Auf jeder einzelnen Kreuzfahrt gibt es ihn: diesen einen, diesen ganz bestimmten Moment. Er kann schon bei der Einschiffung passieren, irgendwann am ersten Tag, wenn man auf Entdeckungstour über die einzelnen Decks streicht, vielleicht aber auch auf einem Landausflug. Es ist der Moment, der untrennbar auch noch Wochen, Monate, ja Jahre später für jene spezifische Reise steht. Auf der Silver Dawn passiert mir dieser Moment am letzten Abend an Bord.
Die Silver Dawn und der perfekte Moment
Die Sonne senkt sich ganz langsam in Richtung Horizont, die Schatten werden allmählich länger. Eine leichte Brise kommt auf und ich schmiege mich in die türkisblaue Tagesdecke, die Marzotto exklusiv für Silversea hergestellt hat. Um mich herum sind die fleißigen Deckstewards bereits damit beschäftigt, Kissen und Matratzen von den bequemen Portofino Daybeds der Manufaktur Roberti einzusammeln.
Ich will noch nicht gehen, denke ich mir und bestelle kurzerhand bei einem der Stewards eine Pizza. Als diese wenig später geliefert wird, kommt gleich ein weiteres Crewmitglieder, um mir ein eiskaltes Glas Heidsieck Monopole Blue Top Champagner zu reichen.

Cheers! Auf der Silver Dawn klingen selbst die Plastikgläser am Pool fast so, als seien sie aus Glas
Die Pizza schmeckt einmal mehr hervorragend, der Champagner dazu ist die perfekte Wahl. Die Decke wärmt angenehm und vor mir liegt die Bucht von Portofino unter einem strahlend blauen Himmel. Ehrlich, dieser Moment, er könnte einfach nicht perfekter sein.
„Back to Business“ im Mittelmeer
Es ist der letzte Abend einer mehr als außergewöhnlichen Reise. Die Kreuzfahrtbranche kommt nach zweijähriger, pandemiebedingter Auszeit allmählich wieder zurück in ihr Fahrwasser – und hat dennoch mit der ein oder anderen Widrigkeit zu kämpfen.
Das betrifft auch die Planung der langsam wieder zur Normalität zurückkehrenden Reiserouten und bewirkt im Fall jener Reise einen eher ungewöhnlichen Zick-Zack-Kurs, der das Wort „Kreuz“-Fahrt besser kaum wiedergeben könnte.
Silver Dawn – das neuste Schiff von Silversea Cruises
Das erst wenige Tage zuvor in Lissabon getaufte, neuste Schiff der monegassischen Reederei Silversea, die inzwischen der luxuriöseste Teil der großen Royal Caribbean Gruppe ist, startet die Tour in Barcelona. Auf dem Weg nach Civitaveccia, dem Kreuzfahrthafen von Rom, stehen Marseille, Sète, Port Vendres, Saint-Tropez, Genua, Monte Carlo, ein Overnight Stop in Livorno, dem Tor zur Toskana, sowie eben Portofino auf dem Programm.
Das Wetter im westlichen Mittelmeer ist Anfang April noch ein wenig ungestüm. Starker Wind und hohe Wellen lassen die sichere Fahrt mit den Tenderbooten vor Port Vendres und Collioure zum Geduldsspiel werden, der Anlauf von Saint-Tropez muss sogar komplett abgesagt werden. Stattdessen kommt der vor Wind deutlich besser geschützte Hafen von Toulon ins Spiel.
Passagiere und Crew fast 1:1
Kapitän Samuele Failla und seine gut 400 Crewmitglieder bringt das alles nicht aus dem Konzept. Täglich meldet sich der erste Mann an Bord von der Brücke und informiert erfreulich offen und entspannt über alle Neuigkeiten an Bord, selbst dann, wenn diese für die Passagiere einmal weniger erfreulich sein sollten.
Auf der Reise von Barcelona nach Rom, der ersten nach der Jungfernfahrt des Schiffes, sind rund 450 Passagiere an Bord. Das Verhältnis von Passagieren zu Crew ist somit nahezu 1:1. Ab und an merkt man noch recht deutlich, dass die fast zweijährige Zwangspause in der Branche Spuren hinterlassen hat. Die zum Teil noch nicht ganz perfekte Professionalität kostet hier und da dann zwar ein wenig Nerven, wird zumeist aber mit großer Freundlichkeit wieder Wett gemacht.
Die Silver Dawn ist ein sehr europäisches Schiff. Das spiegelt sich in der angenehm dezent in hellen Farben gehaltenen Inneneinrichtung ebenso wider, wie im Essen an Bord.
Sieben Restaurants, eine Pizzeria und ein Café
Auf jedem Schiff gibt es für gewöhnlich genauso die Restaurants, in die man immer wieder gerne geht, wie jene, die man einmal besucht und bescheidet, dass dies auch genug sei. Auf der Silver Dawn ist das anders. An Bord gibt es sieben Restaurants, plus die den gesamten Tag geöffnete Pizzeria und das Arts Café, das kleine Snacks für zwischendurch bietet.
Eine Enttäuschung ist keines von ihnen. Im Gegenteil. Noch nie zuvor fiel es mir an Bord eines Schiffes so schwer, mich jedes Mal aufs Neue für ein Restaurant (und damit zwangsläufig gegen alle anderen) zu entscheiden. Es ist für mich insgesamt durchweg das höchste kulinarische Erlebnis, das ich bislang an Bord eines Kreuzfahrtschiffes genießen durfte.
Bedingt wird dies eben auch dadurch, dass hier eher für den europäischen Geschmack gekocht wird. Alles schmeckt daher auch genau so, wie man sich das vorstellt. Oder eben noch eine Spur besser. Die Speisen sind wunderbar angerichtet und von den Portionsgrößen so gestaltet, dass es möglich ist, auch mal einen Gang mehr zu verkosten.
Einfach unfassbar gutes Essen
Gleich dreimal zieht es mich in das auf Deck 7 befindliche La Terrazza. Morgens und zur Mittagszeit als Buffetrestaurant betrieben, verwandelt es sich am Abend zum edlen italienischen Restaurant mit Meerblick und, wenn es das Wetter zulässt, Dinner auf der Terrasse.
Wie im großen Hauptrestaurant Atlantide auf Deck 4, wechselt auch hier die Karte alle paar Tage, manche Gerichte ändern sich gar täglich. Einige Klassiker wiederum sind immer zu bekommen.
Wichtig ist in jedem Fall die vorherige Reservierung, etwa über das interaktive TV-Gerät in der Kabine. Vermeiden sollte man dabei allerdings den letzten, buchbaren Timeslot. Denn dann herrscht bereits Aufbruch im Restaurant und die Ansage, binnen weniger Minuten bestellen zu müssen, da sonst die Küche schließe, drückt zusätzlich ein wenig die Stimmung.
Deutlich verbesserungswürdig ist auf dieser Reise noch der Umgang mit Allergien und Unverträglichkeiten. Die Kreativität seitens der Küchenchefs, die ich in diesem Zusammenhang auf anderen Schiffen dieses Levels kennenlernen durfte, ist hier jedenfalls noch ausbaufähig. Ein Nachfragen bzw. Hinweisen bei nahezu jedem Essen ist darüber hinaus unerlässlich. Auch das geht, gerade mit der an Bord möglichen digitalen Vernetzung, deutlich besser.
Perfektes Sushi im Kaiseki, tolle Burger im The Grill
Auf allerhöchstem Level jedenfalls ist dafür das Sushi, das jeden Mittag im Restaurant Kaiseki serviert wird. Hier stimmt einfach alles, Ambiente, Qualität und Service.
Ein wunderbares Erlebnis, speziell an lauen Sommerabenden, ist das Poolrestaurant The Grill. Tagsüber überzeugt man hier mit wirklich sehr guten Burgern, Salaten und Snacks. Doch ab 19 Uhr verwandelt sich das The Grill ins „Hot Rocks“.
Der Name ist dabei wahrlich Programm. Fleisch und Fisch wird roh am Tisch serviert und dort dann auf einem kochend heißen Stein bis zur gewünschten Garstufe gebraten. Das spritzt, das raucht, das riecht so intensiv, dass man die Kleidung danach am besten direkt in die Wäsche geben möchte, aber: es macht einfach unglaublichen Spaß. Für mich sicher eines der Highlights an Bord.
Pizza wie beim Lieblingsitaliener!
Ewiges Highlight von 11 Uhr Mittags bis 11 Uhr Abends ist das Spaccanapoli, gelegen direkt über dem The Grill. Wenn ich eines in gut drei Jahrzehnten Kreuzfahrt gelernt habe, dann dass es unmöglich ist, auf hoher See eine richtig gute Pizza zu bekommen. Warum auch immer. Alles, was ich bisher in dieser Richtung ausprobiert habe, war im besten Fall zufriedenstellend. Das Spaccanapoli hingegen bringt eine Pizza auf den Teller, respektive das Brett, die ich auch zu Hause an Land am liebsten zweimal täglich gustieren würde.
Schmeckt wie beim Lieblingsitaliener? Mindestens. Allein den Pizzabäckern bei der Arbeit zuzusehen, macht bereits hungrig und die Möglichkeit, sich die Pizza überall hin an Bord bestellen zu können, selbst an die Sonnenliege, ist einfach großartig.
S.A.L.T. – auf der Silver Dawn isst man wie an Land
Großartig ist noch ein anderes Konzept an Bord. Das nennt sich S.A.L.T. und steht für Sea And Land Taste. Die Idee dahinter ist es, auch an Bord die jeweilige lokale Küche, die Kultur und das kulinarische Erbe des jeweiligen Reiseziels zu genießen.
Zum einen durch speziell angebotene Kochkurse, zum anderen aber auch beim Dinner selbst. Die dahingehend wechselnde Küche im neben dem Atlantide gelegenen, zweiten Hauptrestaurant an Bord, begeistert dabei jeden Tag aufs Neue und führt mit dazu, dass die Wahl hinsichtlich der Dinner-Location immer und immer wieder verdammt schwerfällt.
Unbesucht bleiben so leider das Silver Note, in welchem bei Jazzmusik kleinere Tapas serviert werden, sowie das La Dame, das, neben dem Kaiseki am Abend, nicht vom an Bord herrschenden All Inclusive Konzept abgedeckt ist.
Dom Pérignon, Louis Vuitton & Co.
Jenes umfasst dafür eine reichhaltige Auswahl an Weinen, zweierlei Champagner (Pommery und Heidsieck Monopole), sowie hochwertige Spirituosen. Wer es gerne exklusiver mag, dem steht darüber hinaus die große Weinkarte offen. Die Preise dort sind fair, je nach Reise und Ausgangshafen müssen jedoch noch entsprechende Steuern hinzukalkuliert werden.
Gleiches gilt für die Boutiquen an Bord, in denen man unter anderem auch das ein oder andere Pre-Owned Schätzchen von Chanel, Louis Vuitton oder Hermès erwerben kann. Ein eher ungewöhnliches, aber durchaus spannendes Konzept. Die Artikel stammen dabei vom New Yorker Händler „What Goes Around Comes Around“ und sind entsprechend zertifiziert. Als Uhrenmarke übrigens ist Anonimo mit an Bord.
Dresscodes an Bord der Silver Dawn
Auch eine begrenzte Auswahl an formeller Kleidung ist zu finden, womit wir beim Dresscode an Bord sind. Dieser teilt sich in drei Kategorien auf: Formal, Informal und Casual. Bei Casual ist man als Mann mit langen Hosen und Hemd bzw. Poloshirt perfekt gekleidet, Informal verlangt ein Sakko zum Hemd, Krawatte ist dabei kein Muss.
Lediglich an formellen Abenden sieht die Kleiderordnung Frack, Smoking oder einen dunklen Anzug mit Krawatte vor. Bei 10-tägiger Reise gibt es in der Regel zwei formelle Abende, vier, informelle und vier legere. Wer partout keinen Anzug, Smoking oder Frack tragen möchte, ist an jenen Abenden im La Terrazza gut aufgehoben, zumindest ein Sakko sollte es nach Möglichkeit aber dann auch dort sein.
Deluxe Veranda-Suite
Die Silver Dawn gehört zu den besten Schiffen der Welt. Klar, dass es da an Bord ausschließlich Suiten gibt. Meine Kabine gehört zur Kategorie Deluxe Veranda Suite. Die 36 Quadratmeter (inklusive ca. 6 Quadratmetern Balkon) sind recht optimal genutzt und wirken äußerst üppig. Neben einem geräumigen Badezimmer mit Badewanne und separater Dusche, sowie einem begehbaren Kleiderschrank, finden sich, ineinander übergehend, der Schlafbereich mit einem äußerst bequemen King-Size Bett, sowie der Wohnbereich mit Couch, Tisch und Sessel.
Die hellen Farben sind auch hier eine Wohltat fürs Auge, die fein ausgewählten Stoffe und Muster ein haptischer, wie optischer Genuss. Ein wenig kurz kommt allerdings der vorhandene Stauraum, insbesondere, was geschlossene Fächer angeht. Gerade einmal drei Schubladen finden sich außerhalb des begehbaren Kleiderschranks, sämtliche anderen Ablagen sind offen gestaltet und wirken so bei Nutzung schnell unordentlich.
Geradezu üppig ist dafür die Anzahl der Steckdosen in der Kabine. Ob nun im US-Format, im Europäischen oder als USB bzw. USB-C Steckdose: eine reichhaltigere Auswahl an Lademöglichkeiten habe ich bislang noch auf keinem Schiff gesehen. Das verdient definitiv Anerkennung.
Die Sache mit dem Internet
Als größter Frustfaktor auf meiner Reise hingegen entpuppt sich das WiFi an Bord. Es ist zwar in seiner Basisvariante kostenlos, allerdings umfasst diese auch nur gerade einmal 100 MB Datenvolumen. Wer mehr möchte, muss zahlen. 19 Dollar am Tag bzw. 29 Dollar für das Premium WiFi.
Wie an so mancher Stelle, erfährt man auch hier also erst auf den zweiten Blick, dass bei Silversea „all inclusive“ nicht immer das ist, was es auf den ersten Blick zu sein scheint. Angesichts der aufgerufenen Reisepreise ein wenig unverständlich, verwirrend ohnehin.
Das Geld für das Premium Wifi kann man sich an Bord der Silver Dawn, zumindest auf dieser Reise, übrigens getrost sparen. Denn die Downloadraten erreichen selten mehr als 0,2 Mbit. Die Silver Dawn hat damit das schlechteste Internet, das ich in den vergangenen Jahren an Bord eines Schiffes erlebt habe. Allerdings gehe ich davon aus, dass man diesen Punkt unter „Kinderkrankheiten“ abhaken kann und das Problem, welcher Art auch immer es ist, schnell behoben sein wird.
Butler Service und OTIVM
Auf der Silver Dawn gibt es einen persönlichen Butler Service. Für jeden Gast. Der Butler ist dabei Ansprechpartner bei Wünschen wie der Reservierung im Restaurant, der Buchung von Landausflügen oder Spa-Terminen, er hilft, so gewünscht, beim Aus- und Einpacken des Gepäcks, lässt die Kleidung aufbügeln, sorgt sich um den perfekt gedeckten Frühstückstisch auf dem Balkon oder kredenzt ein entspannendes Bad.
Letzteres ist Teil des auf diesem Schiff neu eingeführten Otium Programms. Ein durchaus spannendes Konzept. Denn Wellness spielt sich bei Otium nicht nur im Spa-Bereich ab, sondern umfasst auch Treatments wie etwa jenes spezielle Badeerlebnis in der Kabine, eine reichhaltige Auswahl an Kissen und Bettwäsche, sowie spezielle Menüs in den Restaurants. Dabei steht die jeweils ganz individuelle Form des Wohlbefindens im Vordergrund.
Und diese kann dann eben durchaus auch aus einem Glas Champagner und einer köstlichen Pizza bestehen, aufgetischt auf einem herrlichen Portofino-Daybed mit Blick auf eben jenen namensgebenden Ort und eingekuschelt in eine wunderbar weiche Tagesdecke. Eben der perfekte Moment, den ich auch jetzt noch, beim Schreiben dieser Zeilen, nur allzu gerne wieder erleben möchte.
Fazit
Mein Fazit: sei es nun der üppige Platz, den man als Passagier überall an Bord genießt, das äußerst fein gestaltete Design oder das durchweg großartige Essen – meine Reise mit der Silver Dawn hat mich in vielerlei Hinsicht sehr angenehm überrascht. Das neuste Schiff von Silversea Cruises ist ein Juwel, mit dem man gerne aufbricht, um neue – oder auch bereits bekannte – Destinationen zu entdecken. Ist die Crew erst einmal wieder komplett eingespielt, dürften sich auch die wenigen Kritikpunkte schnell in Luft auflösen.
Bestens geeignet ist die Silver Dawn für Paare ab mittlerem Alter, aber auch für Generationen-Urlaube ist das Schiff perfekt. Meist recht lang gestaltete Liegezeiten sorgen für ein Maximum an Entdeckungsmöglichkeiten an Land. Um auch an Bord wirklich alle Annehmlichkeiten ausgiebig genießen zu können, sollte man sich in jedem Fall für eine mindestens zehn-, besser 14-tägige Reise entscheiden.
Informationen und Links
Die Reise Barcelona – Civitavecchia entlang der französischen und italienischen Riviera ist auch im April 2023 wieder im Programm. Mit dem Schwesterschiff Silver Moon beginnen die Preise ab 5.700 Euro pro Person als sogenanntes Door-to-Door Arrangement, bei dem Transfers ab der Haustüre, sowie Flüge in der Business-Class bereits inkludiert sind. Die Deluxe Veranda Suite liegt bei 7.100 Euro pro Person, die bis zu 98 Quadratmeter große Owner’s Suite ist für 15.000, die Grand Suite mit riesiger Veranda für 13.200 Euro pro Person buchbar. Mehr Informationen unter silversea.com.
Hinweis zur Transparenz
Der Bericht entstand im Rahmen einer Pressereise mit freundlicher Unterstützung von Silversea Cruises. Eine redaktionelle Einflussnahme auf diesen Artikel fand – wie üblich – nicht statt.
Fotos: © PCS/AS 2022
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