14:45 – das nächste Interview in Landau. Cafe Riva, ein gut frequentiertes Cafe in der Innenstadt. Das Team besteht wie immer aus Gabor, dem Kameramann (ich nenn ihn Katja), der Assistentin Jana und dem dicken Tonmenschen. Ich werde verkabelt und bekomme meinen Kaffee. Es geht gleich los. Wie war der gestrige Abend, wie war das Essen, wie die werte Befindlichkeit? Nervös? Neugierig? Ja. Ja.

Es geht an die Fragen über Christoph. Was erwarte ich vom heutigen Abend? Hat Christoph wohl eine Katze oder einen Hund? Kann ich mir vorstellen, daß Christoph was sammelt? Man weiß schon, wohin die Reise geht. Christoph hat bestimmt ein Haustier und sammelt irgendwas. Mittlerweile wissen wir ja, daß er was in Medien macht und auf seine Individualität wert legt. Er wird also entsprechend wohnen. Da er 30 und single ist, vermute ich, daß sein jetziger Wohnort nicht identisch mit dem in 5 Jahren sein wird. Auf die Frage: Star Wars oder Star Trek antworte ich Star Trek, da ich Christoph als jemanden einschätze, der in Star-Wars Filmen „wie unrealistisch!“ sagt.

Die Menukarte kommt. Und die macht mich zum ersten mal leicht nervös. Und neidisch. Denn sie ist gut. Sehr gut sogar. Christoph entkommt der Pfalzfalle elegant, indem er das Thema ganz woanders hin verortet, nämlich in die USA. Verdammt, guter Schachzug! Die Karte besteht aus einer Umrißzeichnung der USA und dort sind verschiedene kulinarische Rohmaterialien eingezeichnet: Lobster, Steak, Obst, Gemüse, Peperoni etc., alles von Hand gezeichnet und ohne Hinweis aufs Essen selbst. In der Ecke eine Rolle Dollarnoten. Ich will sie natürlich einstecken, aber auf den Scheinen steht das Menu.

Amuse und Aperitif: Martini Dry mit Olive (Respekt!)

Vorspeise: Tomaten-Gumbo mit Hühnchenspieß und Maisbrot (Wow!)

Hauptgang: Surf & Turf, Chateaubriand und halber Hummer mit Mashed Potatoes und Bohnen im Speckmantel (lechtz!)

Nachspeise: Mom’s Cheesecake mit Beeren

Erster Gedanke: Okay, das hat er im Sack. Zweiter Gedanke: Abwarten, das ist nicht einfach zu machen. Aber ich bin nervös, Christoph spielt einige Ligen über den Mädels. Meine Karte wird nicht so originell sein und mein Menu ist ziemlich piefig im Vergleich.

Es gibt noch ein paar Fragen. Ich beantworte sie und will grad wieder gehen, als mich Gabor bittet, die Dollarscheine wieder rauszurücken. Ich entnehme sie der Innentasche meines maßgefertigten smaragdgrünen Samtsakkos, reiche sie ihm mit den Worten, er möge sich mal was anständiges zum Anziehen kaufen und gehe zu meinem Cabrio. Von dort zu meiner Schwester, letzte Dinge mitnehmen und vor allem nochmal ne halbe Stunde aufs Ohr hauen. Ich bin hundemüde.

Christoph wohnt praktisch und zentrumsnah in einem seelenlosen Wohnklotz. 5. Stock, Lift gibts, aber nur für Pussies. Vor der Tür das übliche: Susanne empfängt uns, wir „kommen an“, die Mädels für sich und ich allein. Sabine ist krank und hat verletzungsschmerzbedingt schlecht geschlafen, Birgit ist etwas müde und leicht knatschig, aber generell sind alle gut drauf.

Christophs Wohnung ist so, wie man sich die Wohnung eines jungen Kreativen (er ist 30) mit ersten Berufsmeriten so vorstellt. Recht originell, viel Mühe ins Detail gelegt, keine kostbaren Möbel ,aber eine feine Film-, Buch- und CD-Sammlung. Witziges und „Witziges“ überall, macht Spaß, hier den Blick wandern zu lassen. Die Müdigkeit weicht einer gewissen Euphorie, aber auch Wehmut kommt auf: mein letzter Abend als Gast.

Der Martini ist perfekt. Pupstrocken, stilecht serviert, die Olive ist knackig. Kein Bullshit, das hat er perfekt gemacht. Die Schlichtheit des Moves begeistert mich. Die Vorbereitung waren keine 28 Sekunden, dennoch eine Punktlandung. Christoph wird mir bissi unheimlich.

Noch ein fettes Plus: Christoph hat eine geile Katze namens Johnny. Johnny ist leicht behindert, weil ihm bei der Geburt die Nabelschnur um den Hals geriet, daher läuft er wie sediert und ist katzenuntypisch sehr gesellig und offensiv. Tolles Tier! Ich hab mich sofort verliebt.

Seine Tischdeko ist witzig und verspielt: Thema ist Amerika, es gibt kleine Matchbox-Autos, als Platzteller dienen CBS-Bluesplatten, die uns später als Gastgeschenk überreicht werden. Ansonsten unprätentiös, ohne Firlefanz und ohne Bullshit.

Erste Interviews, alles gut.

Die Vorspeise kommt: Gumbo. Was ist Gumbo? Ein typisches Südstaaten-Eintopfgericht, basierend auf Tomaten und Sellerie. Normalerweise sehr würzig und deftig, hier eher zurückhaltend und elegant. Das Gemüse fein und bißfest, im Hintergrund ein feines, aber anregendes Raucharoma. Der Hühnchenspieß ist saftig und knusprig, das Maisbrot ein Gedicht. Dazu gibts wahlweise eine seltene US-Limonade, die es hierzulande nicht gibt, Bier aus der Flasche oder einen recht lausigen kalifornischen Riesling. Ich nehme die Limo, weil ich das Zeug mag und es hier selten zu haben ist.

Christoph ist ein sehr guter Gastgeber. Eloquent, aufmerksam, witzig. Ich mag ihn wieder auf Anhieb. Sabine ist gewohnt grell, Birgit wird zusehends ruhiger, sie kann mit Christophs Themen wenig anfangen. Die da wären: Comics, Superhelden und Starwars. Birgit hat aber nur ne Tochter, Batman hat Birgits Haus somit niemals betreten.

Die nächste Interviewrunde, Sabine und ich auf Christophs Bett. Haha, hihi. Mutti Susanne stellt die Fragen, die wir routiniert und eingespielt beantworten. Das hier feels like home.

Anschließend die „Durchstöberung“ von Christophs Latifundien. Es geht in sein Arbeitszimmer, welches bis unter den Rand gefüllt ist mit Starwars-Figuren, Sammelkarten, Spielsachen, Simpsons-Kruscht etc. Ich habe lange nicht mehr so viel Spielzeug auf einem Haufen gesehen. Christophs Home-Office. Es findet sich auch der eine oder andere Medienpreis, Christoph scheint nicht unerfolgreich zu sein.

Um 9 soll dann der Hauptgang folgen. Aber es kommt nix. 9.15. 9.30. Nix. Um 10 Uhr immer noch nix, aber geschäftiges Brummen aus der Küche. Schlechtes Zeichen, Christoph ist offensichtlich überfordert. Okay, ist aber auch schwierig. Wir sind dennoch hungrig. Auch im Team macht sich Erschöpfung und Ungeduld breit. Klar, für die ist das so anstrengend wie für uns. Die Spannung überträgt sich auf uns, aber nur ein wenig, da wir gut mit Getränken versorgt sind. Im Team jedoch sind die ersten Dissonanzen nicht zu überhören, insbesondere zwischen Mutti und dem Kamerataliban bitzelt es hin und wieder, der Aufnahmeleiter scheint machtlos.

Um 10:15 dann der Hauptgang. Und Christoph scheitert.

Der Teller ist gefüllt mit einer kleinen Scheibe Fleisch, einem minikleinen Hummerschwänzchen mit fahlweißem Fleischfisch-Wimmerling darin, einem Bollen Kartoffelbrei und einer Rolle Bohnen im Speckmantel. Der Teller ist kalt. Das Fleisch auch. Es ist wunderbar butterzart, aber es ist nicht medium-rare, sondern weist das leichte grau-rosa von medium-well auf. Der Hummer ist gummiartig und lätschig, der Kartoffelbrei salzlos, fest und quasi aromafrei. Die Bohnen sind gut. Ganz ehrlich: ich könnt fast bissi heulen, mir tuts grad brutal leid. Die kleine Portion ist im nu weg, der gute kalifornische Zinfandel dazu auch. Sabine hat noch Hunger, Birgit hat fast alles aufgegessen. Das will was heißen.

Ich vermute: der Hummer ist TK-Ware. Ist er auch. Und warum? Weil man in so einer Sendung nicht zeigen kann/will, wie ein Hummer getötet wird. Hm, bitte? TK-Hummer haben schließlich auch mal gelebt und es gibt ja deutlich verträglichere Methoden als das Ende im heißen Wasser. Aber okay, so sind die Regeln. Warum Christoph dann nicht was anderes genommen hat, ist mir allerdings schleierhaft.

Die Stimmung sinkt, wir haben bissi Hunger und es dauert heute alles wahnsinnig lang. Doch Christoph kann immer wieder retten, wenn er da ist, weil er wirklich nett ist.

Aber sein Dessert ist leider langweilig. Käsekuchen, mei. Dazu ne rote Johannisbeerkaskade, in Zucker gewälzt und ein dünner Espresso. Sorry, das haben die beiden vorher besser gemacht und Christoph hätte reagieren können. Die Traurigkeit, die noch beim Hauptgang bei mir darüber herrschte, daß hier ein ambitionierter Contender gestrauchelt ist, weicht der Erkenntnis, daß Christoph sich schlichtweg zuviel vorgenommen hat und an seiner Aufgabe gescheitert ist. Schade, der Abend an sich war richtig gut.

Letzte Interviews. Raus auf die Straße. Draußen dann Punktevergabe. Während wir dastehen und ich meine Punkte geben soll, kommt eine Gruppe sichtlich angeheiterter Gymnasiasten aus einer nahen Halle, offenbar ein zu Ende gegangenes Fest.

Die Kids sehen das Licht und erkennen die Kamera. Die Notenkarten sind dick mit „Das Perfekte Dinner“ beschrieben, was insbesondere den Mädels nicht entgeht. Die freuen sich sichtlich („was, hier in Landau?“) und verwechseln prompt Dinner mit Promidinner. Erste Fragen folgen, folgender Dialog entspannt sich:

„Seid ihr das Promi-Dinner?“

„Ja, Promidinner“

„Sind sie ein Prominenter?“

„Wie mans nimmt“

(ich kenn den, ich kenn den)

„Wer sind Sie denn?“

„Mein Name ist Johannes zu Guttenberg, ich war mal Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland“

(Kamerajungs und Jana so: wtf??!?)

„*kreisch* Echt jetzt? Hier in Landau?“

„Ja, warum denn nicht? Seid uns nicht böse, aber wir müssen jetzt leider weitermachen hier. Und geht wählen!“

Ich hab 6 Punkte vergeben.

Weiter lesen:
Das perfekte Dinner – Tag 4: Mein Tag

Text: © Tobias Ueberschaer
Foto: © VOX / ITV

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