Das große Problem, ist man als Teil einer Gruppe auf Entdeckungstour: jeder hat andere Interessen. Als ich nach gut dreieinhalb Jahren endlich wieder das Omega Hauptquartier in Biel betrete, wollen meine Mitreisenden zum Beispiel unbedingt das Ende 2017 eröffnete neue Fabrikgebäude entdecken. Nachvollziehbar, ist es doch sowohl von der Architektur als auch von der Technik her überaus beeindruckend.
Zurück bei Omega in Biel
Mein Problem nun an der Sache: ich habe den Ort, in dem so ziemlich jede Omega Uhr das Licht der Welt erblickt, bereits 2019 besucht (und ausführlich darüber berichtet – hier noch einmal zum Nachlesen) und bin heute daher eigentlich in ganz anderer Mission unterwegs. Denn damals gehörte ich mit zu den letzten Besuchern des historischen Omega Museums. Heute gilt mein Hauptaugenmerk folglich dem neuen Omega Museum, welches streng genommen so neu nun auch wieder nicht mehr ist.
Im Herbst 2019 öffnete es seine Pforten, doch war ein Besuch in den darauffolgenden zwei Jahren aus wohl bekannten Gründen etwas schwierig. Nun aber ist es soweit. Ich setze mich daher schnellstmöglich von meiner Gruppe ab, verlasse das von Shigeru Ban entworfene Gebäude, lasse den ebenfalls reizvollen Art Deco Trakt und das historische Fabrikgebäude, in dem seit Kurzem die neue Omega Boutique ihre Heimat gefunden hat, rechts liegen und gelange so zur neuen Lokation des Omega Museums.
Das Omega Museum in der Cité du Temps
Dieses liegt in einem ebenfalls vom japanischen Stararchitekten Shigeru Ban entworfenen Gebäude, das Teil der Cité du Temps, dem Swatch Group / Omega Campus ist.
Angekommen, schweift mein Blick eher zufällig auf die gegenüberliegende Seite der nach Swatch-Gründer Nicolas G. Hayek benannten Straße. Dort, auf einem Parkplatz vor dem beeindruckenden Swatch Gebäude, steht ein hübscher, kleiner American Diner. Doch kann man in diesem keine Burger und Fries kaufen. Es ist der lokale Swatch Store.
MoonSwatch im Drive-in?
Nur schnell mal nach ´ner MoonSwatch fragen, denke ich mir und eile hinüber. Leider ohne Erfolg. Dafür kann ich mir die Modelle der neuen Dragon Ball Z Kollektion und die wirklich liebevoll gestaltete Einrichtung des Stores mit Burger-Packungen und Diner-Tütchen anschauen.
Schnell zurück aber zum eigentlichen Ziel. Denn vor dem Eingang des Omega Museums wartet bereits eine ganze Busladung an Besuchern auf das Öffnen der Pforten. Mit so einem Ansturm hatte ich jetzt ehrlich gesagt nicht gerechnet. Als Punkt 11 Uhr dann Einlass gewährt wird, geht es für die Besuchergruppe allerdings erst einmal ins „Planet Swatch“, das im zweiten Stock beheimatete Swatch Museum. Das Omega Museum im ersten Stock hingegen gehört somit, zumindest für kurze Zeit, erst einmal ganz allein mir.
Ein 50 Meter langes, überdimensioniertes Speedmaster-Armband, gespickt mit alten Omega Reklamen, führt zur Rezeption des Museums. Von hier aus betritt man eine riesige Weltkarte, kann sich mit dem Mond und den diversen dortigen Landeplätzen vertraut machen, ehe der große, seit dem 50-jährigen Apollo 11 Jubiläum wohl jedem Omega-Fan vertraute, goldene Astronaut den Weg in ein 360° Kino weist.
Willkommen im Omega Museum
In einem neunminütigen Film geht es zurück in der Zeit – und in die Zeit der Anfänge eben jener Zeitmessung. Sonnenuhren, Sanduhren, erste Präzisionsinstrumente, moderne Werke. Es öffnen sich die Türen des Kinos und man steht vor einem antiken Uhrmachertisch. Willkommen im eigentlichen Museum.
Der erste Eindruck: gar nicht mal so groß. Doch das täuscht. Denn allein auf 50 Metern Schaufenster, quasi die Vorderseite des riesigen Speedmaster-Bandes, lassen sich enorm viele Uhren zeigen. In 64 Schaukästen reist man so durch die Geschichte der Omega Uhren und kann dabei Schätze entdecken, die jedem Vintage Fan das Herz höherschlagen lassen.
Alle Flightmaster Modelle sind da zum Beispiel zu sehen, jede Menge Speedmaster, der Weg zur Moonwatch, die Seamaster-Reihe mit Highlights wie der Anakin Skywalker oder der Darth Vader, alle natürlich in wunderbarem Zustand.
Immer wieder zücke ich meine Kamera, mache natürlich wieder viel zu viele Fotos, kann aber auf der anderen Seite auch einfach nicht genug von diesen Klassikern bekommen. Ein Audioguide, den man sich an der Rezeption abholen kann, verrät begleitend interessante Details zu den verschiedenen Themen und Modellreihen.
Die Geschichte Omegas in ihrer ganzen Pracht
Wer Informationen zu einer ganz konkreten Uhr erhalten will, der wird aktuell noch ein wenig allein gelassen. Hier fände ich es schön, solche Infos in Zukunft, etwa via QR-Code, zu jedem einzelnen, ausgestellten Exemplar abrufen zu können. Für die wahren Freaks und Nerds wie mich eben.
Neben den Schaukästen, auf der eigentlichen Ausstellungsfläche, widmet sich das Omega-Museum vier großen Hauptthemen. An der Tartanbahn mit den zwei typischen, roten Omega Startblöcken leicht zu erkennen, ist das erste davon Omega als offizieller Zeitmesser.
Olympia und Zeitmessung im Omega Museum
Eintauchen kann man hier in die Entwicklung der Zeitmessung als Solches und in die Geschichte Omegas als offizieller Zeitnehmer der Olympischen Spiele. Ausgestellt werden etwa auch Stoppuhren der verschiedenen Wettbewerbe, eine Omega Seamaster XVI aus 1956 mit dem Olympischen Verdienstkreuz, sowie Sondereditionen der Spiele.
Die neun Meter lange Laufstrecke selbst ist mit der elektronischen Omega Startpistole, sowie einer Scan’O’Vision Myria Kamera ausgestattet, die bis zu 10.000 digitale Bilder pro Sekunde erfassen kann. Wenn in Betrieb, erhält man so sogar sein eigenes Zielfoto.
Her Time – der Bereich für die Damen
Der zweite Themenblock beschäftigt sich mit der Herstellung außergewöhnlicher Damenuhren und zeigt frühe Lépine-Taschenuhren, geheime Schmuckuhren, die Ladymatic und jüngere Kreationen. Ein Ausstellungsteil, der speziell die weiblichen Besucher interessieren wird. Doch da meine Zeit heute begrenzt ist, widmen wir uns direkt der nächsten Themenwelt.
Und bei Neil Armstrongs Raumanzug und dem danebenstehenden Mondmobil bleiben eigentlich keine Zweifel, worum es sich bei jenem dritten Hauptthema im Omega Museum handelt. Klar, hier geht’s geradewegs zum Mond. Omega und die Mercury-Missionen, Omega und das Apollo-Programm, der Weg der Speedmaster zur Moonwatch und das Alaska Projekt markieren den Höhepunkt der Ausstellung.
In vielen Audio- und Video-Sequenzen kann man die aufregenden Missionen noch einmal miterleben, sich die originalen Uhren von damals ganz genau anschauen. Ausgestellt sind diese in mehreren Erdtrabanten, die vom Boden hervorragen oder von der Decke herabhängen.
To the Moon and Back: Apollo 11 & 13
An einem Kommandotisch, der geradewegs aus der Schaltzentrale der Apollo 13 Mission zu entstammen scheint, lässt sich die eigene Fähigkeit testen, jene berühmten 14 Sekunden abzumessen, die im April 1970 einst über Leben und Tod der Astronauten Lovell, Swigert und Haise entschieden.
Etwas zu groß für die Deckenhöhe des Museums ist die Mondlandefähre, die somit, recht beeindruckend, auf dem Vorplatz der Omega Boutique ihre neue Heimat gefunden hat.
Die Abenteuer von 007
Im Museum selbst führt die Ausstellung nun aber weiter zum vierten und letzten großen Themenbereich. Bond. James Bond. Der Agent im Geheimdienst Ihrer Majestät kann mittlerweile immerhin auch schon auf fast 27 Jahre erfolgreicher Zusammenarbeit mit der Bieler Manufaktur zurückblicken.
In neun Vitrinen sind hier die Omega Uhren jener Abenteuer von Pierce Brosnan und Daniel Craig zu sehen. Von „Golden Eye“ über „Casino Royale“ bis hin zu „No Time to Die“ – die eingespielten Filmausschnitte zeigen die jeweils ausgestellten Zeitmesser in ihrer cinematischen Aktion.
Aktuell wirkt der Bereich rund um die Vitrinen und die ausgestellte Offiziersuniform ein wenig verwaist, bietet viel Freifläche. Für mich als 007-Fan daher wünschenswert, das Thema James Bond in Zukunft mit ähnlich viel Interaktion zu begleiten, wie dies in den anderen Bereichen der Fall ist.
Wer hat an der Uhr gedreht?
Als ich von den Vitrinen aufblicke, merke ich, dass meine Gruppe, von mir gänzlich unbemerkt, inzwischen zu mir aufgeschlossen hat. Und auch die per Bus angereiste Reisegesellschaft hat inzwischen das komplette Museum besiedelt. Wie lange bin ich jetzt eigentlich schon hier? Eine Stunde? Anderthalb? Zwei sogar? Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Schon bemerkenswert, wie entkoppelt von der Zeit man sich fühlen kann, ausgerechnet in einem Museum, das der Zeitmessung gewidmet ist.
Am liebsten jedenfalls würde ich den Rundgang noch einmal von Anfang beginnen. Denn irgendwie habe ich das Gefühl, noch nicht einmal die Hälfte der ausgestellten Stücke wirklich intensiv begutachtet zu haben. Doch diese Zeit, die habe ich heute leider nicht mehr.
So endet die Ausstellung in einer riesigen, begehbaren Speedmaster, in der zum Abschluss noch einmal ein sehr schönes und emotionales Video über die Welt von Omega gezeigt wird. Zumindest die Zeit sollte man sich in jedem Fall dann doch noch nehmen.
Fazit
Mein Fazit: definitiv viel Zeit sollte man einplanen, will man das neue Omega Museum in Biel besuchen. Die Ausstellung mit ihren einzelnen Themenbereichen wurde mit wirklich sehr viel Liebe zusammengestellt, die in den Vitrinen und Schaukästen zu entdeckenden Uhren sind in Auswahl und Umfang mehr als beeindruckend. Ich jedenfalls muss unbedingt noch einmal dorthin. Mit mehr Zeit im Gepäck. Dann klappt es vielleicht auch noch mit einem Abstecher ins Swatch Museum. Und in den Swatch Store. Vielleicht ja sogar mit einem Kauferlebnis. Und wenn nicht dort, dann ja vielleicht in der Omega Boutique?
Informationen
Das Omega Museum ist Teil der Cité du Temps SA, Nicolas-G.-Hayek-Strasse 2, 2502 Biel (Bienne). Es ist dienstags bis freitags von 11:00 bis 18:00 Uhr, sowie Samstag und Sonntag von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenlos. Mehr Informationen unter https://www.citedutemps.com/de/
Hinweis zur Transparenz
Die Reise zum Omega Museum nach Biel erfolgte auf Einladung des Herstellers. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand – wie üblich – nicht statt.
Fotos: © PCS 2022
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