Es ist sicher schon 25 Jahre her, dass ich mir das erste Mal an einem Juweliers-Schaufenster die Nase plattdrückte. Uhren. Der Virus. Wer kennt ihn nicht. Noch heute kann ich an keinem Uhrengeschäft vorbeigehen, ohne nicht zumindest einmal kurz den Blick in die Auslagen zu werfen.

Richard Mille RM039

Das war auch nicht anders, als ich zur Eröffnung der Richard Mille Boutique in München eingeladen war (mehr über Richard Mille gibt es hier). Vorher mal schnell schauen, was da eigentlich so alles liegt, welchen Modellen man ein eigenes Shooting gönnen könnte.

Richard Mille RM039

Die Wahl fällt mir da bei Richard Mille extrem schwer. Denn ich liebe die Tonneau-förmigen Uhren und eine sieht da besser aus als die andere. Doch was war das? Im Fenster neben dem Eingang entdeckte ich eine Uhr, die ich so gar nicht mit Richard Mille in Verbindung gebracht hätte. Groß, gar riesig, bunt – und rund.

Richard Mille RM039

Mein Blick schweifte aufs Preisschild. Ein langes Preisschild. Wieviel kostet die? 1003500? Ziemlich viele Nullen, ziemlich viele Stellen. Fast schon eine halbe IBAN. Nochmal, wieviel? 1.003.500,-. Tatsache. Eine Uhr für über eine Million Euro. Ohne Vollbesatz, ja noch nicht einmal aus Gold oder Platin.

Richard Mille RM039

Mein Interesse war geweckt. Was ist das? Und – was kann das? Das gute Stück hört auf den Namen Richard Mille RM 039 Aviation E6-B Manual Winding Tourbillon Flyback Chronograph, was schon ein wenig die Funktionalität erklärt.

Richard Mille RM039

Vorgestellt wurde die Uhr, von der es insgesamt 30 Stück gibt, bereits Anfang 2012. Sie kommt im 50-Millimeter Titan-Gehäuse, welches auf dem der Richard Mille Taucheruhren basiert, und bringt es auf eine Bauhöhe von 19,4 Millimetern.

Richard Mille RM039

Ein ordentliches Teil. Passt sie unter die Manschette? Definitiv nein, was aber egal ist, denn dafür ist sie nun wirklich nicht gemacht.

Richard Mille RM039

Nein, die RM039 ist eine Uhr für Flieger. Für gut betuchte Flieger fürwahr. Sie bringt es auf sechs Drücker, acht Zeiger, drei Digitalanzeigen und sieben Skalen. Das ist – durchaus beeindruckend.

Richard Mille RM039

Richard Mille stattet das Modell mit einem E6-B Flight Computer aus, einem Rechenschieber also. Sowas kennt man auch von anderen Fliegeruhren, wenn auch nicht immer mit so weitreichenden Funktionen.

Richard Mille RM039

Multiplizieren, dividieren, umrechnen, Spritverbrauch und Geschwindigkeit berechnen – sollten im Flugzeug einmal die Instrumente ausfallen, ist so ein manueller „Flight Computer“ sicherlich unbezahlbar.

Richard Mille RM039

Doch die RM 039 kann freilich noch mehr. Der Chronograph ist mit einem Flyback-Mechanismus ausgerüstet, der umständliches Zurückstellen vor einer neuen Zeitmessung überflüssig macht. Sekunden und Minuten werden über Zentralzeiger angezeigt, der Stundentotalisator sitzt bei 9 Uhr. Gestartet und gestoppt wird mittels des Drückers bei 10 Uhr, der Drücker bei 8 Uhr ist für Reset bzw. die Flyback-Funktion zuständig.

Richard Mille RM039

Mittels des Drückers bei 9 Uhr wiederum lässt sich der Chronograph in einen Countdown-Timer umwandeln. Das große Sichtfenster zeigt an, ob der Timer gerade aktiviert (ON) oder deaktiviert (OFF) ist.

Richard Mille RM039

Die Dauer des Countdowns wird über den Drücker bei 4 Uhr programmiert. Ein leichter Druck, und der Minutenzeiger des Chronos (der mit der roten Spitze) springt eine Minute weiter, ein fester Druck und es werden gleich 5 Minuten übersprungen. Scharf.

Richard Mille RM039

Das Großdatum wird mittels Drückers auf 2 Uhr verstellt. Macht fünf Drücker. Wo versteckt sich dann Nummer 6? In der Krone. Denn dort ist der Funktionswähler untergebracht. Wo man bei herkömmlichen Uhren die Krone in ihre jeweiligen Positionen zieht, genügt hier ein Drücken um die benötigte Funktion anzuwählen.

Richard Mille RM039

Derer gibt es bei der RM 039 vier, ein weiteres Sichtfenster auf dem skelettierten Zifferblatt zeigt an, welche gerade gewählt ist. Auf Position N – Neutral – passiert gar nichts. Ein Drücken der Krone und man befindet sich im Modus W – Winding. Nun kann man das Handaufzugskaliber der Uhr über die Krone aufziehen. 70 Stunden beträgt die Gangreserve, optisch visualisiert durch eine Gangreserveanzeige.

Richard Mille RM039

Ein weiterer Druck und der Function Selector befindet sich im Modus H – Hands. Hier kann man die Zeit einstellen. Modus U steht für UTC und bewegt den zentralen 24-Stunden-Zeiger, der in rot-schwarz gehalten ist. Nach erneutem Drücken der Krone liegt wieder die N-Position an, in der keine Gefahr einer Verstellung besteht.

Richard Mille RM039

E6-B Flight Computer, Großdatum, GMT-Funktion, Chronograph, Flyback, Countdown-Timer, Gangreserveanzeige, Funktionswähler, irgendwas vergessen? Ja! Denn ein Tourbillon bringt die RM 039 auch noch mit. Es sitzt mit der kleinen Sekunde bei 6 Uhr.

Richard Mille RM039

Aus nahezu 1.000 Einzelteilen besteht das Werk der RM 039. Damit gehört sie sicher zu den aufwendigsten Uhren überhaupt. Zu den unglaublichsten sowieso. Eine Uhr, für die man sich gerne die Nase am Schaufenster plattdrückt. Auch noch mit über 40.

Richard Mille RM039

Mein Fazit: ich sag’s ganz offen, Richard Mille ist für mich gleichbedeutend mit der Tonneau-Form. Insofern fällt die RM 039 allein deshalb schon nicht in mein Beuteschema. Ob das anders aussehe, wenn ich das nötige Spielgeld hätte? Vielleicht, denn diese Fliegeruhr ist einfach nur ein Kunstwerk. Eines das zeigt, was möglich ist. Eine schier unglaubliche Uhr. Und ja, irgendwie bin ich schon ziemlich stolz, sie einmal live erlebt haben zu dürfen.

Richard Mille RM039

 

Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2016

 

 

Kommentare