Wow! Wenn sich Audemars Piguet dieser Tage über eines nicht beschweren kann, dann ist das über mangelnde mediale Aufmerksamkeit. Die neue Produktlinie CODE 11.59 by Audemars Piguet ist seit ihrer Präsentation vor einer Woche wirklich in aller Munde.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Audemars Piguet CODE 11.59 Supersonnerie, Ref. 26395BC.OO.D321CR.01

Auch auf dem SIHH 2019, dem letzten Salon International de la Haute Horlogerie, auf dem Audemars Piguet ausstellt, waren die AP Neuheiten das Hauptgesprächsthema. Dabei ging es nicht nur um die neue Uhrenlinie an sich, sondern auch um das Feedback zu den Neuheiten auf den einschlägigen Social Media Plattformen.

Ein Shitstorm zieht auf

Ich persönlich vermag mich an keinen Shitstorm im Bereich der Uhrenneuvorstellungen zu erinnern, welcher dem glich, der in den vergangenen Tagen über Audemars Piguet hereingebrochen ist.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Das CODE 11.59 Logo ziert alle Casebacks

Auch in unserem Forum wurde heiß über die CODE 11.59 diskutiert, wenngleich ein wenig differenzierter als auf Facebook, YouTube, Instagram & Co. Eine Tatsache, die allerdings direkt einige Hater auf den Plan rief. Alles in allem gingen die Meinungen zur Neuheit bei uns von „absolut misslungen“ bis „zum Teil ganz schön“ und „hat Potenzial“. Seien wir ehrlich, selbst die rosaroteste Brille kann nicht verschleiern: eine vollends gelungene Produktvorstellung schaut anders aus.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Seitenansicht der Minutenrepetition

Ich selbst hatte vergangenes Wochenende ja bereits einige Gedanken ‚zu Papier‘ gebracht (Hier der Link zum Bericht), ließ mein Fazit da allerdings noch aus. Einfach weil ich der Überzeugung bin, dass man die Uhren erst einmal in der Hand, respektive am Arm gehabt haben muss, um sich wirklich ein Urteil bilden zu können. Sieht man die Reaktionen im Internet, gehöre ich mit dieser Meinung allerdings einer absoluten Minderheit an. Lospöbeln und alle mit anderer Meinung mundtot machen zu wollen scheint nicht nur bei gesellschaftspolitischen Themen der neue Trend zu sein. Willkommen in den späten zwanzig-zehner Jahren. Eine traurige Entwicklung.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Audemars Piguet CODE 11.59 Perpetual Calendar, Ref. 26394OR.OO.D321CR.01

CODE 11.59 – die erste Begegnung

Vergangenen Montag war es soweit. Ich hatte einen Termin bei Audemars Piguet zum Shooten der Neuheiten. Begonnen habe ich mit den neuen Modellen der Royal Oak Linie (einige erste Bilder gibt es in unserem Forum). Höchste Begeisterung machte sich bei nahezu jedem mir vorgelegten Modell breit. Rundum perfekte, gelungene Uhren. Traumhaft. Und ja, falls es jemand tatsächlich noch nicht gemerkt haben sollte, ich bin Fan der Royal Oak.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Klassiker: das Kaliber 5134 basiert auf dem 2120 der Ur-Royal-Oak

Dann wurden die ersten CODE 11.59 Uhren in den Raum gebracht. Ein Gefühl, als wenn bei einem Date die hoffentlich zukünftige Herzensdame plötzlich und unverhofft ihre beste Freundin im Schlepptau hat. Die ist zwar vielleicht auch nett, doch denkt man sich innerlich „gebraucht hätt’s die jetzt aber nicht“. Klar begrüßt man sie, allerdings gerade genau so distanziert, dass sie die eigene Überflüssigkeit in jener momentanen Situation durchaus spüren kann.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Faltschließen gibt es nur bei den großen Komplikationen

Ja, da ist sie also, die CODE 11.59. Die Drei-Zeiger-Automatikuhr mit Datum, in Rotgold mit weißem Blatt, sowie der Chronograph in Weißgold mit blauem Blatt. Man sieht sie an und denkt sich augenblicklich, eigentlich doch lieber noch weitere Royal Oak Modelle shooten zu wollen.

Die Modelle im Einzelnen

Aber bleiben wir fair. Vor mir liegen die derzeit meistdiskutierten Uhren der Welt. Und mein Gedanke bei genauerer Betrachtung: sie schauen deutlich hochwertiger aus als man auf den ersten Bildern den Eindruck hatte. Das weiße Blatt des Rotgoldmodells hat eine schöne Tiefe, der ausgeschriebene Audemars Piguet Schriftzug wirkt längst nicht so aufdringlich wie erwartet, und selbst das Datum bei 4:30 – Nein. Sorry. Das vermag ich dann doch nicht schön reden. Das stört. Und zwar extrem.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Audemars Piguet CODE 11.59 Selfwinding, Ref. 15210OR.OO.A099CR.01

Wenden wir uns daher dem Chrono zu. Die im Netz oft zu lesenden Vergleiche zu billigen Chronographen aus Modeuhrenkollektionen (zugegebenerweise auf den ersten Fotos definitiv nicht von der Hand zu weisen) wollen mir beim Livekontakt so wirklich überhaupt nicht mehr in den Sinn kommen.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Angenehmes Tragegefühl: die 41 Millimeter große CODE 11.59 am Handgelenk

Die Uhr macht schon auf den ersten Blick einen verdammt hochwertigen Eindruck. Die Gehäusegröße ist perfekt gewählt, das doppelt gewölbte Glas gibt der Uhr einen unglaublichen optischen Effekt und selbst das Datum bei 4:30 – Tatsache! Im Falle des Chronos kann ich mich damit abfinden.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Audemars Piguet CODE 11.59 Chronograph, Ref. 26393BC.OO.A321CR.01

Dann kommt die Supersonnerie an die Reihe. Die Minutenrepetition. Und mit ihr ist alles klar. Alles. Ihr vom tiefen Schwarz ins Blau verlaufendes Grand-Feuille-Emailleblatt ist wahrlich großes Kino. Die kleine Sekunde dezent bei 6 Uhr gesetzt, kein störendes Datumsfenster, die Supersonnerie zeigt, welches Potenzial in der CODE 11.59 Linie steckt.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Echter Hingucker: das Emaille-Blatt der Supersonnerie

Und sie zeigt, dass der gewagte Entwurf mit der Beschaffenheit der Zifferblätter steht – und auch fällt. Neben ihr wirkt der Chronograph allenfalls nett, die Dreizeigeruhr beliebig. Und man fragt sich, warum AP hier nicht auch bei den „Einsteigermodellen“ mehr Finesse an den Tag gelegt hat, zumindest was deren Zifferblätter angeht.

Perpetual Calendar: das Highlight

Ein weiterer Beweis liegt im Aventurinblatt des Ewigen Kalenders. Zwar zeigt sich dessen Strahlkraft unter Kunstlicht ein wenig verschlossen, doch bewegt man die Uhr unter einem Halogenspot, so kann man erahnen, welches Funkeln erst das Sonnenlicht (von dem es auf der Messe naturgemäß recht wenig gibt) mit diesem Blatt wird anstellen können.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Leichtes Funkeln: Aventurin-Blatt des Ewigen Kalenders

Der Perpetual Calendar, er ist für mich definitiv das Meisterstück der ersten CODE 11.59 Kollektion. Dicht gefolgt vom fein skelettierten Handaufzugs-Tourbillon, der Openworked. Was sich bereits auf den ersten Pressebildern anbahnte, es wird durch den Live-Eindruck noch verstärkt. Diese Uhren brauchen Zifferblätter, die mit dem fein durchdachten Gehäuse mithalten können, keine langweilige Allerweltsoptik.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Audemars Piguet CODE 11.59 Tourbillon Openworked, Ref. 26600OR.OO.D002CR.01

Das Gehäuse. Es ist so viel mehr als der Versuch einer runden, sportlichen Dresswatch. Es ist – Haters gonna hate me now – einfach Kunst. Ja vielleicht werden wir in ein paar Jahren von einem großen (Ent-) Wurf sprechen.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Klare Linien, perfekte Verarbeitung: Gehäuse der CODE 11.59

Um dies zu erkennen, muss man sich gedanklich allerdings erst einmal ein Stück weit von Gerald Genta und seinem Entwurf zur Royal Oak von 1972 lösen. Das fällt zugegebenermaßen schwer, aber nur so versteht man, was diese Linie eigentlich sein soll. Keine zweite Royal Oak, keine Über-Royal-Oak. Nein. Eine zweite Linie, die an deren Seite Bestand haben soll und all jene ansprechen möge, denen der Royal Oak Entwurf vielleicht zu sportlich ist, oder die eine runde, ein wenig elegantere Uhr tragen wollen, ohne dabei die Marke wechseln zu müssen.

Gerald Genta und die Geschichte des Achtecks

Oftmals kritisiert wurde in den vergangenen Tagen, dass sich AP letztlich scheinbar doch nicht richtig von der Royal Oak lösen wollte und daher das Gehäusemittelteil bei der CODE 11.59 achteckig gestaltete. Dem mag man entgegenhalten, dass die erste achteckige Uhr von Audemars Piguet bereits vor gut 100 Jahren das Licht der Welt erblickte, somit auch Genta dieses Thema letztlich nur aufgegriffen hat. Doch spätestens bei den sechseckigen Schrauben der Bandanstöße lässt sich die gesuchte Nähe zum Welterfolg nicht mehr verheimlichen.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Die Schrauben im Bandanstoß kennen wir von der Lünette der Royal Oak

Die Frage indes: ist das schlimm? Meiner Meinung nach nein. Im Gegenteil. Die CODE 11.59 vereint Designstile aus vielen Jahrzehnten AP-Geschichte und bildet aus ihnen eine neue, moderne Uhr. Faszinierend sind dabei die lediglich mit der dünnen Lünette verschweißten Bandanstöße und natürlich immer wieder dieses Glas.

Das Glas: ein genialer optischer Effekt

Der optische Effekt, den die beiden unterschiedlichen Wölbungen erzeugen ist schier unglaublich und lässt den Träger nicht los. Ja, er ist einfach einzigartig. Auch wenn ich mich wiederhole, wir sprechen von Kunst. Um so unverständlicher meines Erachtens zumindest so mancher Kommentar, den ich in den vergangenen Tagen lesen durfte.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

WOW-Effekt: das Glas der CODE 11.59

Das Design der CODE 11.59 darf gefallen – oder eben nicht. Man kann es mögen – oder nicht. Das obliegt allein dem persönlichen Geschmack. Keine Frage. Doch zu urteilen, ohne der Uhr überhaupt eine Chance zu geben, sie einmal live gesehen zu haben, finde ich schwierig. Es ist eben ein Design, das ein wenig Erklärung bedarf.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Die filigranen Bandanstöße sind nur mit der schmalen Lünette fest verbunden

Und nein, wahrscheinlich wird niemand, der gerade mit einer Royal Oak liebäugelt, nun auf einmal einer CODE 11.59 den Vorzug geben. Doch hat die Uhr in den vergangenen Tagen auch so schon mehr als genügend Liebhaber gefunden. Wie man dem Flurfunk im internationalen Pressezentrum vernehmen konnte, wird die im Februar in den Handel kommende Erstauflage (rund ein Drittel der in 2019 insgesamt produzierten 2.000 CODE 11.59) wohl schnell nahezu ausverkauft sein. An Endkunden wohlgemerkt. Nicht an Konzessionäre, denn die Uhren der neuen Linie werden ausschließlich über Audemars Piguet Boutiquen, sowie in den AP Houses erhältlich sein.

Kaliber AP 4401 – die Sensation, auf die wir so lange gewartet haben

Die gesamte Social Media Gegenkampagne der vergangenen Woche ist zumindest in einem Punkt aber fast schon amüsant. Denn was im ganzen Zorn fast völlig unterging, ist die Sensation, auf die man eigentlich seit Jahren gewartet hatte: Audemars Piguets erstes eigenes Chronographen-Automatikkaliber!

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Sensation: das heiß ersehnte In-House Chrono-Kaliber AP 4401

Dieses heißt Kaliber 4401, tickt mit 28.800 Habschwingungen, kommt auf eine Gangreserve von 70 Stunden und verfügt darüber hinaus sogar auch noch über eine Flyback-Funktion. Insgesamt sechs unterschiedliche Uhrwerke arbeiten in den dreizehn vorgestellten Modellen. Drei von ihnen sind Neuentwicklungen. Neben besagtem AP 4401 sind dies das AP 2950 mit Tourbillon, automatischem Aufzug, 21.600 Halbschwingungen und 65 Stunden Gangreserve, sowie das AP 4302.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Seklettiertes Handaufzugskaliber AP 2948 mit Tourbillon in der Openworked

Beim AP 4302 handelt es sich um ein neues, im Durchmesser nun deutlich größeres Automatikkaliber mit Zentralsekunde und Datum, welches auch in der ebenfalls neu vorgestellten Royal Oak, Ref. 15500, zum Einsatz kommt. Mit 28.800 Halbschwingung bringt es dieses Werk ebenfalls auf eine Gangreserve von 70 Stunden.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Große Neuheit: Kaliber AP 4302 mit einem Durchmesser von 32 Millimetern

Auch wenn die Royal Oak Chronographen-Neuheiten dieses Jahr noch das bisherige, auf dem Frédéric Piguet 1185er Kaliber basierende AP 2385 verbaut haben, so ist doch abzusehen, dass die Neuentwicklung AP 4401 ebenfalls früher oder später Einzug in die Royal Oak Reihe erhalten wird. Fürs Erste allerdings ist es exklusiv der CODE 11.59 vorbehalten.

Ausblick: die jetzigen Modelle sind nur der Anfang

Dass deren nun vorgestellte dreizehn Referenzen erst der Anfang sind, daran ließ man seitens Audemars Piguet keinen Zweifel. Die Kollektion wird im kommenden Jahr weiter ausgebaut. Vielleicht ja dann auch mit weiteren, ansprechenderen Zifferblättern für die Standardmodelle und eventuell anderen Gehäusematerialien. Wir werden sehen.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

Wristshot: CODE 11.59 Tourbillon Openworked am Handgelenk

Zumindest aber sollten sich bis dahin wohl alle so langsam an das Erscheinungsbild der CODE 11.59 gewöhnt haben. Der ganz große Shitstorm wie in diesem Jahr, der wird 2020 dann wohl ausbleiben. Und wer weiß, vielleicht hat der ein oder andere Skeptiker bis dahin ja sogar seinen Frieden gefunden.

Luxify Review CODE 11.59 by Audemars Piguet SIHH 2019

CODE 11.59 Perpetual Calendar in der Seitenansicht

Fazit

Mein Fazit: die CODE 11.59 by Audemars Piguet ist eine Uhr, die Zeit braucht. Zeit für Erklärungen, Zeit sie zu verstehen, Zeit, um mit ihr „warm“ zu werden. Das ist ungewohnt für eine AP. Oftmals sind aber just jene Entwürfe, an denen man sich erst einmal etwas aufreibt die, die langfristig ihre Daseinsberechtigung haben. Ob das im Fall von Audemars Piguets diesjährigem Produktlaunch auch so sein wird, vermag ich nicht zu sagen. Für mich hat die Linie mit ihrer zweifelsohne spannenden Formensprache enormes Potenzial. Einzige Bedingung: dem Gehäuse ebenbürtige Zifferblätter, wie sie dies die Grandes Complications derzeit bereits bieten.

Fotos: © PCS 2019

Kommentare