Fünftausend Euro, zehntausend Euro, fünfzehntausend Euro – für die unverbindlichen Preisempfehlungen sportlicher Stahl-Armbanduhren gibt es in den letzten Jahren kein halten mehr. Und unter jener 5.000 Euro Grenze, so scheint es, braucht man heute erst gar nicht mehr suchen.

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Das klingt überheblich? Das soll es nicht. Doch wer die aktuellen Preislisten der „üblichen Verdächtigen“, speziell nach der Abkopplung des Schweizer Franken studiert, der wird der obigen Aussage sicherlich schnell zustimmen.

Dass sich ein Blick in die etwas niedrigeren Preisregionen dennoch ab und an lohnt, das zeigt die Legend Diver aus dem Hause Longines.

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Als ich die Uhr das erste Mal sah dachte ich mir, klar, kennst du. Die schöne Vintage Taucheruhr aus den 60ern, als Longines noch richtig begehrenswerte Uhren baute.

Falsch gedacht! Denn diese Uhr entstammt dem aktuellen Modellprogramm, genauer der Longines Heritage Collection. Zwei Ausführung stehen zur Auswahl, L3.674.4.50.0 mit Textilarmband oder L3-674.4.50.9 mit Kautschukarmband. Einziger sofort sichtbarer Unterschied zum einstigen Original: die aktuelle Version verfügt über ein Datumsfenster bei 3 Uhr.

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Je näher ich mir die Legend Diver anschaute desto spannender fand ich die Uhr. Klar, bei den aktuell so beliebten Hommagen historischer Originalmodelle scheiden sich regelmäßig die Geister, das hier aber ist ein nahezu 1:1 Klon. Der versucht gar nicht erst, irgendwie so ähnlich zu sein wie irgendwas, das es früher mal gab, nein, er ist einfach exakt genau so. Und außerdem, was kümmert mich mein „Geschwätz von gestern“?

Als ich seitens Longines die Möglichkeit bekam, die Legend Diver über einen längeren Zeitraum zu testen, musste ich dennoch kurz überlegen. Willst du das? Wirklich? Eine optisch so scharfe Uhr testen? Obwohl sie rein preismäßig eigentlich gar nicht so recht zu luxify passen will? Willst du! Unbedingt!

Und so lag sie ein paar Tage später schon auf meinem Schreibtisch. Bereit für ein erstes optisches Schaulaufen. Ist die wirklich so scharf wie auf den Fotos?

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Die Longines Legend Diver hat ein 42 Millimeter Gehäuse. Es ist hochglanzpoliert. Überall. Auf dem Schraubboden ist ein Taucher graviert. Auf der Uhr selbst thront ein fettes Saphirglas. Und wenn ich fett sage, dann meine ich das auch. Gute zwei Millimeter ragt es über den Rand der polierten Stahllünette (bzw. des Glashalterings) hinaus, ist bombiert und auf der Unterseite entspiegelt. Ein Graus für jeden Uhrenfotografen, ein echtes Schmankerl aber für all jene, die auf diesen Look stehen.

Die Flanke des Gehäuses ist gerade einmal vier Millimeter hoch, wodurch die Uhr trotz ihrer Größe extrem schlank wirkt. Vintage eben.

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Auf dem Zifferblatt ist bei 12 Uhr der Longines Schriftzug mit der geflügelten Sanduhr zu sehen, bei 6 Uhr findet man den „Automatic“ Schriftzug in Schreibschrift, auch hier blieb man ganz nah am Original. Gleiches gilt für die gedruckten Indexe. Sie sind in cremefarben gehalten, was den Vintage Look natürlich nochmals unterstreicht. Bei 6, 9 und 12 sind Ziffern aufgedruckt, die 3 muss dem Datum weichen.

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Hier sei gesagt, dass es die Legend Diver, also die Neuauflage, anfangs ebenfalls ohne Datum gab, diese Version allerdings nach kurzer Zeit durch das aktuelle Modell ersetzt wurde. Warum? Man weiß es nicht. Allerdings fällt dieser Unterschied live auch längst nicht so stark auf, wie befürchtet.

Das Zifferblatt ist glänzend und tiefschwarz gehalten, ebenso wie der drehbare Höhenring mit durchgehender Minuterie. Dieser lässt sich durch eine verschraubte Krone bei 2 Uhr in beide Richtungen verstellen, sodass darüber die Tauchzeit abgelesen werden kann.

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Die Krone ist, ebenso wie die Aufzugskrone bei 4 Uhr, mit einem hübschen Rautenmuster verziert. Die Aufzugskrone ist ebenfalls verschraubt und hat drei Positionen: Handaufzug, Datumsschnellverstellung, Einstellung der Uhrzeit.

In der Legend Diver verrichtet das Longines Automatikkaliber L633 seinen Dienst. Es basiert auf einem der beliebtesten aller Uhrwerke, dem an sich schon legendären ETA 2824-2. Entsprechend auch die Gangreserve, sie beträgt 38 Stunden.

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Die Longines Legend Diver ist nicht nur optisch eine Taucheruhr, mit 30 ATM Druckbeständigkeit lässt sich mit ihr auch tatsächlich unter Wasser gehen.

Auf den ersten Blick macht die Legend Diver also bereits einen ziemlich guten Eindruck. Zeit für die Lupe. Auch diese muss sie nicht fürchten. Die Verarbeitungsqualität des Gehäuses ist hervorragend, die des Zifferblatts ebenso. Keinerlei Unregelmäßigkeiten, die Leuchtpunkte, welche die Stundenindexe unterbrechen, sind exakt gesetzt.

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Auch der Tauchring lässt sich gut bedienen, die Verstellung bietet ein exaktes Feedback. Unglaublich eigentlich für eine Uhr dieser Preisklasse, aber hier stimmt wirklich alles.

Naja, fast alles. Ein Kritikpunkt zeigt sich recht schnell, legt man die Uhr einmal an. Das an meiner Testuhr montierte Textilarmband mag optisch recht hübsch ausschauen, die verwendeten Materialien allerdings sind nicht wirklich ganz meins. Sie wirken – rein subjektiv – etwas billig. Gleiches gilt für die Stift-Schließe.

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Und: das Band macht Geräusche. Bei jeder Bewegung ist ein Knacken der Federstege zu hören, die beim Drücken auch gefährlich nachzugeben scheinen. Ein beunruhigendes Gefühl, speziell bei einer Taucheruhr.

Nun hat sich bei mir in mehr als einem Jahrzehnt R-L-X Forum ja ein stattliches Repertoire an Uhrenarmbändern, vorwiegend NATO- und andere Durchzugsarmbänder, angesammelt. Also gleich mal ein bisschen kramen.

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Die Bandanstöße der Legend Diver messen 22 Millimeter, was die Auswahl ein wenig einschränkt. Doch ich werde fündig. Ein 2-Ring Zulu-Strap in NATO-oliv. Perfekt.

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Kurzerhand wird das serienmäßige Textilband abmontiert und gegen jenes Zulu ersetzt. Direkt gibt es auch Entwarnung hinsichtlich der Federstege. Diese sind stabiler, als es den Anschein hatte, die Geräusche und das Gefühl des Nachgebens hören augenblicklich auf. Passt. So isse perfekt.

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Und so wird sie auch getragen. Tag für Tag. Vier Wochen lang, mit kurzen Unterbrechungen. Und sie trägt sich wirklich super. Die Größe ist perfekt, die Optik ein echter Hingucker. Erfreulich auch die Ganggenauigkeit, die sich vor amtlich zertifizierten Chronometern keinesfalls verstecken muss.

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Kleiner Kritikpunkt allenfalls ist die Ablesbarkeit bei Nacht. Zeiger und das Dreieck des Drehrings sind zwar einigermaßen gut erkennbar, für die restlichen Indexe muss man allerdings schon genauer hinschauen.

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Vier Wochen mit der Longines Legend Diver und eines steht fest: wenn die zurück geht, werde ich sie echt vermissen. Eine wirklich extrem coole Uhr, die eine wohltuende Abwechslung in den Uhrenalltag bringt.

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Und eine Uhr die zeigt, dass es sich durchaus lohnt, auch mal unterhalb der 5.000 Euro Grenze die Augen offenzuhalten. Ach so, der Preis: Die Longines Legend Diver mit Kautschukarmband (L3-674.4.50.9) hat eine unverbindliche Preisempfehlung von 1.980 Euro, das von mir getestete Modell mit Textilarmband (L3-674.4.50.0) kostet sogar nur 1.760 Euro.

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Mein Fazit ließe sich diesmal eigentlich in zwei Worte zusammenfassen: geile Uhr! Da es aber dann doch etwas ausführlicher sein soll: die Longines Legend Diver ist eine wohltuende Alternative zu anderen Taucheruhren. Die Verarbeitung ist sehr gut, das verbaute Uhrwerk äußerst solide.

Die Uhr strahlt einen herrlichen Vintage Charme aus und ist damit perfekt für alle, die das Design der 50er und 60er Jahre lieben, dennoch aber einen zuverlässigen und stressfreien Zeitmesser suchen. Einzige Kritikpunkte sind die etwas schwache Leuchtmasse und das Textilarmband. Letzteres ist aber bei Bedarf schnell getauscht.

Fazit vom Fazit, wieder zwei Worte: strong buy!

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Weitere Informationen zur Uhr, sowie eine Übersicht der Fachhändler, finden Sie auf der Website des Herstellers.

Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2015

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