Tritt man aus Halle 5 heraus, hat man die Agora vor sich. Im großen weißen Zeltbau hat Audi seine Heimat auf der IAA gefunden. Der Messestand erscheint riesig. Gut, er ist riesig, doch die Architektur unterstützt den Eindruck noch weiter. Sie  lässt einen in einer geschäftigen Metropole zur Rush Hour wähnen. Sind wir hier in New York? Die chinesischen Schriftzeichen der Leuchtreklamen lassen eher auf Asien schließen. Die verspiegelte Decke sorgt für ein nochmals gigantischeres Raumgefühl, kein Zweifel, der Audi Stand kann beeindrucken.

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Präsentiert wird, neben dem gesamten aktuellen Modellprogramm in rot, weiß, blau und silber, eine Studie namens nanuk quattro concept. Audi bezeichnet das Concept Car als Crossover zwischen Hochleistungssportwagen für die Rennstrecke und sportlichem Freizeitauto. Ein 5 Liter V10 TDI mit 544 PS soll den nanuk in 3,8 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h bringen. Hier auf dem Messestand allerdings schaut er dafür recht statisch aus und die Security, die penibel darüber wacht, dass sich ja niemand hinein setzt meint auf Nachfrage dann auch, dass dieses Modell denn auch derzeit noch gar nichts kann ausser herum zu stehen.

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Ein bisschen weiter und ausgereifter wirkt da schon das Audi Sport quattro concept. 30 Jahre nach dem legendären Sport quattro, der als Homologations-Modell für die Rallye-WM auf der IAA 1983 das Licht der Welt erblickte, nimmt die Studie erfreulich viele Details des Urahn wieder auf. Der 140 PS Elektromotor sorgt gemeinsam mit dem 4-Liter V8 Biturbo für 700 PS Systemleistung und 305 km/h Spitzengeschwindigkeit. Das Concept Car schaut nicht danach aus, als würde eine entsprechende Serienversion noch all zu lange auf sich warten lassen. Wünschenswert wäre es.

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Neben dem neuen Audi A3 Cabriolet und einem Sportback e-tron Hybrid gibt es noch einen überarbeiteten A8 mit Scheinwerfern in Matrix LED Technologie zu sehen.

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Kommen wir zur von aussen wohl schönsten Messehalle, der Halle 3. Diese ist traditionell in Volkswagenhand, wobei sich die Muttermarke den Platz mit den Töchtern Skoda, Seat, Bugatti, Bentley, Lamborghini und inzwischen auch Porsche teilt.

Mein besonderes Interesse gilt in diesem Jahr natürlich Bentley. Den von uns getesteten Continental GTC W12 sucht man allerdings vergebens. Der neue Star der Continental-Reihe heißt V8 S. Der 4-Liter Achtzylinder mit Doppelturboaufladung bringt es auf eine Leistung von 528 PS und liegt damit nur marginale 47 PS unterhalb der des 6-Liter W12. Ebenfalls marginal fällt allerdings auch der Gewichtunterschied aus. Gerade einmal 25 Kilogramm wiegt der V8 S weniger. Trotzdem soll der Verbrauch im Stadtverkehr 7,2 Liter unterhalb dem des W12 liegen, im kombinierten Zyklus sind es mit 10,9 Litern auf 100 km immerhin noch 4 Liter oder 97g CO2 weniger. Bis zu 800 km soll man so laut Bentley mit einer Tankfüllung kommen.

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Wer auf ein Schnäppchen hofft, der wird enttäuscht. Der Grundpreis des V8 S liegt mit 166.700 Euro zzgl. MwSt. nur 8.000 Euro unter dem des W12. Doch soll der V8 S auch keine Einstiegsversion sein sondern die sportlichere Alternative des Gran Turismo. Ein abgesenktes Fahrwerk, Spoilerlippe, Seitenschweller, Heckdiffusor, rote Bremssättel und die optionale Sport-Auspuffanlage unterstreichen dieses Bestreben.

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Ebenfalls den weg von Crewe nach Frankfurt gefunden haben der sich derzeit in der Markteinführung befindende neue Flying Spur und natürlich das Spitzenmodell, der Mulsanne.

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Noch exklusiver – und teurer – wird es nebenan bei Bugatti. Veyron 16.4 Grand Sport Vitesse „Jean Bugatti“ heißt eine auf gerade einmal drei Exemplare limitierte Kleinserie mit tiefschwarzer Carbonkarosserie. Der „Jean Bugatti“ ist eine Reminiszenz an ein ganz spezielles Exemplar des Typ 57SC Atlantic, welches Jean Bugatti einmal selbst gefahren hat: La Voiture Noire – das schwarze Auto. Preis des 1.200 PS Sportwagens: 2,28 Mio Euro. Netto.

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Dafür bekäme man am Stand nebenan schon fast 12 Exemplare der dortigen Neuvorstellung. Der Lamborghini LP 570-4 Squadra Corse basiert auf der Rennversion Gallardo LP 570-4 Supertrofeo aus der Lamborghini Blancpain Super Trofeo. Der V10 Mittelmotor leistet 570 PS und bringt es, dank um 70 Kilo abgespeckten Grundgewichts, auf ein Leistungsgewicht von 2,35 kg/PS. Der Squadra Corse beschleunigt aus dem Stand in 10,4 Sekunden. Auf Tempo 200! Die 100 km/h Marke ist bereits in 3,4 Sekunden erreicht und erst bei 320 km/h hat der Vortrieb ein Ende. 191.100 Euro kostet das in limitierter Auflage aufgelegte Fahrzeug, ebenfalls zzgl. MwSt.

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Kommen wir zu den etwas vernünftigeren Autos im VW Markenportfolio. Porsche. Hier feiern 911 Turbo und Turbo S ihre Premiere. Auch der ebenfalls bereits auf luxify vorgestellte GT3 und das ausnahmslos schöne Sondermodell 50 Jahre 911 sind hier zu sehen. Umweltfreundlich gibt sich der Panamera S E-Hybrid und die zweite große Neuvorstellung, der Porsche 918 Spyder. Letzterer stellte just einen neuen Rekord auf: als erstes Fahrzeug mit weltweiter Straßenzulassung schaffte er die Nürburgring-Nordschleife in unter 7 Minuten. Exakt 6:57 Minuten brauchte der 918 mit optionalem Weissach Paket für die 20,6 Kilometer lange Strecke und damit 14 Sekunden weniger als der bisherige Rekordhalter.

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Auch die Listenpreise sind mittlerweile bekannt. Mit 728.026 Euro für den 918 Spyder ohne, bzw. 839.426 Euro mit Weissach Paket, Mehrwertsteuer immerhin schon inkludiert, spielt der optisch wie technisch extrem ansprechende Spyder in einer ganz eigenen Liga.

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Optisch extrem Ansprechendes gibt es auch auf den Messeständen von Seat und Skoda. Nein, hier spreche ich ausnahmsweise mal nicht in erster Linie von den dort präsentierten Autos. Gerade der Skoda Stand lädt auch sonst zum Verweilen ein. Das Ambiente ist hell und freundlich, iPhone oder iPad finden eine Menge Ladestationen und man kann sich an feinen Oblaten stärken.

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Der größte Stand in Halle 3 ist natürlich Volkswagen selbst. Hier wird der aktuelle Golf als Sportsvan präsentiert, interessanter aber sind neben dem neuen GTI und dem 210 PS starken Beetle GSR die Golf R Modelle. Das Golf R Cabriolet basiert noch auf dem Golf VI GTI, während der neue Golf R, mit 300 PS stärkster Seriengolf aller Zeiten, das Spitzenmodell der aktuellen Golf VII Baureihe ist. Was sich schon auf den Pressefotos abzeichnete, zeigt sich auch in der Realität. Der Golf R ist ein verdammt schönes Auto geworden. Trotz der vier Endrohre wirkt er recht dezent, perfektes Understatement mit gewaltiger Power. Der erste Golf seit der IVer Reihe, bei dem ich schwach werden könnte.

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Also schnell weiter, ehe man auf teure Gedanken kommt. Auf dem Weg zum Ausgang fällt mein Blick auf den e-Golf. Er wird von einem 115 PS starken Elektromotor angetrieben, dessen 270 Nm für eine Beschleunigung von immerhin 10,4 Sekunden sorgen. Schluss ist bereits bei abgeregelten 140 km/h, dafür hat der e-Golf aber auch eine Reichweite von bis zu 190 Kilometern. Mit 160 Kilometern kommt der daneben präsentierte e-up! nicht ganz so weit. Grund ist eine kleinere Batterie. Im e-up! ist ein Elektromotor mit 82 PS verbaut, der ihn in 12,4 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt und für 130 km/h Höchstgeschwindigkeit reicht. Es tut sich was im Bereich Elektroautos, keine Frage.

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Electrifying! Genau – das Motto meiner Ahoj Brause. Und das Motto von smart, welche traditionell im Forum vor der Festhalle präsent sind. Beachvolleyball wird hier gespielt und es gibt Frozen Joghurt. Electrifying ist der smart fortwo eletcric drive. Hier ist die elektrisierende Zukunft schon seit vergangenem Jahr Realität. Der seither in Serie produzierte Cityflitzer mit 75 PS hat eine Reichweite von 135 Kilometern.

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34 PS mehr leistet der Elektromotor, der im Mercedes S 500 Plugin Hybrid verbaut ist. Zusammen mit den 333 PS des 3-Liter V6 Turbomotors – wie kommt man jetzt nochmal auf 500? – kommt das Spitzenmodell der Plugin Hybrids auf eine Systemleistung von 442 PS. Die rein elektrische Reichweite liegt bei 30 Kilometern, doch in Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor kommt der S 500 Hybrid auf gerade einmal 69g CO2 bzw. 3 Litern Verbrauch auf 100 km. Eine S-Klasse als 3-Liter Auto. Wer hätte das erwartet?

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Mehr als das Dreifache hingegen, nämlich 10,3 Liter, gönnt sich das ebenfalls vorgestellte Spitzenmodell S63 AMG. Für eine S-Klasse mit 5,5 Liter Biturbo V8 ist das trotzdem schon fast sensationell wenig. Möglich wird das unter anderem durch eine Gewichtsreduzierung von bis zu 100 kg durch Verwendung von Aluminium und Carbon. Den S63 AMG werden wir demnächst hier auf luxify noch einmal gesondert vorstellen.

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Bereits vorgestellt haben wir den Mercedes GLA, den neuen kleinen SUV, der sich in allerlei Farben und Ausstattungsvarianten gleich am Ende der langen Rolltreppen des Mercedes-Stands in Halle 2 präsentiert. Die Wahl der richtigen Außenfarbe vorausgesetzt, ist der GLA tatsächlich ein sehr attraktives Auto geworden. Auf Grund seiner kompakten Abmessungen darf man zwar kein Raumwunder erwarten, doch könnten das sportliche Aussehen, die verwendeten Materialien und auch die Verarbeitung den Mitbewerbern in diesem Sektor Kopfschmerzen bereiten.

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Vorbei an CLA, B-, C- und E-Klasse bahnt man sich seinen Weg treppab bis zur Studie eines neuen S-Klasse Coupé. Dieses wirkt noch eigenständiger als bisher, übernimmt aber Designelemente wie das kuppelförmige Dach oder das trapezförmige Heckfenster von seinen Ahnen. Auch hier darf man gespannt sein, wieviel Studie letztlich den Weg ins Serienmodell finden wird.

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Und dann gibt es, ganz am Rande, noch eine kleine Sensation. Ganz unscheinbar, zwischen S 500 Plugin Hybrid, S 65 AMG und dem Concept S-Class Coupé steht sie da, in Form eines S 500 mit der Aufschrift Intelligent Drive. Dieses Fahrzeug hat etwas bemerkenswertes geschafft. Genau 125 Jahre nach der ersten automobilen Fernfahrt fuhr dieser S 500 die historische Strecke von Mannheim nach Pforzheim, immerhin 100 Kilometer, über Landstraßen und durch Stadtverkehr. Klingt im ersten Moment nicht so wirklich sensationell, doch dieser S 500 fuhr – alleine. Ausgerüstet mit Sensoren aus der Serien S-Klasse, nur eben mit mehr davon, fuhr das Fahrzeug selbständig durch den Stop and Go Verkehr, hielt an Ampeln und Zebrastreifen, meisterte Kreisverkehre. Die Zukunft des autonomen Fahrens ist in der Gegenwart angekommen.

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Bis Serienautos derart autonom unterwegs sind, wird es sicherlich noch einige Zeit dauern, doch die Richtung ist klar und bietet interessante Ansatzpunkte. So erklärt Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars, dass Autos zukünftig vor dem Kinobesuch alleine ins Parkhaus fahren könnten und danach selbständig auch wieder heraus. Ein weiteres Beispiel wäre das weltweit erfolgreiche car2go Konzept, bei dem dann die smarts alleine zum Kunden fahren können, wenn der sie braucht.

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Klar klingt das noch wie Zukunftsmusik, doch die Zukunft ist nah. Und eines der futuristischsten Fahrzeuge der IAA, das gibt es schon. Den BMW i3. 10 Stück davon pendeln als Presseshuttle zwischen den Messehallen und sind heiß begehrt. Am Ende meines Rundgangs ergattere ich auch einen Platz im i3 und lasse mich zurück zum Portalhaus neben Halle 11 fahren. Etliche ebenfalls als Shuttle eingesetzte Elektro- und Hybridfahrzeuge kommen uns entgegen. Nein, die Zukunft ist nicht nur nah, hier hat sie definitiv schon begonnen. Das leise Dahingleiten im i3 ist faszinierend, die Materialanmutung des 170 PS Fahrzeugs mit CFK Chassis ist es weniger. Alles mutet irgendwie mächtig billig an, hat etwas von den Presskartons, in denen Elektrokleingeräte verpackt sind. Die verwendeten Farben erinnern an mich an die 60er Jahre Couch meiner Großmutter aber ok, alles kommt ja mal wieder in Mode.

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Doch der Leichtbau des i3 hat noch einen anderen Nachteil. Steigt ein Passagier aus oder zu, wackelt das gesamte Fahrzeug wie bei einem mittleren Erdbeben hin und her. Ebenfalls nervig: der i3 verfügt zwar über vier Türen, da die hinteren aber an der C-Säule angeschlagen sind, gehen sie nur auf, wenn die vorderen Türen vorher geöffnet wurden.

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Ein Problem haben alle hier verkehrenden Fahrzeuge auf Elektrobetrieb gemein. Für Fußgänger sind sie äußerst gefährlich. Höllisch muss man als solcher aufpassen, nicht von einem e-Gefährt erfasst zu werden und auch die Shuttlefahrer klagen schon am ersten Tag ihr Leid. „Damn Hybrids! Dangerous!“ hieß es dazu einmal in einer meiner Lieblingsserien und ja, da ist was dran.

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Vor Halle 11 endet die Fahrt, die Schlange wartender interessierter Mitfahrer ist selbst jetzt, eine halbe Stunde vor Messeschluss noch lang. Keine 10 Minuten später sitze ich dann auch schon wieder in meinem eigenen Auto. Die Rückfahrt über A648 und A66 gestaltet sich zwar langsam, immerhin aber ohne Stops. Irgendwie ist also doch noch Platz für das ein oder andere neue Auto und im Stillen denke ich mir, wie schön das doch zumindest im Berufsverkehr jetzt wäre, den Autopiloten einzuschalten und ein wenig im Forum zu surfen. Mal schauen, wie viele Internationale Automobil Ausstellungen bis dahin noch ins Land gehen.

Teil 1 unseres Messerundgangs über die IAA 2013 finden Sie hier -> 

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Fotos & Text: © Percy Christian Schoeler (PCS) 2013

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