Irgendwie hatte ich mir das Wetter in Havanna um diese Zeit anders vorgestellt. 13 Grad und Nieselregen, der vom grauen Himmel prasselt, decken sich nicht ganz mit dem, was ich in der Karibik um diese Jahreszeit erwartet hatte.

Die Straße, in der ich gerade spazieren gehe, ist verwaist. Links von mir parkt ein alter Lastwagen, der frisches Obst geladen hat, am rechten Straßenrand steht ein kleiner Lieferwagen mit einigen Kisten Heineken. Ansonsten weit und breit – kein Mensch.

Ich betrete die kleine Eckkneipe. Auch sie wirkt wie ausgestorben. Ein paar halbvolle Gläser stehen auf dem Tresen herum, übrig geblieben wahrscheinlich noch vom gestrigen Abend. Ein handgeschriebener Kassenzettel liegt festgeklemmt darunter, flattert ein wenig im Wind des Deckenventilators. Irgendwas stimmt doch hier nicht.

Keine Zeit zu Sterben – bei den Dreharbeiten zum 25. James Bond Film

„Heute ist Nachtdreh“ – mit diesen Worten reißt mich unser Guide aus meiner fast perfekten karibischen Illusion.

Ich bin am Set von „No Time to Die“, dem 25. James Bond Film. Und die Straße, auf der ich gerade entlangflaniere, könnte, und sieht sie auch noch so kubanisch aus, kaum weiter von der Karibik entfernt liegen.

Willkommen in den Pinewood Studios, einige Kilometer westlich von London. Es ist der 24. Oktober 2019. Der vorletzte Drehtag. Morgen ist alles vorbei. Dann ist alles im Kasten. Dann kann Daniel Craig in den wohlverdienten Urlaub gehen. Heute aber, da muss er nochmal ran.

Nicht jetzt allerdings. Denn es ist 14 Uhr und Mr. Craig liegt wahrscheinlich noch im Bett. Die Bar, in der ich eben vergeblich auf den Barkeeper wartete, dient einer Schlüsselszene des neuesten Abenteuers des britischen Geheimagenten. Was genau dort vor sich geht, das sieht man in Deutschland und Österreich unter dem Titel „Keine Zeit zu sterben“ seit gestern in den Kinos. Fast zwei Jahre nach meinem Besuch also. Endlich!

Wenn Havanna in Wahrheit bei London liegt

Ich gehe ein paar Meter weiter. Alle Gebäude hier, so erklärt man mir, sind Originalen auf Kuba nachempfunden. Nur dass diese in Havanna eben gar nicht auf einer einzelnen Straße nebeneinander zu finden sind.

„Das hier, das ist kubanischer, als es Kuba je sein könnte“, erklärt mir mein Guide. Dabei seien auch die Farben der Häuser deutlich kräftiger gewählt, als dies im Original der Fall sei. Da es sich allerdings um Nachtszenen handele, die hier gedreht werden, käme dies im Endergebnis wiederum sehr authentisch rüber.

Der typische englische Regen, der die Szenerie heute untermalt übrigens, sei kein Problem. Regen in dieser Stärke sehe man im Film nicht. Im Gegenteil. Wolle man Regen sichtbar machen, müsse diesem zum Teil extra ein weißer Farbstoff zugesetzt werden.

Damit die Straße immer gleich ausschaut, wird sie, so es einmal nicht regnen sollte in Pinewood, vor dem Dreh extra gewässert. So wirken dann auch die typischen Neonreklamen noch einmal stärker, wenn sie sich auf dem Asphalt spiegeln.

Kuba wollte Einblick ins Drehbuch

7 Wochen habe man gebraucht, um das gesamte Set aufzubauen. Warum dreht man denn dann nicht gleich auf Kuba? Teile der Dreharbeiten fanden ja schließlich auch auf Jamaika statt. Also gar nicht so weit entfernt.

Das hätte man in der Tat gerne getan, wird mir erklärt. Und auch die dortige Regierung habe nicht wirklich etwas dagegen gehabt. Allerdings wollte sie vorab Einblick in das Drehbuch. Doch dieses ist so geheim wie die Missionen von 007 selbst. Keine Chance also, und daher entstand Havanna kurzerhand in England.

Geheim ist auch meine eigene Mission heute. Kein Wort durfte ich im Vorfeld auch nur zu irgendwem sagen. Keine Posts, keine Locations preisgeben. Darüber hinaus: ein Embargo bis – ja das konnte man mir zu jenem Zeitpunkt noch nicht einmal ansatzweise sagen.

Das Schlimmste aber: keine Fotos. Gar keine.

No Photos, please!

Man muss sich das einmal vorstellen. Da geht einem James Bond Fan der vielleicht größte Traum seines Lebens in Erfüllung und – es gibt keinerlei Beweise dafür! Und das in Zeiten von Instagram Stories & Co.! Ob ich wenigstens meinen ultracoolen 007 Stage Ausweis abfotografieren dürfe, will ich flehend wissen. Nein! Nicht einmal den. Oh man….

In der kleinen Seitenstraße neben der Bar steht ein größeres „kubanisches“ Gebäude. In diesem ist es sogar möglich, gleich auf drei Ebenen zu drehen. In der großen Halle im Erdgeschoss mit dem großen, eleganten Bartresen, auf der Empore, zu der eine geradezu atemberaubend geschwungene Treppe führt und – auf dem Dach. Was genau dort passiert, wird natürlich nicht verraten. Die großen Glasflächen allerdings lassen erahnen, dass diese den heutigen Nachtdreh wohl nicht überleben werden.

Gleiches gilt für das Stück Brüstung, welches mit zwei großen „Do not touch“ Schildern abgesperrt ist. Ob hier wohl das Leben eines fiesen Widersachers enden wird?

Vom Balkon habe man einen tollen Blick auf die Straße, sagt die Leiterin der Führung. „Nur bitte nicht alle auf einmal.“ Beim Abklopfen des Bodens mit meinem Regenschirm wird mir auch schnell klar, warum. Auch wenn hier alles so ausschaut, als sei es für die Ewigkeit gebaut, wir sind doch noch immer auf einem Filmset.

Ein Hotel, eine Bar und eine präparierte Brüstung

Wie wird so eine Kulisse eigentlich gebaut, will ich wissen. Zunächst kämen die Stahlträger, dann werde mit Holz ausgekleidet und schließlich mit Gips vervollständigt. Dann seien die Maler an der Reihe und danach das Team, welches den Gebäuden ihren in die Jahre gekommenen Vintage Look verpasst. Dieser wirkt wirklich täuschend echt, selbst aus allernächster Nähe.

Im noch immer unerbittlich herniederprasselnden Regen verlassen wir Kuba und wechseln zu Suttirat Anne Larlarb. Sie ist Costume Designer und hat unter Anderem schon bei Produktionen wie „Slumdog Millionair“ oder „Steve Jobs“ mitgewirkt.

In einem Raum warten ein paar ausgewählte Kostüme aus Bond 25 oder „B25“, wie hier überall zu lesen ist. James Bonds Garderobe wird auch in „No Time to Die“ wieder zu einem großen Teil von Tom Ford bereitgestellt. Der Tagesanzug im Prince of Wales Check, eine Reminiszenz an den Film Goldfinger, wurde ihm vom amerikanischen Designer ebenso auf den Leib geschneidert wie der unumgängliche Smoking.

Die Outfits von James Bond & Co.

Jedes Outfit werde gleich mehrfach benötigt, erklärt Suttirat. Manche Anzüge gar bis zu 16 Mal. Für diverse Szenen, für Mr. Craig, für seine Stunt-Doubles. Ralph Fines hatte sich für seinen Anzug im neuen Film einen Stoff gewünscht, welcher ihn schon in Spectre kleidete. Man suchte und wurde fündig.

Die Schuhe von Léa Seydoux kommen aus dem Hause Jimmy Choo, die von Daniel Craig einmal mehr von Crockett & Jones. Uhrenmäßig vertraut Naomi Harris in ihrer Rolle als Moneypenny wieder einer Omega De Ville, während Ralph Fines eine Longines am Handgelenk trägt. Dali Benssalah, der den Schurken Primo darstellt, darf auf eine Hamilton zurückgreifen und Daniel Craig trägt – natürlich – erneut Omega Seamaster.

Welche genau das in erster Linie sein wird, das wissen wir bereits seit Ende 2019. Die spezielle Omega Seamaster 300M Diver aus Titan im Look des Britischen Militärs entstand in enger Zusammenarbeit mit Daniel Craig selbst. Mehr zu ihr gibt es im entsprechenden Review (hier und hier). Zudem dürfte erneut eine Omega Seamaster Aqua Terra am Start sein.

Von den Kostümen geht es zum Bühnenbild. Hier wartet Production Designer Mark Tildesley auf uns. Er plaudert aus dem Nähkästchen. Und wie er aus dem Nähkästchen plaudert. Selbst wären die meisten seiner Geschichten nicht ausdrücklich „off the records“, ich würde es an dieser Stelle nicht verraten wollen. Akuter Spoileralarm! Zumindest aber bin ich seither– noch – gespannter auf Bond Nummer 25, als ich dies ohnehin schon war.

Gadgets, Gadgets, Gadgets!

An der nächsten Station unserer Tour gibt es einige der Dinge zu sehen, die einen Bond-Film letztlich erst zu einem Bond-Film machen. Gadgets. Und Bomben. Viele Bomben. Bomben in allen Formen. Haftminen, die munter vor sich hin blinken und deren ansteigende Blinkfrequenz dem nahen Betrachter auch nicht wirklich etwas Gutes verheißen wollen.

Da gibt es Harpunen und – einen mysteriösen Koffer. In diesem finden diverse Behältnisse ihren Aufbewahrungsort, die, ich bin mir dessen absolut sicher, einmal mehr jede Menge Unheil über die Welt bringen könnten, so sie nicht rechtzeitig gestoppt werden.

Ein wenig Moonraker, etwas Thunderball, ein bisschen On Her Majestys Secret Service. Hey, es ist der 25. Bond-Film. Ein Jubiläum. Da darf man schon auch einmal die ein oder andere Reminiszenz einbauen.

Once in a Lifetime – ein Höhepunkt für jeden 007 Fan

Eine, nein eigentlich zwei weitere derer warten in der nächsten Halle. Die Tür geht auf und – selten in meinem Leben bin ich so sprachlos. Ich erblicke die unverkennbare Front von Bonds legendärem Aston Martin DB5. Doch steht da nicht ein Aston Martin DB5. Nein. Es sind derer Sieben! SIEBEN!!!!!

DAS. KANN. NICHT. REAL. SEIN! Nun, ist es auch nicht. Zumindest nicht so ganz. Denn es handelt sich um Replicas. Gebaut jedoch von Aston Martin selbst. In Handarbeit. In gerade einmal 7 Monaten.

Aston Martin DB5 mal Sieben!

Sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Selbst die Kennzeichen sind gleich. Natürlich sind sie das. Denn sie alle „doublen“ das Bond-Auto in verschiedenen Phasen des Films. Entsprechend unterschiedlich kommen sie vom Zustand daher. Die einen mit jeder Menge Einschussspuren auf den Fenstern, die Anderen mit sichtbaren Schleifspuren in Folge massiven Feindkontakts bei einer wüsten Verfolgungsjagd.

Zur Beruhigung: sowohl die Lackspuren als auch die Einschusslöcher sind aufgeklebt. Zumindest die meisten.

„Zurücktreten bitte!“, mahnt der für die Fahrzeuge zuständige Quartiermeister. „Wissen Sie noch, wo der DB5 in Goldfinger die Maschinengewehre versteckt hatte?“ Natürlich weiß ich das. „Nun, wir haben das ein wenig modifiziert“ sagt er.

Bruchteile einer Sekunde später klappen die beiden Hauptscheinwerfer nach unten und zwei Maschinengewehre schnellen hervor. Augenblicklich schießen dutzende von Patronenhülsen aus den seitlichen Lüftungsöffnungen. Abgesehen vom hier fehlenden Sound ein täuschend echtes Manöver.

Für jede Szene das perfekte Auto

Doch das Auto kann noch mehr. Auf Knopfdruck fallen unterhalb des Kofferraums eine nicht unbeträchtliche Anzahl Haftminen oder ähnliches auf die Straße. Und auch das „Wechselkennzeichen“ feiert sein Comeback am DB5, nun allerdings ganz modern mittels LED-Technik.

Ein Teil der DB5 sind fernbedienbar, einer etwa lässt sich von einem auf das Dach geschnallten Fahrerkäfig aus steuern. Gleiches gilt für einen weiteren „alten Bekannten“, den Aston Martin V8 Saloon, den Timothy Dalton in „The Living Daylights“ über das Eis an der Slowakisch-Österreichischen Grenze schlittern ließ.

An neuen Fahrzeugen sind der Aston Martin DBS Superleggera und der Valhalla zu sehen. Ebenso dabei: der Jaguar I-Pace und der – zumindest zu dem Zeitpunkt noch – brandneue Land Rover Defender. In der auf Jamaica gedrehten Anfangssequenz fährt Bond in einem Land Rover Serie III, ein Range Rover Classic aus den 70er bis 90er Jahren ist in einer in Italien gedrehten Szene mit dabei.

Ein Teil der Fahrzeuge steht ebenfalls in jener unscheinbaren Halle des legendären Filmgeländes. „Okay“, erklärt unser Guide, EIN Erinnerungsfoto dürfe es dann doch geben, von unserem streng geheimen James Bond Besuch. Ein einziges. Gemacht mit ihrem eigenen, von der Kamera her auch nicht wirklich auf Bond-Niveau spielenden Smartphone allerdings nur, und zugeschickt erst, wenn wir auch über das Geschehene und Gesehene sprechen dürfen.

Das ist – jetzt tatsächlich dann doch mehr, als ich erwartet hatte. Entsprechend strahle ich in die Kamera. Was für ein unverhoffter Abschluss der Tour, den jeder der Teilnehmer natürlich gerne wahrnimmt.

Dann geht es aber auch schon wieder zurück in Richtung Ausgang. Vor der Halle mit den DB5 warten noch etliche Karosserien alter Lada Polizeiautos auf ihre Verschrottung. Oder auf ihre Wiederverwendung. So richtig kann man das hier in Pinewood ja nie so ganz abschätzen.

Zum Abschluss ein Aha-Erlebnis

Vorbei geht es noch einmal an den am heutigen Nachmittag leerstehenden Parkplätzen mit ihren kleinen Schildchen. „Reserved for“ ist darauf zu lesen, gefolgt von all den Namen, die jeder Bond Fan im Schlaf aufsagen kann. Barbara Broccoli und Michael G. Wilson sind wohl die Bekanntesten unter ihnen.

Auf dem Rückweg zum Eingangsgebäude fahren wir durch eine schmale Straße. Links und rechts begrenzt durch alte Industriebauten. Warum nur kommt mir das hier grad so verdammt bekannt vor, denke ich mir augenblicklich. Ich war doch schließlich noch nie hier. Moment! Das ist doch – Exakt! Ich befinde mich in genau der Straße, in der Sean Connery einst seinen Aston Martin DB 5 zerstört hat. Jene Straße mit dem großen Spiegel am Ende.

Das heute dort angebrachte Straßenschild bringt Gewissheit. „Goldfinger Avenue“ ist darauf zu lesen. Tatsache. Auric Goldfingers Fabrik war also damals genauso wenig in der Schweiz, wie das heutige Havanna auf Kuba. Verwunderlich nur, dass die Straße im Film staubtrocken schien. Anscheinend war damals das Wetter über Pinewood dem Nachtdreh wohler gesonnen als heute.

Weiterführende Links

Mehr Informationen zur Omega Seamaster Diver 300M „007 Edition“ gibt es auf der Homepage von Omega (Link). Alle Details rund um Bond 25 „Keine Zeit zu Sterben“ gibt es auf 007.com.

Hinweis zur Transparenz

Die Besichtigung der Pinewood Studios erfolgte auf Einladung von Omega. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand nicht statt.

Fotos: © Omega / Danjaq & MGM

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