Ob es Daniel Craig an jenem Abend im vergangenen November wohl bereut hat, seinen „Job“ als der Welt berühmtester Geheimagent an den Nagel gehängt zu haben? Ich weiß es nicht, könnte es mir aber, ob seiner Uhrenwahl anlässlich des Besuchs der Planet Omega Ausstellung in New York, durchaus vorstellen.
Daniel Craig und die Speedmaster
Die Fotos, die von ihm bei dieser Gelegenheit entstanden, gingen tags drauf um die Welt. Doch nicht etwa Craigs neuer Haarschnitt sorgte für Interesse, obgleich auch dieser einer Diskussion durchaus Wert gewesen wäre, sondern eben jene Uhr an seinem Handgelenk. Eine Omega Speedmaster Professional. Die Moonwatch, allerdings mit weißem Blatt und rotem Speedmaster-Schriftzug. Eine Uhr, die es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab, eine Uhr, die wirklich niemand kannte.
Ein Versehen? So ganz habe ich das bis heute nicht herausbekommen. Zunächst nämlich gab es keine offizielle Info auf Rückfragen zur Uhr, dann aber ließ man sich dahingehend dazu aus, dass hier ein Modell zu sehen sei, welches im Laufe des kommenden Jahres, ergo 2024, vorgestellt würde.
Auf der anderen Seite aber: die hochauflösenden Bilder konnten eigentlich kein Zufall sein. Insofern also vielleicht doch nur ein cleverer Schachzug der Bieler? Denn seither wartet die ganze Uhrenwelt auf eben jene Daniel Craig Speedy.
Große Erwartung, kleine Enttäuschung
Die Erwartungshaltung war groß. Sie war sehr groß und leider, so muss man sagen, fiel ihr auch der Launch der Omega Speedmaster Apollo 8 Dark Side of the Moon (mehr dazu hier) ein Stück weit zum Opfer. Denn konnte diese Uhr mit ihrer kleinen Rakete auch noch so scharf sein, wer eigentlich auf die weiße Moonwatch wartete, der war zwangsläufig enttäuscht.
Nun aber ist es so weit. Der Tag X ist gekommen und die Katze aus dem Sack. Und sie hat Erfreuliches dabei. Zunächst einmal: es handelt sich bei jener Uhr nicht um eine limitierte Edition, sondern um ein Serienmodell. Weder eine weitere Version aus teurem Platin oder Canopus-Gold bereichert hier das Speedy-Lineup, nein, Omega bringt die Uhr tatsächlich in Edelstahl.
Und das, vielleicht die beste Nachricht, zu einem absolut überschaubaren Aufpreis von lediglich 100 Euro gegenüber dem regulären Spahirglas-Modell mit schwarzem Blatt. Angesichts des bei der Moonwatch zum ersten Mal zum Einsatz kommenden glänzenden Lackfinish des Zifferblattes, sowie der nun aufgesetzten Stundenindexe, geht das definitiv mehr als in Ordnung. Obgleich man diesbezüglich bei aller Euphorie auch anmerken muss, dass die Moonwatch durch ihre Preiserhöhungen der vergangenen Jahre auch so schon mittlerweile in Preisregionen vorgedrungen ist, die man einst für vollkommen unmöglich hielt – auch wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis an sich, verglichen mit den Mitbewerbern, durchaus passt.
Die bekannte Speedmaster – nur ganz anders
Mein Vorteil jedenfalls bei diesem Review: ich kann mich kurzfassen. Denn zur Uhr an sich ist alles schon gesagt. Außer Listenpreis, Zifferblatt- und Zeigerfarbe ist alles ident zum Review, welches ich bereits vor gut drei Jahren schrieb, und das hier noch einmal nachzulesen ist.
Warum nun aber die neue Farbgebung? Nun, ich bin mir sicher, dass Omega weder die zahlreichen Umbauten der Online-Community auf weiße Blätter, noch der Erfolg weißer Chronographen auf dem Markt generell entgangen sein werden. Von daher stellt das neue Modell für die Bieler in etwa die gleiche Herausforderung dar, wie Fische aus einem Eimer zu angeln. Dass dieses Modell gut ankommen und die Verkaufszahlen der klassischen Moonwatch damit in neue Höhen treiben wird, dessen konnte man sich recht sicher sein.
Vorausgesetzt natürlich, man stellt genügend davon her. Wird das passieren? Oder möchte man ein zweites Mal vom „Snoopy-Effekt“ profitieren? Das wird mit Sicherheit die Zeit zeigen. Da es der Konzern-Marke Omega letztlich aber auch um Umsatzzahlen gehen muss, dürfte es wahrscheinlicher sein, die weiße Speedy als Volumenmodell im Sortiment zu führen. Für den Anfang aber, auch das ist klar, dürfte ein Herankommen an eines der Stücke erst einmal schwierig sein.
Die weiße Speedy – der Live-Eindruck
Doch wie ist sie denn nun live, die Speedy White? Auch bei mir war die Erwartungshaltung nach dem vermeintlichen Craig-Leak groß. Sie war sehr groß. Nicht die beste Voraussetzung für eine Uhr für gewöhnlich. Doch die weiße Speedmaster begeistert sofort und übertrifft mit ihrem Blatt all meine Erwartungen noch einmal bei weitem.
Nur schwer auf Fotos zu bannen ist der Effekt, mit welchem die Uhr den Betrachter sofort in ihren Bann zieht. Die Lackschicht wirkt unfassbar dreidimensional, glänzend, fast schon porzellanartig. Ein wunderbarer Effekt, der perfekt harmoniert mit den geschwärzten, applizierten Indexen, den geschwärzten Zeigern und den roten Akzenten in Form von Schriftzug und Zeigerspitze.
Als Inspiration für jene Farbwahl gibt Omega die Raumanzüge der Apollomissionen an, sowie die roten Linien, die auf diesen ab der Apollo 13 Mission zu finden waren. Natürlich werden bei jener Farbkombination auch Erinnerungen an die Alaska I wach. Die Frage allerdings, die ich mir diesbezüglich stelle ist eher: braucht es für jenes Farbkonzept überhaupt eine nähere Erklärung?
Denn die weiße Speedmaster überzeugt auch ohne jenen Geschichtsbezug auf den allerersten Blick, lässt ihre schwarze Schwester im direkten Vergleich fast schon ein wenig antiquiert aussehen. Nein, das wäre unfair, spielt hier sicherlich eine Rolle, dass man das Aussehen der klassischen Moonwatch eben schon seit Jahrzehnten gewohnt ist und somit das Neue hier gleich doppelt seinen Reiz hat.
Fazit
Wobei wir auch schon beim Fazit dieses recht kompakten Reviews wären. Als Besitzer einer klassischen Hesalit-Speedy aus den 90ern musste ich beim Erstkontakt ordentlich an mich halten, nicht ganz spontan die Kreditkarte zu zücken. Gut, die Tatsache, dass jene Uhr bereits reserviert war und spätestens mein Verfügungsrahmen ein Problem dargestellt hätte, mag an dieser Stelle ebenfalls etwas zum Entschluss beigetragen haben.
Für mich ist die neue, weiße Omega Speedmaster die faszinierendste, begehrenswerteste Speedy seit Langem und obgleich die Erfahrung zeigt, dass ich mit weißen Zifferblättern nie wirklich lange glücklich wurde, erscheint es mir hier, als könnte die weiße Moonwatch genau das ändern.
Jedem Speedmaster-Fan jedenfalls sei geraten, diese Uhr unbedingt einmal mit eigenen Augen zu betrachten. Denn dieses Blatt muss man einfach live sehen. Und ich bin mir sicher, die meisten werden ihren Omega Händler mit dem Abriss eines Bestellzettels verlassen. Und das zu Recht.
Ob Daniel Craig wiederum sein Exemplar gleich anbehalten durfte, ist nicht überliefert. Da James Bond für seine Einsätze aber sowieso auf Exemplare der Seamaster Linie zurückgreifen darf, wird sich seine Reue darüber, den Job an den Nagel gehängt zu haben vermutlich dann doch in Grenzen gehalten haben.
Datenblatt:
- Modell: Omega Speedmaster Moonwatch Professional Co-Axial Master Chronometer Chronograph 42 MM, Ref. 310.30.42.50.04.001
- Gehäuse 42 mm, Edelstahl, wasserdicht bis 5 bar (50 Meter), Lünette mit Aluminium-Inlay, Saphirglas
- Zifferblatt: weiß lackiert
- Armband: Edelstahl mit Faltschließe
- Uhrwerk: Kaliber 3861, METAS Master Chronometer, Handaufzug, 21.600 A/h, 50 Stunden Gangreserve
- Funktionen: Stunde, Minute, kleine Sekunde mit Sekundenstopp, Chronograph mit Zentralsekunde, 30-Minuten- und 12-Stunden-Zähler
- Limitierung: keine
- Garantie: 5 Jahre
- Preis: EUR 8.800 (DE) / EUR 8.900 (AT)
- Verfügbarkeit: März 2024
- Link zum Hersteller: https://www.omegawatches.com/de-de/watch-omega-speedmaster-moonwatch-professional-co-axial-master-chronometer-chronograph-42-mm-31030425004001
Fotos: © Omega (6), PCS (12) 2024
Kommentare