Den Trend der Uhrenindustrie, sich wieder auf die Produktion von auch für Einsteiger halbwegs leistbaren Modellen zu konzentrieren, hatte ich ja bereits in meinem Beitrag vergangene Woche (den gibt es hier noch einmal zum Nachlesen) beleuchtet. Doch natürlich bot der SIHH 2018 darüber hinaus auch wieder jede Menge Uhren zum Staunen. Hier ist sie also, meine persönliche Top 10.

Logo SIHH 2018

SIHH 2018 – Impressionen

Beginnen will ich mit zwei Uhren, die ich bereits im Beitrag über die neuen, günstigen „Einsteigeruhren“ vorgestellt habe. Dennoch gehören sie ebenfalls zu den Uhren, die mir am eindrucksvollsten in Erinnerung geblieben sind. Zum einen ist dies die neue Carré H von Hermès.

Zwei Hermès Carré H Uhren

Hermès Carré H, 5.900 Euro

Keine andere Uhr strahlte für mich eine solche Unbekümmertheit, einen solchen Spaß aus, wie die von Marc Berthier designte Carré H. Was auf den ersten Blick ein wenig wie eine Modeuhr erscheint, entpuppt sich beim näheren Betrachten als kleine Design-Ikone. Eine quadratische Uhr ohne Ecken. Kantig und doch weich gerundet. Das Auge hat verdammt viel zu entdecken bei dieser Uhr.

Hermès Carré H Uhr

Hermès Carré H, 5.900 Euro

Mit Spannung werde ich die Entwicklung der neuen Santos de Cartier beobachten. Ist dies eine Uhr, die auf dem deutschen Markt für Herrenuhren eine Chance hat? Diese Frage hörte ich im Rahmen der Pressekonferenz. Die zwei Größen, in denen die neue Santos vorgestellt wurde, sind zumindest ziemlich optimal gewählt.

Wristshot Santos de Cartier, großes Modell in Edelstahl

Santos de Cartier, großes Modell in Edelstahl, 6.550 Euro

Die Bänder mit ihrem Wechselsystem machen Spaß, die Verarbeitung ist auf gewohntem Cartier Niveau und im Gegensatz zu den Volumenmodellen anderer Hersteller, die man nahezu überall an den Handgelenken blitzen sieht, strahlt die Santos eine elegante Individualität aus. Ob das reichen wird, auf eben jenem deutschen Markt zu überzeugen, wird man sehen. Wünschen würde ich es mir.

Santos de Cartier, großes Modell in Edelstahl

Santos de Cartier, großes Modell in Edelstahl, 6.550 Euro

Meine ganz persönlich größte Überraschung erlebte ich auf dem Messestand von IWC – und einen weiteren Beweis dafür, dass man seine Meinung nicht immer nur auf Bilder stützen sollte. Die Rede ist von der zum 150-jährigen Jubiläum (mehr dazu hier) herausgebrachten Tribute to Pallweber, einer Uhr mit Sprungziffermodul.

IWC Tribute to Pallweber Edition “150 Years”, Ref. IW505003

IWC Tribute to Pallweber Edition “150 Years”, Ref. IW505003 – limitiert auf 500 Stück, 23.100 Euro

Als ich die Presseaussendung im Vorfeld der Messe erhielt, war ich entsetzt ob dieser abgrundtief hässlichen Uhr. Was soll das? Wie kann man nur? Live allerdings wechselte diese Abneigungshaltung sofort ins Gegenteil. Einmal am Arm kann man sich nicht sattsehen an dem tiefen Blau des Zifferblatts der Stahlversion, wartet ungeduldig auf jeden Minutensprung. Eine definitiv ungewöhnliche, sehr spezielle Uhr, deren Faszination auch ich nicht geschafft habe, auf Bildern festzuhalten. Unbedingt also einmal live ansehen.

Wristhot IWC Tribute to Pallweber Edition “150 Years”, Ref. IW505003

IWC Tribute to Pallweber Edition “150 Years”, Ref. IW505003 – limitiert auf 500 Stück, 23.100 Euro

Zum 50. Geburtstag der Memovox Polaris bringt Jaeger-LeCoultre im Rahmen einer ganzen Polaris Kollektion (mehr dazu hier) auch eine Neuauflage der Taucheruhr mit Alarmfunktion heraus. Limitiert ist die bis 200 Meter wasserdichte Uhr im 42 Millimeter Gehäuse auf 1.000 Exemplare.

Jaeger-LeCoultre Polaris Memovox

Jaeger-LeCoultre Polaris Memovox – limitiert auf 1.000 Stück, 12.800 Euro

Etwas schade allenfalls, dass statt einer individuellen Limitierungsnummer nur ein „One of 1000“ auf dem Rückendeckel zu lesen ist, ansonsten aber mein diesjähriges Highlight bei Jaeger-LeCoultre.

Wristshot Jaeger-LeCoultre Polaris Memovox

Jaeger-LeCoultre Polaris Memovox – limitiert auf 1.000 Stück, 12.800 Euro

Panerai stellte auf dem Salon eine Uhr vor, die zwar offiziell nicht limitiert ist, die aber dennoch zu den seltensten Modellen der Manufaktur aus Neuchâtel gehören dürfte. Die L’Astronomo, PAM00920 wird ausschließlich auf Kundenwunsch gefertigt.

Officine Panerai L’Astronomo Luminor 1950 Tourbillon Moon Phases Equation of Time GMT – 50mm, PAM00920

Officine Panerai L’Astronomo Luminor 1950 Tourbillon Moon Phases Equation of Time GMT – 50mm, PAM00920, ab 199.000 Euro

Neben Material, Zeigerfarbe, Farbe der Leuchtmasse, Gehäusefinish und Farbe des Lederbandes hat der Kunde auch noch die Wahl, auf welchen Ort der Welt er die Uhr einstellen lässt. Für diesen werden dann etwa Sonnenaufgangs-und -untergangszeiten individuell angezeigt (mehr zu dieser und anderen Panerai Neuheiten gibt es hier).

Detailansicht Tourbillon Officine Panerai L’Astronomo Luminor 1950 Tourbillon Moon Phases Equation of Time GMT – 50mm, PAM00920

Officine Panerai L’Astronomo Luminor 1950 Tourbillon Moon Phases Equation of Time GMT – 50mm, PAM00920, ab 199.000 Euro

Kommen wir zur Freak von Ulysse Nardin, genauer zur neuen Freak Vision. Die Freak mit ihrer ungewöhnlichen Zeitanzeige, bei der die obere Werkbrücke samt Unruh den Minutenzeiger bildet, kam 2001 auf den Markt. Nun aber gibt es die erste Freak mit automatischem Aufzug. Logisch, dass auch dieser nicht gewöhnlich ist. Das Grinder Automatic Winding System basiert auf einem Rahmen mit vier Armen, mit denen der Aufzugsrotor mittels vier Klinken verbunden ist. Diese Konstruktion soll dabei doppelt so effizient sein wie herkömmlicher Systeme.

Ulysse Nardin Freak Vision

Ulysse Nardin Freak Vision, 95.000 Euro

Das Gehäuse dazu misst 45 Millimeter und besteht aus Platin mit seitlich eingesetzten Einlagen aus blauem Kautschuk. Die Einstellung der Zeit erfolgt über die Titan-Lünette, die ebenfalls über eine Einlage aus blauem Kautschuk verfügt. Und sollte die Uhr, etwa nach längerer Liegezeit, doch einmal von Hand aufgezogen werden müssen, so ist dies durch Drehen des Gehäusebodens aus Titan möglich.

Rückansicht Ulysse Nardin Freak Vision

Ulysse Nardin Freak Vision, 95.000 Euro

Die nächste Uhr der Top 10 der außergewöhnlichsten Uhren des SIHH kann man nicht kaufen. Sie ist eine Konzept-Uhr, die zeigt, was machbar ist. Auf eindrucksvolle Art und Weise und – mit einem Rekord. Denn die Altiplano Ultimate Concept Watch von Piaget misst gerade einmal zwei Millimeter in der Höhe. Wohlgemerkt: nicht das Werk ist 2 mm hoch, nein, die gesamte Uhr samt Boden, Gehäuse und Glas. Das klingt nicht nur unglaublich, das sieht auch noch unglaublich aus.

Piaget Altiplano Ultimate Concept Watch

Piaget Altiplano Ultimate Concept Watch

Fast glaubt man, seinen Augen nicht zu trauen, sieht man die Uhr zum ersten Mal. Ein komplettes mechanisches Uhrwerk? In der „Größe“? Unmöglich! Doch. Es geht. Wie? Unter anderem, in dem man den Gehäuseboden als Basisplatine des Uhrwerks nutzt, dem Federhaus seine Abdeckung nimmt oder die Brücke über der Unruh einspart. Im 41 Millimeter Gehäuse stecken viele Innovationen, und die meisten von ihnen sind durch die offene Bauweise auch direkt sichtbar. Dadurch wirkt die Ultimate Concept trotz ihrer flachen Bauweise auch extrem dreidimensional. Mit einem Wort: Faszinierend!

Detailansicht Piaget Altiplano Ultimate Concept Watch

Piaget Altiplano Ultimate Concept Watch

Faszinierend – ein Wort, welches ohne Zweifel auch auf die nächste SIHH Neuheit zutrifft, die RM 53-01 von Richard Mille. Entwickelt wurde dieser besondere Tourbillon für Pablo Mac Donough. Den bekannten Polospieler durfte ich vorletztes Jahr bei einem Training in Chantilly kennenlernen (mehr darüber hier).

Richard Mille RM 53-01 Tourbillon Pablo Mac Donough

Richard Mille RM 53-01 Tourbillon Pablo Mac Donough, limitiert auf 30 Stück, 941.500 Euro

Seine neue Uhr ist aus Carbon TPT, das Kaliber RM5301 mit Handaufzug und Tourbillon ist dank eines Aufhängungssystems aus zwei nur 0,27 Millimeter dünnen geflochtenen Stahlkabeln gegenüber Kräften von bis zu 5.000 G geschützt. Mindestens ebenso wichtig beim Polo Spiel ist der Schutz des Uhrenglases. Erstmalig kommt bei der 53-01 ein Saphir-Verbundglas zum Einsatz. Ähnlich wie im Automobilbau werden zwei Schichten Saphirglas mit einem dazwischenliegenden Polyvinylfilm verbunden.

Rückansicht Richard Mille RM 53-01 Tourbillon Pablo Mac Donough

Richard Mille RM 53-01 Tourbillon Pablo Mac Donough, limitiert auf 30 Stück, 941.500 Euro

Triple Split – auf diesen Namen hört die spektakulärste Neuheit von A. Lange & Söhne. Es handelt sich hierbei um einen Chronographen mit Rattrapante Funktion. Dadurch lässt sich eine zweite Zwischenzeit stoppen, während der Chronograph weiterläuft. Für gewöhnlich ist dies, dank eines zweiten Sekundenzeigers, in den ersten 60 Sekunden der Messung möglich.

A. Lange & Söhne Triple Split Chronograph

A. Lange & Söhne Triple Split Chronograph, limitiert auf 100 Stück, 139.000 Euro

Bereits 2004 brachte A. Lange & Söhne mit dem Double Split Chronographen eine Uhr heraus, die die Messung einer Zwischenzeit bis zu 30 Minuten ermöglichte. Dank zweitem Sekunden-, zweiten Minuten- und nun auch einem zweiten Stundenzeiger wird diese Funktionalität nun noch einmal erweitert. Zwischenzeiten können nun also bis zu maximal 12 Stunden gemessen werden.

Rückansicht A. Lange & Söhne Triple Split Chronograph

A. Lange & Söhne Triple Split Chronograph, limitiert auf 100 Stück, 139.000 Euro

RD#2 nennt Audemars Piguet seinen neuen Ewigen Kalender. Mit unglaublichen 6,3 Millimetern ist die RD#2 die flachste Automatikuhr mit ewigem Kalender und unterbietet in Ihrer Bauhöhe sogar die extra-flache 15202 „Jumbo“ um fast 2 Millimeter. Möglich wird das durch das neue Manufakturkaliber 5133, welches die bisher für die Kalenderfunktion benötigten drei Ebenen auf eine Ebene reduziert.

Wristshot Audemars Piguet Royal Oak RD#2 Perpetual Calendar Ultra-Thin, Ref. #26586PT.OO.1240PT.01

Audemars Piguet Royal Oak RD#2 Perpetual Calendar Ultra-Thin, Ref. #26586PT.OO.1240PT.01

RD, das steht übrigens für Research & Development und bedeutet in dem Fall, dass die Uhr bislang erst einmal „nur“ ein Prototyp ist. Es bleibt also abzuwarten, wann man die 41 Millimeter große Platinuhr wirklich im Handel erwerben kann – und zu welchem Preis.

Rückansicht Audemars Piguet Royal Oak RD#2 Perpetual Calendar Ultra-Thin, Ref. #26586PT.OO.1240PT.01

Audemars Piguet Royal Oak RD#2 Perpetual Calendar Ultra-Thin, Ref. #26586PT.OO.1240PT.01

Das waren sie also, meine Top 10 Highlights des diesjährigen SIHH. Die ein oder andere Uhr werden wir hier auf luxify in den kommenden Wochen im Rahmen von Einzelreviews noch einmal etwas genauer besprechen.

Seitenansicht Audemars Piguet Royal Oak RD#2 Perpetual Calendar Ultra-Thin, Ref. #26586PT.OO.1240PT.01

Audemars Piguet Royal Oak RD#2 Perpetual Calendar Ultra-Thin, Ref. #26586PT.OO.1240PT.01

Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2018

 

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