Chasing the Sunset – Karibik mit der Mein Schiff 2

Sunsetchaser. Gibt’s dieses Wort überhaupt? Oder ist das wieder einmal so eine denglische Erfindung von mir? Eine kurze Recherche im Netz zeigt für den entsprechenden Hashtag auf Instagram immerhin 377.845 Beiträge. Mit meinem Hobby bin ich dann also wohl doch nicht ganz alleine.

Alles für den perfekten Sonnenuntergang

Es gibt kein „alltägliches“ Naturereignis, das mich auch nur annähernd so fasziniert, wie der Sonnenuntergang. Jeden Tag anders, immer wunderschön. So man ihn denn sieht. Sonnenuntergang über der Stadt, Sonnenuntergang in den Bergen, alles wunderbar. Mein Favorit aber ist jener aus einem Flugzeugfenster aus betrachtet, getoppt nur noch an Bord eines Schiffes, dann, wenn der glühende Feuerball im Meer versinkt.

Jene meine beiden Favoriten kamen in 2020 eindeutig zu kurz. Woran das liegt, muss ich an dieser Stelle wohl nun wirklich nicht mehr groß beim Namen nennen, wirbelte es in diesem Jahr doch bei so ziemlich jedem nahezu alles durcheinander.

Heute ist es daher dann auch exakt ein Jahr her, dass ich meinen letzten Sonnenuntergang an Bord eines Schiffes erlebte. Und hätte mir das jemand an jenem 22. Dezember des Jahres 2019 gesagt, ich hätte ihn für verrückt gehalten.

Mit der Mein Schiff 2 auf 14-tägiger Karibik-Kreuzfahrt

Zumindest aber kann ich mir nicht vorwerfen, diesen einen Sonnenuntergang nicht gebührend genug zelebriert zu haben. Denn bis dorthin war es ein langer Weg. Und der begann knapp zwei Wochen zuvor auf Barbados.

Dort, im Hafen von Bridgetown wartet sie bereits, die schöne Mein Schiff 2. Ein besonderes Wiedersehen, durfte ich rund zehn Monate zuvor doch schon ihre spektakuläre Taufe in Lissabon miterleben (mehr dazu in meinem damaligen Bericht „Design und Meer“).

Doch etwas ist anders heute. Denn heute bin ich wirklich rein privat an Bord. Keine Verpflichtungen für die kommenden zwei Wochen. Einfach Nichts tun. Das Kameraequipment ist daheim geblieben, von nun an gilt es, einfach nur zu genießen. Urlaub an Bord!

Champagner! Zwei Wochen Urlaub mit Freunden

Mit dabei, eine ganze Riege an Freunden, zum Teil über die letzten Jahre an Bord kennengelernt, zum Teil schon seit Ewigkeiten über unsere Luxify Community verbunden. Entsprechend herzlich auch direkt der Empfang an der X-Bar. Der Champagner fließt in Strömen und lässt die Strapazen des langen Fluges direkt vergessen.

Dann steht er an: der erste Sonnenuntergang. Für mich der erste karibische Sonnenuntergang seit nunmehr sechs Jahren (damals unterwegs mit der Celebrity Reflection, auch dieser Bericht findet sich natürlich hier auf Luxify). Doch was so vielversprechend beginnt, wird kurz vor dem Höhepunkt von einer Wolkenschicht in seiner vollumfänglich zu entfaltenden Schönheit gebremst. Schade. Aber das macht nichts. Wir haben ja noch viel Zeit.

14 Tage, länger war ich, zumindest privat, schon seit dem Jahreswechsel 1993/1994 nicht mehr mit einem Schiff unterwegs. Damals übrigens auch in der Karibik, aber keine Sorge, DA gibt’s nun wirklich keinen Bericht zu. Wobei…

Die Route: Mein Schiff 2 Karibische Inseln 2

Nein, zurück in den Dezember 2019. Die zweiwöchige „Karibik II“ Reise führt von Barbados aus mit einem ersten Seetag zunächst nach St. Johns auf Antigua, bis dann Roseau, Dominica und Castries, Saint Lucia auf dem Programm stehen.

Der erste Seetag, er hat all das in sich, was man sich so von einem Urlaubstag erwartet. Spätes Aufstehen, kleines Frühstück – und viel Sonne. Die Temperaturen: karibisch. Der Sonnenuntergang: erneut vielversprechend, mit Abzügen in der B-Note. Wieder verhindern Wolken am Horizont die Perfektion. Das Farbenspiel allerdings, das kann sich sehen lassen.

Der darauffolgende Tag ist dahingehend dagegen nicht einmal der Rede wert. Selbst ohne Wolken nämlich hätte die Lage des Schiffes im Hafen von St. Johns die Sonne so oder so hinter der Insel untergehen lassen.

Unterwegs auf den kleinen Antillen

Dafür bietet Roseau ein überaus spannendes Ereignis. Ein feiner, tropischer Regenschauer lässt einen doppelten Regenbogen entstehen, der scheinbar an Deck der Mein Schiff 2 beginnt.

Die Suche nach dem Topf voller Gold bleibt aber ebenso erfolglos wie die nach dem perfekten Sonnenuntergang. Erneut: nahe dran, aber – diese Wolken!

Ein merkwürdiges Licht lässt mich tags drauf schon sehr früh wach werden. Ich öffne die Vorhänge und – bin nur wenige Minuten später auf dem X-Sonnendeck, um einen Sonnenaufgang zu erleben, der die bisherigen Untergänge definitiv in den Schatten stellt. Castries meint es gut mit mir, an jenem Morgen.

St. George’s, Grenada ist die letzte Station des ersten, munteren Inselhoppings, ehe wieder ein Seetag ansteht. Der Sonnenuntergang: ein echter Traum. Bis 5 Minuten vor Schluss. Dann sind sie wieder da, diese vermaledeiten Wolken. Das gibt es doch nicht.

Mehr Glück am Seetag vielleicht? Mittlerweile habe ich übrigens gemerkt, ich bin auch hier an Bord nicht allein auf meiner Jagd. Jeden Abend finden sich die immer gleichen Gesichter an den immer gleichen Stellen ein. Bewaffnet mit iPhones, GoPros, 360° Kameras oder „schwererem Equipment“ stehen sie bereit. Bereit für DEN Moment. Den Moment, auf den wir alle warten. Heute allerdings erneut vergebens. Satz mit X. Wieder nix. Aber vielleicht ja morgen.

Weiter geht’s zu den ABC Inseln

Jener zweite Seeetag der Reise führt die Mein Schiff 2 dann nämlich zu den ABC Inseln. Allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Wir beginnen also mit dem C. Das steht für Curacao. Ist das Wasser da tatsächlich so „blue“, wie es das picksüße Getränk verspricht?

Kommt in etwa hin. Richtig süß auch der Stadtkern von Willemstad. Für mich schon jetzt der Höhepunkt der Reise. Die bunten Häuschen, die Schwenkbrücke, einfach traumhaft. Und auch die Regengüsse, die sich alle 30 Minuten mit Sonnenschein abwechseln, können die Freude über diese Destination nicht trüben. Herrlich!

Doch wie schaut es mit dem Sonnenuntergang aus? Schließlich sind wir ja hier nicht zum Spaß! Nun, was soll ich sagen? Ich sag‘ besser nix. Außer: er hätte schlechter sein können. Besser natürlich auch. Aber ein paar Tage haben wir ja noch.

Karibik pur auf Bonaire

Nach „C“ kommt „B“. Und „B“ heißt Bonnaire. Ein Plätzchen auf Erden, an dem das Wasser noch türkiser, der Himmel noch blauer, der Sand noch weißer scheint als anderswo. Ein wunderbarer Fleck, Karibik pur.

Der gemeinsame Strandausflug gipfelt mit Schwimmen im Meer und endet für einen Nicht-Sportler wie mich dann auch nur mit leichten Blessuren. Mit einem Shuttleboot geht’s am Nachmittag zurück zum Hafen. Die tiefstehende Sonne, die karibische Briese, so fühlt sich ein perfekter Tag an. Fehlt eigentlich nur noch…

Richtig. Der Sonnenuntergang. Dass es mit dem nichts wird, ist heute wenigstens schon recht früh klar. Ein wenig zu diesig ist die Luft, und natürlich sind auch die Wolken am Horizont wieder da. Doch heute ist mir das – vollkommen egal.

Aruba als Eldorado der US-Kreuzfahrer

Kommen wir zum „A“ der ABC Inseln. Bekannt spätestens seit dem Song „Kokomo“ der Beach Boys (die älteren unter uns werden ihn aus dem Film „Cocktail“ mit Tom Cruise kennen), ist Aruba die westlichste der drei Inseln.

Und es ist die touristischste, wie es mir scheint. Unweit des Hafens findet sich eine Shopping Mall neben der anderen. Ob nun Louis Vuitton, Rolex oder sonstige Luxusgüter, hier bekommt man alles. Oranjestad scheint einzig zum Zwecke gebaut, den Massen an Kreuzfahrttouristen die Dollarscheine aus den Taschen zu locken.

Also nichts wie weg aus der Stadt, hin zum Strand. Sprach ich davon, dass gestern der Sand so weiß sei, heute ist er – weißer als weiß. Unglaublich weiß. Wie aus dem Bilderbuch. Bilder, um die mich definitiv jeder Daheimgebliebene wird beneiden. Auch, weil er nie etwas davon erfahren wird, wie es sich anfühlt, wenn während jener Aufnahmen der feine Sand durch den mächtigen Wind permanent in den Augen landet.

Aber hey, nicht meckern. Alles für den Dackel. Also für den perfekten Instagram Shot halt. Als alter „Micro-Influencer“ kann man eben selbst im Urlaub nicht aus seiner Haut. Und was krönt so eine Insta-Story mehr als jetzt noch ein richtig geiler Sonnenuntergang? Eben. Also:

Perfekte Pool-Party statt perfektem Sonnenuntergang

Enttäuschend, oder? Und auch am darauffolgenden Seetag, dem Dritten dieser Reise, will es einfach nicht besser werden. Zwar gibt sich die Sonne kurz vor Tagesende noch ein Stelldichein, doch erneut verhindert ein dickes Wolkenband den Abschluss.

Und ehrlich gesagt, es ist dieser Tag, an dem ich es so langsam mit der Angst zu tun bekomme. Denn schließlich ist das Sunset Nr. 11 von 14. Viel Zeit bleibt also nicht mehr. Zur Hebung der allgemeinen Stimmung nehmen wir die heutige Poolparty mal komplett wörtlich und funktionieren das 25-Meter-Schwimmbad der Mein Schiff 2 zur Partyzone um, ehe es in Bademänteln noch auf einen Negroni in die Abtanzbar geht.

La Romana lautet unser nächstes Ziel. Ein seltsames Ziel. Und ein seltsamer Tag. Denn hier steht ein Passagierwechsel an. Knapp die Hälfte (all jene, welche die „Karibik I“ Reise gebucht haben) müssen heute die Mein Schiff 2 verlassen, für sie kommen die ersten Gäste der Weihnachtsreise an Bord.

Passagierwechsel in La Romana

Die Mein Schiff 2, in den vergangenen 11 Tagen subjektiv gefühlt weit weg von Vollbelegung, füllt sich zusehends. Ja, es wird voll an Bord. Und irgendwie kommt auch ein wenig Neid auf. Darauf, dass „die Neuen“ jetzt noch volle 14 Tage vor sich haben, während ich in drei Tagen schon wieder ins nasskalte Deutschland fliegen muss.

Erwähnte ich schon den Sonnenuntergang? Nein? Muss daran liegen, dass heute nicht nur die Wolken, sondern auch die Insel im Weg sind. Also wieder nix. Nunja. Zwei Chancen haben wir ja noch. Die erste davon am darauffolgenden Seetag, dem vierten und letzten seiner Art.

Auch dieses Mal färbt unser Himmelsgestirn die Szenerie traumhaft schön. Alle Farben des blauen und orangenen Spektrums sind vertreten. Doch im Meer, da versinkt sie auch dieses Mal wieder nicht. Und um mich rum blicke ich in zunehmend traurige Gesichter unter den anderen „Sunset Chasern“ an Bord.

Tag Nummer 14. Finale. Die Mein Schiff 2 macht heute in Fort de France, Martinique fest und bleibt im dortigen Hafen bis nach Sonnenuntergang liegen. Das sind – nicht gerade die besten Voraussetzungen. Doch eine grobe Schätzung der astronomischen Gegebenheiten lässt mich zuversichtlich werden, dass zumindest kein Inselteil den Blick auf den Horizont an jener Stelle verstellen sollte, an welchem die liebe Sonne auf diesen stoßen wird.

Der perfekte Sonnenuntergang. Endlich.

Alle treffen sich noch ein letztes Mal ein, am Sonnendeck der X-Bar. Zumindest alle, die noch an Bord sind. iPhones, Fotoapparate, GoPros, Videokameras, alles liegt bereit und wartet. Natürlich darf zu so einem Event auch das obligatorische Glas Champagner nicht fehlen.

Wie sieht die Wolkensituation aus? Nun, es sind welche vorhanden, doch der Horizont scheint frei. Sollten wir wirklich Glück haben? Wenigstens ein einziges Mal? Um Zwanzig vor Sechs Uhr Ortszeit ist klar: wir haben Glück.

Die Sonne versinkt im karibischen Meer. In ihrer vollen Pracht. Ungestört. Unter dem Applaus der Sonnenjäger der Mein Schiff 2. Der perfekte Abschluss dieser Reise. Und ja, ich habe Tränen in den Augen. Und Gänsehaut. Sogar jetzt noch, ein Jahr später, so ich diese Zeilen schreibe.

Auf eine glücklichere Zukunft in 2021

Heute denke ich zurück, an eine der schönsten Kreuzfahrten. Und in die Sehnsucht mischt sich Hoffnung. Darauf, dass wir alle schon bald wieder reisen und einmalige Momente erleben können. Darauf, viele tolle Menschen endlich wiederzusehen und mit ihnen ganz besondere Erlebnisse teilen zu dürfen.

Mit diesen Worten wünsche ich frohe und hoffnungsvolle Feiertage, ein schönes Weihnachtsfest und einen „guten Rutsch“ in ein hoffentlich dann wieder unbeschwerteres Jahr 2021. Wir sehen uns. Und bis dahin: gesund bleiben!

Hinweis zur Transparenz

Der Bericht entstand im Rahmen einer privaten Urlaubsreise. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand nicht statt.

Fotos: © PCS 2019/2020