Geplant ist, den Sonnenuntergang zu beobachten, mit anschließendem Blick in die Sterne. Sonnenuntergang, schöne Sache eigentlich, doch je näher man dem Teide kommt, desto unwahrscheinlicher scheint mir die Chance angesichts der dichten Wolkendecke. Zum Steigern der Laune geht es zunächst zum örtlichen Winzer Botega Reverón in Vilaflor. Die Weine sind zum Teil durchaus spannend, spätestens aber mit dem roten Süßwein hat er mich dann völlig, der freundliche Winzer aus Vilaflor. Vino Tinto Naturalmente Dulce. Klingt nach Kopfschmerzen, ist aber wirklich ein geiles Zeug.
Delikatesse der Insel – die schwarzen Kartoffeln, hier im Sheraton Hotel La Caleta
Unser Guide, der übrigens El Silbo, die Pfeifsprache der Guanchen, der Ureinwohner der Kanaren beherrscht, drängt darauf, trotz des Süßweins weiter zu fahren. Schließlich wartet die Sonne mit dem Untergehen nicht auf uns.
Auf dem Weg nach Vilaflor
Die Sonne. Welche Sonne? Fast 1.500 Meter hoch sind wir schon, denn Vilaflor ist das höchstgelegene Städtchen der Insel, nein, ganz Spaniens, und trotzdem, die Wolken hängen noch immer weit über uns. Irgendwann wird es dann neblig auf der kurvigen und von vielen Bussen befahrenen Bergstrecke. Kanarische Kiefern säumen den Weg. Bäume die, so berichtet der Guide, bei einem verheerenden Waldbrand Opfer der Flammen wurden, sich danach aber so schnell wieder regenerierten, wie dies niemand für möglich hielt. Die Natur hier scheint eben Feuer gewohnt.
Attraktion auf dem Weg zum Teide: dieser Zwillingsbaum
Frisches Grün nach dem großen Waldbrand
Dann, plötzlich, brechen wir durch die Wolken. Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein. Und – eine komplett andere Vegetation.
Überall am Straßenrand ragen rote schmale Pflanzen meterhoch hervor. Pflanzen, die, wenn man mich fragt, definitiv außerirdischen Ursprungs sein müssen. Ganz bestimmt. Sowas habe ich zumindest noch nie gesehen.
Science-Fiction?
Wie auch? Die bis zu 3 Meter hoch werdenden roten Wildprets Natternkopf Pflanzen gibt es nur hier am Teide. Sonst nirgendwo auf der ganzen Welt. Einzig auf La Palma gibt es noch einen rosafarbenen Artverwandten. Faszinierend!!
Wildprets Natternkopf
Diese Pflanzen, die Lavasteine, ich glaube, ich bin in einer ganz anderen Welt. Das klingt vielleicht lächerlich aber das kann hier nicht mehr die Erde sein. Echt nicht.
Pico Viejo (links) und Pico del Teide (rechts) schauen durch die getönten Scheiben noch unwirklicher aus
So ganz falsch bin ich mit meinem Eindruck tatsächlich nicht. Denn der Nationalpark diente schon einigen Science Fiction Filmen als Filmkulisse, so sollen hier etwa Szenen für Star Wars, Kampf der Titanen oder Planet der Affen entstanden sein.
Wer erkennt den Hundekopf?
Nicht mehr lange bis zum Sonnenuntergang
Wenn man sich hier so umschaut, hat man daran keinen Zweifel. Einsam, verlassen, unwirtlich liegt die Landschaft rund um die beiden Bergspitzen Pico del Teide und Pico Viejo vor einem, die langsam untergehende Sonne hüllt die ganze Szenerie in ein noch unwirklicheres Licht.
Einsam ist es hier allerding nicht mehr lange, denn ein halbes Dutzend Busse spuckt eine russische Reisegruppe zum Champagnerempfang aus. Egal. Ein paar Meter weiter und ich bin wieder halbwegs alleine, mit meinem Glas Mumm Cordon Rouge – stilecht im Taittinger Plastikglas.
Cheers!
Die Sonne geht unter, ein prächtiges Schauspiel, und es wird augenblicklich richtig, richtig kalt. Kein Wunder. Schließlich sind wir hier auf etwa 2.300 Meter Höhe und es weht ein ordentlicher Wind. Zu stark, um per Seilbahn die restlichen 1.400 Meter zum Gipfel des Teide zu fahren und so findet, nach einem köstlichen Picknick mit kanarischen Spezialitäten wie den extrem aromatischen schwarzen Kartoffeln und russischer Folkloremusik (jaja, die Reisegruppe wieder), der Ausflug in die Astronomie statt.
Die Russische Reisegruppe
Der Sternenhimmel ist wirklich unglaublich. Noch nie habe ich auch nur annähernd so etwas gesehen und mir ist klar, warum sich in der Vergangenheit gerade hier führende Observatorien niedergelassen haben.
Gleich ist sie weg
Früher, bevor der Süden so dicht besiedelt wurde, waren die Bedingungen wohl noch besser, doch selbst die wahrnehmbare beleuchtete Wolkendecke unter uns schmälert den beeindruckenden, tiefschwarzen und sternenklaren Nachthimmel in keiner Weise.
Faszinierende Stimmung nach Sonnenuntergang
Mit Laserpointern, auf deren Lichtstärke selbst George Lucas neidvoll herübergeblickt hätte, werden die Sternbilder erklärt, die man anschließend durch die bereitgestellten Teleskope näher betrachten kann. Nach dem interessanten Vortrag gehe ich ein paar Meter weiter, lege mich auf eine Steinmauer und blicke einfach nur in den Himmel.
Noch nie kam ich mir so klein vor, so unwichtig für das „große Ganze“. Ich muss an Jean-Luc Picard denken. Der Weltraum. Unendliche Weiten. Wie wahr. Ich bekomme Gänsehaut. Und das liegt definitiv nicht an den Temperaturen.
Das Licht einer Taschenlampe reißt mich aus meinen Gedanken. Es ist Zeit für die Rückfahrt. Schade eigentlich. Wer die Ruhe und Einsamkeit des Nationalparks Teide länger auf sich wirken lassen möchte, der kann im einzigen Hotel hier, dem 2-Sterne Haus Parador de Canadas del Teide einchecken. Für mich geht es zurück nach Costa Adeje. Ein langer Tag geht zu Ende. Ein erlebnisreicher Tag.
Wird mir immer in Erinnerung bleiben: die einsame Straße durch den Nationalpark Teide
Am nächsten Vormittag verbringe ich noch ein wenig Zeit im Maui Beach Club in Las Américas, genieße die Sonne, lausche den Wellen und dem Meer, bevor es zurück geht zum Flughafen Reina Sofia. Die Schlangen an den Schaltern der Charterfluggesellschaften sind diesmal nicht ganz so lang und das Durchschnittsalter – interessiert mich nicht mehr wirklich. „Eigentlich weiß ich gar nicht, warum ich wieder heim fliege“ höre ich eine Dame neben mir sagen. Recht hat sie.
Schön war sie, die Zeit auf Teneriffa, schön, aber auch viel zu kurz. Denn so viel ich bei meinem Besuch auch von der Insel gesehen habe, es war doch nur ein Bruchteil dessen, was Teneriffa zu bieten hat.
Das Bergdorf Masca im Westen, die Anaga Höhenstraße im Osten, La Laguna, Santa Cruz, La Orotava, Puerto de la Cruz, Loro Parque, die Spitze des Teide, es gibt noch so viel zu entdecken. Beim nächsten Mal dann. Denn nach Teneriffa werde ich sicher wieder zurück kehren.
Maui Beach Club in Las Américas
Mein Fazit: das so viele Menschen von Teneriffa begeistert sind, das kommt nicht von ungefähr. Sonnen, baden, surfen, Wale beobachten, Golf spielen, wandern, mountainbiken, reiten, oder einfach ausgiebiges Wellness im Hotel, jede Menge Kultur, unbeschreiblich reichhaltige Natur – die Insel hat wahnsinnig viel zu bieten. Dazu ganzjährig das perfekte Klima und eine einigermaßen überschaubare Anreisedauer. Kurzum der perfekte Ort, um dem kalten Winter daheim zu entfliehen. Und dem verregneten Sommer irgendwie auch gleich.
Mehr Informationen gibt es unter www.webtenerife.de/tenerife-select.htm oder unter www.tui.com/Urlaub_Teneriffa
Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2014
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