Zuckereffekt auf den kandierten Früchten, den Weingummischnüren und und und kamen gemahlenes Emaille und feiner Sand zum Einsatz. Ja selbst die Aufzugskronen kommen in Form von Lakritz, Cupcakes und Co. daher.
Unterteilt ist die Collection Bonbon, so der offizielle Name, in zwei Linien: Sweets und Fruits. Die Sweets Kollektion besteht aus vier Modellen, die allesamt ein dreiteiliges Keramikgehäuse eint. Die Leckereien selbst bestehen aus Grand-Feu-Emaille oder – im Fall der Lackritz – schwarz verchromtem Titan.
Richard Mille Collection Bonbon – Sweets
Talking Piece für mich ist hierbei definitiv die Richard Mille RM 07-03 Marshmallow. Das Gehäuse besteht aus einer Lünette aus weißer ATZ Keramik einem Gehäuseboden aus lavendelfarbener TZP Keramik und einem Mittelteil aus Rotgold. Wasserdicht ist es bis 50 Meter.
Als Uhrwerk dient das Kaliber CRMA2 ein skelettiertes Manufakturkaliber mit automatischem Aufzug, in seiner Geometrie verstellbarem Rotor und 50 Stunden Gangreserve.
Weitere Modelle der Sweets Reihe sind die RM 07-03 Cupcake, die RM 37-01 Sucette und die RM 16-01 Réglisse.
Richard Mille Collection Bonbon – Fruits
Bei den sechs Modellen der Fruits Kollektion bestehen die Gehäuse aus TPT Karbon und farblich abgesetztem TPT Quarz. Auch hier arbeitet man mit ungewohnten Farben wie beispielsweise einem neuen Türkiston bei der RM 07-03 Myrtille.
Besonders schön aber auch: die RM 37-01 Kiwi in einer Kombination aus Carbon TPT und grünem Quartz TPT. Praktisch bei diesem Modell mit Großdatum ist der sogenannte „function selector“ unterhalb der Aufzugskrone.
Schonung für die Fingernägel
Mit ihm lässt sich die Funktionalität der Krone per Knopfdruck wählen. Ein kleines Sichtfenster am Zifferblatt zeigt dabei, ob sich die Krone gerade in Position W für Winding, H für Hand Setting oder N für Neutral befindet. Ich hoffe, nun nicht gleich chauvinistisch zu wirken, doch gerade, denkt man an die Bedienung der Krone mit langen Fingernägeln, klingt diese Funktion recht praktisch. Das Datum übrigens wird über den zweiten, auf der anderen Gehäuseseite befindlichen Drücker eingestellt.
Die RM 37-01 ist zusätzlich noch in der „Geschmacksrichtung“ Kirsche (Cerise) erhältlich. Die RM 07-03 Litchi, sowie zwei Modelle der RM 16-01 in Erdbeere (Fraise) und Citon runden die Kollektion ab.
Die süßesten Früchte…
Was bleibt, ist der Preis. Wie üblich liegt der bei Richard Mille „ein wenig“ höher und so beginnt auch die Bonbon Collection 2019 bei einem Einstiegspreis von 126.000 Euro für die RM07-03 Kiwi und Myrtille (Blueberry). RM16-01 Citron und Fraise liegen bei 136.500 Euro, die RM16-01 Réglisse, sowie die RM37-01 Cerise (Cherry) und Kiwi sind für 142.000 Euro erhältlich. Darüber liegen die RM07-03 Marshmellow und Cup Cake mit 152.500 Euro und die RM37-01 Sucette mit 163.000 Euro.
Fazit
Mein Fazit: „die süßesten Früchte“… Meine Güte! Von 50 Cent zu Peter Alexander in einem Review – alleine das zeigt schon, wie sehr die SIHH Neuheiten 2019 von Richard Mille die Kreativität anregen. Braucht es Uhren mit Lollipops, Marshmellows und Co. auf dem Zifferblatt? Sicherlich nicht. Machen sie die horologische Welt besser? Vielleicht auch nicht. Aber: sie machen sie bunter. Und zwar extrem. Richard Mille geht mit der Collection Bonbon eigene Wege und kombiniert in deren Armbanduhren ausgeklügelte Technik und spannende Materialien mit einer nicht unerheblichen Portion Fashion und einem Augenzwinkern. Zweifelsohne, mir gefällt, was ich da sehe. Ein poppiger Abschluss für den letzten Messeauftritt der wahrscheinlich ungewöhnlichsten Uhrenmarke überhaupt.
Fotos: © PCS 2019
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