Einige Klassiker habe ich auf meiner Tour ja bereits abgearbeitet. Im ersten Teil ging es nach Barcelona, Korsika, Saint-Tropez und Portofino waren in Teil 2 an der Reihe. Und heute? Livorno.
Gut, mit Livorno verbinde ich im engeren Sinne eigentlich nur eines: Kreuzfahrtschiffe. Weiten wir das Spektrum daher ein wenig aus. Auf Pisa mit seinem schiefen Turm und Florenz mit dem Dom und der Panerai Boutique.
Was sagt Wikipedia? Livorno hat gut 150.000 Einwohner, wurde im zweiten Weltkrieg leider stark beschädigt und ist Anlegepunkt für große Kreuzfahrtschiffe.
Trist – trister – Livorno
Kreuzfahrtschiffe. Endlich! Klar. Livorno gehört in das Portfolio so ziemlich jeder Reederei. Livorno ist einer der klassischen Anlaufhäfen. So liegen auch heute insgesamt vier Kreuzfahrtschiffe im Hafen. Neben der Europa 2 sind das die Norwegian Epic, die Ventura und die AIDAblu.
MS Europa 2 im Hafen von Livorno
Das Wetter ist schlecht. Richtig schlecht. Dunkle Wolken hängen tief über der Toscana und in Richtung Pisa schaut’s noch schlimmer aus. Blauer Himmel hingegen draußen auf dem Meer. Aber da sind wir ja heute nicht.
Ziel des Tages: der schiefe Turm
Gegen frühen Mittag hört der Regen auf und ich begebe mich auf den Weg zum Bahnhof. Nicht ohne am Ausgang, heute liegen wir ja mal tatsächlich an Land, noch einen der wunderschönen dunkelblauen Europa 2 Regenschirme mitzunehmen. Sicher ist sicher.
Der Bahnhof, so ist auf den Hafeninformationen zu lesen, befindet sich etwa 25 Gehminuten entfernt. Das ist ok.
Platz der Wunder in Pisa
Ich weiß nicht, wo genau ich falsch abgebogen bin, welches Schild ich übersehen habe, jedoch benötige ich alleine eine Viertelstunde, um aus dem Hafengebiet herauszukommen und noch einmal zehn Minuten, um die richtige Straße zu finden. Zu allem Überfluss findet Google Maps keine Internetverbindung sodass ich mich ganz oldschool auf meinen Orientierungssinn verlassen muss.
Die Bewölkung lockert auf, die Temperaturen steigen und mit ihnen auch die Luftfeuchtigkeit. Ins Unermessliche! Nach ziemlich genau einer Stunde erreiche ich den etwa 3,5 Kilometer entfernten Bahnhof.
Dafür geht von hier aus alles ganz schnell. Ein freundlicher italienischer Rentner hilft mir beim Lösen der Fahrkarte am Automaten. 2,50 Euro kostet die Bahnfahrt nach Pisa und Züge fahren ca. alle 20 Minuten. Also rein in den stickigen Zug, wo mich die Putzkraft darauf hinweist, doch einen Wagon weiter zu gehen, da dort die Air Condition funktioniert. Cool. Im wahrsten Sinne des Wortes.
In Pisa angekommen, 15 Minuten dauert das etwa, lacht die Sonne. Ein freundlicher Mensch an der Tourismus-Information, gelegen direkt an der Piazza Vittorio Emanuele, stattet mich mit einem kostenlosen Stadtplan und jeder Menge Broschüren aus. Wohin ich will? Natürlich zur Piazza dei Miracoli. Miracoli steht hier natürlich nicht für ein schnelles Nudelgericht sondern heißt übersetzt „Wunder“. Miracle und so.
Um dorthin zu gelangen muss man einmal durch die gesamte Innenstadt. Nicht dass mir der Marsch zum Bahnhof in Livorno noch in den Knochen stecken würde aber man kann ja ganz langsam machen. Sollte man auch, denn auf dem Weg gibt es viele schöne Gebäude und malerische Einblicke zu bewundern. Trotzdem, der Klassiker schlechthin ist und bleibt natürlich der Schiefe Turm. Zusammen mit dem Dom und dem wunderschönen Baptisterium bildet er die Hauptattraktion auf dem Platz der Wunder.
Der Klassiker der Urlaubsfotografie ist das „Stützen“ des Turms mit den Händen. Einen solchen inszenierten Schnappschuss hat wohl jeder schon einmal gesehen und so verrenken sich auch heute wieder hunderte überwiegend nordamerikanischer und asiatischer Touristen vor den Kameras um den richtigen Blickwinkel zu erhaschen. Das Beobachten dieser teils abstrus komisch wirkenden Szenerie allerdings ist fast noch interessanter als die Bauwerke an sich.
Entlang der Via Santa Maria säumen viele Restaurants die Straße. Typisch für Touristenrestaurants ist die obligatorische Tafel mit vielen bunten Fotos der dargebotenen Gerichte. Hier in Pisa geht man einen Schritt weiter. Man stellt die Speisen selbst aus. Und so laufe ich, mit immer größer werdendem Hunger vorbei an etlichen frisch gebackenen und unheimlich gut aussehenden Pizzen wieder in Richtung des Flusses Arno. Hier liegt die Chiesa di S. Maria della Spina, eine kleine, aber sehr hübsche Kirche.
Auf dem Weg kehre ich noch kurz bei einem der kleinen Lokale an der Piazza Dante Alighieri ein, ehe es zurück zum Bahnhof geht.
Pisa UND Florenz – frühes Aufstehen voraussetzend, gehen sich beide Ziele an einem Tag aus. Doch beginnt man seinen Ausflug erst mittags, muss man sich für eine der Destinationen entscheiden. Dank modernster Technik – oder geschuldet der Tatsache, dass ich einige Wochen zuvor bereits schon einmal in der Toskana unterwegs war – kann ich an dieser Stelle aber doch auch noch Bilder der anderen, nicht minder schönen Stadt am Arno beisteuern.
Wunderschön: der Dom von Florenz
Piazza della Signoria mit der Loggia dei Lanzi (rechts), Vorbild für die Feldherrnhalle in München
Zurück in Livorno bin ich schlauer als Stunden zuvor. Zurück zum Schiff laufen? Niemals! Taxi? Gibt’s nicht. Bus? Bus! Man nehme Linie 1 oder 2 – die Fahrt kostet 1,70 Euro – und in ein paar Minuten ist man zurück an der Piazza Grande. Von dort aus ist es, diesmal den richtigen Weg findend, nicht mehr weit bis zum Schiff.
Auf der Ponte Vecchio
Die weltberühmte Brücke in Florenz von außen
Am Abend beobachte ich von meinem Balkon aus, wie nacheinander die Ventura, die Norwegian Epic und die AIDAblu den Hafen verlassen. Die Europa 2 hingegen bleibt noch lange liegen. Bis 23:59 Uhr. Sagte ich schon, wie sehr ich solch lange Liegezeiten begrüße? Sie sind normalerweise leider alles andere als selbstverständlich. Hier sieht das glücklicherweise aber anders aus.
Die Kirche Santa Maria Novella in Florenz
Die Spezialrestaurants an Bord habe ich alle durch, Zeit für das Restaurant Weltmeere, das Standard-Restaurant. Standard ist hier aber gar nichts. Im Gegenteil. Nach dem Tarragon ist das Weltmeere mein persönlicher Favorit. Großartige Speisen, täglich wechselnd, dazu immer ein offenes Ohr für Sonderwünsche, ich wünschte, alle Hauptrestaurants auf den Weltmeeren wären auch nur annähernd so gut.
Den Abschied von Livorno, untermalt erneut von der prompt Gänsehaut hervorrufenden schönen Auslaufmelodie, feiere ich wieder in der Sansibar. Kurz nach Verlassen der Hoheitsgewässer stoppt das Schiff. Bis zum nächsten Hafen, Portoferraio ist es nicht weit und ohne Fahrtwind lässt es sich an Deck einfach besser feiern.
Norwegian Epic und AIDAblu verlassen Livorno
Nachts zieht in der Ferne das Wrack der Costa Concordia auf seiner allerletzten Reise zur Abwrackwerft in Genua vorbei. Es ist ein äußerst seltsames Gefühl. Oft denke ich an jenen 13. Januar 2012 zurück, an das Ereignis, welches die Kreuzfahrt insgesamt wohl ein ganzes Stück sicherer gemacht hat, welches aber auch auf so unnötige Art und Weise viel zu viele Menschenleben kostete.
Das Wrack der Costa Concordia (unten links) auf dem Weg nach Genua
Nach einem Moment des Schweigens, ich weiß, das klingt jetzt sehr dramatisch aber mir ist gerade danach, ist es dann aber auch wieder Zeit für ein weiteres Resümee. Was bleibt hängen, vom heutigen Tag? Von Livorno sicher der beschwerliche Weg zum Bahnhof. Von Pisa die skurrilen Verrenkungen der Touristen am schiefen Turm und – diese Pizzen!! Generell aber auch die unglaubliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen hier. Man stelle sich das einmal in Frankreich vor.
Shake it like Pisa – die Verrenkungen verfolgen mich bis in meine Träume
Elba. Was verbinde ich mit Elba? War da nicht wieder was mit Napoleon? War der hier dann wenigstens im Exil? Ansonsten – ehrlich – ich habe keine Ahnung.
Napoleon!! Endlich!!
Was sagt Wikipedia? Elba ist eine Insel im toskanischen Meer und gehört zur Provinz Livorno. Der Hauptort ist Portoferraio und genau das ist das Ziel von MS Europa 2. Portoferraio, was soviel wie Eisenhafen bedeutet, hat etwas über 12.000 Einwohner. Und: hier lebte tatsächlich Napoleon. Im Exil! Von Mai 1814 bis März 1815.
1814 – 2014, das bedeutet 200 Jahre Napoleon in Portoferraio und auf dieses Ereignis machen unzählige Plakate auch direkt aufmerksam.
MS Europa 2 legt am Kai längs der Via Vittorio Emanuele II an. Nicht weiter ungewöhnlich, sollte man meinen. Doch. Das ist es. Denn so ein großes Schiff hat hier noch nie zuvor angelegt. 115 Meter lang ist die Pier, 225 Meter misst die Europa 2. Entsprechend weit ragt das schnittige Heck des „besten Schiffs der Welt“ auch hinaus. Schon beim Frühstück im Außenbereich des Yacht-Club kann man in die Bucht mit den vielen Yachten blicken. Die Europa 2 ist hier heute sicher die Hauptattraktion.
Nicht weniger bemerkenswert ist für mich das, was sich auf den Nachbarpiers abspielt. Beinahe im Minutentakt kommen hier die Fähren aus Bastia, Piombino und Cavo an und spucken unentwegt Massen von Automobilen und Wohnwagen aus ihren stählernen Mündern. Ein Umstand, welcher beim Schlendern durch die Gassen der Stadt allgegenwärtig ist. Parkplätze überall, alle belegt, glänzendes Blech wohin man schaut. Selbst ich als ausgesprochener Freund der mobilen Fortbewegung merke hier, irgendwann wird es zuviel.
Portoferraio besteht natürlich nicht nur aus Autos. Es gibt einiges zu sehen, etwa die Festung der Medici mit ihren verschiedenen Bastionen oder die Villa dei Mulini, eben jene ehemalige Winterresidenz Napoleons.
Auch der Weg um den Yachthafen mit vielen kleinen Restaurants, coolen Bars und Geschäften ist ein Muss und wohl nirgendwo ist es so idyllisch wie an den Ruinen der Villa Romana alla Linguella am Ende der Landzunge (Eintritt: 1 Euro).
Am späten Mittag kehre ich, trotz der vielen schönen Restaurants an Land, wieder zurück auf das Schiff, um noch einmal für ein klassisches Tartar ins Tarragon einzukehren. Nicht, dass ich auch nur ansatzweise Hunger hätte, doch dieses Tartar, das MUSS einfach noch einmal sein. Klassiker, you know?
Von frisch bis verkommen – Häuserfassaden in Portoferraio
Und da man nach dem Essen ja bekanntlich ruhen soll, verbringe ich den letzten Nachmittag an Bord (wer hat an der Uhr gedreht?) noch einmal auf den herrlichen Loungemöbeln des Sonnendecks.
Impressionen aus Portoferraio
Nicht zu lange, denn kurz vor 18 Uhr habe ich eine Verabredung. Kapitän Ulf Wolter begrüßt mich auf der Kommandobrücke. Dorthin hatte ich es auf meiner letzten Reise nicht geschafft, entsprechend aufgeregt bin ich denn auch. Nur nicht zu spät kommen.
Das komplette Ablege- und Auslaufmanöver darf ich hier verfolgen, das Erste, was dieses Schiff hier jemals hatte. Entsprechend wird die Europa 2 auch gefeiert. Eine große Blaskapelle hat sich am Pier versammelt, der Kapitän winkt den Schaulustigen mit einer überdimensionalen Hand, dann setzt sich das Schiff in Bewegung.
Jede Ausfahrt ist etwas Besonderes. Doch diese, hier, heute, die toppt einfach alles. Die langsam untergehende Sonne, dieses spezielle Licht, die Stimmung an Land, die Ruhe, mit der es auf der Brücke zugeht, das alles ist zutiefst beeindruckend.
Kapitän Wolter und der Hafenlotse von Portoferraio bei der Arbeit
Langsam steuert der Kapitän sein Schiff aus dem Hafen und dreht eine Ehrenrunde um die Landzunge, die Festung, den Strand, die ganze Insel. Die anderen Gäste sind schon längst verschwunden, doch ich will einfach nicht gehen. „Bleiben Sie ruhig. Bleiben Sie, solange Sie wollen.“ sagt Kapitän Wolter zu mir. Nunja, um ehrlich zu sein, er sollte besser vorsichtig sein mit solchen Aussagen. Denn am nächsten Morgen von Bord gehen, das ist definitiv das Letzte, was ich will.
Irgendwann aber lasse ich Kapitän und ersten Offizier dann doch alleine. Nicht ohne Hintergedanken, versteht sich. „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack: ich bin immer mit dem Besten zufrieden.“ Dieses Zitat Oscar Wildes ist heute im Bordprogramm zu lesen. Es passt auf das gesamte Schiff, hat heute aber einen besonderen Grund. Es leitet den letzten Abend ein, der in den Restaurants mit viel Kaviar zelebriert wird. Für das Abschlussdinner wähle ich noch einmal das Restaurant Weltmeere. Kaviar gehört zu jeder klassischen Kreuzfahrt dazu, passt also auch gut in mein Konzept der Klassiker und so greife ich denn auch gerne zu. Gegeizt wird hier heute nun wirklich nicht und auch Foie Gras und Tartar werden noch einmal aufgetischt. Dazu Wodka und natürlich wieder der Haus-Champagner von Duval-Leroy.
In schöner Tradition endet der Abend noch einmal in der Sansibar. Hier wird Abschied gefeiert, werden Adressen ausgetauscht, getanzt und gesungen. Die Stimmung ist erneut perfekt, unter denjenigen, die auch noch die Anschlussreise gebucht haben, ist sie allerdings noch etwas ausgelassener. Mein Neid jedenfalls sei ihnen gewiss.
Gegen Mitternacht begebe ich mich auf meine Kabine. Koffer packen. Mal wieder. Zeit für ein weiteres Fazit. Elba. Da wird mir ein Moment ganz besonders im Gedächtnis bleiben, nämlich die Ausfahrt. Ansonsten werde ich an das kleine Restaurant in der Calata Matteoti denken, an die Ruhe bei den Ruinen der Villa Romana und an Napoleon.
Das kleine Restaurant in der Calata Matteoti
Das westliche Mittelmeer. Von Barcelona nach Rom mit MS Europa 2 – den vierten und letzten Teil lesen Sie hier ->
Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2014
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