Das Wetter am Nürburgring zeigt sich an diesem Samstag einmal mehr äußerst kapriziös. Eben noch durfte ich den brandneuen Lamborghini Huracán durch die herrlichen Landstraßen der Eifel bewegen, nun sitze ich dem Mann gegenüber, der als Research & Development Director sicher nicht ganz unwesentlich an der Neuerscheinung beteiligt war.

Maurizio Reggiani trägt einen Camouflage-Hoodie, dazu eine Omega Seamaster Planet Ocean.  Auf dem Tisch liegt eine kleine Einkaufstasche von Louis Vuitton.

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Maurizio Reggiani: Herzlich Willkommen bei Lamborghini! Sagen Sie mir, worüber sprechen wir heute? Über Autos? Oder über Uhren?

luxify: Vielen Dank für die Einladung! Am liebsten über beides. Aber fangen wir doch einfach mal mit einer Grundsatzfrage an. Was ist Ihre Definition von Luxus?

M.R.: Luxus ist – etwas Unerwartetes zu erzeugen. Zu überraschen. Träume, Wünsche zu generieren und diese zu erfüllen. Nehmen Sie beispielsweise unseren Veneno. Davon gibt es nur drei Exemplare. Das ist ein echtes Luxusgut. Top-Level Technologie. Auch das ist Luxus.

l: Was macht für Sie die Faszination Lamborghini aus?

M.R.: Sehen Sie, ein Beispiel: wir produzieren Teile aus Karbon. Von Hand. Wenn ich sehe, wie es unsere Leute schaffen, diesem Material Formen zu geben, wie daraus dann ein Fahrzeug wird, da sprechen wir über Qualität auf oberstem Niveau. Karbon hat seine Struktur und so ist jedes Fahrzeug anders, aber jedes ist perfekt.

l: Verlassen wir mal für einen Moment den Automobilsektor. Mir ist die kleine Louis Vuitton Verpackung neben Ihnen nicht entgangen. Was ist für Sie sonst noch Luxus?

M.R.: Luxus sind all die schönen Dinge, die dich einzigartig machen. Wir in Italien legen viel Wert auf Kleidung. Sie muss zum Körper passen, zum Kopf, zur jeweiligen Stimmung. Feine Stoffe, exzellente Verarbeitung und – natürlich Originalität!

l: Zum perfekten Outfit gehört auch eine gute Uhr. Sind Sie Uhrenfan?

M.R.: Absolut! Uhren faszinieren mich. Denn die Entwicklung eines mechanischen Uhrwerks hat viel mit dem Motorenbau gemein. Da ist Präzision gefragt, man braucht eine ganze menge Erfahrung. Und Passion!

l: Haben Sie eine Lieblingsuhr?

M.R. (lacht): Eigentlich müsste ich ja jetzt direkt Blancpain sagen (Anm.: Blancpain und Lamborghini kooperieren bei der an diesem Wochenende stattfindenden Super-Trofeo), aber meine Lieblingsuhr ist die Speedmaster. Die erste Uhr, die auf dem Mond war. Vor einigen Jahren habe ich Buzz Aldrin getroffen. Er hatte seine Omega Speedmaster an. Diese Uhr fasziniert mich. Daher habe ich auch zwei davon. Eine Vintage und eine moderne.

l: Die Speedmaster ist wirklich ein wunderbarer Klassiker. Seit wann interessieren Sie sich für diese Uhren?

M.R.: Oh, das ist noch gar nicht so lange her. Etwa 20 Jahre. Es dauerte eine Zeit, bis ich mir den Wissensstand angeeignet hatte, um die für mich richtige Uhr wählen zu können, eben diese Legende.

l: Die Uhrenindustrie schaut derzeit gespannt – oder vielleicht auch betont entspannt – auf die jüngst präsentierte Apple Watch. Neue Technik in einem klassischen, traditionellen Segment. Wenn wir das wieder auf den Automobilsektor übertragen, komme ich da auf Dinge wie Elektro- und Hybridautos. Wie schaut die Entwicklung bei Lamborghini in dieser Richtung aus?

M.R.: Man muss wettbewerbsfähig bleiben. Aber, man muss auch den richtigen Zeitpunkt erwischen. Ist man zu früh, so ist das nicht gut. Ist man zu spät dran, wirkt man alt. Aber der Markt muss bereit sein.

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l: Mit dem Porsche 918 und dem BMW i8 sind jüngst zwei durchaus ernstzunehmende Modelle auf den Markt gekommen. Ist der richtige Zeitpunkt also bereits da?

M.R.: Wissen Sie, Emotionen, das ist die DNA von Lamborghini. Aber klar, der Verbrauch wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen und man muss die Spielregeln einhalten, früher oder später. Aber, damit reduziert man immer auch den Anteil an Emotionalität. Und man erhöht das Gewicht. Wahrscheinlich werden die Batterien irgendwann kleiner und leichter, derzeit aber muss man im Gegenzug zur Gewichtszunahme an anderer Stelle massiv Gewicht einsparen. Das verursacht hohe Kosten und das bedingt Kleinserien. Wir werden aber soviel wie möglich tun, solange es in unsere DNA passt.

l: Lamborghini ist ja Teil des Volkswagenkonzerns. Da würden Sie in Hinblick auf Hybrid- oder E-Antrieb doch sicher auf einiges an Technologie zurückgreifen dürfen, oder?

M.R.: Im Konzern ist all die Kompetenz vorhanden, die wir bräuchten und die können wir natürlich auch mitnutzen. Das Problem ist nur, wir müssen auch die richtigen Dinge wählen können. Wieder das Stichwort DNA. Sie können sich sicher vorstellen, dass ein 4-Zylinder Hybrid Konzept unseren Kunden derzeit wohl nur schwer nahezubringen sein wird (schmunzelt).

l: Einleuchtend, in der Tat. Ich las die Tage einen interessanten Satz, stammend aus dem Hause Lamborghini. Er lautete „Once perfection is achieved, you can just double it“ und deutet auf eine große Neuheit auf dem Autosalon Paris hin. Sie wollen mir nicht zufällig verraten, was genau dahinter steckt?

M.R. (lacht erneut): Wir entwickeln immer weiter, wir schauen nach vorne. Und das heißt manchmal auch, einen Stein in den See zu werfen und zu schauen, was passiert. Wir werden in Paris ein Statement abgeben. Eine Vision. Das heißt nicht unbedingt, dass das, was wir dort dann präsentieren anschließend auch sofort in Serie gehen muss. Luxus bedeutet zu überraschen. Und das werden wir tun. Aber kommen Sie doch einfach am 2. Oktober nach Paris. Dann kann ich Ihnen die Frage vollständig beantworten.

l: Es wäre mir eine Freude. Herr Reggiani, vielen Dank für dieses äußerst interessante Gespräch.

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Das Interview führte Percy Christian Schoeler

Fotos: © Lamborghini / Blancpain / luxify

 

 

 

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