Wenn man die Welt ein wenig planlos bereist, wie das bei mir ab und an der Fall ist, ertappt man sich immer wieder bei einem ganz bestimmten Gedanken: „Ich hatte ja keine Ahnung!“. Exakt so ging es mir, als ich der Einladung nach Venedig folgte, um dort mit dem Belmond Hotel Cipriani dessen 60. Geburtstag zu feiern.
Was wusste ich? Venedig liegt am Meer, oder sollte man genauer sagen „im Meer“? Tagtäglich bedrohen – glaubt man den Boulevardmedien – ungefähr achthundertvierzig Kreuzfahrtschiffe die zarte Existenz dieser Perle der Adria. Dies führt auch dazu, dass rund vierundzwanzig Millionen mit Kameras bewaffneter Touristen Tag für Tag die fragilen Gässchen und Brücken stürmen. Und auf dem Markusplatz kostet der Espresso ungefähr so viel, wie ein Reihenhaus im Harz. Dafür aber mit Musik. Wenn die Herren Musiker nicht grad Mittagspause machen. Alles nur Vorurteile? Na von irgendwo werden diese ja wohl kommen!
Venedig? Mir doch egal!
Zweimal war ich als Kind in Venedig, einmal noch später im Rahmen einer Kreuzfahrt, jedes Mal nur für ein paar Stunden. Irgendwo las ich mal, man könne Venedig nur lieben oder hassen. Wenn dem so ist, gehöre ich zur bislang unerforschten dritten Spezies. Mir ist die Stadt nämlich herzlich egal.
Ganz im Gegensatz zu besagtem Hotel. Denn kennt man Belmond, dann weiß man, dass man in deren Häusern immer eine ganz eigene Atmosphäre erleben kann. Eine Kurzrecherche im Internet zeigt zudem: es ist das Lieblingshotel von George Clooney und – hey! Der Mann weiß, was gut ist.
Beim Landeanflug auf Venedig blicke ich auf die schöne Landschaft des Hinterlandes, die in das satte Orange der langsam untergehenden Sonne getaucht ist. Nach dem Aufsetzen allerdings erhellen bereits heftige Blitze die Szenerie rund um die schwarze Wand, die von Osten her auf die Stadt zurollt. Na das kann ja heiter werden. Bzw. eher nicht.
Wie im Film
Mein Fahrer wartet am Ausgang des Flughafens auf mich. Er begleitet mich zu meinem Shuttle, einer schwarzen Mercedes S-Klasse. Warum ich das so explizit erwähne? Nicht, weil es eine schwarze Mercedes S-Klasse ist, wobei ich lügen würde, wenn ich behaupte, dass mir das nicht gefallen würde. Nein. Ich ging bislang davon aus, dass Venedig – siehe oben – am bzw. im Wasser erbaut sei und es somit einer Gondel oder eines ähnlich maritimen Fortbewegungsmittels bedürfe, um zum Hotel zu gelangen. Kurz kommt mir James Bonds Amphibien-Lotus in den Sinn. Ob das die S-Klasse wohl auch kann?
Sie kann es nicht. Und so endet die Fahrt auch schon nach rund drei Minuten wieder. Am Bootsanleger. Wusste ich es doch! Weiter geht es also mit einem Wassertaxi. Einem schönen Wassertaxi. Einem verdammt schönen Wassertaxi. Würde Riva Wassertaxis bauen, ich bin mir sicher, es sähe genau SO aus. Ein Traum aus Holz und Leder.
Auf geht’s. Die Gewitter sind da und so führt die stürmische Reise mit zumindest gefühlt atemberaubender Geschwindigkeit in Richtung Stadt. Es stürmt, es regnet, es blitzt, es donnert. Ein anderes Wassertaxi jagt uns und prompt fühle ich mich erneut wie in einem Agententhriller. Was für ein sensationeller Trip. Und dabei hat der ja gerade erst begonnen.
Das Cipriani – ich hatte ja keine Ahnung!
Als das Taxi die Bucht von San Marco erreicht, hat das Unwetter ein Erbarmen und verzieht sich. Der Campanile ist in der gerade einsetzenden Dämmerung schön zu erkennen und ich denke mir, so vom Wasser aus betrachtet, im eigenen Boot, doch eigentlich ganz hübsch anzusehen, diese Stadt.
Kurze Zeit später kommt dann auch das Belmond Hotel Cipriani in Sicht. Ich erblicke die dunkelbraun-weiß-gestreiften Poller des Anlegers und mir wird schlagartig klar: das kennst du! Von unzähligen Fotos, aus unzähligen Magazinen, aus dem Fernsehen. Soso. DAS ist also das Cipriani? Ich hatte ja keine Ahnung!
Der Empfang ist äußerst freundlich, um mein Gepäck muss ich mich selbstverständlich nicht kümmern (was auf Grund des Gewichts meiner Koffer eine echte Wohltat ist). Der Check-In ist herzlich und geht sehr schnell, dann stehe ich auch schon in meinem Zimmer.
Zimmer 401 ist mit dem Aufzug über die dritte Etage zu erreichen, von dort aus führt eine recht schmale Marmortreppe hinauf ins oberste Stockwerk. Ein großes Zimmer, das genau den Charme ausstrahlt, den man mit Venedig verknüpft: alles ein wenig verspielt, ein wenig antik, aber im Zustand top. Das Bad: ein Traum aus weißem Marmor, modern, neu, perfekt. Es gibt einen etwas verwinkelten begehbaren Kleiderschrank und einen (natürlich wieder viel zu kleinen) Safe. Und es gibt da: diese Tür. Die führt hinaus auf die Terrasse.
Wenn man dir Venedig zu Füßen legt
Terrasse – diese Umschreibung entspricht zwar der Wahrheit, doch ist sie gleichzeitig auch eine unglaubliche Untertreibung. Ich möchte es daher anders formulieren: diese Tür eröffnet mir Venedig.
Die genauen Maße dieser Terrasse, die tatsächlich ganz exklusiv zu meinem Zimmer gehört, müsste ich jetzt einmal mittels Google Earth ermitteln, jedenfalls ist sie riesig. Und sie bietet einen rund 300° Panoramablick über die Stadt. Ihr zu Füßen: der Hotelpool, der größte Pool Venedigs. Doch zu dem später mehr. In jedem Fall ist der Blick mehr als unverschämt und ich ertappe mich dabei, mir ob der Situation kurz in den Handrücken zu kneifen. Das kann doch schließlich nur ein Traum sein!
Entsprechend zögerlich öffne ich am nächsten Morgen die Fensterläden. Doch siehe da: kein Traum. Alles real. Auch das gar riesige Kreuzfahrtschiff, was just in diesem Moment an mir vorbeigleitet. Was für ein Anblick. Was für ein Spektakel! Ich hatte ja – richtig! – keine Ahnung!
Das Frühstück nehme ich auf der Restaurant-Terrasse ein. Nicht alleine, denn Roberta leistet mir dabei Gesellschaft. Sie ist so etwas wie das Haustier des Belmond Cipriani. Eine Schildkröte. Sweet. Zum Frühstück gibt es Rührei mit Schinken, das sowohl geschmacklich, vor allem aber auch optisch sofort einen Platz in meinen persönlichen Top 5 erobern kann. Dazu Darjeeling Tea, gereicht, nein fast schon zelebriert in schweren Silberkannen. Das zugehörige Frühstücksbuffet lässt ebenfalls nur sehr wenig Wünsche offen. Einfach ein äußerst gediegener Start in den Tag.
Ein Date mit Maria Callas
Dieser hat noch eine kleine Überraschung parat. Unweit des Pools liegt eine Segelyacht. Und mit der geht es am Nachmittag auf eine kleine Lagunenreise. Das stolze Schiff hört auf den Namen Edipo Re. Mit der 16-Meter-Yacht ist auch schon Operndiva Maria Callas gereist. Bei weitestgehend gutmütigem Frühlingswetter geht es zu typisch italienischen Klängen von Paolo Conte & Co. am Markusplatz vorbei in Richtung Lido und wieder zurück zum Hotel.
Seeluft macht ja bekanntlich hungrig und auch wenn an Bord der Edipo Re bereits allerlei lokale Köstlichkeiten aufgetischt wurden, man ist ja im Urlaub – und überhaupt. Für das leibliche Wohl hat das Belmond Cipriani nämlich ganz ordentlich was zu bieten. Highlight ist sicher das mit einem Michelin Stern bedachte Oro Restaurant. Etwas relaxter geht es im Giudecca 10, sowie im Cip’s Club zu. Von letzterem hat man noch dazu eine wunderbare Sicht auf Markusplatz & Co. im Sonnenuntergang.
Tagsüber steht darüber hinaus auch noch das Porticciolo Pool Restaurant zur Wahl, die ebenfalls in Pool-Nähe gelegene Gabbiano Bar ist bis 1 Uhr nachts zentraler Punkt des Treibens im Hotel.
Walter und die Prominenz
Die Gabbiano Bar ist auch Arbeitsplatz von Walter. 60 Jahre wird das Hotel dieses Jahr, 40 Jahre davon ist Walter dabei. Zunächst als zweiter Barkeeper, seit 1989 als Chef-Barkeeper. Walter ist eine Institution im Cipriani. Und er kennt sie alle. Ob Liz Taylor, Tom Cruise, Ronald Reagan oder – natürlich – George Clooney. Sie alle haben schon bei ihm gesessen. Er erzählt mir von den Dreharbeiten von Casino Royale, bei welchen die Filmcrew das Hotel als Basis nutzte, dass Daniel Craig bei seinem Aufenthalt einen Bellini dem Vesper vorzog und, um bei James Bond zu bleiben, dass Roger Moore am liebsten nur Wasser trank.
Und: Walter lüftet das Geheimnis des nicht nur für Venezianische Verhältnisse gar riesigen Swimmingpools. Als die Besitzer des Hotels seinerzeit den Bau eines Pools beauftragten, gaben sie die gewünschten Maße in Fuß durch. Darüber, dass in Italien ja eher das metrische System vorherrscht, dachten sie wohl nicht groß nach. Prompt wurde aus einem bescheidenen 33 Fuß Becken also ein 33 Meter langer Pool fast schon olympischen Ausmaßes! Dass die Bauherren bei der Abnahme davon dann eher weniger begeistert waren, dürfte klar sein, doch heute zählen die wahrlich dekadenten Dimensionen des Schwimmbeckens zu den einzigartigen Attraktionen des Belmond Cipriani.
Nicht weniger beeindruckend: ein Gang entlang der „Hall of Fame“. Die aktuelle Celebrities Liste führt rund 200 Namen, einer davon bekannter als der andere. Politiker, Musiker, Regisseure, Schauspieler – alle waren sie hier. Das Hotel und die Bar, sie sind der Hot Spot, nicht nur zu Zeiten der Internationalen Filmfestspiele. Einmal mehr muss ich zugeben: ich hatte – wirklich – keine Ahnung, was mich hier erwartet.
113 Stufen bis zur Ewigkeit
Der nächste Morgen startet zeitig. Geplant ist ein „Breakfast among the Clouds“. Mit dem hauseigenen Bootsshuttle geht es in aller Früh hinüber ins Stadtzentrum. Das wunderschöne, hölzerne Tenderboot pendelt permanent zwischen Hotel und Markusplatz, verkehrt somit alle 10-15 Minuten und das auch die komplette Nacht hindurch. Für Hotelgäste ist dieser Service kostenlos.
Dreimal zuvor war ich in Venedig, doch so wie heute, habe ich die Stadt noch nicht gesehen. Der Platz ist – leer. Komplett leer. Kein Wunder, denn die großen (bzw. inzwischen ja nur noch mittelgroßen) Kreuzfahrtschiffe tauchen erst nach und nach am Horizont auf.
Durch immer kleinere Gassen geht es bis zum Scala Contarini del Bovolo. 113 Stufen zählt die Wendeltreppe, die hinauf führt in gar schwindelerregende Höhen. Die Belohnung: neben besagtem Frühstück ein wirklich sensationeller Blick über die Stadt. Eine Stadt, die mich langsam aber sicher doch nicht mehr ganz so kalt lässt. Eigentlich ganz schön – schön, dieses Venedig.
Beim anschließenden Rückweg gibt sich die Stadt dann aber auch gleich schon wieder weitaus geschäftiger. Die ersten Touristenströme haben die Plätze und Gassen bereits fest im Griff und irgendwie ist man dann doch schon wieder ganz froh, mit seinem privaten Shuttleboot gleichermaßen elegant wie bequem und schnell jenen Massen zu entkommen.
Zurück im Hotel bleibt mir noch ein wenig Zeit, den Pool und anschließend meine private Dachterrasse zu genießen, ehe die große Geburtstagsparty startet. Die untergehende Sonne taucht die mit einem Riva Boot, einem Fiat 500 und allerlei anderen Details der vergangenen 60 Jahre verzierte Uferpromenade in ein wunderschönes Licht.
Ein Bellini mit George Clooney
Entgegen allen Prophezeiungen meint es auch der Wettergott gut mit dem Team des Cipriani und so kann die kommenden Stunden draußen wie drinnen am aus Harry’s Bar bekannten Tresen, ausgiebig gefeiert werden. Standesgemäß natürlich mit dem ein oder anderen Bellini, jenem Getränk, das hier seinen Ursprung hat. Ja und selbst George Clooney fehlt nicht. Zumindest per Videobotschaft gesellen er und seine Frau Amal sich zu den geladenen Gästen hinzu. Bellini mit George? Mission erfüllt. Ok, zumindest so – halb.
Am darauffolgenden Tag heißt es dann auch schon wieder Abschied nehmen vom Belmond Hotel Cipriani und dessen echt liebenswerter Crew. Natürlich aber nicht, ohne mir vorher noch bei Walter ein paar Tricks für den perfekten Negroni abzuschauen. Doch das – ist eine andere Geschichte.
Mit dem Wassertaxi, erneut ein Traum aus Holz und Leder, diesmal aber sogar als „Cabriolet“, geht es zurück in Richtung Flughafen. Der Fahrer nimmt heute allerdings die romantische Route. Die führt noch einmal durch die kleinen Kanäle und Wasserstraßen der Stadt, hindurch unter den Brücken, auf denen die Touristen staunend herunterwinken. Und so ein bisschen fühle ich mich heute selbst wie ein Filmstar. Venedig – ich glaube, ich muss ganz bald wieder einmal hier hin zurück.
Mein Fazit
Venedig, soll man es nun hassen, oder lieben? Zumindest meine Antwort darauf ist nach diesem Aufenthalt schnell klar. Was für eine wunderbare Stadt. Ich hatte wirklich keine Ahnung. Und mit dem Belmond Cipriani trifft nicht nur George Clooney eine perfekte Wahl. Weitab vom Trouble gelegen, hat man seine Ruhe, ist dank des Shuttlebootservices aber dennoch schnell mittendrin in der Stadt mit ihren vielen Geschäften und Sehenswürdigkeiten. Das Cipriani bietet so tatsächlich das Beste zweier Welten. Hinzu kommen die wirklich wunderschöne und gepflegte Hotelanlage, die märchenhaften Zimmer und die sehr familiäre Atmosphäre. Belmonds venezianische Residenz ist besonders empfehlenswert für Paare, seien sie nun frisch verliebt oder möchten sie es – erst oder wieder – werden.
Hinweis zur Transparenz
Der Bericht entstand im Rahmen einer von der Belmond Hotelgruppe veranstalteten Gruppen-Pressereise. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand nicht statt.
Fotos: © PCS 2018
Kommentare