Stanglwirt. Auf einer Liste der bekanntesten Hotels Österreichs würde das Fünf-Sterne-Bio- und Wellness-Hotel im Tiroler Going, unweit von Kitzbühel, wohl ganz weit oben stehen. Um so erstaunlicher, dass ich in den vergangenen Jahren zwar bereits unzählige Male an jenem imposanten Areal vorbeigefahren aber noch nie dort zu Gast war.
Auf geht’s – zum Stanglwirt!
Wobei, so ganz stimmt das nicht. Gute vier Jahre ist es her, dass ich auf der 50 Years AMG Anniversary Tour (hier geht’s zum damaligen Bericht) für einen kurzen Mittagsstopp im Stanglwirt Station machte. Damals allerdings überwog die Freude, einen giftgrünen Mercedes AMG-GTR bewegen zu dürfen so sehr, dass ich mich – außer an den Parkplatz – an wenig Anderes erinnere.
Diesmal aber soll das anders werden. Ein kurzer Wochenendtrip steht an. Die Wetteraussichten: mehr als bescheiden. Wie so ziemlich jedes Mal also, wenn es für mich in Richtung Kitzbühel geht. Zum Starkregen sollen sich diesmal aber auch noch großflächige Überschwemmungen gesellen. Na Servus! Andererseits – bei 12.000 Quadratmetern Wellness Areal, diversen Schwimmbecken und Saunen, kann einen das recht kalt lassen. Entspannung ist angesagt.
Zielsicher biege ich von der B178 auf den mir bekannten Parkplatz und suche ein wenig planlos die Rezeption. Gerade, als ich schon an der eigenen Intelligenz zweifle, weist mir eine freundliche Angestellte den Weg. Einmal um das gesamte Gebäude herum müsse ich fahren und dann den Kaiserweg hinauf. Kaiserweg. Natürlich.
Willkommen im Stanglwirt
Dort angekommen schaut die Sache schon ganz anders aus. Eine breite Hotelzufahrt, ein roter Teppich, jede Menge PS-starker Automobile mit vorwiegend deutschen Kennzeichen. Ein Angestellter kümmert sich um mein – einmal mehr viel zu umfangreiches – Gepäck, ein anderer bringt mein Auto umgehend in die Tiefgarage. Perfekter Service, Willkommen im Stanglwirt.
Der Check-In im großen Rezeptionsbereich geht schnell, dann mache ich es mir bei einem Willkommensdrink in der Tenne, dem Barbereich, gemütlich. Erster Aha-Effekt: durch die Scheiben lassen sich die Pferde in der Reithalle beobachten. Als Wahl-Wiener wird einem dabei schnell klar, dass das nicht irgendwelche Pferde sind. Es sind Lipizzaner!
Kaiserbogen Luxus-Suite
Nach dem Begrüßungsgetränk ist es Zeit, das Zimmer zu entdecken. Es liegt im sogenannten Großen Kaiserbogen, einem später hinzugekommenen Teil des Bio-Hotels und hört auf den Namen Luxus-Suite. Na das klingt ja schonmal recht vielversprechend.
Ist es auch. Die Suite 630 besteht aus einem kleinen Vorraum mit großen Schränken, einem riesigen Raum mit großem Doppelbett, Sitzecke und Kamin, sowie einem ebenfalls recht üppig dimensionierten Bad mit Doppelwaschbecken, Dusche, Badewanne und separater Toilette.
Dazu gesellt sich ein großer Balkon mit zwei vollwertigen Liegen, zwei Liegestühlen und Blick auf das Bergmassiv. Also, an wolkenlosen Tagen halt. Auf insgesamt 65 Quadratmeter bringt es die Kaiserbogen Luxus Suite so laut der Stanglwirt Homepage.
Das Interieur ist genau so rustikal und gemütlich, wie man sich das erwartet. Einfach zum Wohlfühlen und angesichts des Wetters bin ich kurz versucht, den Kamin zu entfachen. Allerdings sind die Außentemperaturen trotz des Regens erfreulich sommerlich. Kamin bleibt also aus.
Das Bett, natürlich aus Zirbenholz, ist geradezu riesig, in der Sitzecke könnte man mit Freunden bis in die Nacht sitzen, quatschen, bei Kerzenschein eine Runde Karten spielen oder einfach Essen und Trinken.
Das Gute an solch rustikaler Einrichtung ist, dass sie auf ihre Art einfach zeitlos wirkt. Das gilt im Grunde auch für das Design des Badezimmers. An Armaturen wie Fliesen nagt hier und da allerdings ein wenig der Zahn der Zeit. Die Corona-Zwangspause im vergangenen Jahr aber nutzte das Hotel bereits für umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten und so bin ich mir sicher, dass auch das Badezimmer „meiner“ Luxus-Suite früher oder später ein entsprechendes Refit erhalten wird.
Der Stanglwirt hat viel zu bieten
Zeit für einen Rundgang durch das Hotel. Der ist auch bitternötig, denn der Stanglwirt hat wirklich jede Menge zu bieten. Bereits der kleine Lageplan, den man beim Check-In erhält, verzeichnet sage und schreibe 42 Stationen. Also los.
Das Einmalige am Stanglwirt ist wohl seine Kombination aus noch immer aktivem Bio-Bauernhof und integriertem Luxushotel. In diversen Ausbaustufen hat er die jetzige Größe von 170 Zimmern und Suiten erreicht. Seit Anfang der 1980er Jahre achtet die Besitzerfamilie Hauser dabei auf Dinge wie Nachhaltigkeit, längst bevor diese überall ein großes Thema wurden.
So ist der Stanglwirt ein baubiologisches Hotel, das mit Funktionen wie etwa einer Biomasseheizung aufwarten kann. Der Strom kommt zu 100% aus Tiroler Kleinwasserkraft, die große Wellnesswelt ist dank einer Wärmepumpenanlage komplett energieautark.
Alles Bio oder was?
Dank eigener Quelle wird im gesamten Hotel reines Quellwasser genutzt, Milchprodukte wie etwa auch die reichhaltige Käseauswahl stammen ebenso aus eigener Produktion wie eine Vielzahl der Fleisch- und Wurstsorten, Fisch und Brot.
Erstaunlich für mich ist in erster Linie, wie kurz trotz der vielen Gebäudeteile und Möglichkeiten die Wege innerhalb des Stanglwirt sind. Wenn man einmal raus hat, wie man wohin kommt, ist man von überall ziemlich schnell am Ziel.
Und so dauert auch der Gang zum Restaurant nicht wirklich lange. Dieses ergänzt die im ursprünglichen Gasthof angesiedelte Gaststube, die Kuhstallstube und die Stangl-Alm und ist entsprechend der Zimmerzahl recht großzügig dimensioniert.
Abendessen im Hotelrestaurant
Bei meinem Besuch stehen neben schon beschriebener reichhaltiger Käseauswahl diverse Vorspeisen- und Salatoptionen am Buffet bereit, die Hauptspeisen werden am Tisch serviert, Nachtisch kann dann wieder aus dem Buffetbereich abgeholt werden, der auch Show-Cooking zu bieten hat.
Auf Allergien / Unverträglichkeiten wird schnell und unkompliziert eingegangen und die Gerichte sind geschmacklich allesamt hervorragend. Einzig zur Hauptessenszeit ist mir, auf Grund des Teil-Buffet-Konzepts, bisweilen etwas zu viel Trubel. Hier empfiehlt es sich, eher die Randzeiten zu nutzen oder einen Tisch in einer etwas ruhigeren Lage zu suchen.
Überzeugen kann die Getränkeauswahl. Gerade die Weinkarte ist ausgesprochen reichhaltig und lässt kaum Wünsche offen. Die Preise orientieren sich dabei an der gefühlt hauptsächlich aus dem Münchner Raum stammenden Hauptklientel.
Generell hat man das Gefühl, dass hier im Hotel jeder jeden zu kennen scheint. Die Anzahl an Stammgästen scheint ausgesprochen hoch und überall finden sich Gruppen von mehreren Paaren oder mehreren Familien, die sich hier im Stanglwirt zum gemeinsamen Urlaub treffen. Auch der Umgang zwischen Gästen und Angestellten wirkt äußerst freundschaftlich, ja fast schon angenehm familiär.
Die Tenne ist das abendliche Zentrum im Stanglwirt
Nach dem Abendessen führt einen der Weg geradezu automatisch vorbei an den kleinen süßen Shops hinauf zur Hotelbar „auf der Tenne“. Der große und dennoch gemütliche Raum ist voll und es herrscht eine ausgelassene Stimmung. Die Band spielt, die Barkeeper sind voll in Aktion.
Dank des perfekt eingespielten Teams muss man dennoch nicht lange auf seinen Drink warten. Und wenn es schon Tegernseer aus eisgekühlten Steinkrügen gibt, fällt die Wahl denn auch nicht schwer. Danach geht es gleichermaßen gesättigt wie glücklich ins Bett.
Der wohlverdiente Schlaf muss zunächst allerdings erst einmal hart erkämpft werden. Denn einige kleine aber durchaus penetrante Fliegen schwirren immer wieder über das Bett. Leben auf dem Bauernhof. Tja, so ist das eben. Natur und so. Extra für bzw. in dem Fall gegen diesen Zweck verfügt das Zimmer aber über eine schicke, lederne Fliegenklatsche. Damit ist dann doch recht schnell Ruhe, vorausgesetzt, man entdeckt diese nicht so wie ich erst bei Abreise.
Am nächsten Morgen geht es zum Frühstück wieder ins Hotelrestaurant. Das Buffet ist reichlichst gedeckt, die Auswahl phänomenal, und ist einmal etwas aus, wird umgehend nachgelegt. Äußerst perfekt also und wenn man etwas später dran ist, bei mir ja sowieso eher die Regel, dann ist der Bereich auch wieder angenehm leer.
Perfektes Wetter für einen Wellness-Tag
Das Wetter ist genauso ekelhaft, oder nennen wir es „schiach“, schließlich sind wir ja in Österreich, wie es zuvor angesagt wurde. Perfekt also für einen ausgiebigen Besuch des Wellnessbereichs.
Vorab, wer es gerne etwas sportiver mag auch der kommt im Stanglwirt natürlich auf seine Kosten. So gibt es neben acht Außenplätzen auch noch zwei große Tennishallen, mit begrünten Dächern, die so den hofeigenen Schafen als Weidefläche dienen.
In einer der Hallen aufgebaut ist bei meinem Besuch ein Boxring. Des Rätsels Lösung: die Klitschkos sind hier seit Jahren Stammgäste, bereiteten sich auf ihre Kämpfe vor und Vitali feiert nur ein paar Tage später seinen 50. Geburtstag im Stanglwirt.
Klitschkos und Schwarzeneggers Wahl
Auf Arnold Schwarzenegger hingegen kann unter Umständen treffen, wer im Fitness-Bereich unterwegs ist. Zumindest aber kann er dort an eigens von ihm angeschafften Geräten trainieren.
Der Weg zum Wellnessbereich, er ist gepflastert von hunderten Fotos prominenter Stanglwirt Gäste, die nicht nur während der legendären Weißwurstparty, hier im Hotel ein und aus gehen.
Der Wellnessbereich selbst gliedert sich in zwei Zonen: die Familien-Wellnesswelt und die Wellnesswelt für Ruhesuchende ab 16 Jahren. Während Kinder also im vorderen Teil mit Rutschen und Pool-Kino voll auf ihre Kosten kommen, können Paare und Alleinreisende im sich anschließenden Teil ungestört entspannen. Saunen gibt es hier wie dort, allerdings starten jene im Erwachsenen-Bereich (textilfrei) leider erst um 14 Uhr.
Die Zeit zuvor aber kann man nutzen, um die verschiedenen Pools und den Badesee zu erkunden. Besonders spannend: das Profi-Sportbecken. Auf 25 Metern Länge sind die beiden Bahnen mit Zeitmessanzeigen von Omega ausgestattet. Da kommt fast schon Olympia-Feeling auf.
Die Saunalandschaften, allem voran die riesige Kaiser-Sauna, sind erwartungsgemäß großartig, die vielen Ruhebereiche, teils mit großen Loungern, eine Wohltat. Beim Schwitzen und Entspannen vergeht die Zeit viel zu schnell und so ist es auch fast schon wieder Zeit für das Abendessen.
Gaststube und Kuhstallstube
Dieses wird heute im Gasthof eingenommen. Genauer in der Gaststube. Zuvor aber gibt es einen Pre-Dinner-Negroni an der Hotelbar. Zubereitung und Geschmack sind ebenso perfekt wie erneut der Service der Barkräfte.
Das Ambiente in der Gaststube ist deutlich uriger, intimer als tags zuvor im Hotelrestaurant. Sehenswert sind aber nicht nur die einzelnen Stuben, sondern auch die durchaus speziellen „Stillen Örtchen“ hier, auf denen wahre Throne warten.
Die Karte der Gaststube überzeugt mit traditionellen, deutlich lokal angehauchten Gerichten, die geschmacklich wie optisch auf einem sehr guten Niveau liegen.
Zur Nachspeise wechsle ich schließlich doch noch an einen inzwischen frei gewordenen Tisch in der Kuhstallstube. Wie der Name schon sagt, sitzt man hier wirklich im Kuhstall. Nur eine Glasscheibe trennt die Gäste von den genüsslich kauenden Kühen. Ein außergewöhnliches Erlebnis.
Und irgendwie bin ich froh, erst zum Kaiserschmarrn hierhergekommen zu sein und mein Kalbsschnitzel zuvor nicht unter den Augen der potenziellen Verwandtschaft verspeist zu haben.
Der Kaiserschmarrn ist herrlich fluffig, genau so, wie er sein soll. Die Portionsgröße allerdings würde als Hauptgang reichen. Okay, auch das gehört zu einem richtigen Kaiserschmarrn. Zu schade aber, hier etwas übrig lassen zu müssen, doch so sehr ich mich auch bemühe, es passt einfach nichts mehr hinein.
Auf Wiedersehen im Stanglwirt
Nach einer weiteren, diesmal fliegenfreien Nacht, steht auch schon der Tag der Abreise an. Zu meinem Leidwesen liegt die Check-Out Zeit im Stanglwirt bei erbarmungslosen 11 Uhr vormittags. Ein Late-Check-Out ist ebensowenig möglich, wie die Option, noch ein paar Stunden im Spa zu verbringen. Ein wenig Schade fürwahr, doch letztlich wahrscheinlich auch den aktuellen Abstands- und Hygieneregeln geschuldet.
Einmal also noch das wunderbare Frühstücksbuffet genießen, dann heißt es Abschied nehmen vom Stanglwirt. Warum hier gefühlt fast nur Stammgäste zu finden sind, ist nach diesem Besuch für mich jedenfalls nicht weiter verwunderlich. Hier kann man sich wirklich wunderbar „daheim“ fühlen.
Fazit
Mein Fazit: eigentlich unglaublich, dass es so viele Jahre brauchte, bis ich endlich mal den Stanglwirt für mich entdecken konnte. Gefunden habe ich einen wunderbaren Rückzugsort, der auch bei schlechtem Wetter Körper und Geist glücklich macht. Ein Familiäres Flair und jede Menge Freiraum, dazu ein kompetentes und freundliches Team.
Perfekt geeignet ist das Bio-Hotel für Paare, Familien oder einfach den Urlaub mit Freunden. Ein Wochenende allerdings ist fast schon ein wenig kurz. Für all das Gebotene sollte man sich schon mindestens vier Tage, besser eine ganze Woche Zeit nehmen.
Informationen & Links
Das Bio- und Wellness-Hotel Stanglwirt finden Sie am Kaiserweg 1, A-6353 Going am Wilden Kaiser. Alle Informationen zum Hotel, sowie die aktuellen Preise gibt es auf der Homepage stanglwirt.com.
Hinweis zur Transparenz
Der Bericht entstand im Rahmen eines Aufenthalts mit freundlicher Unterstützung des Bio- und Wellnesshotels Stanglwirt. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand – wie üblich – nicht statt.
Fotos: © PCS/AS 2021
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