Manche Geschichten klingen einfach zu gut um wahr zu sein. Eine davon ist die Entstehungsgeschichte der Zenith Chronomaster Revival Manufacture Edition, jener Re-Edition der Ikone El Primero A386 von 1969. Doch mag ich es an dieser Stelle dennoch mit dem so berühmten Poster im Büro von Fox Mulder (die Älteren unter uns werden sich noch an die Serie Akte X erinnern) halten: I want to believe! Einfach, weil’s eben so schön ist.
Mit dieser Chronomaster Revival schreibt Zenith Geschichte
Worum geht’s? Natürlich um eine Uhr. Im vergangenen Jahr feierte das automatische Chronographenwerk Zenith El Primero sein 50-jähriges Jubiläum. Und dass es überhaupt dazu gekommen ist, ist an sich ist schon eine ziemlich ungewöhnliche Geschichte.

Historisches Vorbild: Zenith El Primero A386 von 1969, hier aus der vergangenen, 103. Dr. Crott Auktion
Es ist das Jahr 1969, als Zenith das El Primero herausbringt und damit den Wettbewerb um das erste Chronographenkaliber mit automatischem Aufzug – zumindest gegen seine Schweizer Mitbewerber um Breitling, Buren, Heuer und Hamilton – für sich entscheidet.
Charles Vermot und der Dachboden
Entstanden ist ein wunderbares Uhrwerk, welches mit einer Frequenz von 36.000 Halbschwingungen pro Stunde auch noch deutlich schneller getaktet ist als andere Automatik-Kaliber jener Zeit. Alles wunderbar also. Sollte man meinen. Doch dann schlägt die Quarzkrise erbarmungslos zu.
1978 schließlich ist Zenith in Mehrheitsbesitz der Zenith Radio Corporation aus Chicago. Und diese hat kein Interesse an der Fortführung einer Produktion mechanischer Uhren. Aus den USA ergeht der Beschluss, die Fertigung einzustellen. Verbliebene Uhrwerke, Maschinen, Furnituren seien zu vernichten.
Doch im fernen Le Locle regt sich Widerstand. Und der hat einen Namen. Charles Vermot. Der Uhrmacher versteckt kurzerhand diverse Artefakte und Werkzeuge zur Herstellung des El Primero auf dem Dachboden des Hauptgebäudes der Manufaktur und vermauert die Zugangstüre.
„Dachbodenfund“ der ganz eigenen Art
Dieser gleichermaßen beispiellosen wie wohl auch illegalen Aktion ist es zu verdanken, dass man nach Ende jener Quarzkrise auf den Erfahrungen im Bau des El Primero aufsetzen kann und jenes Werk bis heute wieder jede Menge Chronographen antreibt. Und damit zurück in die Gegenwart, genauer ins vergangene Jahr.
Da durchforsten, so sagt es jene jüngste Geschichte rund um den sagenumwobenen Dachboden von Le Locle, die Mitarbeiter anlässlich des 50-jährigen Jubiläums erneut die Gemächer und entdecken: eine kleine graue Box. Gänzlich unscheinbar und unbeschriftet.
Der Inhalt: Zifferblätter. Jene charakteristischen, dreifarbigen El Primero Zifferblätter der A386 eben. Sie gehören mit ihren Totalisatoren in silber, grau und blau zum bekannten Erscheinungsbild der Uhr, die sich heute in der Vintage-Uhren-Welt größter Beliebtheit erfreut.
Fünf Jahrzehnte alte Prototypen-Zifferblätter
Daneben entdecken die Zenith-Mitarbeiter aber auch noch eine weitere Zifferblatt-Variante. Eine mit drei verschiedenen Blautönen. Was war das? Wo gehörte das hin? Fragen über Fragen. Denn über jene Variante finden sich keinerlei Aufzeichnungen.
Die Tatsache aber, dass sie mit den Original Prototypenblättern der A386 zusammen aufbewahrt wurden, legt zumindest den Schluss nahe, dass es sich ebenfalls um Prototypen handelt. Ob als Alternative für die A386 angedacht, lässt sich heute natürlich nicht mehr abschließend sagen.
Neuauflage der Zenith Chronomaster A386
In jedem Fall aber fand man bei Zenith Gefallen an jener Farbkombination, sodass man sich entschloss, diese Zifferblattvariante gute fünf Jahrzehnte später in Produktion gehen zu lassen. Und ebenfalls war alsbald klar, dass man dieses nicht in irgendeine Uhr einschalen werde, sondern in eine exakte Reproduktion des Gehäuses der A386 aus 1969.
„Revival“-Gehäuse nennt man das Ergebnis, welches unter Verwendung der original Blaupausen entstanden ist und somit die Proportionen des historischen Vorbildes bis ins Detail wahrt. Jenes Revival-Gehäuse wurde erstmals im vergangenen Jahr, zum 50-jährigen Jubiläum also, in Form dreier auf jeweils 50 Stück limitierter Modelle in Weiß-, Gelb- und Roségold vorgestellt.
Die erste Zenith A386 Revival in Edelstahl!
Nun also bringt man es auch in einer Variante aus Edelstahl. Es soll die finale Auflage des Revival Gehäuses sein. Weitere Modelle sind also nicht geplant. Und zur Freude vieler Sammler beschränkt man sich hierbei auch nicht auf eine Limitierung von 50 Exemplaren.
An eine Art von Limitierung dachte man aber dennoch. An eine sehr spezielle. So sollte diese Revival Edition als Manufaktur-Zeitmesser exklusiv für Besucher der Zenith Manufaktur verfügbar sein. Doch durch die Einschränkungen in Folge der Pandemie entschied man sich seitens Zenith, die Manufaktur-Edition auch auf den eigenen E-Commerce Webseiten anzubieten. Zumindest so lange, bis Manufakturbesuche wieder möglich sind.
Kleine Unterschiede gibt es
Angetrieben wird die Manufacture Edition der Zenith Chronomaster Revival A386 natürlich von einem El Primero. Genauer verbaut Zenith in ihr das Kaliber El Primero 400, welches weitestgehend dem fünfzig Jahre zuvor genutzten Kaliber 3019 PHC entspricht. Anders als beim Original lässt sich jenes Kaliber heute allerdings durch einen Glasboden beobachten.
Und noch etwas unterscheidet die Uhr vom historischen Vorgänger. Das eigentliche, vordere Uhrenglas nämlich. Denn hier verbaut Zenith im Jahre 2020 natürlich kein Kunststoffglas mehr. Stattdessen kommt ein „boxed“ Saphirglas zur Verwendung, welches allerdings in seiner Form an das Original angelehnt ist.
Vintage Klon, Reinkarnation oder verspätete Neuheit?
Nun kann man exakten Kopien historischer Uhrenvorbilder durchaus kritisch gegenüberstehen. Schließlich könnte man, so mag man anmerken, dann doch gleich das Original kaufen. Doch so einfach ist es nicht. Denn gut erhaltene Stücke der A386 sind nicht ganz so leicht zu finden und haben wenn, dann ihren Preis.
So erzielte beispielsweise die schön erhaltene Zenith El Primero A386 in der 100. Auktion des Auktionshauses Dr. Crott einen Preis von 15.000 Euro. Und noch ein zweiter Punkt spielt eine Rolle. Denn ein richtiges Vorbild der Manufacture Edition gibt es ja streng genommen gar nicht. Die Zifferblätter mit jenen drei Blautönen kamen damals ja nicht zum Einsatz.
Und so ist diese Edition mehr als ein Vintage-Klon. Es ist die Erstauflage der A386 mit jener Zifferblattvariante. Nur eben eine, die sich um gute fünf Jahrzehnte verspätet hat. Dazu passt dann auch irgendwie, dass man seitens Zenith auf jedwede „Faux-Patina“ verzichtet hat. Die Manufacture Edition strahlt mit reinweißer Leuchtmasse. Eben so, wie das 1969 auch gewesen wäre.

Als sei die Zeit stehen geblieben: die Chronomaster A 386 Manufacture Edition wirkt wie New Old Stock aus 1969
Entsprechend ist der Eindruck am Arm auch ziemlich, ja ich würde es fast schon berauschend nennen. Vintage-Look im klassischen 38-Millimeter-Design und doch das Flair, eine neue Uhr zu tragen. Einen ganz kleinen Kritkpunkt gibt’s allerdings dann doch noch: das blaue Alligator-Lederband ist mir eine Spur zu „shiny“, wirkt manchmal fast schon wie Perlmutt. Geschmacksache sicherlich und im Zweifel werden sich auch im 19 Millimeter Format Alternativen finden lassen.
Fazit
Und mit diesem zutiefst subjektiven „Kritikpunkt“ sind wir dann auch schon mittendrin in meinem Fazit. Dem Fazit einer Uhr, an der es ansonsten einmal wirklich so ganz und gar nichts zu kritisieren gibt. Die Zenith Chronomaster Revival A386 Manufacture Edition spannt gekonnt den Bogen zwischen Vintage und Moderne. Und sie tut das so selbstverständlich, dass es ein Genuss ist. Dazu kommt diese Uhr auch noch mit ihrer überaus hübschen Story daher. Wer jemals mit dem Gedanken gespielt hat, eine alltagstaugliche Vintage El-Primero haben zu wollen, der sollte hier zugreifen. Das 50 Jahre ältere Vintage-Pendant kann man dann ja noch immer in Ruhe suchen.
Datenblatt:
- Modell: Zenith Chronomaster Revival A386 Manufacture Edition, Ref. 03.Z386.400/60.C843
- Gehäuse: 38 Millimeter, Edelstahl, wasserdicht bis 5 bar (50 Meter), gewölbtes, beidseitig entspiegeltes Saphirglas, Edelstahlboden mit Saphirglas
- Zifferblatt: weiß lackiert mit Totalisatoren in drei Blautönen, rhodinierte, facettierte und mit Super-LumiNova beschichtete Stundenindizes, zentrale Zeiger ebenfalls mit Super-LumiNova
- Armband: Blaues Armband aus Alligatorleder mit schützendem Kautschukfutter (19/16) und Dornschließe aus Edelstahl
- Uhrwerk: Manufakturwerk, Kaliber Zenith El Primero 400, Automatik, 36.000 A/h (5 Hz), min. 50 Stunden Gangreserve
- Funktionen: Stunde, Minute, kleine Sekunde, Chronograph mit zentraler Stoppsekunde, 30-Minuten- und 12-Stunden-Totalisator, Fensterdatum
- Limitierung: keine
- Garantie: 2 Jahre (zzgl. ein weiteres Jahr bei Online-Registrierung)
- Preis: EUR 8.600 (DE 16% MwSt) / CHF 8.900
- Verfügbarkeit: exklusiv für Besucher der Manufaktur, aktuell ausschließlich über die Online-Stores in DE, CH, ES, FR, IT, UK und USA erhältlich
- Link zum Hersteller: https://www.zenith-watches.com/de_de/product/chronomaster-revival-a386-manufacture-edition-03-z386-400-60-c843
Fotos: © Zenith (2), PCS (20) 2020
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