Longines Pilot Majetek – zugegeben, als Longines mit der Frage an mich herantrat, ob ich die im wahrsten Sinne des Wortes große Neuheit des noch jungen Uhrenjahres 2023 vorab testen wolle, musste ich erst einmal die Internetsuche bemühen. Das Ergebnis: „Majetek“ ist ein Wort aus dem tschechischen Sprachschatz und bedeutet so viel wie „Eigentum“.

Luxify Review Hands-on Longines Pilot Majetek 2023

Die Longines Pilot Majetek, Jahrgang 2023…

Majetek Vojenske Spravy – ein bisschen Geschichte

Eben jenes Wort, genauer der Begriff „Majetek Vojenske Spravy“, zu deutsch „Eigentum der Militärverwaltung“, prangt auf den Rückendeckeln einer ganzen Reihe von Uhren, die Longines in den 1930er und 1940er Jahren für die tschechoslowakische Luftwaffe gefertigt hat. Das entsprechende Modell, Ref. 3582, wurde mit seinem den präzisen Anforderungen des Auftraggebers entsprechenden Design am 1. April 1935 beim Internationalem Amt für geistiges Eigentum in Bern geschützt.

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… und ihr Urahn aus 1935

Genug historischer Background also, um zumindest einmal neugierig zu werden. Zumal schon in der jüngeren Vergangenheit Uhren wie die Legend Diver, die Avigation Big Eye oder im letzten Jahr die Ultra-Chron recht anschaulich darstellen, dass man es bei Longines sehr wohl versteht, historische Vorlagen durchaus modern zu gestalten, ohne dabei aber von einem gewissen Vintage-Charme abzulassen.

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Die Longines Pilot Majetek ist eine Uhr von stattlicher Größe

Wie bereits bei der Ultra-Chron, so war ich auch nach Ankunft der Majetek erst einmal überrascht von der doch sehr präsenten Größe der Uhr. Gut, wir sprechen über eine Fliegeruhr, deren historischer Vorgänger schon 1935 mit seinen guten 40 Millimetern recht stattlich daherkam, doch Longines legt bei der Neuauflage 2023 noch einmal eine Schippe drauf und gönnt der neuen Majetek satte 43 Millimeter.

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Jener Durchmesser will auf Grund des kissenförmigen Stahlgehäuses allerdings eher als ein theoretischer Wert verstanden werden. Denn unter der gut 42 Millimeter großen Lünette erstreckt sich das Gehäuse, schräg zwischen 2 und 8 Uhr bzw. 4 und 10 Uhr gemessen, auf 46,6 Millimeter, die Breite über die Krone legt sogar noch einmal einen Millimeter drauf.

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Um so erstaunlicher aber, dass sich die Uhr, trotz ihrer auf dem Papier heftig anmutenden Größe, am Handgelenk erstaunlich gut macht. Das liegt maßgeblich an zwei Dingen. Zum einen sind da die recht kurzen Bandanstöße. So beträgt das für den Tragekomfort ja oft maßgeblichere „Lug-to-Lug“-Maß lediglich 51,3 mm. Ein Wert, den mitunter auch bereits deutlich kleinere Uhren erreichen. Zum anderen liegt die Bauhöhe bei 13,8 Millimetern (gemessen, Werksangabe 13,3 Millimeter), was, bezogen auf den Durchmesser, optisch durchaus angenehm wirkt.

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Auch die 22 Millimeter breiten Anstöße passen diesbezüglich gut ins Bild. Dennoch: die Longines Pilot Majetek ist keine kleine Uhr. Als Fliegeruhr muss sie das aber auch nicht sein. Und ein Blick ins Longines Produktvideo zeigt, dass die Uhr selbst an einem Damen-Handgelenk recht gut und keineswegs deplatziert wirken kann.

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Die Majetek am Damenhandgelenk: PR-Foto von Longines

Vintage Patina an Zifferblatt und Zeigern

Deplatziert finden manche Uhrenliebhaber hingegen die sogenannte Faux Patina bei Retro-Modellen. Auch die Majetek verzichtet darauf nicht. Zwar bin ich der Meinung, dass auch eine weiße Leuchtmasse ihr gut zu Gesicht gestanden hätte, dennoch stört mich das in dem Fall nun eben beigefarbene Super-LumiNova auf Ziffern und Zeigern nicht wirklich.

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Mit jenen Zeigern übrigens verlässt Longines den Pfad des historischen Vorbildes ein wenig. Die erfreulich klare und schnörkellose Form orientiert sich eher an späteren Modellen. Und auch auf die charakteristische Gehäuseform, welche auf Grund der sich nach außen biegenden Bandanstöße an eine Schildkröte erinnerte, verzichtet man. Beides Designentscheidungen, die der Neuauflage eine gewisse Zeitlosigkeit verleihen und die ich daher durchaus begrüßenswert finde.

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Hübsches Detail jedenfalls ist die feine Eisenbahn-Minuterie, die das mattschwarze Zifferblatt umgibt und ebenfalls noch einmal mit Leuchtindexen bestückt ist. Auf ein Datum wird, wie schon einst 1935, verzichtet und wie schon damals, so verrichtet auch heute die, gar nicht einmal so kleine, kleine Sekunde ihre Arbeit bei 6 Uhr. Angetrieben wird die Longines Pilot Majetek vom neuen Automatikkaliber L893.6, das es auf nun sogar 72 Stunden Gangreserve bringt. Basierend auf dem von der Konzernschwester ETA gefertigten A31.501 wird das mit 3,5 Hz arbeitende Werk für Longines exklusiv gefertigt und mit einer Siliziumspiralfeder ausgestattet.

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Die Plakette der Majetek und was sich dahinter verbirgt

„1935“, das Jahr der Lancierung der Longines Referenz 3582, prangt stolz auf einer verschraubten Plakette an der linken Gehäuseflanke der Majetek. Ein Detail, welches sich für mich sofort als echter Show-Stopper erweist. Denn Gravuren oder, noch schlimmer, Plaketten an den Gehäuseflanken erachte ich, wenn auch möglicherweise historisch begründet, als äußerst kitschige und unnötige Details. Doch gar so unnötig ist diese Plakette im Falle der Longines Pilot Majetek nicht. Im Gegenteil. Denn hinter ihr verbirgt sich eine Konstruktion, welche die Uhr zu einer echten Besonderheit werden lässt.

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Im „Lastenheft“ der tschechoslowakischen Luftwaffe von 1935 wurde von der zukünftigen Pilotenuhr unter anderem eine drehbare Lünette mit einem Leuchtindex verlangt. Longines hatte zu jenem Zeitpunkt bereits Erfahrung mit einer speziellen Konstruktion, bei der man über die Lünette das Glas und einen darunter liegenden Indexpfeil verstellen kann. Dieser konnte dann beispielsweise auf die Startzeit einer Mission bewegt werden und diente so zur schnellen Orientierung. Auch ein Messen der seit der letzten Kursänderung vergangenen Zeit war dadurch möglich.

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Longines aus den frühen 1930er Jahren mit Leuchtindex und Drehlünette

Jenes System wurde, natürlich weiterentwickelt, für die Longines Pilot Majetek, Jahrgang 2023 übernommen. Heute dreht sich das Glas natürlich nicht mehr mit der Lünette mit. Stattdessen wird die Bewegung der sich sehr angenehm, dennoch aber mit einem leichten, wahrnehmbaren Widerstand drehbaren Lünette an den innenliegenden Höhenring weitergegeben, an welchen der mit Super-LumiNova Leuchtmasse beschichtete Pfeilindex angebracht ist.

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Patentiertes System für die Wasserdichtigkeit

Nun sind solche Konstruktionen ja allgemein dafür bekannt, nicht sonderlich resistent in Bezug auf die Wasserdichtigkeit zu sein. 3 bar oder 30 Meter sind somit bei den meisten Herstellern hier das absolute Maximum. Die Longines Pilot Majetek allerdings weist auf ihrem, zugegebenermaßen nicht sonderlich aufregend gestalteten, geschlossenen Rückendeckel eine Wasserdichtigkeit von 10 bar (100 Meter) aus. Eine Fehlgravur des mir gelieferten Prototyps vielleicht?

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Keineswegs! Denn während sich andere Hersteller über die Jahre damit begnügen, dass nicht machbar ist, was niemals machbar war, im Zweifel gar darauf verwiesen wird, dass es sich bei Pilotenuhren ja um Fliegeruhren und nicht um Taucheruhren handele, hat man bei Longines weiter geforscht und präsentiert mit der Majetek nun einen, natürlich patentierten, Mechanismus. Und eben dieser versteckt sich im Gehäuse, hinter jener Plakette.

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Explosionszeichnung der Lünettenkonstruktion

Dort sind zwei Zahnräder miteinander verbunden, die einerseits in die Verzahnung an der Unterseite der Drehlünette greifen, andererseits in die jenes Teils des Höhenrings, auf dem der Dreiecks-Index befestigt ist. Zwischen den zwei Zahnrädern nun liegen zwei Dichtungsringe, die den Übertragungsmechanismus in Einklang mit der höheren Druckbeständigkeit bringen. Ein Feature also, welches mich hocherfreut über die vermeintlich ach so kitschige Plakette hinwegsehen lässt, obgleich ich eine Option ohne Jahreszahl oder gar die Möglichkeit einer Individualisierung der Gravur durchaus bevorzugen würde.

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Bandwahl – die Optionen der Longines Pilot Majetek

Individuell geht es bei den Bändern zu. Longines bietet die Pilot Majetek mit drei Bandoptionen an. Die sich von 22 auf 19 Millimeter verjüngenden Lederbänder in hübscher Vintage Optik sind wahlweise in Braun oder Dunkelgrün, jeweils mit beigem Zierstich, erhältlich. Alternativ kann die Uhr auch an einem khakigrünen NATO-Durchzugsband erworben werden. Jenes ist aus Recyclingmaterial gefertigt und fühlt sich mit seinen Textilschlaufen sehr angenehm an. Als Schließe dient in allen Fällen eine Dornschließe. Für Unentschlossene bietet Longines auch Sets in einer Spezial-Box an, bei denen, neben der Uhr am Lederband, auch das NATO und ein Bandwechselwerkzeug inkludiert sind.

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Fazit

Kommen wir zu meinem Fazit. Eine gute Woche konnte ich die neue Longines Pilot Majetek testen. Eine Zeit, in der ich durch verschiedene Phasen gegangen bin. Angefangen von einem „ganz nett“, hin zu einem spontanen „zu groß“, über ein „nein, passt schon“ bis zu einem „ziemlich cooles Teil“. Der spezielle Look der Uhr gefällt mir mehr und mehr, je länger sie jetzt bei mir ist. Die eingangs erwähnte Kombination aus Historie und Moderne hat Longines auch bei der Pilot Majetek wieder sehr gut umgesetzt. Was mich besonders fasziniert, ist die Schlichtheit der Uhr, kombiniert mit den doch recht ordentlichen Dimensionen. Eine Uhr mit Charakter, mit dem nötigen Alleinstellungsmerkmal, perfekter Alltagstauglichkeit und einer praktischen Funktionalität. Unbedingt anprobieren.

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Das Video zum Review

Datenblatt:

  • Modell: Longines Pilot Majetek, Ref. L2.838.4.53.0
  • Gehäuse: 43 Millimeter, Edelstahl, wasserdicht bis 10 bar (100 Meter), beidseitig entspiegeltes Saphirglas, geschraubter Edelstahlboden, beidseitig drehbare Lünette mit innenliegendem Pfeil-Index
  • Zifferblatt: Schwarz, matt, Indexe und Zeiger mit Super-LumiNova
  • Armband: braunes Lederarmband mit beigen Zierstichen, Dornschließe
  • Uhrwerk: Kaliber L839.6, Automatik, 25.200 A/h (3,5 Hz), 72 Stunden Gangreserve
  • Funktionen: Stunde, Minute, kleine Sekunde
  • Limitierung: keine
  • Garantie: 5 Jahre
  • Preis: EUR 3.910 (DE), EUR 3.940 (AT)
  • Verfügbarkeit: März 2023
  • Link zum Hersteller: https://www.longines.com/de/
  • Varianten: Ref. L2.838.4.53.3 mit dunkelgrünem Lederband; Ref. L2.838.4.53.8 mit Khakigrünem NATO-Band. Sets mit Lederband und zusätzlichem NATO-Strap sind für EUR 4.020 (DE), EUR 4.050 (AT) erhältlich.

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Fotos: © Longines (5), PCS 2023

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