Nie werde ich meine erste Uhrenmesse vergessen. Das Funkeln in den Schaufenstern, die wunderschönen stählernen und goldenen Zeitmesser überall…. Was jetzt anfängt, wie ein Werbespot für Karamellbonbons, hat einen ernsten Hintergrund. Denn seit jener Zeit, 2003 war das, hat sich vieles geändert. Und spätestens 2018, das ist schon jetzt klar, ist in der Uhrenindustrie wirklich nichts mehr, wie es war.
Seit meiner ersten Uhrenmesse, der Baselworld vor 15 Jahren, gab es für jene Ausstellung immer nur eine Richtung. Nach vorne. Größer, spektakulärer und teurer. Neue Messehalle, neue Stände, Glamour soweit das Auge reicht. In diesem Jahr wird die Baselworld das erste Mal nicht nur was die Anzahl der Aussteller angeht deutlich kleiner ausfallen, auch die Dauer der Ausstellung wird verkürzt.
Meine Historie, was den Genfer SIHH angeht, ist noch nicht ganz so lang. Erst 2016 schaffte ich es, in den erlauchten Kreis der Berichterstatter aufgenommen zu werden. Doch schon die Erfahrung dieser zwei Salons zeigt: Genf ist wie Basel, nur noch schöner, noch besser. Hier stellen nur die feinsten Marken aus, die Messe ist klein im Vergleich zu Basel, klein aber oho. Und geboten wird Uhrmacherei der Extraklasse. Haute Horlogerie, ein Zeigen des Machbaren.
Als Uhrenfan hat man hier regelmäßig Tränen der Begeisterung in den Augen angesichts der großen Komplikationen und wenn eine Uhr dann mal sieben- statt sechsstellig kostet, zuckt man allenfalls nur noch kurz ein wenig zusammen.
Dass die Marktentwicklung der letzten Jahre allerdings nicht auf Ewig so weitergeht, das hat sich mittlerweile auch bei den auf dem SIHH vertretenen Herstellern herumgesprochen. Und so stellt der Salon 2018 in gewisser Hinsicht eine Zäsur dar.
Denke ich zurück an die vergangene Woche, so bleiben mir in erster Linie Modelle, ganze Modelllinien in Erinnerung, die der steten Aufwärtsbewegung der letzten Jahre, was die Preise neuer Modelle angeht, entgegenwirken.
So stellt Baume & Mercier beispielsweise mit der Clifton Baumatic eine schlichte, gefällige Dreizeigeruhr im 40 Millimeter Stahlgehäuse vor. Das Automatikwerk mit 5 Tagen Gangreserve wird von der zum Richemont Konzern gehörenden Manufaktur ValFleurier hergestellt. Es ist antimagnetisch bis 1500 Gauss und hat ein Wartungsintervall von 5 Jahren. Die Clifton Baumatic gibt es bereits ab 2.450 Euro bzw. 2.600 Euro mit Zertifizierung als Chronometer nach COSC.
Auch Montblanc zeigt mit der 1858 Automatic Uhren im Segment bis 2.500 Euro, der zugehörige Chronograph ist für unter 4.000 Euro erhältlich und selbst der im Stile einer Paul Newman gehaltene TimeWalker Manufacture Chrono in 43 Millimetern liegt, je nach Band, bei knapp unter 5.000 Euro.
Bei Preisen knapp unter 6.000 Euro beginnt die neue Santos Reihe von Cartier. Die Neuauflage der Designikone gibt es in zwei Größen in Stahl, Gold und Bicolor. Besonderer Clou: dank des neuen Bandwechselsystems lassen sich nicht nur die Bänder selbst schnell und einfach wechseln, auch das Kürzen der Gliederarmbänder gelingt auf Knopfdruck.
Ebenfalls für unter 6.000 Euro sind die neuen Carré H Modelle von Hermès erhältlich. Wie bei der ersten Carré H, die 2010 als streng limitierte Serie für rund 14.000 Euro auf den Markt kam, stammt auch diesmal der Entwurf vom französischen Designer Marc Berthier. Entstanden sind äußerst coole Uhren im quadratischen Gehäuse die mit ihren runden Zifferblättern, dem bei Vaucher in Fleurier hergestellten Manufakturwerk H1912 und natürlich den herrlichen Lederarmbändern punkten.
Panerai stattet – wie berichtet – die Einstiegsmodelle der Luminor „Logo“ Reihe nun mit Manufakturkalibern aus, ohne dafür einen Aufpreis zu verlangen. Somit beginnt der Einstieg hier auch weiterhin bei fairen 4.600 Euro. Zusätzlich erweitert man die Luminor Due Reihe um einige, mit Preisen ab 5.900 Euro ebenfalls maßvoll bepreiste Neuheiten.
Bei Jaeger-LeCoultre beginnt der Einstieg in die neue, sportliche Polaris Reihe bei 6.700 Euro, das etwas größere Date Modell ist für knapp 1.000 Euro mehr zu bekommen. Für das von der edlen Manufaktur Gebotene ebenfalls durchaus bemerkenswerte Preise.
Auch bei der Pressekonferenz von Girard Perregaux staunt man nicht schlecht. Der Chronograph der Laureato Linie wird für 13.800 Euro am Lederband bzw. 14.600 Euro am Stahlband lanciert. Im Vergleich mit den Preisen der (optisch zum Teil durchaus nicht unähnlichen) Uhren anderer Mitbewerber fast schon ein Schnäppchen.
Selbst bei Vacheron Constantin stehen die Zeichen auf günstig(er). Mit der neuen FiftySix Kollektion beginnt der Einstieg in die Produkte der großen Marke nun bereits bei fast schon unglaublichen 11.900 Euro. Dafür gibt es eine klassische Drei-Zeiger-Uhr mit Datum und automatischem Aufzug, die sich an einem Design der – wie der Name schon sagt – 1950er Jahre orientiert.
Allerdings muss man dafür auf sonst für die Marke selbstverständliche Dinge wie etwa ein Manufakturwerk mit Genfer Siegel verzichten. Das Kaliber 1326 basiert stattdessen auf einem Cartier Automatikwerk und wird bei ValFleurier hergestellt.
Es scheint also, als habe man in den Chefetagen nun endlich erkannt, dass es einen Markt für Uhren unterhalb von 15.000, 10.000 oder gar 5.000 Euro gibt und dass es durchaus lohnenswert ist, mit genau solchen Modellen Uhren-„Einsteiger“ abzuholen und auf die eigene Marke zu fixieren.
Eine gute Entwicklung. Ob allerdings die Preisschraube bereits genügend nach unten gedreht wurde und ob diese Maßnahmen überhaupt noch rechtzeitig kommen, das wird wohl allein die Zeit zeigen.
Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2018
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