Ein wenig hellhörig wurde ich ja schon letzten Sommer bei meinem Besuch bei McLaren im englischen Woking (hier geht’s zum ausführlichen Bericht). Anlass für den Kurztrip auf die Insel war die 2017 präsentierte Kooperation zwischen Richard Mille und McLaren. McLaren Formula 1, so wurde betont, denn neben den Formel 1 Aktivitäten der Briten gibt es ja auch noch McLaren Automotive.
Diese Sparte befindet sich nur wenige Meter entfernt vom McLaren F1 Entwicklungszentrum. Doch auf McLaren Automotive, so hieß es damals, erstrecke sich die Kooperation nicht. In Wahrheit aber arbeitete man zu diesem Zeitpunkt bereits genau daran!
Neuvorstellung in Genf
Vergangene Woche nun wurde die Kooperation zwischen Uhren- und Automobilhersteller im Rahmen des Genfer Autosalons (mehr zur Messe selbst gibt es hier) mit der Präsentation eines ersten neuen Modells gefeiert: der Richard Mille RM 11-03 McLaren.
Fabrice Namura, zuständiger Ingenieur bei Richard Mille, war es bei dieser Kooperation äußerst wichtig, eben nicht einfach nur eine Uhr mit Sonderschriftzug auf dem Zifferblatt anzubieten. Und so entdeckt man in dieser speziellen 11-03 dann auch einige Elemente, die Bezug nehmen auf das Design einzelner McLaren Modelle und so auch die enge Zusammenarbeit mit McLaren Chefdesigner Rob Melville zeigen.
Legendäre McLaren Modelle standen Pate
Direkt ins Auge fällt der McLaren Schriftzug auf den Titaneinsetzen der 11-03 Lünette. In ihnen kann man die Form der Lufteinlässe des legendären McLaren F1 Supersportwagens aus den 90er Jahren erkennen.
Der McLaren F1 wurde seinerzeit von Designer Gordon Murray entwickelt und in den Jahren 1993 bis 1997 insgesamt 106x gebaut. Eine Neuauflage des berühmten Dreisitzers soll es übrigens ab dem kommenden Jahr geben.
Von einem aktuellen Modell, nämlich dem McLaren 720S inspiriert, sind die ebenfalls aus Titan gefertigten Drücker des Chronographen mit Flyback-Funktion.
Pate standen hier die Scheinwerfer des Mittelmotor-Sportwagens, der seit 2017 als Nachfolger des McLaren 650S gebaut wird.
Das bekannte McLaren Speedmark Logo wiederum findet sich gleich mehrfach im Kautschukarmband der RM 11-03 wieder.
Die große Grade-5-Titankrone letztlich greift das aktuelle Design einer McLaren Leichtmetallfelge auf.
Mit wieviel Detailtreue man dieses Bauteil umgesetzt hat, das fällt im direkten Vergleich mit dem 19 Zoll großen Original auf.
Senna: der neue Supersportwagen
Die Felge gehört zum neuen Supersportwagen der Briten, dem McLaren P15 Senna. Benannt ist das Modell aus der McLaren Ultimate Series – natürlich – nach Formel 1 Legende Ayrton Senna. Der Name passt, denn schließlich holte der Brasilianer zu Zeiten von McLaren Honda zwischen 1988 und 1991 ganze drei Weltmeistertitel in vier Jahren. Einzig 1989 zog Alain Prost nach einer Disqualifizierung Sennas an jenem vorbei.
Der McLaren Senna ist nach dem McLaren P1 von 2013 erst das zweite Modell der Ultimate Series und bringt es dank eines auf dem Modell 720S basierenden Chassis mit Karosserieteilen aus Carbon auf gerade einmal 1.198 Kilogramm. Der 4,0 Liter V8 Mittelmotor leistet 800 PS und 800 Nm, beschleunigt den Boliden in 6,8 Sekunden auf Tempo 200! Tempo 100 liegt bereits nach 2,8 Sekunden an. Für die Viertelmeile leistet sich der Senna 9,9 Sekunden, bei 340 km/h ist Schluss.
Bemerkenswerte Zahlen, doch wer nun bereits auf seinem Konto schaut, ob er die nötigen 922.250 Euro gerade flüssig hat – Pech gehabt! Alle 500 Exemplare sind bereits verkauft.
Die Limitierung ist kein Zufall
500 Exemplare – auf diese Stückzahl ist auch die RM 11-03 McLaren limitiert. Kein Zufall, denn zunächst haben alle Käufer des Senna die Möglichkeit, sich ihr Exemplar der Ausnahmeuhr zu sichern. Die Seriennummern von Auto und Uhr werden dabei aufeinander abgestimmt.
Sollte eine der 500 Uhren widererwartend nicht ihren Weg zu einem McLaren Besitzer finden, dann wird man auch als „normaler“ Kunde an diese besondere 11-03 kommen können. Der Preis liegt mit 180.000 Schweizer Franken zzgl. länderspezifischer Steuern jedenfalls deutlich unter dem eines McLaren Senna.
Er liegt aber, und spätestens hier wird es auch für diejenigen wieder interessant, denen das jetzt eindeutig zuviel Automobil-Content in einem Uhrenreview war, auch deutlich unter dem der im vergangenen Jahr vorgestellten RM 50-03. Denn wir erinnern uns: der Tourbillon Schleppzeigerchronograph Ultralight (hier geht’s zum Review) lag bei deutlich über einer Million Euro.
Auf Rattrapante und Tourbillon muss man bei der neuen McLaren natürlich verzichten. Dafür gibt es aber, wie auch bei den anderen RM 11-03 (ein Review der Felipe Massa in Rotgold gibt es hier), einen Jahreskalender mit Großdatum, dazu einen Chronographen mit Flyback Funktion.
TPT-Karbon: das High-Tech Material
Von der RM 50-03 übernimmt die 11-03 allerdings das High-Tech-Material. Das 49,94 x 44,50 Millimeter große und 16,23 Millimeter hohe Gehäuse in der für Richard Mille typischen Tonneau Form besteht aus TPT Carbon.
Über 600 Schichten bilden das Gehäuse, bei jeder Schicht ist die Ausrichtung der Fasern dabei um 45° gedreht. Durchsetzt ist das TPT Carbon im Gegensatz zum Tourbillon-Modell allerdings hier mit orangefarbenem TPT Quartz.
Bei den verschiedenen Schritten der Gehäusebearbeitung kommen so die unterschiedlichen Schichten zum Vorschein. Wie bei allen anderen Uhren, deren Gehäuse aus Karbonschichten bestehen, gleicht kein Gehäuse optisch dem anderen. Nirgendwo aber wird das so deutlich wie im Fall der 11-03 McLaren.
Das führt zu spannenden Kontrasten. Das Orange wirkt zum Teil fast schon feurig rot, an manchen Stellen heller, an manchen dunkler. Einziger Nachteil: das genaue Aussehen wird für den zukünftigen Käufer so eher zu einer Art kleinem Lotteriespiel.
Wie unterschiedlich die Optik der einzelnen Exemplare ausfällt, zeigt ein Vergleich der Uhr aus diesem Review mit dem auf den offiziellen Pressefotos abgebildeten Modell.
Flyback-Chrono und Jahreskalender
Bei allen 500 Exemplaren gleich: das Uhrwerk. Es handelt sich hierbei um das Manufakturkaliber RMAC3, welches 2016 präsentiert wurde und dank zweier parallel geschalteter Federhäuser über 55 Stunden Gangreserve verfügt. Besonders interessant an diesem Automatikkaliber ist der Rotor, dessen Geometrie sich variieren und dem Aktivitätsniveau des Trägers anpassen lässt, ganz egal ob man nun Rafael Nadal heißt oder seine Richard Mille vielleicht doch lieber am Schreibtisch nutzt.
Wo auch immer man sie letztlich einsetzt, die McLaren trägt sich trotz ihrer Größe einfach herrlich. Eben wie jede 11-03. Das liegt zum Einen an der Gehäuseform, zum Anderen aber auch am nahezu perfekt geschwungenen Kautschukarmband, welches es, neben leuchtendem Orange, auch in dezenterem Schwarz gibt.
Fazit
Mein Fazit: die RM 11-03 ist für mich in jeder ihrer Varianten einfach die ikonischste Richard Mille. Das ändert sich auch bei der McLaren nicht. Das Gehäuse aus TPT Karbon ist wirklich faszinierend und man kann sich an den vielen Details gar nicht satt sehen. Einzig würde es mich persönlich ein wenig stören, bei einer Uhr dieser Preisklasse das genaue Aussehen nicht vorher zu kennen. Aber gut, um eines der 500 Exemplare zu ergattern, müsste man sowieso erst einmal darauf hoffen, dass einer der zukünftigen McLaren Senna Eigner auf seine Uhr zum Auto verzichtet. Die Chancen dafür dürften wohl nicht ganz so hoch stehen.
Datenblatt:
- Modell: Richard Mille RM 11-03 McLaren Automatik Flyback Chronograph
- Gehäuse: 49,94 x 44,50 x 16,23 mm, dreiteilig, verschraubt, TPT Karbon, wasserdicht bis 50 Meter, Saphirglas gewölbt, beidseitig entspiegelt, Boden mit beidseitig entspiegeltem Saphirglas
- Zifferblatt: Saphirglas, beidseitig entspiegelt, eingefügt in Rillen des oberen und unteren Höhenrings, geschützt von acht Siliziumklammern
- Armband: Kautschuk, schwarz oder orange, Doppelfaltschließe
- Uhrwerk: Manufakturwerk, Kaliber RMAC3, skelettiert, Automatik, 28.800 A/h (4 Hz), 55 Stunden Gangreserve, Aufzugsrotor mit variabler Geometrie
- Funktionen: Flyback-Chronograph, Jahreskalender mit Großdatum
- Auflage: 500 Stück, zunächst für Kunden der McLaren Ultimate Series
- Preis: 194.500 Euro
Fotos: © McLaren Automotive (5), Richard Mille (1), PCS (21)
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