Es ist ein paar Wochen her, als mich ein Freund beim Abendessen fragte, was denn so die begehrtesten Uhren derzeit seien. Um diese Frage zu beantworten muss man nicht wirklich lange nachdenken. Denn auf Anhieb fallen mir genau drei Modelle ein, die ihre um Kauf bemühten Fans regelmäßig an den Rand der Verzweiflung treiben: die Rolex Daytona, Ref. 116500 LN, die Nautilus, Ref. 5711 von Patek Philippe und die Royal Oak Extra Flach, Ref. 15202ST von Audemars Piguet. Alles drei Stahluhren, die unter normalen Umständen praktisch überhaupt nicht, wenn doch, dann nur mit vielen Jahren Wartezeit zu bekommen sind.
Titan und Platin – jetzt auch in der Jumbo Ultraflach
Im Falle der 15202 gibt es seit diesem Jahr eine spannende Alternative zu Stahl. Zur Referenz 15202ST gesellt sich seit dem SIHH 2018 die 15202IP. „IP“, das steht für eine recht spannende Materialkombination, die ihre Premiere in der Royal Oak Kollektion vergangenes Jahr feierte und nun zum ersten Mal auch in der Extra Thin zu bewundern ist.
Wie schon beim 41 Millimeter Chronograph 26331IP und den Sondermodellen zum QE2 Cup 2017, besteht auch das Gehäuse der 15202IP aus Titan. Kombiniert wird es mit einer Lünette aus Platin. Beim Armband werden die großen Bandglieder aus Titan durch Bindeglieder aus Platin ergänzt. Der deutliche Farbunterschied der beiden Metalle wird durch die unterschiedliche Bearbeitung noch verstärkt. So sind alle Titan-Flächen wie gewohnt gebürstet, die Platin-Elemente hingegen sind auf Hochglanz poliert.
Alle Proportionen sind gegenüber dem Stahl-Modell gleich geblieben. Das führt dazu, dass die 15202IP in ihrer Optik gleichermaßen ungewohnt wie familiär rüberkommt. Auf den ersten Blick scheint sie ein wenig kleiner als ihr Stahl-Pendant, gerade die sich abwechselnden polierten und satinierten Flächen am Armband wirken aber extrem gefällig.
Lünette als Eyecatcher
Der größte Eyecatcher ist die polierte Lünette, die je nach Lichteinfall in hellstem Glanz erstrahlt oder komplett schwarz wirkt. Ein unglaubliches Schauspiel. Der strahlende Glanz hat allerdings auch seine – dies kleine Wortspiel sei mir gestattet – Schattenseite. Schon am Mittag des ersten SIHH Messetages waren erste Kratzer bereits deutlich wahrnehmbar. Ein wahrer Magnet also, was das angeht und so sollte der, der an der 15202IP Spaß haben will, diesbezüglich besser gelassen bleiben.
Ihre volle Wirkung entfaltet die glänzende Achteck-Lünette mit dem extra für die 15202IP gefertigten Zifferblatt. „Smoked Blue“ nennt Audemars Piguet das Blatt, welches im gewohnten Petite Tapisserie Muster gefertigt ist. Am Rand fast schwarz, führt der Farbverlauf hin zu einem verführerisch strahlenden Blau in der Zifferblattmitte.
Auch die Datumsscheibe ist farblich dem neuen „Rauchblau“ angeglichen. Die Zeiger und Indexe sind mit Leuchtmasse gefüllt und natürlich sitzt auch bei der Titan-Platin „Jumbo“ das AP Logo genau dort, wo es sitzen soll, über dem 6-Uhr Index.
Keine Experimente auch beim Uhrwerk. Hier arbeitet wie erwartet das wunderschöne Kaliber 2121, einst entwickelt von Jaeger-LeCoultre, genutzt unter Anderem von Vacheron Constantin, Patek Philippe und eben dem heutigen Rechteinhaber, Audemars Piguet. Für mich persönlich nach wie vor das attraktivste Automatikwerk, welches auch bei der 15202IP seine ganze Schönheit durch den Saphirglasboden präsentieren darf.
Schlaflose Nächte für Fans der Jumbo
Kommen wir zu den weniger schönen Seiten dieser Messeneuheit. Zunächst wäre da die Tatsache, dass auch dieses Modell ausschließlich über die Audemars Piguet Boutiquen erhältlich sein wird. Da es ab diesem Jahr mit Frankfurt und München nun aber endlich auch in Deutschland zwei AP-eigene Verkaufspunkte geben wird, ist „Boutique only“ im Grunde kein Problem mehr.
Wenn, ja wenn da nicht die Limitierung wäre. Gerade einmal 250 Stück der 15202 in Titan-Platin wird es geben. Eines davon zu ergattern dürfte also, gelinde gesagt, eine Herausforderung werden. Doch auch Kunden, die auf ein Exemplar der klassischen Stahl-Jumbo, der 15202ST warten, könnte diese Neuerscheinung schlaflose Nächte bereiten.
Der Grund liegt im Vertriebskonzept von AP. Exakt 40.000 Uhren baut Audemars Piguet eigenen Angaben zufolge pro Jahr. Genau 1.000 von ihnen fallen auf die Modelle der Referenz 15202. Diese 1.000 Stück teilten sich bislang die Referenzen 15202ST (Stahl), 15202OR (Rotgold) und 15202BA (Gelbgold). 250 Stück der neuen 15202IP bedeuten somit, dass in diesem Jahr 25% weniger Modelle in Stahl, Rot- und Gelbgold gebaut bzw. ausgeliefert werden. Die Wartezeiten auf das Stahl-Modell, sie werden also noch einmal länger.
Fazit
Mein Fazit: ich bin definitiv kein Fan von Titan-Uhren. Insofern löste die Verwendung gerade dieses Materials ausgerechnet in der Royal Oak Jumbo, einer der für mich schönsten Uhren, die jemals gebaut wurden, zunächst ein wenig Stirnrunzeln aus. Im Zusammenspiel mit dem schweren Platin allerdings ist auch die 15202IP eine extrem schöne und tragbare Uhr geworden. Mein absolutes Highlight: das smoked blue Zifferblatt, welches das Blatt der Stahl-15202 im direkten Vergleich ziemlich alt aussehen lässt.
Datenblatt:
- Modell: Audemars Piguet Royal Oak „Jumbo“ Ultraflach, Ref. #15202IP.OO.1240IP.01
- Gehäuse: 39mm, Titan, wasserdicht bis 5 bar (50 Meter), Lünette Platin 950, Saphirglas entspiegelt, Sichtboden mit Saphirglas
- Zifferblatt: Rauchblau, Petite Tapisserie Motiv, Zeiger und Indexe Weißgold mit Leuchtbeschichtung
- Armband: Gliederarmband aus Titan, Bindeglieder aus Platin 950, Titan-Doppelfaltschließe
- Uhrwerk: Manufakturwerk, Kaliber 2121, Automatik, 19.800 A/h (2,75 Hz), 40 Stunden Gangreserve
- Funktionen: Stunde, Minute, Datum
- Auflage: 250 Stück, Boutique only
- Preis: 35.100 Euro (Deutschland)
Fotos: © PCS 2018
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